; aber auch Hieronymus besitzt einen ,, ... blau­ tuchenen Sonntagsrock"15>. Johanna, die Köh­ lerstochter aus dem Bregtal, trägt eine ebenso prächtige Tracht wie Mariann, die Tochter des reichen Vogts aus der Baar.16> Offenbar war sich Lucian Reich darüber im klaren, daß manche seiner Beschreibun­ gen und Illustrationen als zu idyllisch kriti­ siert werden könnten, und er kommt dem zuvor: ,,Da sagt Euer Bildchen die Wahrheit nicht. Die hübsche Tracht der Frau weißt nichts von Armuth, und das Zimmer sieht ja so blank­ gescheuert und wohlhabend aus. Bei diesem Ein­ wu,fist Lucian etwas betroffen geworden. Er zün­ det sein Pfeijlein wieder an, raucht einige nach­ denkliche Züge und erwidert dann: Reinlichkeit ist zwar auch Reichthum, gilt aber doch nichts im lfandbuche, und ein Sonntagskleid hat jedes ordentliche Mädchen schon von Haus' aus. Wenn sogar etwas Silber am Mieder glänzt, so kann deßwegen doch Schmalhans Küchenmeister seyn. "17> Auch die oben beschriebene Köh­ lerstochter schmückt sich sonntags mit ihrer prächtigen Tracht. In Wirklichkeit war die Tracht, auch sonntags, selten - und Lucian Reich war sich dessen bewußt.Ja gerade weil ihm, wie gesagt, der drohende Verlust der Tracht vor Augen stand, wurde er nicht müde, sie zu beschreiben, darzustellen und ihre Träger ins positivste Licht zu stellen, denn: ,,Auch der Bauer hält nicht mehr so zäh am Alten fest. Nur die Bäurin schritt sonntags noch im vollen Staat mit weißlackiertem Stroh­ hut, gesticktem Golfer, ,Fürstecker' und silbernem Gürtel zur Kirche, während vielleicht das Töchter­ lein den Tag kaum erwarten konnte, wo es sich die leichtere Modekleidung aneignen durfte. Den umgekehrten Fall die Verwandlung eines ,Rock­ meidli' in ein Jüppemeidli: habe ich nur einmal dahier beobachtet. "18> Lucian Reich sieht aber auch den Alltag und gewinnt dem, sowohl als Maler als auch als Schriftsteller, Poesie ab. Hirtenkinder, Strohflechterinnen, wassertragende Mägde, Bauern und Bäuerinnen bei der Feldarbeit, beim Mahl und im Wirtshaus und vieles mehr. Stets spielt dabei die Tracht eine Rolle, manchmal als Requisit, manchmal als Hauptdarsteller. ,,Als irrender Ritter wendete ich mich an ein Hirtenmädchen, welches mit sei­ nem Strohgeflechte in der Hand am Wege saß, und die in dem niedem Gehölze zerstreut grasen­ den Kühe hütete. "19> Lucian Reich dokumen­ tiert in seiner fragmentarischen Autobiogra­ phie einerseits die Bedeutung der Strohflech­ terei als Heimarbeit (im Verlagssystem) und andererseits die Beliebtheit des Strohhutes auch auf der Baar. Die zahlreichen Nach­ kommen eines fürsten bergischen Jägers bes­ sern das Haushaltsbudget auf: ,,Aber die guten Kinder wußten sich zu helfen. Sie bezogen vom Wald her Strohgeflechte zmd ve,fertigten als geschickte Näherinnen Hüte zum Verkauf, die sie dem Brauch gemäß schwefelten, d. h. grundierten, Alt Baar'scher Bauer, 1850 229"> ; aber auch Hieronymus besitzt einen ,, ... blau­ tuchenen Sonntagsrock"15>. Johanna, die Köh­ lerstochter aus dem Bregtal, trägt eine ebenso prächtige Tracht wie Mariann, die Tochter des reichen Vogts aus der Baar.16> Offenbar war sich Lucian Reich darüber im klaren, daß manche seiner Beschreibun­ gen und Illustrationen als zu idyllisch kriti­ siert werden könnten, und er kommt dem zuvor: ,,Da sagt Euer Bildchen die Wahrheit nicht. Die hübsche Tracht der Frau weißt nichts von Armuth, und das Zimmer sieht ja so blank­ gescheuert und wohlhabend aus. Bei diesem Ein­ wu,fist Lucian etwas betroffen geworden. Er zün­ det sein Pfeijlein wieder an, raucht einige nach­ denkliche Züge und erwidert dann: Reinlichkeit ist zwar auch Reichthum, gilt aber doch nichts im lfandbuche, und ein Sonntagskleid hat jedes ordentliche Mädchen schon von Haus' aus. Wenn sogar etwas Silber am Mieder glänzt, so kann deßwegen doch Schmalhans Küchenmeister seyn. "17> Auch die oben beschriebene Köh­ lerstochter schmückt sich sonntags mit ihrer prächtigen Tracht. In Wirklichkeit war die Tracht, auch sonntags, selten - und Lucian Reich war sich dessen bewußt.Ja gerade weil ihm, wie gesagt, der drohende Verlust der Tracht vor Augen stand, wurde er nicht müde, sie zu beschreiben, darzustellen und ihre Träger ins positivste Licht zu stellen, denn: ,,Auch der Bauer hält nicht mehr so zäh am Alten fest. Nur die Bäurin schritt sonntags noch im vollen Staat mit weißlackiertem Stroh­ hut, gesticktem Golfer, ,Fürstecker' und silbernem Gürtel zur Kirche, während vielleicht das Töchter­ lein den Tag kaum erwarten konnte, wo es sich die leichtere Modekleidung aneignen durfte. Den umgekehrten Fall die Verwandlung eines ,Rock­ meidli' in ein Jüppemeidli: habe ich nur einmal dahier beobachtet. "18> Lucian Reich sieht aber auch den Alltag und gewinnt dem, sowohl als Maler als auch als Schriftsteller, Poesie ab. Hirtenkinder, Strohflechterinnen, wassertragende Mägde, Bauern und Bäuerinnen bei der Feldarbeit, beim Mahl und im Wirtshaus und vieles mehr. Stets spielt dabei die Tracht eine Rolle, manchmal als Requisit, manchmal als Hauptdarsteller. ,,Als irrender Ritter wendete ich mich an ein Hirtenmädchen, welches mit sei­ nem Strohgeflechte in der Hand am Wege saß, und die in dem niedem Gehölze zerstreut grasen­ den Kühe hütete. "19> Lucian Reich dokumen­ tiert in seiner fragmentarischen Autobiogra­ phie einerseits die Bedeutung der Strohflech­ terei als Heimarbeit (im Verlagssystem) und andererseits die Beliebtheit des Strohhutes auch auf der Baar. Die zahlreichen Nach­ kommen eines fürsten bergischen Jägers bes­ sern das Haushaltsbudget auf: ,,Aber die guten Kinder wußten sich zu helfen. Sie bezogen vom Wald her Strohgeflechte zmd ve,fertigten als geschickte Näherinnen Hüte zum Verkauf, die sie dem Brauch gemäß schwefelten, d. h. grundierten, Alt Baar'scher Bauer, 1850 229">