Almanach 2015

Almanach 2015 Schwarzwald-Baar-Jahrbuch Schwerpunkt „Da leben wir“ 20 Jahre „Die Fallers“

Inhalt Da leben wir – Schwerpunkt Heimat Schwerpunkt Neckar Wo sind die Wurzeln – wo ist daheim? Was Heimat ist, diese Frage ist ungeheuer populär geworden Wo der Neckar seine Reise beginnt Heimat ist überall Holy Heimat Von der Verortung des Ichs Petra Hettich Jochen Scherzinger Andreas Helwig Thomas Behringer Eric Fürderer Jacqueline Janzen Sabine Grässlin Jan Cebulla Rik Sauser Kai Sauser 28 94 Was „daheim“ im Schwarzwald- Baar-Kreis bedeuten kann hat das Jahrbuch „Almanach“ nachgefragt: Jochen Scherzinger in Gütenbach drückt seine Heimatgefühle in Mode aus, der Villinger Eric Fürderer ist im Butzesel-Häs „daheim“ – Petra Hettich auf dem Sigmundenhof in Schonach und Jacqueline Janzen im Tor ihrer Eishockeymannschaft. Für Pilot Andreas Helwig und Notfallsa ni täter Thomas Behringer bedeutet „Zuhause sein“ im „Christoph 11“ zu fliegen und Menschenleben zu retten. Für Sabine Grässlin ist das Restaurant „Kippys“ in St. Georgen ein Lebensmittelpunkt – und der junge Bad Dürrheimer Jan Cebulla hält sich vorzugsweise im Kurpark auf. Kai und Rik Sauser organisieren große Radveranstaltungen und konnten sich nie vorstellen, hier wegzugehen. Das Schwenninger Moos liegt 705 Meter über dem Meer und befindet sich am Südrand von Schwenningen. Hier entspringen der Neckar und die Stille Musel, die der Donau zufließt. Mitten hindurch verläuft die europäi- sche Wasserscheide – ein Teil des Mooswassers fließt somit über den Neckar auch in den Rhein. Das Moos ist ein großar- tiges Naturschutzgebiet und ein beliebtes Naherholungsziel. 4

Inhaltsverzeichnis 2 8 Impressum Heimat – Tradition, Verlässlichkeit, Geborgenheit / Sven Hinterseh 1. Kapitel / Aus dem Kreisgeschehen 10 Der Schwarzwald-Baar-Kreis hilft Flüchtlingen in Not / Sven Hinterseh 20 Kreistagswahlen 2014 24 Verabschiedung der Kreisräte / Heike Frank Garnisonsstadt Donaueschingen Schwarzwald und Baar verlieren ein Stück Frankreich 2. Kapitel / Da leben wir – Schwerpunkt Heimat 30 Petra Hettich – Bäuerin / Barbara Dickmann 34 Jochen Scherzinger – Modedesigner / Elke Schön 44 Andreas Helwig – Rettungspilot / Christina Nack 48 Thomas Behringer – Notfallsanitäter / Christina Nack 52 Eric Fürderer – Butzesel / Christina Nack 56 Jacqueline Janzen – Eishockey-Nationalspielerin / Christina Nack 60 Sabine Grässlin – Köchin und Kunstsammlerin / Natalie Göbel Jan Cebulla – ein Leben im Rollstuhl und doch offen und fröhlich / Susanna Kurz 66 70 Kai und Rik Sauser: Wenn es ums Rad geht, sind sie in ihrem Element / Michael Kienzler 3. Kapitel / Städte und Gemeinden 76 Hüfingen bietet viel Lebensqualität / Stefan Limberger-Andris 84 Königsfeld – Ort der zarten Melancholie / Stephanie Wetzig 4. Kapitel / Schwerpunkt Neckar 94 Wo der Neckar seine Reise beginnt / Daniela Schneider 106 Schwenningen und die Necklemer / Wolfgang Trenkle 5. Kapitel / Wirtschaft 116 Sparkasse Schwarzwald-Baar – ein Stück Heimat 130 Bad Dürrheimer Mineralbrunnen / Christina Nack 140 SCHMIDT Technology / Roland Sprich 6. Kapitel / Bildung und Soziales 146 Carl-Orff-Schule Villingen / Saskia Fraas 7. Kapitel / Garnisonsstadt Donaueschingen 152 Schwarzwald und Baar verlieren ein Stück Frankreich / Ernst Zimmermann 8. Kapitel / Geschichte und Wirtschaftsgeschichte 170 Sanierung der Historischen Zehntscheuer / Dieter Wacker 176 Karl Albrecht – ein Glücksfall für Donaueschingen / Gerhard Kiefer 5 152 Die französische Garnison Donau eschingen gehört seit dem 24. Juni 2014 der Vergangenheit an. Die Konsequenz: Rund 1.800 Menschen – ca. 750 Soldaten und deren Familienangehörige – sind fast von heute auf morgen weg- gezogen. Die Franzosen waren ein Teil der Stadt Donau esch in- gen, ein Teil ihrer internationa- len Ausrichtung und Ausstrah- lung und auch ein belebendes Element im Stadtalltag.

Inhalt Geschichte Zeitgeschehen Umwelt und Natur 100 Jahre Erster Weltkrieg Wo die Fallers zu Hause sind Die Rückkehr der Wildtiere 182 210 252 Die Geschichte des Ersten Welt- krieges für den Schwarzwald- Baar-Kreis – vielmehr für die frü- heren Landkreise Donaueschin- gen und Villingen – ist noch nicht geschrieben. Die Erinnerung an diesen Krieg ist meist nur noch dort lebendig, wo sie mit Angehö- rigen oder besonderen Ereignis- sen verknüpft ist. Einmalig ist ei- ne Bilddokumentation der Furt- wanger Fotografin Maria Griesha- ber über die Kriegsjahre. 6 Auf dem Unteren Fallengrund in Neukirch steht mit dem „Fallerhof“ der bekannteste Bauernhof von Baden-Würt- temberg. In Wirklichkeit ist es der Unterfallengrundhof. Nach 20 Jahren „Die Fallers“ ist zwi- schen den wirklichen „Fallers“, der Familie von Agnes und Felix Löffler, und den „Fallers“ mit den Hauptdarstellern Peter Schell und Christiane Brammert längst eine Freundschaft entstanden. Die Rückkehr einst ausgerotteter Wildtierarten wird in Zeiten ei- nes weltweiten Arten schwunds zumeist freudig begrüßt, feiern wir sie doch als Erfolgsnach- weis für den Artenschutz – als Indiz für einen noch immer vergleichsweise naturnahen, in- takten Lebensraum. Auch in den Schwarzwald-Baar-Kreis kehren verstärkt Wildtiere zurück. Doch nicht alle Heimkehrer haben das Zeug zum Sympathieträger.

Gastlichkeit Die Schwarzwälder Kirschtorte 300 Ein Geheimtipp im Schwarzwald ist das Café Schäfer in Triberg. Seit 1929 ist das Original-Rezept im Schäferschen Familienbesitz und seitdem wird den Gästen im Café die „Königin der Torten“ – die Schwarzwälder Kirschtorte angeboten. Aber noch viel mehr, so beispielsweise die mit Scho- kolade ummantelte Schwarz- waldkirsche mit Stiel. Eine Spezi- alität, hinter der viel Fachwissen steckt. 182 100 Jahre Erster Weltkrieg 190 Alltagsleben im Ersten Weltkrieg / Wilfried Dold 9. Kapitel / Brauchtum 206 Tracht des Jahres 2014 / Roland Sprich 10. Kapitel / Zeitgeschehen 210 Wo die Fallers zu Hause sind / Matthias Winter 224 20 Jahre „Die Fallers“ 230 „Funkenflug“ – Als die Bergstadt in Flammen stand / Roland Sprich 11. Kapitel / Kunst und Künstler 234 Thomas Straub: Konzeptkünstler und Schemenschnitzer / Stefan Simon 242 Helfried Günther Glitsch – Physiologieprofessor und facettenreicher Künstler / Stefan Simon 12. Kapitel / Umwelt und Natur 252 Die Rückkehr der Wildtiere / Wolf Hockenjos 262 Die Lärchen / Wolf Hockenjos 268 Aussichtspunkte im Schwarzwald-Baar-Kreis – Die Blatthalde bei Ober- und Unterbaldingen / Wolf Hockenjos 276 Historische Flussregulierungen im Schwarzwald-Baar- Kreis / Martin Fetscher 13. Kapitel / Sport 290 Michael Kienzler – als Sportfotograf bei der Fußballwelt- meisterschaft / Martina Zieglwalner 298 Martin Schmitt verabschiedet 14. Kapitel / Gastlichkeit 300 Die Schwarzwälder Kirschtorten-Erfolgsgeschichte aus Triberg / Daniela Schneider 304 Gasthaus-Hotel Sternen Brigachtal / Josef Vogt 307 Gasthaus Breitbrunnen Unterkirnach / Madlen Falke 14. Kapitel / Freizeit 310 Streichelzoo in Kappel – Eine Freizeit-Oase für die ganze Familie / Philipp Jauch Anhang 313 Almanach-Magazin 316 Europawahl Wahlergebnis, Arbeitslosigkeit in Prozentzahlen, Orden und Ehrenzeichen 317 Bevölkerungsentwicklung im Schwarzwald-Baar-Kreis 318 Bildnachweis 319 Die Autoren und Fotografen unserer Beiträge 320 Ehrenliste der Freunde und Förderer 7

Da leben wir – Schwerpunkt Heimat Da leben wir – Schwerpunkt Heimat Jochen Scherzinger – Modedesigner Königreich Heimat: Mit dem Label „Artwood“ seit drei Jahren auf dem Erfolgsweg von Elke Schön mit Fotografien von Sebastian Wehrle „Königreich Heimat“ – flotte Floskel, die gerade mal auf der Nostalgie- Welle tanzt? Keineswegs – spätestens, wenn man dem Modemacher Jochen Scherzinger gegenüber sitzt, wird klar, dass sich da einer mit diesem Slogan bewusst zu seinem Schwarzwaldflecken Gütenbach bekennt. Zum obersten Winkel im idyllischen Hübschental, nachdem er sich durchaus schon anderswo in der Welt umgeschaut hat. 34 34 www.artwood.de

Jochen Scherzinger – Artwood Wo jahrhundertelang die Uhrmacher ihrem Handwerk nachgingen, bringt es ein junger Mann fertig, sich mit einer anderen Branche sesshaft zu machen: der Mode. Wie vielen „Wäldern“, sieht man dem drahtigen dunkelhaarigen Typen seine Mitte dreißig nicht an, aber anders als manch ande- rer versteht es Jochen Scherzinger wortgewandt seinen beruflichen Werdegang zu schildern. Als Sohn aus alteingesessener Gütenbacher Familie absolviert er nach Abschluss der Furtwanger Re- alschule eine Lehre als Werkzeugmechaniker, um in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, der als selbstständiger Konstrukteur für Spritzgussfor- men tätig ist . Doch schon während der Ausbildung be- schleicht Sohn Jochen das Unbehagen bei der Aussicht auf eine Zukunft in der Alltagstret- mühle mit fremdbestimmten Arbeitszeiten und eingeschränkter Initiative. Die ergreift er jetzt entschlossen, um seine Schulbildung bis zur Fachhochschulreife zu ergänzen. Damit kann er – noch immer der Metallbranche treu – ein Maschinenbaustudium in Koblenz aufnehmen. Nach zwei Semestern ist klar, dass auch dies letzten Endes in eine Industrielaufbahn münden würde. Nun erst gesteht er sich seine Talente auf ge- stalterischem Gebiet ein. Dieser Richtung nach- zugehen, hatte ihm übrigens schon während der Schulzeit sein Vater empfohlen, der selbst seit langem das Malen in der Landschaft in seiner Freizeit mit Hingabe pflegt. 35 35

Da leben wir – Schwerpunkt Heimat „Königreich Heimat“ als Motiv auf T-Shirts und Kapuzenpullis. Warum also nicht Modedesign ansteuern? In Frage kamen die Fachschulen in Sigmaringen und Mannheim. Selbst finanziert werden muss- ten beide, also wurde letztere gewählt, schon weil Mannheim von Gütenbach aus besser zu er- reichen war. Außerdem gab es dort gute Studen- tenjobs zum Geldverdienen. Die Verkaufserfah- rung, die er in der Herrenbekleidungsabteilung bei Peek & Kloppenburg sammeln konnte, weiß er heute noch zu schätzen. Ganz und gar nicht locker gestaltete sich das dreijährige Studium für Modedesign. Näherfah- rung wurde laut Schulleitung nicht vorausge- setzt doch bereits im ersten Semester bestand eine Prüfungsaufgabe in Entwurf, Schnitt und Anfertigung einer Mädchenbluse. Im Rückblick erkennt Jochen Scherzinger, dass er das Studi- um an der Modeschule zu keinem früheren Zeit- punkt hätte beginnen dürfen. Das höhere Alter, die Erfahrungen aus der Fabrikpraxis und dem Technikstudium kamen ihm sehr zugute. Emp- fehlen würde er aber ein Modedesignstudium nie mandem. Shirts für Kinder und Erwachsene – die Zeichnung entstammt einem Projekt mit der Gütenbacher Grund- und Hauptschule. Die Kinder sollen erfahren, dass ihre Heimat eine „echt coole Sache ist“. Nach dem erfolgreichen Abschluss zum „Staat- lich anerkannten Modedesigner“ stellt sich dem jungen Mann die Frage: Mit welchem Schwer- Raum für die Bilderwelt der Heimat 36

Mystischer Schwarzwald – hier ist kein Platz für satt- sonnige Farben. Jochen Scherzinger beschränkt sich auf Schwarz, Grau, Grün und Rot. punkt gelingt der Sprung in die Selbstständig- keit? Lange genug hat er als „Wälder“ die Textil- branche und den Bekleidungsstil in der Heimat im Blick gehabt: Hier laufen die jungen Leute, wie überall in Deutschland, mit Reklame für Ameri- can Highschools, Sportstars oder Palmensträn- de auf ihren T-Shirts herum. Warum eigentlich sollte da nicht Raum sein für eine Bilderwelt, die bewusst auf die Landschaft, die Geschichte und letzten Endes die Tracht Bezug nimmt! „Zeige deine Wurzeln“ – Stickerei auf der Rückseite eines Pullis. „Show your roots“ bedeutet für Jochen Scherzinger, zu zeigen, dass der Schwarzwald die Heimat ist. In den Räumen des Elternhauses macht er sich wieder heimisch und beginnt in den Fo- to- und Kostümschätzen des angestammten Familienanwesens zu forschen, dankbar für die unverfälscht raue Natur, mit der ihn das obere Hübschental umgibt. Inmitten dunkler Wälder, oft von Wolken- fetzen umschleiert, ist kein Platz für sattsonnige Farben – die Palette für die Shirts und Blusen, die der junge Designer zu entwerfen beginnt, be- schränkt sich denn auch auf Schwarz, Grau, Grün und Rot. Auf solide Baumwollgewebe und Gewir- ke werden alte Fotos von seinen eigenen Vorfah- ren oder legendär skurrilen Persönlichkeiten der Umgebung gedruckt; sie gleichen Bild tafeln auf der Brust des Trägers. Andere Oberteile wieder- um erscheinen zart gegliedert mit einer sparsam gezeichneten Waldsilhouette. Was die Schnitte betrifft, halten sie allen An- forderungen an modisch „angesagte“ körperna- 37

Schwerpunkt Neckar

Die Neckarquelle „Schwenningen (Neckar)“ – so steht’s geschrie- ben auf den blauen Schildern der Bahnstation. Wer hier also ankommt, der weiß Bescheid: Durch diesen Teil der Doppelstadt fließt der Neckar, die „Lebensader Baden-Württembergs“. Und besser noch: Hier hat der Fluss seinen Ur- sprung. Von hier macht er sich auf die 367 Kilo- meter lange Reise durch das Land – ein interes- santer Verlauf durch den deutschen Südwesten, der in Schwenningen seinen Anfang nimmt. Wo aber findet man den Ursprung genau? Die Suche nach dem jungen Fluss beginnt in Schwenningen am besten im Stadtpark Mög- lingshöhe. Hier nämlich befindet sich die histori- sche Ne ckarquelle, die selbst eine recht bewegte Geschichte hat. Bereits im 16. Jahrhundert ließ Herzog Ludwig von Württemberg an dieser Stel- le eine hier vorhandene Quelle fassen, versehen mit dem Hinweis, dass dies des „Neccars Ur- sprung“ sei. Immer wieder suchten Herrschende aus dem Hause Württemberg dann im Laufe der Zeit diesen Ort auf, ließen die eine oder andere Erneuerung vornehmen, brachten Gedenk tafeln und Wappen an und schütteten laut Überliefe- rung mitunter auch beherzte Schlucke des jun- gen Neckarwassers symbolträchtig in ihren ad- ligen Schlund. Ende des 19. Jahrhunderts war dann aber Schluss mit der Aufmerksamkeit für dieses sprudelnde Nass: 1895 versiegte die Quelle. Ab- gesehen von einigen wohl eher kläglichen Wie- derbelebungsversuchen geriet der Ort auf dem Schwenninger Lettbühl mehr oder weniger in Vergessenheit. In den 1960er-Jahren erfolgte schließlich die Rückbesinnung: Die Neckarquel- le wurde reaktiviert, nachgebaut nach histori- schem Vorbild. Zwei Neckarquellen – die hydrologische findet sich im Schwenninger Moos und die historische im Stadtpark Möglingshöhe. Die von Herbert Wurm geschaffene Bronzefigur namens „Matze“ sitzt dort seit 2010 an des Neckars neu gestalteter Quelle – und liest die Schwenninger Traditions-Tageszeitung DIE NECKAR- QUELLE. Wo der Neckar seine Reise beginnt Jahrzehnte später wurde – wie so vieles im Stadtbild von Schwenningen – auch dieser Ort von der Landesgartenschau beeinflusst, die an- no 2010 für markante Veränderungen sorgte und auch eine Neugestaltung des Stadtparks Möglingshöhe mit sich brachte. Für die Neckar- quelle bedeutete das, dass ein ganz neuer Quell- stein an dieser besonderen, historischen Stelle eingeweiht wurde. Nun haben die Besucher die Möglichkeit, die großzügige Anlage in Ruhe zu betrachten, auf einer der Sitzbänke Platz zu nehmen, den Blick über den benachbarten Mög- lingssee schweifen zu lassen und in Gedanken vielleicht dem hier wegfließenden Neckarwas- ser auf seiner beginnenden Reise nachzufolgen. Das Schwenninger Moos Wer allerdings glaubt, dass mit der Neckarquelle das meiste über den Ursprung des Flusses ge- sagt ist, der irrt gewaltig. Denn genau genom- men liegt ein gutes Stück südlich der Möglings- höhe der zweite Teil der Wahrheit – und zwar im Naturschutzgebiet Schwenninger Moos. Ein Holzschild weist darauf hin, dass sich tatsächlich hier des Neckars Ursprung befinde. Aus hydrolo- gischer Sicht, so haben es die Experten längst he- rausgefunden, ist das richtig: Der junge Neckar wird nämlich mit Wasser aus diesem interessan- ten Fleckchen Erde gespeist, wenn auch nicht in Form einer regelrechten Quelle. Die sogenannte Europäische Hauptwasser- scheide tut ihr Übriges: Sie verläuft mitten durch das Naturschutzgebiet. Das bedeutet, dass sich auch hier die Regentropfen entscheiden müs- sen, ob sie entweder Richtung Rhein oder Rich- tung Donau fließen – was genau davon dann im jungen Neckar landet, weiß eben niemand so genau, das Moos entwässert jedenfalls in bei- de Flusssysteme. Das erklärt im Übrigen auch das Bestreben der seinerzeitigen württember- gischen Machthaber, die historische Neckar- quelle in unzweifelhaft eindeutigem – nämlich württem bergischem – Territorium zu verorten, zumal im Moos die einstige Landesgrenze zu den eher ungeliebten badischen Nachbarn mit der Wasserscheide gleichzusetzen war. Die Neckar- 97

Frisches Grün zeigt sich – das Schwenninger Moos lohnt nicht nur im Frühjahr einen Besuch. der Neckar ein vielseitiger Fluss ist. Das gilt dann eben auch für seinen Ursprung. quelle sollte jedenfalls gesichert auf württem- bergischem Gebiet liegen und das war am aus- gewählten Standort im Bereich des heutigen Stadtparks Möglingshöhe, wo tatsächlich eine Quelle sprudelt, der Fall. Und noch ein Aspekt dürfte bei der ganzen Sache nicht unerheblich gewesen sein: Das hervorsprudelnde Wasser der Quelle war nämlich auch noch trinkbar, was den erwähnten repräsentativen Verkostungen sicher zu Gute kam. Wer weiß, was passiert wäre, wenn Könige und Herzöge am wohl ganz ordentlich brackigen Mooswasser genippt hätten? Kann man abschließend also sagen, wo sich die wahre, die richtige Neckarquelle befindet? Egal ob im Moos oder im Stadtpark – die eini- germaßen salomonische Antwort lautet so oder so: in Schwenningen! Fest steht allemal, dass Unterwegs mit dem Moosführer Der Faszination, die vom Schwenninger Moos ausgeht, tut diese ganze Diskussion im Übrigen keinen Abbruch. Hervorragend erkunden lässt sich das Gebiet zum Beispiel mit Hilfe der Moos- führer. Dahinter verbirgt sich eine Gruppe von 25 Personen, die sich im Rahmen der Gartenschau hatten ausbilden lassen, um Besuchergruppen durch das Gebiet zu leiten. Das Famose an der Sache ist, dass rund zehn von ihnen auch nach der Schau mit großer Leidenschaft für das The- ma und entsprechender Zuneigung zum Moos dabeigeblieben sind und weitermachen mit ihren interessanten Führungen, die in der Saison von April bis Oktober jeweils jeden zweiten Samstag angeboten werden. Die Moosführer sind ein lo- 98

Wo der Neckar seine Reise beginnt ckerer Zusammenschluss, aber kein Verein; für die Organisation und die Haftung haben sie sich ans Umweltzentrum angehängt. Wie wäre es also zum Beispiel mit einer Tour mit Moosführer Michael Rüttiger? Der Mann, so scheint es, ist ein wandelndes, mehrbändi- ges Flora- und Fauna-Lexikon. Zu jedem Pflänz- chen entlang des dreieinhalb Kilometer langen Moos-Rundwegs auf Holzstegen und befestigten Wegen hat er mindestens eine Geschichte parat. Er zeigt auf, dass das Gebiet Lebensraum für ech- te Spezialisten ist, wichtiger Trittstein auch für wandernde Arten. Auch oder gerade für Nicht-Botaniker ist die- ser Spaziergang erhellend und kurzweilig. Denn wer weiß schon, wie eine wilde Möhre aussieht? Wer kennt die Lebensbedingungen von Wollgras, Johanniskraut, Rohrkolben, Waldachtelweizen, Baldrian, bittersüßem Nachtschatten und Blut- wurz? Und wer hätte gedacht, dass die hier anzu- treffende Artenvielfalt eigentlich untypisch für Moosführer Michael Rüttiger erklärt die Besonder- heiten von Flora und Fauna. Im Schwenninger Moos findet sich die Blutrote Heidelibelle ebenso wie Son- nentau oder die Sumpfschrecke (unten v. links). ein Moor ist? Dass diese Vielfalt auf Störungen zurückzuführen ist, die Magerrasen und trocke- ne Wälder begünstigten? Oder dass die Wege im Schutzgebiet durch ihren mineralischen Unter- bau vielen Pflanzen Lebensraum bieten, die hier ansonsten nicht leben könnten? Zu erfahren ist, dass die Gewächse im Zent- rum des Schwenninger Mooses mit Nährstoffar- mut zu kämpfen haben; das Heidekraut hilft sich da mit einem Pilz an seinen Wurzeln, der Son- nentau verspeist kleine Insekten, die er mit kleb- rigen Drüsenblättern festhält. Und der Südliche Wasserschlauch saugt Hüpferlinge, Flohkrebse und Co. durch besondere Fangblasen unter Was- ser ein, um sich selbige anschließend genüsslich 99

Geschichte und Wirtschaftsgeschichte Karl Albrecht – ein Glücksfall für Donaueschingen Karl Albrecht, zum Zeitpunkt seines Todes mit einem Vermögen von über 18 Mrd. Euro der reichste Mann Deutschlands, hatte einen besonderen Bezug zu Donau­ eschingen. Dort baut er am Beginn der 1970er Jahre ein Auslieferungslager für Aldi Süd. Dann 1976 weiter das Hotel Öschberghof mit Golfanlage und schließlich auf dem großzügigen Areal ein eigenes Ferienhaus. Auf dem Golfplatz war der Milli­ ardär bis ins hohe Alter beim Golfen anzutreffen – auch beim Kirchgang in Aasen. Dass sich Karl Albrecht in Donaueschingen finanziell stark engagierte, geriet für die Region zu einem großartigen Glücksfall. Aldi-Mitgründer Karl Albrecht – ein großer Förderer des Standortes Donaueschingen. 176

„Und wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.“ Auch das Online-Le- xikon Wikipedia weiß nicht, wem wir diese Zu- versicht spendende Weisheit eines Ano nymus verdanken. Tatsächlich erleben immer wieder Menschen, dass sich selbst in scheinbar tiefster Tristesse doch wieder eine Tür öffnet, sich eine neue Perspektiven vermittelt oder gar Rettung signalisiert wird. Doch wird ein solches Ereignis auch einer Stadt zuteil? Kann gar einer allein Ho- rizont und Hoffnung liefern gerade dann, wenn dieser Stadt „die Lichter auszugehen drohen“? Ja, Donaueschingen hat das so erlebt – dank Karl Albrecht. Der Unternehmer fand den Weg auf die Baar exakt in jener Zeit, als die Große Koalition Filbinger/Krause vor fast 45 Jahren mit ihrer ab- soluten Dominanz im Stuttgarter Landtag die baden-württembergische Kreisreform durch- setzte. Im Vollzug des „ersten Gesetzes zur Ver- waltungsreform (Kreisreformgesetz)“ vom 26. Juli 1971 gliederten zum 1. Januar 1973 CDU und SPD 28 kleine Landkreise in neu zugeschnitte- ne 35 große ein. Das kostete fast die Hälfte der bis dahin 63 Kreisstädte im Land ihren Status – darunter Donaueschingen. Aber in Südbaden auch Kehl, Lahr, Müllheim, Neustadt, Säckingen, Stockach und Wolfach. Der Verlust des Landkreises erfordert die Suche nach neuen Perspektiven Selbst die traditionell guten „Drähte“ des Do- naueschinger Fürstenhauses zu den Stuttgarter CDU-Ministerpräsidenten vermochten das Aus für den Landkreis Donaueschingen nicht abzu- wenden, obwohl er erst 34 Jahre zuvor aus dem „Bezirksamt Donaueschingen“ entstanden war. Allerdings zerfiel auch der anfangs flächende- ckende Protest von Gütenbach bis Möhringen, von Hammereisenbach bis Epfenhofen und von Öfingen bis Unadingen gegen die Auflösung. Das Obere Bregtal um Furtwangen fand sich mit dem Stuttgarter Diktat ab und orientierte sich rasch Richtung Villingen-Schwenningen. Und an der jungen Donau blickten Geisingen, Immendingen und Möhringen ebenso flugs nach Tuttlingen. Karl Albrecht – ein Glücksfall für Donaueschingen „Sehr viel Glück gehabt“ Karl Albrecht (1920-2014) und sein jüngerer Bruder Theo (1922-2010) sind im Essener Ar- beiterviertel Schonnebeck aufgewachsen. Der Vater war gelernter Bäcker, Karl Albrecht sen. macht sich 1913 als Brothändler selbstständig – seine Frau Anna eröffnet unter dem Namen ihres Mannes einen kleinen Tante-Emma-La- den. Auf den Besuch der Volksschule folgt eine Lehre als Verkäufer. 1939 nimmt Karl Albrecht am Russland-Feldzug teil und wird an der Ost- front verwundet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übernimmt er mit Bruder Theo 1945 das elterliche Lebensmittelgeschäft und gründet mit ihm die Albrecht KG. Es beginnt eine beispiellose Erfolgsge- schichte: 1961 trennen die Brüder Aldi in zwei Teile nördlich und südlich der Ruhr. Karl Alb- recht übernimmt Aldi Süd, Theo Albrecht Al- di Nord. Den ersten Aldi-Markt eröffnen die Brüder 1962 in Dortmund – den Namen Aldi leiteten sie von „Albrecht-Diskont“ ab. Karl Albrecht lebte sehr zurückgezogen und bescheiden. Neben dem Golfsport wird ihm als Hobby das Züchten von Orchideen zugeschrieben. Kurz vor seinem Tode gab er der Frank- furter Allgemeinen Zeitung sein bislang ein- ziges Interview, in dem er unterstreicht: „Ich habe sehr viel Glück gehabt“. Und dass es sein Antrieb gewesen sei, auch Kunden mit sehr begrenztem Einkommen den Kauf guter Le- bensmittel zu ermöglichen. Das Vermögen seiner Unternehmensgrup- pe ALDI SÜD kontrollieren zwei Stiftungen. Als „harter Kern“, der bis zuletzt für den Fortbestand des Landkreises Donaueschingen kämpfte und am 31. Dezember 1972 mit Wehmut von ihm Abschied nahm, erwies sich schließlich nur das Städteviereck in der Mitte und im Süden: Blumberg, Bräunlingen, Donaueschingen und Hüfingen. Auch hier sah man sich prosperieren- 177

Geschichte und Wirtschaftsgeschichte Alltagsleben im Ersten Weltkrieg Eine Bilddokumentation der Furtwanger Fotografin Maria Grieshaber von Wilfried Dold Nur etwas mehr als 230 Flugzeuge besitzt die deutsche Armee im Jahr 1914 – eines davon muss auf der Neueck bei Furtwangen notlanden. Viele Erwachsene und barfüßige Kinder eilen an die- sem Sommertag herbei, um erstmals in ihrem Leben ein Flugzeug aus der Nähe zu sehen. Auch Furtwangens Bürgermeister Herth (links mit Kindern und Ehefrau) fährt mit seiner Kutsche auf die Neueck. Das noch unbewaffnete Flugzeug befand sich auf einem Aufklärungsflug in Richtung Frankreich. In der Mitte rechts ist wahrscheinlich der Pilot oder Co-Pilot zu sehen. 190 190

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Geschichte und Wirtschaftsgeschichte Für die Kinder ist der Krieg (noch) ein Spiel – zumal im „Ochsengarten“, dem Mit telpunkt der Furtwanger Kinderwelt je ner Tage. Wer es sich leisten kann, staffier t sei nen Nachwuchs mit Original-Unifor m in Kinder- größe aus. Wer nicht so viel Geld besitzt, hilft sich mit Selbstgebasteltem und Selbst geschneidertem. Die Kin- der spielen Sol da ten, werden „verletzt“ und von den Schwestern des Roten Kreuzes „gepflegt“. Sie werden als Patrioten herangezogen, für den Krieg begeistert. Später ziehen erst 15-jährige Jungen als Soldaten ins Feld. 196 196

Alltag im Ersten Weltkrieg – Furtwanger Bildgeschichten XX Versteigerung von kriegsuntauglichen Pferden auf dem Plätzle an der Friedrichstraße hinter dem Rathaus zum Einsatz in der Landwirtschaft. Schlitten für den Winterkrieg. Am 17. November 1916 mussten in Furtwangen entbehrliche Schlitten beim städtischen Bauhof abgeliefert werden. 197 197

Zeitgeschehen 20 Jahre „Die Fallers“ Nur wenige Menschen können von sich sagen, dass sie in der Kulisse einer bekannten Fernseh- serie wohnen – bei der Familie von Agnes und Fe- lix Löffler ist das der Fall. Und das seit 20 Jahren. So lange bereits strahlt das SWR-Fernsehen „Die Fallers“ aus. Die erfolgreiche Serie spielt auf dem Unter fallengrundhof bei Furtwangen-Neukirch, im Schwarzwald-Baar-Kreis somit. In dieser lan- gen Zeit hat sich die Schwarzwald-Serie fest am Markt etabliert und lockt Sonntag für Sonntag ein Millionenpublikum an den Bildschirm (siehe S. 224). Nicht nur für die Schauspieler, auch für die Familie Löffler, sind „Die Fallers“ mittlerweile zu einem „zweiten Le ben geworden“. Schauspieler, Kameraleute und Regisseure gehören zum All- tag einfach dazu. Und obwohl die Löfflers Voll- erwerbs-Landwirte sind, von Milch- und Wald- wirtschaft leben, lassen sich die Drehtage und die tägliche Arbeit auf dem Hof ganz gut vereinbaren. Während draußen ein 35-köpfiges Team des SWR an einer neuen Fallers-Folge arbeitet, er- zählen die Löfflers drinnen in der großzügigen Bauernstube mit ihrem imposanten Kachelofen, 214

x neben dem Dackel Moritz seine Heimat hat, wie vor über 20 Jahren alles anfing: Ein Mann tauchte auf, interessierte sich von allen Seiten für den Hof, fotografierte ihn – und stellte sich schließ- lich als Heinz Recht vor. Er teilte den Löfflers mit, er sei auf der Suche nach einem Hof als Kulisse für eine neue Schwarzwald-Serie. Der Unterfal- lengrundhof sei wegen seiner idyllischen Lage da- für besonders geeignet. Hinzu komme, dass der Unterfallengrundhof weder zu alt noch zu neu sei und somit für den Schwarzwaldhof schlecht- hin stehen könne. Der Unterfallengrundhof in Furtwangen-Neukirch ist in vielerlei Hinsicht eine Idylle – die nicht nur beim SWR-Fernsehen, sondern gelegentlich auch bei Hochzeitsfotografen begehrt ist. Die Aufnahme zeigt die wirklichen Fallers, hinten von links: Felix und Agnes Löffler mit ihren Kindern Martin, Sabine mit Ehemann Stefan und Florian Löffler mit Sarah (vorne rechts) und der eben erst geborenen Romina. Unten v. links: Jenny sowie die Enkelkinder Marvin, Maurice und Alexia. Die Löfflers sind eine bäuerliche Groß familie, so oft es geht, werden die Mahlzeiten gemeinsam eingenommen. 215

Der Fallerhof – wo mit der Familie Löffler die wirklichen Fallers wohnen Begeistert war die Familie Löffler von dieser Fernsehidee nicht – sie lehnte zunächst rigoros ab. Dann kam Heinz Recht wieder vorbei und jetzt erbat man sich zunächst Bedenkzeit. Für und Wider wurden abgewägt, dann stimmten die Löfflers schließlich doch zu. „Aber nach einem halben Jahr haben wir dann gesagt, wir lassen es doch lieber sein“, erinnert sich Agnes Löffler. „Wir hatten Angst – vor allem vor den vielen fremden Menschen auf dem Hof“. Doch mittler- weile waren einige Innenräume des Fallerhofs in den Studios des SWR in Baden-Baden schon nachgebaut worden – die Produktion stand be- reits in den Startlöchern. Der SWR wollte den Unterfallengrundhof der Löfflers unbedingt als Kulisse für seine neue Serie. So gaben die Löff- lers 1994 endgültig ihre Zustimmung, freilich erst einmal nur für ein Jahr und unter der Bedingung, dass der SWR nicht preisgibt, wo er diese Fern- sehserie dreht. Nachdem sich zeigte, dass alles reibungslos lief, wurde das Engagement verlän- gert. 20 Jahre sind es bis heute geworden. Dass die Löfflers sich heute öffentlich zum „Fallerhof“ bekennen, hat vor allem einen Grund: Sie sehen darin die große Chance, der Region Furt- wangen/Gütenbach touristisch beizustehen. „Der Die „Fallers“ sind eingezogen, der SWR hat auf dem Fallerhof einmal mehr einen Drehtag angesetzt, wie schon das Klingelschild an der Eingangstüre verrät. Interessierte Beobachter sind Maurice, Marvin und Alexia, die Enkelkinder der Löfflers. Der SWR reist mit einer 35-köpfigen Crew an, die an einem Drehtag ca. 10 Minuten Sendung produziert. Neben den bekann- ten Darstellern gehören an diesem Sonntag auch zwei Gänse und ein feuerroter Sportwagen aus dem Porsche-Museum zu den Akteuren. Unter- und Oberfallengrund sind landschaftlich außergewöhnlich reizvoll, den Tourismus zu be- leben, das dient allen“, fassen die Löfflers ihren Beweggrund zusammen. Die Schauspieler zeigen am Leben auf dem Hof ernstes Interesse Positiv auf das Miteinander wirkte sich von An- fang aus, dass die Schauspieler ein ernstes Inte- resse an der Landwirtschaft und der Arbeit der Löfflers zeigten. Peter Schell (Bauer Karl) hielt sich vor Drehbeginn eine Woche lang auf dem Hof auf, um die Landwirtschaft kennenzulernen. Am Ende konnte er Kühe melken und den Trak- tor fahren. Auch Ursula Cantieni (Johanna Faller) war vor Serienbeginn einige Tage bei den Löfflers zu Gast. Zu Beginn dauerten die Dreharbeiten des öfteren 14 Tage am Stück, nur das Wochenende war drehfrei. Heute sind es vier bis fünf Mal im Jahr noch drei bis fünf Tage hintereinander, an denen der SWR in Neukirch dreht. Die übrigen Szenen entstehen im Studio. Es gibt somit etwa 25 bis 30 Drehtage vor Ort. „Das funktioniert al- les reibungslos“, berichtet Felix Löffler, der SWR kündige sein Kommen immer rechtzeitig zuvor an. Allerdings: Wenn es heißt „Ruhe bitte“ und die Kameras surren, müssen sich auch alle Hof- bewohner daran halten. Und auch Dackel Moritz muss in der Wohnung bleiben, zumal, wenn zu den Dreharbeiten dressierte Filmhunde mitge- bracht werden. Die Schauspieler und das SWR-Team sind in dieser Zeit in Furtwangen, Gütenbach und der ganzen Umgebung bis hin nach Breitnau unter- 216

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14. Kapitel Gastlichkeit Die Schwarzwälder Kirsch torten- Erfolgsgeschichte aus Triberg von Daniela Schneider Claus Schäfer ist ein zufriedener Mann, das sagt er selbst. Dass es so ist, liegt unter ande- rem an einem süßen Backwerk, an dessen Erfolgsgeschichte der Triberger Konditormeister mitgeschrieben hat: Gemeint ist die Schwarzwälder Kirschtorte. „Die Königin der Torten“, sei sie, so steht es im Info-Flyer, der im Café oder auch in der Triberger Tourist-Info zu haben ist und der erklärt, weshalb der Traditionsbetrieb in der Hauptstraße der Wasserfallstadt und die Kirschtorte untrennbar miteinander verbunden sind. Und die Torte ist nun auch ein „nationales Kulturgut“, sie hat einen Platz im Haus der Geschichte in Bonn erhalten. Um die Zusammenhänge zu verstehen, muss man sich in die Zwanzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts zurückversetzen: Damals nämlich verbrachte ein gewisser August Schäfer als jun- ger Mann seine Lehrzeit am Bodensee. Nach sei- nem erfolgreichen Abschluss kam er 1929 mit ei- nem Rezeptbuch in der Tasche nach Triberg. Wie es der gute Brauch war, hatte er in dem Büchlein fein säuberlich und akribisch das Grundwissen des Handwerks notiert. Aber auch ein recht Claus Schäfer präsentiert die nach dem Originalre- zept (unten) gebackene Schwarzwälder Kirschtorte. 300

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Auf Pilgerwanderung – Am Jakobsbrunnen in Hüfingen Fotografiert von Wilfried Dold