Almanach 1981

Ehrenliste der Freunde und Förderer des Almanachs Schwarzwald-Baar-Kreis 1981 Dr. Peter Pfaff, Frauenarzt, Villingen-Schwenningen Rudolf Preisler, Villingen-Schwenningen Alfred Raithel KG, Mühlenstraße 38, Villingen­ Schwenningen Karl Riegger KG, Bad Dürrheim Riegger & Burry oHG, Bad Dürrheim Dr. jur. Ernst Roskothen und Frau Alice geb. Scherzinger, Bad Dürrheim Dr. Volkart Rüppell, Donaueschingen SABA GmbH, Hermann-Schwer-Straße 3, Villingen-Schwenningen Dr. med. P. Samimi, Chefarzt der chir. Abt. des Städt. Krankenhauses Furtwangen Karlhans Schweizer, Ingenieurbüro für Bauwesen, Achdorfer Straße 29, Blumberg SEWO Wohnungsgesellschaft Seemann GmbH & Co. KG, Villingen-Schwenningen Franz Singer, Papier-und Bürobedarf, Niedere Straße 17, Villingen-Schwenningen Sparkasse Villingen-Schwenningen mit Haupt­ anstalt in Villingen, Zweiganstalten in Schwen­ ningen. und Triberg, Hauptzweigstellen in Bad Dürrheim, Kömgsfeld, Schonach und Vöhren­ bach und 41 weiteren Geschäftsstellen Josef Straub Söhne GmbH, Wellpappenwerke, Bräunlingen Werkgemeinschaft FSM, Architekten Viehoff + Rolf u. Partner, Scheffelstraße 2, Freiburg i. Br. Villinger Volksbank eG., Villingen-Schwenningen Volksbank der Baar eG., Hüfingen Volksbank Triberg eG., Triberg Waidmann GmbH+ Co., Werk für Lichttechnik, Peter-Henlein-Straße 5, Villingen-Schwenningen Wehrle Uhrenfabrik GmbH, Schönwald J. G. Weisser Söhne, Werkzeugmaschinenfabrik, St. Georgen Weisser Wintermaschinen GmbH, Bräunlingen Ing. G. Werr und S. Ludwig, Heizung-Lüftung­ Sanitär GmbH, Hüfingen F. K. Wiebelt Buchhandlung, Bickenstraße 6, Villingen-Schwenningen, Büromusterhaus Vockenhauser Straße 9, Villingen-Schwenningen 9 weitere Freunde und Förderer des Almanachs wünschten nicht namentlich genannt zu werden. * Möbel-Amann KG., Vöhrenbach Bank für Gemeinwirtschaft AG, Kronenstraße 38, Villingen-Schwenningen Bayerische Hypotheken- und Wechsel-Bank Aktiengesellschaft Filiale Schwenningen Bezirkssparkasse Donaueschingen Sparkasse Furtwangen Horst Budde, Ingenieurbüro, Pestalozzistraße 65, Villingen-Schwenningen Dialyse-Institut, Villingen-Schwenningen Hans Diegner, Schwarzwaldhotel, Königsfeld Dresdner Bank AG., Filiale Villingen­ Schwenningen Sport-Fehlinger, Niedere Straße 59 + 84, Villingen-Schwenningen Fischbach Tief-u. Straßenbau GmbH., Donau­ eschingen Gehr. Finkbeiner, Sägewerk, Triberg-Gremmels­ bach Emil Frei KG., Lackfabrik, Bräunlingen­ Döggingen Lars Frykman, Kantstraße 28, Blumberg Dipl.-Ing. Th. Greiner, Kolpingstraße 12, Donau­ eschingen Hans Hasenstein, Waldstr. 17, Bad Dürrheim Dr. W. Heisler, Sanatorium Luisenruhe, Königs­ feld Buchhandlung Albert Hügle, Rietstraße 8, Villingen-Schwenningen Ingenieurgruppe Freiburg VB!, Rolf chädler, Peter Giersch, Helmut Krätz, Haslacher Straße 199, Freiburg i. Br. Jahresuhrenfabrik GmbH. Aug. Schatz & Söhne, Triberg Joachim Fürst zu Fürstenberg, Donaueschingen Kienzle Apparate GmbH, Prinz-Eugen-Straße 20/25, Villingen-Schwenningen Kraftwerk Laufenburg Dr. med. dent.JosefKury,Seb.-Kneipp-Straße 114, Villingen-Schwenningen Löwenbrauerei Bräunlingen MAICO Elektroapparate-Fabrik GmbH., Burg­ straße 65, Villingen-Schwenningen Vermessungsbüro Dipl.-Ing. V. Mandolla, Hochstraße 39, Villingen-Schwenningen Dr. med. Paul Obergfell, Villinger Straße 17, Vöhrenbach 2

Heimat und Kultur Dem Heimatjahrbuch des Schwarzwald-Baar-Kreises 1981 zum Geleit Das Heimatjahrbuch des Schwarzwald-Baar-Kreises tritt mit seiner Ausgabe für das Jahr 1981 in das fünfte Jahr seines Erscheinens ein. Wir haben in den vergangenen Jahren bereits eine stattliche Zahl treuer Freunde gewonnen. Mit dem vorliegenden Jahrgang möchten wir das Band zu ihnen noch enger knüpfen und gleichzeitig neue Freunde gewinnen, insbesondere auch unter der Jugend. Die Herausgabe des Heimatjahrbuches ist ein Teil unseres kulturellen Bemühens im Schwarzwald-Baar-Kreis. Die kulturelle Betätigung des Landkreises muß sich von dem Gedanken leiten lassen, daß zuerst die Städte und Gemeinden angesprochen sind und der Landkreis lediglich eine ergänzende Aufgabe hat. Die Beteiligung der Städte und Gemeinden an der inhaltlichen Gestaltung unseres Heimatjahrbuches entspricht diesen Überlegungen. Ohne die örtliche Mitarbeit hätte der Almanach bisher nicht eine so erfreuliche Entwicklung genommen. In den jährlichen Aus­ gaben unseres Heimatjahrbuchs soll auch die Verbundenheit der Einwohner zur engeren Heimat zum Ausdruck kommen. Mit jeder neuen Folge vervollständigt sich das Bild über den Schwarzwald-Baar-Kreis. Außerdem wird die Entwicklung des Landkreises festgehalten, und es entsteht so im Laufe der Jahre ein kleines Nachschlagewerk. Künftig sollen in noch verstärkterem Maße die im Landkreis vor­ handenen Bau-, Kunst- und Naturdenkmäler vorgestellt werden. Diese Berichte eignen sich besonders gut, den Heimatgedanken zu pflegen. Aber auch andere Sachgebiete, wie die Heimatgeschichte, die kulturelle Tradition, die wirtschaftliche und soziale Struktur, bedeutende Persönlichkeiten sowie die naturbedingten Ge­ gebenheiten des Landkreises kommen nicht zu kurz. Es gibt eine Fülle von Themen, die viel Wissenswertes über unseren Heimatkreis vermitteln! Abschließend ein Wort des herzlichen Dankes: allen, die an der Gestaltung dieses Heimatjahrbuches mitgewirkt und allen, die durch Spenden zu einer guten und preiswerten äußeren Gestaltung beigetragen haben. Ich wünsche allen Lesern unterhaltsame und gewinnbringende Stunden. Dr. Rainer Gutknecht Landrat 3

Aus dem Kreisgeschehen Kreispolitik 1980 Die Schulbauvorhaben werden fortgeführt – neue Aufgaben kündigen sich an Das herausragende Ereignis im Berichts­ zeitraum war die Kreistagswahl am 28. Ok­ tober 1979. Der zweite Kreistag des Schwarz­ wald-Baar-Kreises setzt sich zusammen aus 28 Kreisräten der CDU, darunter 2 Frauen; 19 Kreisräten der SPD, darunter 4 Frauen; 6 Kreisräten der FWV und 5 Kreisräten der FDP (die Einzelergebnisse sind auf Seite 229 festgehalten). Der neue Kreistag hat von Anfang an, wie sein Vorgänger, einen guten, sachlichen Arbeitsstil gefunden. Die wichtigste Aufgabe, die auch schon den alten Kreistag jedes Jahr beschäftigt hat, ist die Erweiterung unserer beruflichen Schulen. Erfreulicherweise konnten wir im vergangenen Jahr die ersten Erweiterungs- bauten eröffnen. Es sind dies die Schulerwei­ terungen im hauswirtschaftlichen Bereich im Stadtbezirk Villingen ( offizielle Einweihung am 8. 11. 1979) und in Donaueschingen (offizielle Einweihung am 15. 11. 1979). Für zwei weitere Projekte konnte Richtfest ge­ feiert werden: am 25. 4. 1980 für die Landes­ berufsschule für das Hotel- und Gaststätten­ gewerbe einschließlich Internat im Stadtbe­ zirk Villingen und am 30. 5. 1980 für die Kaufmännischen und Gewerblichen Schulen im Stadtbezirk Schwenningen. Mit dem Bau der gewerblichen Schulen in Donaueschingen wurde offiziell mit dem ersten Spatenstich am 19.12.1979 begonnen. Damit nicht genug: Der Planungsauftrag für Gewerbliche und Kaufmännische Schule im Stadtbezirk Schwenningen. � 4

Landesberufsschule für das Hotel- und Gaststättengewerbe im Stadtbezirk Villingen. das in der Prioritätenliste nächstfolgende Bauvorhaben, nämlich der Kaufmännischen Schulen im Stadtbezirk Villingen, wurde vergeben und ist in Arbeit. Die Verwaltung macht sich auch schon Gedanken darüber, wie die zeitlich darauf folgende Erweiterung der Beruflichen Schulen in Furtwangen zu­ sammen mit dem Land Baden-Württemberg -die Staatliche Berufsfachschule Furtwan­ gen steht in der Trägerschaft des Landes – durchgeführt werden kann. Nicht vergessen wollen wir den Neubau einer Schule für Körperbehinderte. Das vor einigen Jahren in St. Georgen eingerichtete Provisorium bedarf dringend einer endgül­ tigen baulichen Lösung. Außer den „alten Aufgaben“, die vor­ dringlich durchgeführt werden müssen, drängt sich immer mehr die Frage in den Vordergrund: Wo liegen voraussichtlich die Aufgabenschwerpunkte unseres Landkreises, wenn die großen Investitionen -zu denen ich auch den Neubau eines Landratsamts­ gebäudes rechne -beendet sein werden? Ich sehe drei große Aufgaben auf uns zukommen: 1.den öffentlichen Personennahverkehr 2.eine Verstärkung der Kulturarbeit des Landkreises 3.eine stärkere finanzielle Unterstützung der Jugendarbeit. Schon seit einiger Zeit bemüht sich das Landratsamt, die Grundlagen für eine Ver­ b esse ru ng des öffentlichen Perso­ nennahverkehrs zu schaffen. Die Nah­ verkehrskommission wurde im Jahre 1977 gebildet. Wir haben inzwischen eine Über­ sicht darüber, welche öffentlichen und pri­ vaten Linien im Landkreis vorhanden sind. In Zusammenarbeit mit der Nahverkehrs­ kommission wirken wir über zeitlich abge­ stufte Zielvorgaben aufFortschritte hin. Eine wesentliche Beeinträchtigung unserer Arbeit stellt die im Personenbeförderungsgesetz ver­ ankerte Linienkonzession dar, die den Unter­ nehmern außergewöhnlich starke Rechte einräumt. Abhilfe kann hier nur die Ein­ führung der Gebietskonzession schaffen, die der Bundesgesetzgeber beschließen müßte. Wir beobachten mit Interesse die im Lande laufenden Modellversuche für den öffent-5

liehen Nahverkehr. Ob für unseren Landkreis daraus Erkenntnisse gewonnen werden kön­ nen, bleibt abzuwarten. Unsere Aufgabe wird es sein, in zähen und geduldigen Verhand­ lungen mit den im Landkreis vorhandenen Verkehrsunternehmern Verbesserungen zu erreichen, wobei es darum geht, die Orts­ bzw. Stadtteile besser an die Zentralgemeinden anzubinden und bessere Verbindungen zwischen den Städten und Gemeinden unter­ einander sowie nach Villingen-Schwennin­ gen zu schaffen. Ohne finanzielle Unter­ stützung wird dies auf die Dauer nicht gehen. Wir haben für das Jahr 1980 noch keine Kreiszuschüsse vorgesehen, weil noch weitere Vorarbeiten geleistet werden müssen. Ich bin jedoch sicher, daß in den kommenden Jahren das Land, der Landkreis und die betroffenen Gemeinden auch finanziell zusammenarbei­ ten müssen, um wirkliche Verbesserungen zu erreichen. Die Gewerblichen Berufsschulen in Donaueschingen. Der zweite Bereich betrifft die Ku I tu r. Der Kulturarbeit im Landkreis sollte in den künftigen Jahren eine größere Bedeutung beigemessen werden. Mit dem im Haushalts­ plan 1980 beschlossenen Betrag von DM 668 500,-geben wir 0,62 % unserer Gesamt­ ausgaben für Kulturförderung aus. Bisher fördern wir die in der Trägerschaft der Städte und Gemeinden stehenden Volkshochschu­ len, die Erwachsenenbildung, die Musik­ schulen, Theater-und Kunstausstellungen. Nicht vergessen dürfen wir unsere Kreis­ ergänzungsbücherei, die noch weiter ausge­ baut werden muß, und die Kreisbildstellen. Auch die Zuschüsse des Landkreises für die Denkmalpflege sind bisher bescheiden ge­ wesen und konnten die verdienstvollen Be­ mühungen des Landesdenkmalamtes, der Gemeinden und Privater nur unzureichend unterstützen. Der Landkreis hilft durch einen höheren Gesamtzuschuß für die Denkmal- 6

pflege (1980 DM 140 000,-) mit, daß die vielen erhaltenswerten Baudenkmale in einen guten Zustand versetzt werden kön­ nen. Nicht gelöst sind bisher die m. E. wichtigen Fragen der Einrichtung eines Kreisarchivs, in dem die archivwerten Akten des Landratsamtes gesammelt und ausgewer­ tet werden, und der Anstellung eines Kreis­ archäologen. Letzterer könnte einen wich­ tigen Beitrag für die Geschichte und Kultur­ geschichte unseres Raumes leisten. Auch der dritte Bereich, eine s t ä r k e r e Un t e r s t ü t z u n g d e r J u g e n d a r b e i t , rückt immer wieder i n den Vordergrund der Diskussion. Die Verwaltung verschließt sich nicht der Einsicht, daß zu den bereits vor­ handenen zahlreichen Förderungen der Jugendpflege, für die der Landkreis große Beträge ausgibt, auch eine Förderung von Jugendhäusern (bzw. Jugendräumen) und Personalkostenzuschüsse für erforderliches Fachpersonal zum Betrieb solcher Einrich­ tungen eine sinnvolle Ergänzung schon bis­ her bestehender Aktivitäten wäre. Bevor der Landkreis evtl. tätig wird, sind hier zuerst die Städte und Gemeinden angesprochen. Auch muß darauf hingewiesen werden, daß mit einer solchen Förderung dem Landkreis neue finanzielle Lasten auferlegt würden, die an­ gesichts seiner finanziellen Gesamtlage zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur schwer zu tragen wären. In den alten und in den sich abzeichnen­ den neuen Aufgaben verdeutlicht sich auch im Schwarzwald-Baar-Kreis, wie sehr sich der Landkreis auf dem Gebiet kommunaler Daseinsvorsorge bewährt hat und nützliche Einrichtungen für die gesamte Bevölkerung bereitstellt. Dr. Rainer Gutknecht Landrat Ministerpräsident Lothar Späth im Schwarzwald-Baar­ Kreis Kreisbesuche in den 35 Landkreisen und 9 Stadtkreisen von Baden-Württemberg sind für Ministerpräsident Lothar Späth eine gern genutzte Möglichkeit, sich im Lande umzusehen und zu hören, wo die Bürger „der Schuh“ drückt. Der Schwarz­ wald-Baar-Kreis stand am 25. Januar 1980 auf dem Besuchsprogramm. Zu Beginn seines Besuches hießen Landrat Dr. Rainer Gutknecht und Oberbürgermeister Dr. Ger­ hard Gebauer den Ministerpräsidenten vor dem Theater am Ring in Villingen-Schwen­ ningen willkommen. In dem sich anschlie­ ßenden Gespräch mit Abgeordneten und Bürgermeistern, das durch einen ausführli­ chen Fragenkatalog vorbereitet war, betonte der Ministerpräsident, daß der Schwarzwald­ Baar-Kreis kein landespolitischer Problem­ fall sei, wenn auch Strukturschwächen in einigen Industriezweigen nicht zu verkennen seien. Von einer Ausdehnung der Förder- programme verspreche er sich keine prakti­ schen Vorteile, der Landkreis könne aber im Einzelfall auf objektbezogene Finanzhilfen des Landes hoffen. Der Ministerpräsident enthielt sich jeglicher Zusagen und Verspre­ chungen. Mit einer Ausnahme: Die Dienst­ stelle des Rottweiler Wasserwirtschaftsamtes und das Finanzamt werden zumindest für die nächsten Jahre in Donaueschingen erhalten bleiben. Die Reise durch das Kreisgebiet führte zunächst in das Krankenhaus der Stadt St. Georgen, das als Haus der Grundversor­ gung mit 112 Betten im Krankenhausbedarfs­ plan des Landes anerkannt worden ist. Bür­ germeister Lau ff er verwies auf die dringende Renovierung des Hauses und bat, dieses Anliegen in das Ausbauprogramm des Lan­ des aufzunehmen. Der Ministerpräsident zeigte sich beeindruckt, daß das im Jahr 1954 fertiggestellte Gebäude zu einem nicht ge- 7

Ministerpräsident Lothar Späth wird von Landrat Dr. Gutknecht und Oberbürgermeister Dr. Gebauer in Villingen-Schwenningen willkommen geheißen. Beim Bürgertelefon im Donaueschinger Rathaus. Der Ministerpräsident auf einem Winterstreu­ gerät bei der Firma Weisser KG. Daneben der Geschäfliführer der Firma, Willy Küpper. 8

Der Ministerpräsident im Gespräch mit den Bürgern in Bad Dürrheim. ringen Teil durch Spenden und Arbeitslei­ stungen der Bürger finanziert wurde und ganze 2,4 Millionen DM kostete, während der Ausbau heute auf ca. 8,0 Millionen DM geschätzt wird. Die nächste Station war die Fachhoch­ schule in Furtwangen.Der Rektor, Professor Dr. Löhn, berichtete über die Arbeiten der Fachhochschule Furtwangen auf dem Gebiet des Technologie.‘.fransfers und stellte die fruchtbare Zusammenarbeit mit der Indu­ strie in der Region heraus. In dem sachlich verlaufenen Gespräch mit Studenten in der vollbesetzten Aula wurde eine Vielzahl von T hemen erörtert. Der Ministerpräsident zeigte sich als gut informierter und beschla­ gener Gesprächspartner, der besonders zur Strom- und Energieversorgung mit genauen Zahlen aufwartete und zu überzeugen ver­ stand. Mit der Firma Hubert Weisser KG. in Bräunlingen wurde anschließend ein mittel­ ständischer Betrieb im Kreisgebiet besucht. In Begleitung des Geschäftsführers, W illy Küpper, ließ sich der Ministerpräsident die einzelnen Fertigungsstufen der in diesem Betrieb hergestellten W interstreugeräte zei­ gen. Es folgte ein kurzes Gespräch mit der Belegschaft in der neuen Halle, zu dem auch die Straßenmeister des Straßenbauamtes Donaueschingen eingeladen waren. In Donaueschingen war nach der Begrü­ ßung durch Bürgermeister Dr. Everke eine Stunde Zeit für das „Bürgertelefon“. 18 Bür­ ger telefonierten mit Lothar Späth, um ihm ihre Sorgen zu übermitteln. Wenn die Ant­ wort nicht sofort gegeben werden konnte, bat der Ministerpräsident um eine schrift­ liche Mitteilung. „Schreiben Sie das in einem Brief an mich. Ja, einfach an den Minister­ präsidenten in Stuttgart, das kommt immer an. “ Zum Abschluß des Besuchs kamen rund 1.000 Einwohner aus dem Landkreis zu dem Empfang des Ministerpräsidenten in das Kurhaus Bad Dürrheim. Bei Wein und 9

Brezeln wurden viele Gespräche geführt, und als der Ministerpräsident schließlich auf­ brach, hatte er viele Fragen beantwortet und manche Anregungen erhalten. Was für ein Ergebnis hat der Besuch ge­ bracht? Der Gast aus Stuttgart hat sich einen Tag lang mit den Besonderheiten unseres Landkreises und seiner Einwohner beschäf- “ tigt. Der Ministerpräsident kam, wie er selbst sagte, nicht als Weihnachtsmann“ und konnte deshalb nur wenige W ünsche erfül­ len. Was aber bleibt, ist der unmittelbare Eindruck und das Verständnis für unsere Fragen; beides wird sicher bei künftigen Ent­ scheidungen in Stuttgart in Bezug auf unse­ ren Landkreis von Nutzen sein. Die Kreisräte des ersten Kreistages des Schwarzwald-Baar­ Kreises verabschiedet Die ausscheidenden Kreisräte des ersten Kreistages des Schwarzwald-Baar-Kreises wurden am 23. November 1979 in einem feierlichen Rahmen im „Haus des Gastes“ in Bad Dürrheim verabschiedet und gleich­ zeitig die neu in den Kreistag gewählten Kreisräte begrüßt. Von den 61 Mitgliedern des ersten Kreistages sind 25 ausgeschieden, von den 58 Mitgliedern des zweiten Kreis­ tages sind 22 zum ersten Mal in den Kreis­ tag gewählt worden. Landrat Dr. Gutknecht bedankte sich bei den Kreisräten für die sachliche und ange­ nehme Zusammenarbeit in den zurücklie­ genden Jahren. Es war ihm ein Anliegen, daß die noch nicht in allen Bereichen verwirk- Ausgeschiedene Kreisräte aus dem südlichen Kreisgebiet. 10

lichte Integration des Schwarzwald-Baar­ Kreises vom neuen Kreistag als besondere Aufgabe gesehen wird. Er betonte, daß jeder Kreisrat dem Wohle des gesamten Landkrei­ ses verpflichtet sei und bei seinen Entschei­ dungen nicht nur an den eigenen Wahlbe­ zirk denken darf. Die geringe Wahlbeteili­ gung bei der Kreistagswahl (sie lag mit 47,11 % noch unter dem Landesdurchschnitt von 51 %) müsse für die Fraktionen des Kreis­ tages und die Parteien Veranlassung sein, während der gesamten Wahlperiode zusam­ men mit der Presse auf die politische Arbeit, die Aufgaben und Leistungen des Land- Regierungspräsident Dr. Norbert N othhel­ fer besuchte am 12. Dezember 1979 den Schwarzwald-Baar-Kreis. Der Besuch diente der ersten gegenseitigen Kontaktaufnahme und gab Gelegenheit, mehrere Arbeitsge­ spräche über aktuelle Fragen zu führen. Stationen waren: Landratsamt und Rathaus in Villingen-Schwenningen, die Polizeifach­ hochschule in Unterkirnach-Maria Tann, die Städte Donaueschingen und Blumberg. Regi.erungspräsident Dr. Nothhe!fer (stehend) neben Landrat Dr. Gutknecht. Regierungspräsident Dr. N othhelfer auf Antrittsbesuch kreises sowie auf seine Ziele hinzuweisen. Für die ausscheidenden Kreistagsmitglie­ der bedankte sich Schulamtsdirektor i. R. Helmut Heinrich. Er verwies auf die gewan­ delten Verhältnisse im jetzigen Kreistag ge­ genüber früheren Zeiten. Als Zeichen des Dankes und zur Erinne­ rung an die gemeinsamen Jahre in der Kreis­ politik wurde den ausscheidenden Kreis­ räten ein Kreiswappen mit persönlicher Wid­ mung, hergestellt von den Teilnehmern des Grundausbildungslehrganges der Firma Fr. Winkler KG in Villingen-Schwenningen, überreicht. Das Landratsamt arbeitete zur Vorberei­ tung des Besuches einen umfangreichen Fragenkatalog aus, in dem die drängendsten Probleme des Landkreises und seiner Städte und Gemeinden dargestellt wurden. Die Tagesfahrt gab dem Regierungspräsidenten Gelegenheit, auch vor Ort offene Fragen zu besprechen und sich ein anschauliches Bild von den besonderen Gegebenheiten zu machen. Der erste Kontakt zwischen Regierungs­ präsident und Schwarzwald-Baar-Kreis ist geknüpft. Die Verantwortlichen im Landkreis werden um gute Zusammenarbeit bemüht bleiben. Dr. Rainer Gutknecht ,, ,, Gebet zum Jahresanfang Mach‘, daß alle Blinden seh’n, mach‘, daß alle Lahmen geh’n, mach‘, daß jeder Hungrige werde satt, gib‘, daß jeder Sonne im Herzen hat. – Petra Presley 11

Zu Gast in Köln Schaufensterwerbung im Verkehrsamt der Stadt Köln Aufgrund der guten Beziehungen des Schwarzwald-Baar-Kreises zur Stadt Köln führte die Werbegemeinschaft Schwarzwald­ Baar-Oberer Neckar in Köln eine Fremden­ verkehrs-Werbeaktion durch. Die Verwirk­ lichung dieser Aktion ist unter anderem auf das langjährige Wirken von Landrat Dr. Gut­ knecht im benachbarten Rheinisch-Bergi­ schen Kreis zurückzuführen. So war es mög­ lich, in der Zeit vom 27. September bis 30. Oktober 1979 in einem 6 m langen und 1,60 m tiefen Schaufenster des Verkehrs­ amtes der Stadt Köln, in unmittelbarer Nähe des Domes, Fremdenverkehrswerbung für unsere Erholungslandschaft zu betreiben und eine vielbeachtete Schaufensterwerbung durchzuführen. Unter dem Motto „SCHWARZWALD- BAAR-OBERER NECKAR- Ferienziel für Köln“ wurden auf großen farbigen Bildtafeln die charakteristischen Eigenheiten unseres Kur- und Erholungsgebietes dargestellt und mittels verschiedener Exponate auf die Viel­ falt der Aktivitätsmöglichkeiten hingewie­ sen. Auch die Heimatgeschichte kam nicht zu kurz. Leihgaben des Heimat- und Ge­ werbemuseums Triberg und der F. F. Samm­ lungen in Donaueschingen gaben einen Ein­ blick in die überlieferten Handwerkstraditio­ nen sowie die geschichtliche Vergangenheit unseres Raumes. Wie vielbeachtet die Werbeveranstaltung war, zeigt die sehr starke Nachfrage nach dem in den Räumen des Verkehrsamtes der Stadt Köln ausgelegten Prospekt- und Infor­ mationsmaterials. 12

Schwarzwaldwoche in Herne Schwarzwälder Trachtenträger, der Ge­ ruch von Schwarzwälder Schinken und die Klänge des Kroneck-Duos aus Triberg beherrschten Ende Februar das City-Center in Herne. In der Zeit vom 29. Februar bis 8. März 1980 gestaltete die Werbegemeinschaft Schwarzwald-Baar-Oberer Neckar, beste­ hend aus den Landkreisen Schwarzwald­ Baar und Rottweil, anläßlich des siebenjähri­ gen Bestehens des City-Centers in Herne unter dem Motto „Der Zug in den Schwarz­ wald – immer richtig“ eine Schwarzwald­ woche. Wer bei einem Preisausschreiben die Frage ,,In welchem Teil des Schwarzwaldes liegt die Erholungslandschaft Schwarzwald­ Baar-Oberer Neckar?“ richtig beantwortete, konnte bei den täglichen Ziehungen neben wertvollen Sachpreisen wie Uhren, Wein und Schwarzwälder Spezialitäten einen der zwölf !wöchigen Freiaufenthalte für zwei Personen in Schönwald, Aichhalden, Furt­ wangen, Triberg, Hardt, Lauterbach, Schram­ berg, Schonach und Tennenbronn gewin­ nen. Eine besondere Attraktion waren die Ladenstraßen des City-Centers. Da konnte man sehen, wie ein Bollenhut gemacht wird. Und wer eine der schönen Schwarzwälder Uhren in seinem Wohnzimmer hat, weiß die Handmalereien auf dem Uhrenschild jetzt richtig zu schätzen. Alois Straub aus Furt­ wangen erwies sich hier als ein wahrer Mei­ ster seines Faches. Ständig war er von Zuschauern umringt, die seine ruhige Hand bestaunten. Und mancher Hobbyschnitzer ließ sich von Herrn Maier aus Vöhrenbach, der seine Schnitzerei-Werkstatt für einige Tage nach Herne verlegte, in die Geheim­ nisse der Schwarzwälder Schnitzkunst ein­ weisen. Im Erdgeschoß war ein Zug aufgebaut, vor dem Damen und Herren in Schwarzwäl­ der Tracht Gästeinformationen abgaben. An einem zweiten Werbestand wurden die Besu­ cher ebenfalls von Trachtenträgem durch In­ formationsmaterial über die Vielfalt der Kur- und Erholungsmöglichkeiten und das Freizeit­ angebot der beiden Landkreise informiert. Für Interessenten der Geologie war im Erdgeschoß ein Werbestand der Arbeitsge­ meinschaft „Geologischer Hobby-Urlaub“ aufgestellt. Zum Abschluß der Werbeveran­ staltung gab es hier einen Geologischen Hobby-Kurs für 2 Personen je nach gewähl­ ter Veranstaltung in Blumberg, Bräunlingen, Donaueschingen oder Hüfingen zu gewinnen. Jürgen Moser Der Schwarz:wald-Baar-Kreis in stilisierter Fonn: Angehörige des Grundausbildungslehrgangs der Firma Fr. Wink/er KG in Villingen-Schwen­ ningen haben nach einer Vorlage des Grafikers Eckehard Blender, Titisee-Neustadt, dieses ge­ lungene Werk geschaffen. Auf einer Kupftrplatte in den Ausdehnungen 42 x 31 cm werden die Bereiche Wirtschaft, Kunst und Kultur und Fremdenverkehr versinnbildlicht. Eines der bisher drei gefertigten Exemplare schmückt das Amts­ zimmer des Landrats. 13

Tuningen an der Spitze Im Kreiswettbewerb 1980 „Unser Dorf soll schöner werden“ · Werner Heidinger In zweijährigem Rhythmus findet der Kreiswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ statt. Das Interesse an dieser Aktion hat auch in einer hektischen und vom Mate­ rialismus stark geprägten Zeit noch nicht nachgelassen. Dies zeigte sich von neuem beim Kreiswettbewerb 1980, an dem sich Gemeinden und Gemeindeteile mit vorwie­ gend dörflichem Charakter bis zu jeweils 3.000 Einwohnern beteiligen konnten. Die­ sem Wettbewerb lag der Gedanke zugrunde, die Gemeinden und Gemeindeteile anzure­ gen, ihren unmittelbaren Lebensraum unter Berücksichtigung historischer und land­ sowie das schaftlicher Gegebenheiten Zusammenleben ihrer Bevölkerung auf der Grundlage bürgerschaftlicher Aktivitäten und Selbsthilfeleistungen bewußt zu gestal­ ten und zu pflegen. Die Bewertungskommission konnte bei der Besichtigung der Orte im Juli 1980 fest­ stellen, daß sich die Verwaltungen in den Gemeinden, Stadt- und Ortsteilen und die Einwohner selbst mit großem Engagement -·· ,, Frühlingsahnen Ein frisches Lüftchen spür‘ ich schon Und hör‘ der Lerche süßen Ton, Geh‘ ich am Morgen ganz allein, Um meinem Schöpfer nah zu sein. Das macht mich glücklich und so froh, Der Frühling kommt von irgendwo, Gibt meinem Herzen neue Kraft, Bringt Wachstum und auch Lebenssaft. Es ist des Jahres schönste Zeit, Schenkt der Natur ein neues Kleid; – Das alles ist so wunderbar, – Ob ich auch immer dankbar war? – Johannes Hawner 14 für die Sache „Unser Dorf soll schöner wer­ den“ eingesetzt und unter viel Zeit- und Kostenaufwand mit dazu beigetragen haben, daß der Schwarzwald-Baar-Kreis schöner geworden ist; schöner z. B. durch eine gezielte Planung und Gestaltung der Orte und Außenbereiche, durch die Renovierung erhaltungswürdiger Bausubstanz, durch Grünanlagen und Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern, durch Pflege öffentlicher und privater Gärten und durch üppigen Blu­ menschmuck an Gebäuden. Zahlreiche kul­ turelle und soziale Einrichtungen, ein reges Vereinsleben und beachtliche Gemein­ schaftsleistungen der Bürger rundeten das Bild des Fortschritts im Schwarzwald-Baar­ Kreis ab. Die Leistungen, die den Zielen des Wett­ bewerbs voll gerecht wurden, honorierte das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis mit Urkunden und Geldpreisen. Es wäre erfreu­ lich, wenn die bestplazierten Preisträger beim Bezirks-und Landeswettbewerb im Jahr 1981 weitere Erfolge verbuchen könnten. Ergebnisse: Punkte Geldpreis A u s g e z e i c h n e t Tuningen (Kreissieger) S e h r g u t Mühlhausen (Gruppensieger) Kappel Schabenhausen N iedereschach Fischbach Gremmelsbach Dauchingen G u t Biesingen (Gruppensieger) Oberbaldingen Nordhalden Schönenbach 90 1.000,- DM 88 900,- DM 800,- DM 750,- DM 700,- DM 650,- DM 650,- DM 600,- DM 550,- DM 500,- DM 450,- DM 450,- DM 87 85 84 82 82 81 77 72 72 74

Umschulung – in der Trägerschaft des Schwarzwald­ Baar-Kreises – 10 Jahre Umschulung Wer sich rechtzeitig umschulen läßt, braucht keine Angst zu haben, wenn sein alter Beruf ausstirbt oder sein Betrieb still­ gelegt wird. Diese Erkenntnis haben schon 1970 die Verantwortlichen beim Arbeitsamt Villingen zur Einrichtung von Umschu­ lungslehrgängen veranlaßt. Bei der Suche nach dem bestmöglichen „Schlüsselberuf“ war es kein Zufall, den Maschinenschlosser auszuwählen.Wegen der vielseitigen A usbil­ dung ist ein Umsteigen innerhalb der Berufs­ verwandschaften, wie Mechaniker, Gas- und Wasserinstallateur, Klempner, Dreher, Werkzeugmacher, Technischer Zeichner, Kfz-Mechaniker usw. jederzeit möglich. Gute Voraussetzungen waren bei der Firma Fr. Winkler KG, Villingen-Schwen­ ningen, für eine derartige Bildungsmaß­ nahme gegeben. In der Maschinenfabrik mit einer großen Tradition in der Lehrlingsaus­ bildung, sowie mit den vorhandenen Räum­ lichkeiten in der Turmgasse, wurde der erste Umschulungslehrgang mit 20 Teilnehmern im Herbst 1970 begonnen. Ausgewählt werden die Interessenten für eine Umschulungsmaßnahme vom Arbeits­ amt, dazu sind mehrere Beratungsgespräche sowie ein psychologischer Test erforderlich. Die Ausbildungsinhalte werden in der Bun­ desrepublik im bewährten Rahmen des Landrat Dr. Rainer Gutknecht läßt sich vor Ort über die Bildungsmaßnahmen informieren. V./.: Helmut Wink/er, Geschäfiiführer; Siegfried Reith, Ausbildungsleiter; Landrat Dr. Rainer Gutknecht; Horst Billing, Direktor des Arbeitsamtes Villingen-Schwenningen. 15

delskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg. Außerdem führt sie die Facharbeiterprüfung durch. Neu in der Verantwortung für diese Bildungsmaßnahme ist der Schwarzwald­ Baar-Kreis. Auf Wunsch des Regierungs­ präsidiums Freiburg hat der Kultur- und Sozialausschuß im Herbst 1979 die Über­ nahme der Trägerschaft mehrheitlich be­ schlossen. Von 1970 bis heute haben 105 Umschüler ihre Facharbeiterprüfung erfolgreich abge­ legt. Diese für die Wirtschaft zusätzlichen Fachkräfte bewirken zweierlei: erstens: der Facharbeitermangel in unserer Region wird abgebaut und zweitens: die Umschüler haben sich ihre Zu­ kunft vor dem Verlust ihres Ar­ beitsplatzes durch ihre Mobilität, wesentlich verbe sert. Denn, für eine Weiterbildung der Arbeit­ nehmer stehen folgende, weit­ tragende Argumente: – Wer fachlich und vielseitig gebildet ist, findet auch in schlechten Zeiten immer einen Arbeitsplatz. – Wer sich weiterbildet wird von der tech­ nischen Entwicklung nicht überrollt, son­ dern legt die Basis für den Aufstieg. – Wer Erfolgserlebnisse in seinem Beruf aufweist, wird mehr Sicherheit und beruf­ liches Ansehen genießen. Beruflich zufrie­ den sind Menschen am ehesten, wenn sie überzeugt sind, daß sie gebraucht werden. – Der breit angelegte Beruf des Maschinen­ schlossers beinhaltet eine größere Beweg­ lichkeit und ist gleichzeitig ein Rezept gegen den Schrecken, den die Behaup­ tung, in Zukunft müsse jeder Arbeitneh­ mer mindestens zwei- bis dreimal seinen Beruf wechseln, verursacht hat. Unsere Umschüler brauchen den Wechsel nicht zu fürchten, denn sie sind darauf vor­ bereitet. Siegfried Reith, Ausbildungsleiter Hohe Anforderungen werden beim Fräsen an die Umschüler gestellt. Heinrich Repp, Aussiedler aus R1,if?/and, bewältigt jedoch dies vorzüglich. dualen Systems, geregelt durch das Berufs­ bildungsgesetz, dem Rahmenstoffplan sowie der sachlichen und zeitlichen Gliede­ rung, vermittelt. Die Ausbildungszeit beträgt für diese Erwachsenenbildung zwei Jahre. Für die Kenntnisvermittlung ist die Hans-Kraut-Gewerbeschule verantwortlich, d. h. die Umschüler werden dort an zwei Tagen pro Woche in einer eigenen Klasse unterrichtet. Die zu beherrschenden Fertigkeiten ver­ mitteln die Au bilder der Firma Fr. Winkler KG. Hinzu kommt der technische Unter­ richt. Alle vorgeschriebenen Grundfertig­ keiten, vom Passen bis zum Lichtbogen­ schweißen und vom Zahnradfräser bis zum Drehen werden vermittelt. Die Über­ wachung der vorgegebenen Ausbildungs­ inhalte obliegt der Industrie- und Han- 16

Unsere Städte und Gemeinden stellen sich vor Altes Kulturland mit Tradition und Fortschritt Von Brigobanne bis Hüfingen – Ein Städtebild der Baar Hüfingen, zwischen 678 m und 920 m über dem Meer, im Herzen der Baar, liegt auf einer Hochfläche an der Breg, einem Quell­ fluß der Donau. Bereits Jahrhunderte war Hüfingen – als wichtiger Verkehrsknoten­ punkt zwischen Nord und Süd an der alten Schaffhausen-Frankfurter Straße gelegen – das Reizwort für viele Durchreisende, die die Hauptstraße des Städtchens bis 1978 als B un­ desstraße 27 und 31 durchfahren mußten. Verkehrsdichte und -lärm ermunterten nur selten zum Verweilen. Erst die fertiggestellte Umgehungsstraße brachte Ruhe in den Ort und damit erst dem Fremden Anreiz, von der Stadt mit ihren mittelalterlich geschlos­ senen Häuserzeilen im Kern Notiz zu nehmen. Die Stadt zählt 6085 Einwohner mit den eingemeindeten Stadtteilen Behla, Fürsten­ berg, Hausen vor Wald, Mundelfingen und Sumpfohren. Ein weiter Himmel spannt sich über eine fast herb anmutende Bauern­ landschaft, die sich im Wechsel zwischen welligen Hügeln von Wiesen und Wäldern darbietet und vielleicht den Besucher nicht auf Anhieb in ihren Bann zieht, sondern ihn zwingt, sich mit ihr zu beschäftigen, um ihre Reize zu erkennen. Alte römische Straßenkarten weisen den Hüfinger Raum als den ehemaligen Han­ delsort Brigobanne aus. Das um ca. 70 n. Chr. erbaute Römerbad, dessen gut erhal­ tene Reste noch heute besichtigt werden können, zeugen von der ehemals römischen Besatzungszeit. Bis in jüngste Zeit gab es auf­ schlußreiche Ausgrabungen, die Hüfingen als zentrale alemannische Siedlung mit Sitz bedeutender Adelsfamilien ausweisen. Namentlich genannt wurde der Ort nach­ weisbar in einer Urkunde von 1083 (Hiu­ vinga oder Huvingen). 1274 erhielt er das Marktrecht und wurde als Stadt 1356 erst­ mals erwähnt. Das Stadtrecht erhielt sie im Jahre 1452, und ihr Stadtsiegel ist ab 1460 nachweisbar. Nach einer langen Herrschaft des Geschlechts der Schellenberger ging das gesamte Besitztum im Jahre 1620 für 60 000 Gulden an das Haus Fürstenberg. 1744 wurde Hüfingen Sitz eines Fürstlich­ Fürstenbergischen Oberamtes, das im „Obe­ ren Schloß“ – heute Landesheim für alte Menschen – untergebracht war. Anno 1806 wurde die Stadt dem Land Baden zuge­ ordnet. Eine Blütezeit des künstlerischen Schaf­ fens erlebte die Stadt durch ihre großen Söhne Joh. Bapt. Seele, Maler (1774-1814); Joh. Nep. Schelble, Musiker (1789-1837); Franz Xaver Reich, Bildhauer (1815-1881); Lucian Reich, Schriftsteller und Maler(l817- 1900); Joh. Nep. Heinemann, Porträtist u. Lithograph (1817-1902); Josef Heinemann, Maler (1825-1901) und Rudolf Gleichauf, Maler (1826-1896). Das künstlerische Erbe, das sie ihrer Vaterstadt hinterließen, verlangt die Einrichtung eines Museums, das bei der Sanierung der Altstadt Berücksichtigung fin­ den soll. Daß z.B. Joh. Nep. Schelble ein Freund Felix Mendelssohns war und Joh. Seb. Bach wiederentdeckte, wissen nur wenige. Lucian Reich dagegen wurde vor­ nehmlich durch sein Buch „Hieronymus“ und als hervorragender Maler von Land und Leuten bekannt. In Gottfried Schafbuch, dem ehemaligen Ratschreiber und heutigen Ehrenbürger von Hüfingen, hat er einen Nachfolger gefunden, der es wie kein ande­ rer versteht, die Baaremer Mundart der hier beheimateten Menschen aufzuspüren, zu vertiefen und zu erhalten, was in seinem Buch „Mii Boor – mii Hoamet“ zum Aus­ druck kommt. 17

Zu den besonderen Baudenkmälern der Stadt zählen die Stadtkirche St. Verena (1182 erstmals erwähnt), das „Obere Schloß“, dominierendes Bauwerk an der südlichen Grenze des Ortskerns und jetzt als Alters­ heim dienend, die Zehntscheuer in der Hin­ terstadt, die Loretto-Kapelle (1710) und die St.-Leonhards-Kapelle (1479) außerhalb der früheren Stadtmauern. Als barockes Kleinod gilt die Peter-und-Paul-Kirche von Hausen vor Wald, mit deren Renovation bald begon­ nen wird und die Peter-Thumb-Kirche St. Georg in Mundelfingen. Beide Gotteshäuser gehören neben St.Johann in Donaueschin­ gen zu den nennenswerten Barock-Pfarrkir­ chen in unserem Raum. Das alte Rathaus – neben dem jetzigen stehend – wurde im Jahre 1742 errichtet. Im Zuge der Altstadtsanierung bemühen sich Verwaltung und Bürger seit Jahren, die Altgebäudesubstanz durch Verbesserung ihrer Wohnqualität zu erhalten.Wesentliche Fortschritte sind in den letzten Jahren gemacht worden, so daß zu hoffen bleibt, daß die Hinterstadt (Zone I) bald abge­ schlossen werden kann, um dann mit der Hauptstraße und dem Süßen Winkel (Zone II) beginnen zu können. Die Ringwasserver­ sorgung funktioniert durch eigene Tiefbrun­ nen, die gesundes Wasser liefern, das keiner Aufbereitung bedarf. Mit einem prozentua­ len Anteil ist Hüfingen an der Gruppenklär­ anlage Donaueschingen-Hüfingen-Bräun­ lingen angeschlossen, die – bis auf wenige Teilstücke in Fürstenberg – ihrer Gesamtfer­ tigstellung entgegensieht. Die Vielschichtigkeit des Vereinslebens der Stadt Hüfingen und seiner Stadtteile mit über 50 Vereinen bestätigt ein großes Ange­ bot kulturellen und sportlichen Lebens. Die Stadt unterstützt mit Zuschüssen die Ver­ einsarbeit und gibt damit Ansporn zu Akti­ vitäten. Neben kulturell tätigen Vereinen von Stadt- und Musikkapellen, Gesangverei­ nen, Trachten- und Heimatgruppen, neh­ men sporttreibende Vereine einen breiten Raum ein, so daß die im Bau befindliche zweite Turnhalle im Schulbereich vom 18 Bedarf her zu rechtfertigen ist. Außer dem reinen Hallensport (Turnen, Fechten, Tisch­ tennis, Volleyball usw.) gibt es aber noch genügend Gelegenheit, in Hüfingen und sei­ ner Umgebung seinen Hobbys nachzuge­ hen, wie Tennis, Fußball, Kegeln, Drachen­ und Modellfliegen, Segeln, Tauchen, Surfen, Fischen, Go.Cart-Fahren und in den ver­ schiedensten Disziplinen im Schießsport. Ein modernes Hallenbad ermöglicht Schü­ lern, Einwohnern Hüfingens und Umge­ bung sowie dem Schwimmverein Baar die Ausübung des Schwimmsports. Ein Botanischer Waldlehrpfad und eine erstaunliche Anzahl von Orchideensorten stellen eine Besonderheit dar und finden in weitem Umkreis Zuspruch. Die Gauchach­ schlucht bei M undelfingen ist ein geologisch sehenswertes Gebiet und bietet Hobbygeo­ logen interessante Wochenlehrgänge zur Erholung. Kofenweiher und Riedseen gehö­ ren als Badeseen zum Freizeitbereich und dienen der Naherholung. Auf einer Gesamtmarkungsgröße von 5855 ha, von der der Wald einen Flächen­ anteil von 1450 ha hat, ist die Landwirtschaft in den Stadtteilen dominierend. Neben der Ansiedlung von vorwiegend Mittel- und Kleinbetrieben im Handwerksbereich ist das Säge- und Holzwerk Fürst zu Fürstenberg in Hüfingen zu nennen. Weitere Flächen für Gewerbegebiete stehen noch zur Verfügung. Eine moderne Festhalle, die für Veranstal­ tungen im Städtedreieck richtungsweisend werden soll, wurde vom Gemeinderat be­ schlossen und befindet sich in der Planung. Die geschichtliche Entwicklung des Hand­ werks im Laufe der Jahrhunderte in der hier heimatlichen Ansiedlung in einem Freilicht­ museum darzustellen, ist ein Gedanke, mit dem die Stadt sich gern anfreunden würde. Die Einrichtung eines Heimatmuseums ist schon lange Wunsch vieler Bürger, da mit ihm der eigentliche Reichtum der Stadt an künstlerischen Arbeiten der breiten Öffent­ lichkeit zugänglich gemacht werden könnte. Fronleichnam in Hüfingen

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traditionell Höhepunkt im jahreszeitlichen Ablauf von Festen in der Gemeinde ist der bis in das Ausland bekannte feierlich begangene Fronleichnamstag. An ihm wer­ den von Hüfinger Bürgern Millionen Früh­ lingsblüten auf den Fluren der Baar gesam­ melt und beidseitig der Hauptstraße in kunstvollen Ornamenten und Bildern zu Teppichen gelegt.Einen festen Platz im Fest­ programm haben sich die seit Jahren über­ regional bekanntep Hüfinger Heimattage erobert, an denen wechselweise Musik, Sport, Heimatbrauchtum, Folklore und Gesang im Mittelpunkt stehen. Uraltes Fas­ nachtsbrauchtum spiegelt sich in der ur­ wüchsigen alemannischen Hüfinger Fas­ nacht wider, die von der Bevölkerung im gesamten Städtchen und seinen Ortsteilen gefeiert wird und bei der traditionsreiche Figuren, Masken und Trachten zum Leben erweckt werden. Isolde W eidenbach Fronleichnam in Hüfingen Wer das alte, kunstsinnige Städtchen auf der Baar an einem seiner höchsten Festtage erleben will, der muß an Fronleichnam kommen. Die Hauptstraße ist dann ein ein­ ziger Blumengarten. Abertausende von Blüten, Blättern, Gräsern, Farnen, Samen, Blütenstempeln und Staubgefaßen werden zusammengetragen, um dieses Blütenwunder erstehen zu lassen. Von den Stufen der Kirche im Schatten der wuchtigen Kastanien zieht sich der Blütenläufer die Straße entlang bis zum Spitaltor und auf der anderen Seite des mit grünen Maien überdeckten Stadtbaches wieder zurück zum Gotteshaus. Der Ring schließt sich beim Kirchenportal. Es sind viele Meter eines gewirkten Blumenteppichs in mildem Gelb, zartem V iolett, lichtem Grün, kräftigem Rot und warmem Braun. Der Besucher, der zum erstenmal diese Blumenstraße von rund 600 Metern Länge entlang wandelt, kann Stu.1:1den verweilen. Immer begegnet er neuen Uberraschungen. Gerade die Abwechslung innerhalb des ge­ schlossenen Ganzen ist es, die so anziehend wirkt und die Verfertiger der Blütenteppiche Jahr um Jahr, sofern es das Wachstum in der Natur erlaubt, zu neuem, frommem Wett­ streit bei der künstlerischen Gestaltung an­ spornt. Die Vorbereitungen nehmen Tage und Wochen in Anspruch. Vom Dreifaltigkeits­ sonntag bis zum Herrgottstag sind hunderte von Händen bemüht, die Blüten zu sammeln, 20 nach Art und Farbe zu sortieren. Bei be­ sonders langen Häuserfronten werden ganze Kisten und Waschkörbe voll Blüten benötigt. Jedes Hau an der Hauptstraße hat seinen Teppich, der in das Ganze sich einfügt, als herrsche insgeheim eine höhere Ordnung. Die Zeichnungen und Vorlagen für einzelne Motive sind schon Wochen vor dem Fest gefertigt worden. Sie bleiben streng geheim, und der Einzelne weiß nicht, was der Nach­ bar zur Rechten und Linken ersonnen hat, bis beim ersten Hahnenschrei an Fronleich­ nam die Ornamente und figürlichen Blumen­ motive Haus um Haus zum Ganzen sich fügen: Bildsymbole, mosaikartige Gebilde, Blumengewebe voll Rhythmus und schöpfe­ rischer Phantasie. Die Breite des Teppichs ist einheitlich 1,80 Meter. Davon gehen 30 Zentimeter ab für die Rahmenleisten aus grünen Farnen. lichte Famstreifen grenzen wieder die Teppiche der einzelnen Hausgemeinschaf­ ten voneinander ab. Diese grünen Quer­ rippen sind die einzigen Stellen, an denen die Besucher an Fronleichnam die Mosaik­ bahn überqueren können. Bei der inneren Bahn von 1,50 Meter Breite entfaltet jede Hausgemeinschaft Formfreude und Phan­ tasie nach eigenem Können und Ermessen. An einem Muster von zehn Metern Länge arbeiten bis zu zehn Personen, in der Frühe des Festtages auf der Straße kniend, oft drei

bis vier Stunden. Der Blütenteppich wird bei der Prozession nur vom Priester betreten, der die Monstranz trägt. Die Tage zuvor sind die gesammelten Blüten in Kellern und kühlen Räumen auf­ bewahrt worden: Margeriten,] ohanniskraut, Kleeblüten, Bluttropfen, Ästerle, Lupinen, Schneeballen, weißer und gelber Ackersenf, Kastanienblüten und die gelben Köpfe der Butterblume. Ein anderes Jahr wieder, je nach dem früheren oder späteren Beginn des Wachstums, überwiegen Taubenskabiose, Wiesenknöterich, das zarte Grün der Tan­ nenblüte, die bräunliche Blüte der männ­ lichen Föhre, gelber Ginster, Zitter-und Knäuelgras, Wiesensalbei, Teufelskralle, Wiesenfuchsschwanz, Roter Klee und Kar­ dendistel. Einzelne Blüten, die für bestimmte Muster erforderlich sind, werden oft aus weiten Entfernungen, aus dem Kinzigtal oder dem Glottertal, beigeschafft. Das Bild beherrschen die Wiesen-, Wald­ und Bergblumen der Baar und des nahen Schwarzwaldes. Zierblumen aus den Gärten sind verpönt. Ihre aufdringlichen Farben würden die warme, tonige Klangfarbe und Harmonie, wie sie in der freien Natur herr­ schen, stören. Die Anregung zu dieser schöpferischen Volkskunst kam vor bald 140 Jahren aus dem Süden. Im Jahre 1841 weilte -dank eines Stipendiums des Hauses Fürstenberg -der Hüfinger Bildhauer Franz Xaver Reich in Italien. Von Rom aus kam der damals 26- jährige Künstler auf einer Studienfahrt nach dem am Westabhang des Vesuvs gelegenen Portici bei Neapel. Hier war an Fronleichnam 1841 der Prozessionsweg in seiner ganzen Breite und Länge mit einem Teppich aus den vielfältigsten Blumen Süditaliens belegt. Franz Xaver Reich war tief beeindruckt. Ein Jahr danach legte er vor seinem Haus in der Hüfinger Hauptstraße 5 einen Blumen­ teppich, wie er ihn in Italien gesehen hatte. Das Beispiel fand Nachahmung. Immer mehr Anwohner der Hauptstraße machten mit. Was zunächst nur versuchsweise und zaghaft begonnen wurde, hat, geüb� in langer Tradition, im Lauf der Jahrzehnte feste, eige­ ne Formen angenommen und sich zu einer Volkskunst auf der Baar entwickelt, die heute ganz das Gepräge und die Stimmung der heimischen Landschaft, der besinnlichen und verhaltenen Baaremer Feldflur, trägt. Heger der Tradition beim kommunalen und kulturellen Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg waren insbesondere Gottfried Schaf­ buch, der Hüfinger Mundartdichter und Stadtschreiber sowie der Arzt Dr. Erwin Sumser, der unvergessene Blumenkenner und Anwalt der heimischen Flora. 40 000 Besucher zählte man, als an Fronleichnam 1955 Nuntius Dr. Aloisius Muench, der spätere Kurienkardinal, bei der Prozession in Hüfingen das Sanctissimum trug. Jahr um Jahr wuchs nach 1945 der Strom der Besucher aus dem In-und Ausland, darunter viele Gäste aus der Schweiz, aus Frankreich und Österreich, aber auch aus den USA. Omnibusse und Kraftwagen parken am Herrgottstag zu Hunderten an den Zu­ gängen in die Innenstadt. Ihr Höhepunkt ist die Stunde, wenn nach dem feierlichen Hochamt unter den Klängen der Stadtmusik, geleitet von der Jugend in der alten Baaremer Festtracht und von Hunderten von Gläubigen das Allerheiligste über die Blüte’iibahn ge­ tragen wird. Die Brunnenheiligen, Verena und St. Jakob, denen der Schutz der Stadt seit altersher anheimgegeben ist, thronen über der leuchtenden Prozessionsstraße. Die Häuser mit den alten Giebeln und Erkern, mit den kunstvollen schmiedeeisernen Gast­ hausschildern, der Torbogen am Spital, das einst Schloß der Fürstenberger war, sind von hunderten von grünen Maien geschmückt. Die geschlossene Häuserfront der Innenstadt gibt einen einzigartigen Rahmen. Der Blüten­ teppich liegt nach dem feierlichen Umgang in einer Unberührtheit und Frische da, als sei er nicht vom Fuß des Priesters beschritten worden. Bis in die frühen Abendstunden hält der Strom der Besucher an, die an den duftigen Gebilden entlangschreiten und in Form von eigenen Farbdias mit Souvenirs sich ein-21

decken. Dann wird in Zeit von einer Stunde weggeräumt, was in tagelanger, mühseliger Arbeit mit beneidenswertem Kunst- und Formensinn zur Ehre Gottes geschaffen wurde. Über der Hüfinger Hauptstraße flutet wieder der große Verkehr. Der Besucher aber bewahrt das für wenige Stunden Geschaffene als eine bleibende Erinnerung, vergleichbar dem starken Eindruck von mittelalterlichen Farbfenstern und Glasmosaiken in gotischen Domen. Nur dort noch findet sich eine ähnliche Harmonie des frommen Zusam­ menwirkens von Natur, Kunst und Gottes­ dienst. Lorenz Honold Klaus Schnibbe: Das Wappen der Stadt Hüfingen Wappen: In Blau ein schwebender,gemauerter, spitzbedachter silberner Torturm mit zwei Erker­ türmchen. – Vermutlich handelt es sich bei diesem Bild um einen ehemals zur Stadtbefestigung gehö­ rigen Turm, den sog. ,,Stock im Graben‘: auch ,,Hohentwiel“ genannt, der jedoch im 19. Jahr­ hundert abgerissen worden ist. Das älteste Siegel der Stadt, das nach der 1452 erfolgten Vereinbarung zwischen Stadt­ herrn und Bürgerschaft über das Stadtrecht geschaffen wurde, zeigt bereits im Wappen einen gedrungenen Turm mit spitzem Dach und kleinen Ecktürmchen. Die Umschrift lautete:+ SIGILL VM ,,. CIVIVM *,,•· VILLE “ HIFINGEN (Siegel der Bürger der Stadt H.). Tor und Fensteröffnungen hatte der Turm dieses Siegels noch nicht. Erst das zweite Siegel mit der Umschrift ,, SIGILLVM ,. CIVITATIS ,, HVFFINGAE (Siegel der Stadt H.), das ab 1595 an Urkun­ den erscheint, zeigt einen schlanken, runden Turm mit Öffnungen im Wappen, wie er in der Folge auf allen weiteren Siegeln darge­ stellt wird. Die Form des Turms ist aller­ dings allerlei Wandlungen unterworfen. Im 19. Jahrhundert bekommt er eine unten brei­ tere, nach oben verjüngte Gestalt; ähnlich ist er auch am alten Rathaus zu sehen. Die Farben des Wappens sind erst im 19. Jahrhundert zu belegen. Der Entwurf für eine Bürgermilitärfahne von 1816 zeigt in Blau einen silbernen Turm, umgeben von einem goldenen Eichenkranz. Bei der noch 22 erhaltenen Revolutionsfahne von 1848/49 ist dem blauen Tuch ein roter Wappenschild mit silbernem Turm aufgelegt. Das Siegel von 1856 zeigt das Schildfeld waagrecht – also blau – schraffiert. Auch auf der Stiehle’­ schen Wappentafel ist das Wappen Blau mit silbernem Turm. Die heute übliche Form des Turms geht fast unverändert zurück auf die Zeichnung, die Fr. Held für Siegel und Farbdruckstern pel von 1903 angefertigt hat. Unklar bleibt, warum der Turm von Frankhauser und Krie­ ger seinerzeit als golden angegeben wurde. Auch Hupp hat dies übernommen und dazu die Dächer rot gefärbt. Literatur: Fürstenbergisches Urkundenbuch, her­ ausgeg. v. Fürst/. Fürstenbergischen Hauptarchiv Donaueschingen, Band 7, Tübingen 1891. – X Stiehle: Wappen und Siegel sämtlicher Städte des Großherzogthums Baden, o. 0. 1862. – N. Gautsch in: J Siebmachers großes Wappenbuch, Band/, 4. Abtheilung, Wappen der Städte und Märkte in Deutschland und den angrenzenden Ländern. Nürnberg 1885 ff., – F. Frankhauser und A. Krieger: Siegel der badischen Städte, her­ ausgeg. v. d. Badischen Historischen Kommis-

sion, 3. Heft, Heidelberg 1909. – 0. Hupp: Deutsche Ortswappen, hrsg. Kaffee HAG, Bre­ men o.J (ca. 1927), Freistaat Baden. -E. Keyser: Badiches Städtebuch (= Deutsches Städtebuch, Band IV Südwestdeutschland, 2. Land Baden- Württemberg, Teilband Baden), Stuttgart 19 59. – K. Stad/er: Deutsche Wappen – Bundesrepublik Deutschland, Band 8, Die Gemeindewappen des Bundeslandes Baden-Württemberg, Bremen 1971. Schonach im Schwarzwald Schonach im Schwarzwald, an der Nord­ westgrenze des Schwarzwald-Baar-Kreises in einem sonnigen Hochtal eingebettet, liegt in einer Höhe von 850-1152 m ü. M. Höchste Erhebung ist der Rohrhardsberg. Die Gemarkung weist einige Besonderheiten auf, so derOrtsteil Schonachbach, unterhalb von Triberg gelegen, und die Exklave Moserberg, die an die Kreisstraße 5727 grenzt. Durch freiwillige Vereinbarung wurde zum 1.1.1971 die ehemalige Gemeinde Rohrhardsberg ein­ gegliedert. Erhebungen und Senken prägen das Landschaftsbild von Schonach, das von Wiesen, Weideflächen, Heiden und Mooren durchzogen ist. Der sagenumwobene Blin­ densee gehört zu einem Naturschutzgebiet, das eine bemerkenswerte Flora aufweist. Viele der Erhebungen gewähren herrliche Rund- und Fernblicke. Die sieben Bäche, die die Gemarkung durchfließen, entspringen diesseits der Wasserscheide Rhein-Donau und münden alle in den Rhein. Ihnen ver­ dankt Schonach seinen Namen, der aus dem althochdeutschen „Scon-aha“ entstammt, das nach unserem Sprachgebrauch „am hell glänzenden fließenden Wasser“ bedeutet. Schonach muß im 11.J ahrhundert gegrün- 23

det worden sein. In einer Urkunde aus dem Jahre 1275, die sich im Freiburger Diözesan­ archiv befindet, wird Schonach erstmals urkundlich erwähnt. In einfacher aber würdi­ ger Form feierte die Gemeinde 1975 ihre 700- Jahr-Feier. Die wechselhafte Geschichte der Gemeinde wurde von Rektor Hamm nach­ gezeichnet und wird in einer Chronik der Gemeinde Schonach veröffentlicht werden. Bis zum 17.JahrhundertwardieLandwirt­ schaft maßgeblicher Erwerbszweig der Schonacher Bevölkerung. Mit dem Anferti­ gen hölzerner Gebrauchsgegenstände suchte man mit weiteren Möglichkeiten seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aber erst der Glashandel brachte die Anregung zu den neuen Berufen der Strohflechterei und der Uhrmacherei. Handwerkliches Können, technische Kenntnisse und der Tüftlergeist der Schwarzwälder ließen diese Erwerbs­ zweige -wie auch in den Gemeinden der Umgebung -aufblühen. Im Jahre 1838 verzeichnete Schonach bereits 32 Uhrmachermeister. Diese Fami­ lienbetriebe, die sich später auf die Fertigung einzelner Teile spezialisierten, führten zu einem gesunden Mittelstand, aus dem sich die heutigen Betriebe entwickelten. Die Sparten der Feinwerktechnik, Uhrenherstel­ lung, Fertigung von Präzisionsdreharbeiten und Werkzeugbau bilden den Hauptanteil der Gewerbearten. Industrie, Handwerk und Handel sind heute die wirtschaftlich stärk­ sten Säulen der Gemeinde, mit einem derzei­ tigen Gewerbesteueraufkommen von 1,8 MiJlionen DM. Der sich Anfang dieses Jahrhunderts zunächst zaghaft entwickelnde Fremdenver­ kehr ist in den letzten 20 Jahren immer stär­ ker aufgeblüht. Die guten bioklimatischen Verhältnisse mit einem Schonklima in den Monaten Mai bis September und einem Reizklima in den Monaten Dezember bis Februar lassen die klimatischen Heilkräfte besonders wirksam werden. Schonach, als staatlicher Luftkurort seit 1972 anerkannt, wird bei Erkrankungen der oberen Luft­ wege, leichten Kreislauferkrankungen und 24 besonders bei neurovegetativen Beschwer­ den empfohlen. Mit dem Bau des ,,Haus des Gastes“ und dem Kurpark „Langmatte“ in den Jahren 1971/1975 hat die Gemeinde Einrichtungen geschaffen, die nicht nur dem Gast, sondern auch der Bevölkerung zugute kommen und zu einem höheren Wohnwert beitragen. Dem dritten und geschichtlich ersten Erwerbszweig, der Landwirtschaft, kommt heute eine besondere Bedeutung zu. Der Bauer ist der erste Landschaftspfleger. Ihm obliegt die hohe Verantwortung dafür, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Ökono­ mie und Ökologie zu finden, um der typi­ schen Landschaft nicht zu schaden. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, daß eine Landwirtschaft in dieser Höhenlage benach­ teiligt ist und besondere Anstrengungen unternehmen muß, um wirtschaftlich zu bleiben. Viehzucht und Waldwirtschaft sind die Stützen dieser Betriebe. Durch den Ankauf hochwertiger Zuchttiere und durch unterstützt Wegebaumaßnahmen die Gemeinde ihre bodenständige Landwirt­ schaft. Dieser Wirtschafts-Dreiklang: Industrie und Gewerbe -Fremdenverkehr und Land­ wirtschaft, harmoniert in Schonach, da auf­ grund der Produktionsart die Industrie den Fremdenverkehr und die Landwirtschaft nicht stört. Die Volksschule Schonach verdankt ihre Entstehung 1743 dem damaligen Pfarrer Bütschle. Die heutige Grund-und Haupt­ schule ist nach dem Ehrenbürger der Gemeinde Schonach, Pater Dom Clemente Maria da Silva Nigra, „Dom-Clemente­ Schule“ benannt. Durch einen Neubau im Jahre 1966 und einen Erweit�rungsbau in den Jahren 1978/79 verfügt sie über die Räumlichkeiten, die einen qualifizierten Unterricht ermöglichen. Schonach wurde in den letzten Jahren besonders durch den nordischen Skisport bekannt, über den an anderer Stelle des Almanachs besonders berichtet wird. Bei der Erweiterung der Schule wurden

Proberäume für die kulturellen Vereine geschaffen, die einen großen Teil des Kur­ programms bestreiten. Sie sind alle sehr aktiv, wobei ihnen die „Festfreudigkeit“ der Schonacher zugute kommt. Viele Geschichten erzählen von der Eigenart der Schonacher, die durch eine Reihe von Originalen belegt wird. Dieser Tatsache ist sicher auch der Spruch zuzu­ schreiben „Es git Mali, Wiebli on Schon­ acher“. Albert Haas, Bürgermeister Haus des Gastes und Kurgarten – eine Einheit Selbst die größten Zweifler sind inzwi­ schen von der Richtigkeit des Beschlusses des Gemeinderates vom 10. Juli 1969, in Schonach ein „Haus des Gastes“ zu bauen, überzeugt. Unvorstellbar, daß das heutige Kurareal – die Langmatte – von höherer Stelle einmal als Industriezone vorgeschla­ gen wurde. Hier müßten eigentlich alle Ein­ heimischen und alle Gäste dem früheren Pfarrer dankbar sein, der das Gelände nicht für eine solche Bebauung freigab. Die Ent­ wicklung von Schonach als Fremdenver­ kehrsort hätte nicht diesen Aufschwung genommen, sondern wäre eher rückläufig geworden. Bereits knapp ein Jahr später -Juni 1970 – konnte das Preisgericht, das über 17 einge­ reichte Modelle zu befinden hatte, seine Ent­ scheidung treffen. Dipl.-Ing. Otto Thoss aus Waldshut ging als Sieger hervor. Mitent­ scheidend waren die „besonderen Blickbe­ ziehungen zur Langmatte und Kirche“, die Ausnützung der „topographischen Schwie­ rigkeit des Geländes“, der „Erhalt eines vor­ handenen Baumbestandes“ und der „gefäl­ lige Durchblick von der Hauptstraße zur Langmatte“. Nach rund dreijähriger, unfallfreier Bau­ zeit – für den Rohbau wurden nur die Bau­ elemente Holz, Beton und Eternit vetwen- 25

det- konnte im Frühjahr 1974 das »Haus des Gastes“ seine Pforten öffnen. Die offizielle Einweihung folgte im Herbst 1974, nachdem die Außenanlagen fertiggestellt waren. Nach­ folgend aufgeführte Gestaltungselemente finden sich im Kurpark: eine Sitzterrasse vor dem Haus des Gastes, ein großer Stauweiher mit Fontänen, eine Wassertretstelle und Armbad, eine Kleingolfanlage, ein Lese- und Ruhegarten, ein Spielgarten mit Freiland­ schach und Boccia sowie ein Kinderspiel­ platz. Kurgarten und Haus des Gastes haben sich nach und nach zu einem beliebten Mit­ telpunkt erholsamer, aber auch vergnügli­ cher Stunden entwickelt. Es befinden sich im Haus des Gastes außer der Kurverwaltung, einem Fernsehraum sowie der Möglichkeit, im großen Foyer in aller Ruhe eine Zeitung oder Zeitschrift zu lesen, nicht nur die erfor­ derlichen Räume für den Kurgast, sondern als Kernstück auch der große Saal mit zwei Emporen und Bühne. Das Vorhandensein der erforderlichen Nebenräume wie Garde­ roben u. ä. versteht sich von selbst. Eine modern eingerichtete Küche ermöglicht die Bewirtung auch bei Großveranstaltungen. Eine großzügige Bar im Foyerbereich rundet die Gesamtanlage ab. Da sich alle Verant­ wortlichen der Problematik der Bewirtschaf­ tung durch einen Pächter bewußt waren, wählte man in Schonach die Variante der Bewirtung durch ortsansäßige Vereine. Neben den alljährlich wiederkehrenden Großveranstaltungen zur Fasnetzeit finden auch die Heimatabende im Haus des Gastes statt. Die Fachhochschule Furtwangen, ver­ schiedene Tanzschulen – um nur einige aus­ wärtige Veranstalter zu nennen, buchten schon die gute Stube Schonachs“ für ihre “ Zwecke. Neben dem „Blauen Bock“ gastie­ ren auch immer wieder andere Bühnen in Schonach. Auch der Fremdenverkehrsver­ band Schwarzwald ebenso wie der Kreistag halten ihre Sitzungen in diesem Hause ab. Bürgermeister Haas bezeichnete mit Recht 26

bei der Übergabe das Haus als „einen Mark­ stein in der Geschichte und in der Entwick­ lung der Gemeinde“. Wie gerne auch die Kuranlage angenom­ men wird, dokumentieren die zahlreichen Spaziergänger, darunter sehr viele Einhei­ mische. So mancher junge Schonacher hat seine ersten Gehversuche hier unternom- Klaus Schnibbe: men. Waren zunächst Stimmen laut gewor­ den, die bezweifelten, daß eine solche Bau­ weise in die Schwarzwaldlandschaft passe, so sind heute alle -ob Kurgast oder Einhei­ mische -voll des Lobes über das Bauwerk, das mit seiner warmen und gemütlichen Atmosphäre die Bezeichnung „Haus des Gastes“ zu Recht verdient. Sigrid Burger Das Wappen der Gemeinde Schonach im Schwarzwald Wappen: In Silber, aus einer liegenden golde­ nen Mondsichel wachsend die blaugekleidete Muttergottes mit goldener Krone und rotem Schleier, in der Rechten ein goldenes Lilienszepter, in der Linken das rotgewandete Jesuskind hal­ tend, das die Rechte segnend erhoben hat und in der Linken eine goldene Weltkugel hält; beide Figuren golden nimbiert. Das Wappenbild bezieht sich auf das Gnadenbild in der St.-Urbans-Kirche zu Schonach. Bereits auf dem ältesten bekann­ ten Siegel, mit dem die Huldigungsliste von 1811 besiegelt wurde, zeigt ein stark stilisiertes Marienbild. Die Umschrift lautet,, MARIA SCHONNACH:. Es ist allerdings nicht ein­ wandfrei geklärt, ob es sich hier überhaupt um ein Gemeindesiegel handelt; doch wurde es als solches verwendet. Ein späterer ovaler Siegelstempel, noch um 1830 nachzuweisen, zeigt unter einer Rosengirlande nur die sechs­ zeilige Inschrift VOGTEI/ SCHON ACH I HERRSCHAFf / TRIBERG / IM SCHWARZ I WALD. Erst nach 1831 kam dann ein -ebenfalls ovales – Siegel mit der Umschrift * GEMEINDE* SCHON ACH in Gebrauch, das ein primitiv geschnittenes Marienbild, aus einem eckigen Sockel herauswachsend, zeigt. Ähnlich auch ein einfach gravierter Farbdruckstempel der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Für ein im Jahre 1900 neu zu beschaffen­ des Siegel schlug das Generallandesarchiv Karlsruhe der Gemeinde vor, das Gnaden- bild in einen Wappenschild zu setzen. Die Gemeinde war einverstanden und bekam 1901 einen schön gravierten Farbdruckstem­ pel geliefert, auf dessen Wappen die Madonna aus Wolken wachsend erscheint, die ihrerseits unten in einer liegenden Mond­ sichel endet. Da damals versäumt wurde, was für ein Wappen ganz ungewöhnlich ist, die Wap­ pen f a r b e n festzulegen, wurde dies im Jahre 1951 nachgeholt. Bei der Neuzeich­ nung wurde auch das Marienbild, das 50 Jahre lang seitenverkehrt auf den Siegeln prangte, wieder zurechtgerückt und die Wol­ ken in der Mondsichel weggelassen. Quellen und Literatur: Generallandesarchiv Karlsruhe: 236/1680 Amt Tryberg, Gemeinds­ huldigungen. – GLA 450/F Wappenakten Amtsbezirk Triberg. – GLA Siegelkartei Schwarzwald-Baar-Kreis. – GLA Siegelzeich­ nungen von Fr. Held. – H G. Zier: Wappenbuch des Landkreises Villingen, Stuttgart 1965. 27

Riettar -Kä.ferbergle 28 R.Hfck

Industrie, Handel, Gewerbe, Verkehr Erzeugnisse aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis in aller Welt Heimische Industrie unterhält Geschäftsbeziehungen mit rund 150 Ländern Von !HK-Geschäftsführer Kurt Kositzke Der Export hat im Gebiet des heutigen Schwarzwald-Baar-Kreises seit jeher eine große Rolle gespielt. Wurzeln dieser Ent­ wicklung liegen in der Tätigkeit der Glas­ träger im 16. Jahrhundert und der traditio­ nellen Uhrenträger, die auf ihren Wegen etwa seit dem Jahr 1700 Schwarzwälder Uhren in umliegende und weit entfernte Länder, u. a. bis nach Rußland, brachten. Des weiteren konnte der Binnenmarkt die hier hergestell­ ten hochwertigen Erzeugnisse, insbesondere der Bereiche Feinmechanik-Optik-Uhren, Elektrotechnik, Maschinenbau sowie sonsti­ ge Metallindustrie, nur zum Teil aufneh­ men, so daß die hauptsächlich vertretenen Branchen stets in besonderem Maße auf das Auslandsgeschäft angewiesen waren. Heute unterhalten ca. 250 Unternehmen des Schwarzwald-Baar-Kreises intensive Handelsbeziehungen praktisch zu allen Ländern der Erde. Mit Ausnahme solcher Betriebe, die nach ihrer spezifischen Art aus­ schließlich für den Inlandsmarkt produzie­ ren, wie beispielsweise kleinere bzw. mittlere Hochwertige Industrieprodukte aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis sind auf allen Märkten der Welt zu finden 29

Bauunternehmen und Drehereien, tätigen nahezu alle Herstellerfirmen Exportgeschäf­ te. Das ölreiche arabische Emirat Abu Dhabi steht am Anfang und Zypern, das seinerseits Südfrüchte liefert, am Ende einer alphabe­ tisch geordneten Reihe von rd.150 Ländern, mit denen die im Schwarzwald-Baar-Kreis ansässigen Firmen Handel treiben. Deren hauptsächliche Außenhandelspart­ ner sind schon seit Jahren die EWG-Staaten, die Nachbarländer Schweiz und Österreich sowie die USA. Deutlich abgenommen haben seit dem vorigen Jahr die Ausfuhren in die OPEC-Staaten, was im wesentlichen auf den aus politischen Gründen stark verminderten Handel mit dem Iran zurückzuführen ist. Spürbare Einbußen erlitten die Exportunter­ nehmen auch im T ürkeigeschäft. Noch zu wenig ausgebaut ist bisher der Außenhandel mit den RGW-Staaten. Hem­ mend auf die Entwicklung des Osthandels wirkt sich der östliche Wunsch nach Kom­ pensationsgeschäften aus. Die Möglichkeiten im Osthandel sollten indes nicht unter­ schätzt werden. Insbesondere für Geschäfte mit der Sowjetunion und der VR China haben sich die langfristigen Rahmenbedin­ gungen gebessert. Die Wirtschaft im Schwarzwald-Baar­ Kreis ist überwiegend mittelständisch struk­ turiert. Die durchschnittliche Betriebsgröße im verarbeitenden Gewerbe liegt derzeit bei 140 Beschäftigten. Über 1000 Mitarbeiter haben lediglich acht Unternehmen, die bei einer auffälligen Verdichtung in V illingen­ Schwenningen auf weitere zwei Standorte im Kreis verteilt sind. Trotz der damit nicht sehr bedeutenden Größe haben viele Firmen der Elektrotechnik- Elektronik, Feinmecha­ nik einschließlich Uhren und des Maschi­ nenbaus sowie Braugewerbes europäische und etliche darüber hinaus sogar Weltgeltung erlangt. Der Exportumsatz (Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten) lag 1979 um über 380 Mill. DM oder rd. 40 Prozent höher als im „Gründungsjahr“ des Kreises (1973). Für den gesamten Bezirk der Industrie- und Handels- 30 kammer SchwarzwaJd-Baar-Heuberg und das Land Baden-Württemberg errechnen sich sogar Steigerungsraten um fast 60 Pro­ zent bzw. 75 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden annähernd 60 Prozent des auf den Kammerbezirk ent­ fallenden Exportumsatzes allein im Schwarz­ wald-Baar-Kreis erwirtschaftet, was die Be­ deutung des Exports in dieser Teilregion unterstreicht. Ferner zeigt ein Sieben-Jahres­ Vergleich bis 1979, daß die Exportintensität im Schwarzwald-Baar-Kreis stets größer ge­ wesen ist als im Kammerbezirk sowie im Land (vgl. Tabelle) und mit nahezu 30 Pro­ zent inzwischen einen neuen „Spitzenstand“ erreicht hat. Die durchschnittlich höchsten Export­ quoten haben die feinmechanische Industrie einschließlich Uhren um 40 Prozent und der Maschinen- und Apparatebau über 30 Pro­ zent. Mit einem gewissen Abstand folgen die elektrotechnische Industrie und die Eisen-, Blech- und Metallwarenindustrie (etwa 25 Prozent), wobei einzelne Unternehmen der genannten Wirtschaftszweige deutlich über diesen Durchschnittswerten rangieren. In einer solchen Eportintensität und der damit verbundenen engen Verflechtung mit den internationalen Märkten liegen sowohl Risiken als auch Chancen für die industrielle Weiterentwicklung des Kreises. Während der Export hier 1975 zu verstärkten wirtschaft­ lichen Einbrüchen führte, hat er seit 1976 wieder deutlich an Profil gewonnen und konjunkturstützend gewirkt. Dies beweisen die inzwischen veröffentlichten Regional­ daten. So stieg der Auslandsumsatz des verarbei­ tenden Gewerbes im Schwarzwald-Baar-Kreis 1979 gegenüber dem Vorjahr um 10,2 Prozent (Gesamtumsatz + 4,6 Prozent). Für den Kammerbezirk betrugen die Zuwachsraten 10,5 Prozent (Gesamtumsatz + 8,1 Prozent) und für Baden-Württemberg 12,2 Prozent (Gesamtumsatz 10,6 Prozent). Auch in Zukunft werden die Staaten der Europäischen Gemeinschaft, die übrigen westlichen Industrieländer und hier vor illern

1976 28,2 27,0 25,2 1977 28,4 27,6 25,1 1973 26,9 25,6 22,1 Von Taxametern zu Computersystemen kommt es darauf an, daß man sich die Mil­ die USA sowie rohstoffreiche Entwicklungs­ liardenüberschüsse der Erdöl erzeugenden länder mit eigenem Devisenaufkommen die Hauptabnehmer der Exporte aus dem Länder für unsere Wirtschaft zu Nutze macht. Den bisherigen Vorsprung an techni­ Schwarzwald-Baar-Kreis sein. Mitentschei­ schem Know-how gegenüber ausländischen dend für die weitere Entwicklung des Außen­ handels der kreiszugehörigen Unternehmen Anbietern gilt es zu behaupten. Exportquoten in Prozent 1974 1975 1979 1978 Schwarzwald-Baar-Kreis 28,5 27,7 29,1 27,7 Handelskammer-Bezirk 27,1 27,3 26,1 27,9 Baden-Württemberg 24,6 23,9 25,3 25,7 Die Kienzle Apparate GmbH -heute ein Unternehmen mit 5000 Beschäftigten Vor wenigen Jahren konnte man es noch Zeitspanne zum Aufbau eines florierenden öfter hören, daß vom „Taxameter“ die Rede internationalen Marktes ausgereicht: Der war, wenn Einhein1ische die Kienzle Appa­ „Tachograph“ -wie er in aller Welt genannt rate GmbH meinten. Inzwischen ist diese wurde -aus dem Schwarzwald war ein Gerät, Bezeichnung traditionell-volkstümliche ohne das Speditionen und Fuhrparks nicht weitgehend aus dem Vi!Jinger Sprachge­ mehr auskommen wollten. brauch verschwunden. Zwar werden auch Im Frühjahr 1948 führte die Geschäftslei­ heute noch die Taxen vieler Länder in allen tung erste Gespräche, die auf die Produktion Erdteilen mit Taxiuhren aus Villingen aus­ von Büromaschinen abzielten, denn es fehl­ gerüstet -in London z.B. sind es rund 60% ten überall im Nachkriegsdeutschland aller „Cabs“ -, aber auch der Anteil des Pro­ Maschinen für die Verwaltungsrationalisie­ dukts am gesamten Fertigungsvolumen ist rung. Im Herbst wurden die ersten Organisa­ doch nicht groß genug, um eine Identifizie­ tionsmaschinen fertig: ,,Für jeden Betrieb rung des Unternehmens mit der Herstellung das passende Modell“ hieß der Kienzle­ und dem Vertrieb von Taxametern zu recht­ W erbeslogan. Mitte der 50er Jahre hatte das fertigen. Fabrikat an Addierbuchungsautomaten den Schon in den 20er und 30er Jahren hatte größten Marktanteil in der Bundesrepublik. sich hier ein Wandel angebahnt, als in Villin­ Um diese Zeit, 1954, starb Dr. Herbert gen unter der Leitung von Dr.-lng. Herbert Kienzle, der Gründer des Hauses. Mit ihm Kienzle Fahrtschreiber sowie Betriebsmeß­ verschied ein dynamischer Unternehmer, und Zählgeräte hergestellt wurden.1929 war der eine ideale Kombination technischen das Unternehmen unabhängig geworden und kaufmännischen Denkens verkörperte. und geht seitdem eigene Wege. Bald nach Die Bedeutung der Elektronik wurde im der Eintragung der Kienzle Apparate und Hause Kienzle früh erkannt. Bereits 1955 Taxameter AG ins Handelsregister begann richtete man für dieses Spezialgebiet in die Weltwirtschaftskrise. Als dann Mitte der München ein Forschungs- und Entwick­ 30er Jahre die Wirtschaft wieder aufstrebte, lungslabor ein, dessen Arbeitsergebnisse war das leider nur eine Scheinblüte, die im schon bald zur Herstellung und zum Ver­ Krieg mündete. Trotzdem hatte diese kurze trieb von Digitaldruckern führten. 1960 31

In zwei Baustufen entstand das neue Kienzle-Werk ,,A“ an der Sommertshauser Halde: 180 m lang und 72 m breit. Auf unserem Bild nicht zu erkennen ist die riesige neue Produktionshalle. Insgesamt hat dieser Gebäudekomplex 32 000 qm Nutefl-äche auf einem Areal von 80 000 qm. wurde erstmals ein kleiner Elektronenrech­ ner vorgestellt, 1965 kam das erste elektro­ nische Rechnersystem auf den Markt. Bei Kienzle sah man immer zuerst die Auf­ gabenstellung, zu deren wirtschaftlicher und effektivster Erfüllung die beste Technik gerade gut genug sein darf. In einer amerika­ nischen Fachzeitschrift stand in diesem Zusammenhang folgendes aufschlußreiche Urteil zu lesen: ,,Der Schlüssel zum Erfolg des Fabrikats Kienzle liegt offenbar in einer als wichtige Dienstleistung dominierenden auf optimale Praxislösungen gerichteten profunden Sachkenntnis. Hier haben wir es mit einer EDV-Philosophie zu tun, die den Computer vom ursprünglich unbeseelten Metall- und Kunststoffagglomerat zu einem ,intelligenten‘ Problemlöser transformiert.“ Probleme wurden mit elektromechani­ schen Buchungsautomaten aus der Welt geschafft, und als der Siegeszug der Elektro­ nik und insbesondere der Halbleitertechnik von weitsichtigen Ingenieuren und System­ spezialisten voraussehbar war, setzte man in Villingen zwar bedingungslos auf elektro­ nische Datenverarbeitung, aber man machte nicht den Fehler, Mammutrechner herstel­ len zu wollen, wie dies damals noch allge­ mein üblich war. Kienzle wollte auch künftig den Klein- und Mittelbetrieben die Chance offenhalten, unter Verwendung fortschritt­ licher Abrechnungsmethoden über ein sicheres und rationelles Werkzeug zur Durchleuchtung und Steuerung von Ferti­ gung und Verwaltung zu verfügen. Man stieß hinein in das Vakuum zwischen kleiner und großer Datenverarbeitung, und als 1970 das System „Kienzle 6000″ auf den Markt kam, war eine Technik geboren, die später historische Bedeutung gewann. Mit diesem 32

System wurden internationale Standards gesetzt, es bildete die Basis des sich rasch ver­ breitenden Fachbegriffs ,,Mittlere Daten­ technik“. Selbst mächtige internationale EDV-Konzerne haben inzwischen erkannt, daß die Zukunft der Dezentralen Daten­ verarbeitung, der ,,Intelligenz vor Ort“, gehört und gestalten ihre Maschinenkonfi­ gurationen so, daß Großrechner und Klein­ rechner im Rahmen leistungsverbundener Netzwerke ( online) kooperieren können. Auf dem Gebiet intelligenter Bankenter­ minals ist Kienzle in der Bundesrepublik Deutschland Marktführer und kann auf zahlreiche spektakuläre Systemeinsätze ver­ weisen. So sind z.B. Tausende von Kienzle Computerterminals des Systems 3000 aus­ geliefert. Sie arbeiten bei den Sparkassen, Raiffeisen-, Volks- und Privatbanken im Ver­ bund mit Rechenzentren. Auch die größte Sparkasse Frankreichs, die Caisse d’Epargne de Paris, hat auf Software und Hardware von Kienzle gesetzt und ein Netzwerk aufgebaut, das beispielhaft dasteht. „Die ABC-Computer kommen“ lautet ein Slogan, der während der Hannover­ Messe 1980 starke Resonanz fand, denn er charakterisiert die heute allgemein erkenn­ bare Tendenzwende in der Datenverarbei­ tung. ,,ABC“ heißt, daß es sich um anwen­ dungs- und bedienungsorientierte Compu­ ter handelt, Computer, die den Menschen bedienen und nicht umgekehrt. Computer mit den Vorteilen eines Computers, aber ohne die bisher so oft gerügten Nach teile der EDV. Hier wird mit einem Anwendungs­ system gearbeitet, bei dem sich die Pro­ gramme an die Problemstellungen im Unter­ nehmen anpassen. Die Umstellung macht keine Schwierigkeiten mehr. Als Bedie­ nungskraft braucht man keine Experten, sondern einfach Anlernkräfte mit gesundem Menschenverstand. Das kommt daher, weil die neuen Bedienungssysteme im Rahmen des ABC-Konzepts von Kienzle es ermög­ lichen, mit einem leistungsfähigen ,,Elektro­ nengehirn“ umzugehen, obwohl man kein ausgesprochener Fachmann ist. Mit zielmarktorientierter Vertriebsstrate­ gie bieten die Villinger Computer- und Apparatebauer ihre Denkmaschinen und ausgefeilten Programme dort an, wo Q!i.ali­ tät mehr gefragt ist als ,,Masse“. Dieses Prin­ zip des ,,Know-how-Verkaufs“, bei dem die Problemlösung, die Beratung, die Kunden­ information, der technische und organisato­ rische Service immer vor dem Objektange­ bot stehen, berherrscht alle Produktbereiche des Unternehmens.Natürlich ist der Kienz­ le-Fahrtschreiber ein Präzisionsgerät, auf des­ sen Diagrammscheibe haargenau alle Einzel­ heiten einer Fahrt und eines Fahrverhaltens registriert werden. Tausende von Kraftfah­ rern in aller Welt schwören auf den „Tacho­ graphen“, weil sie in ihm immer über einen unbestechlichen und zuverlässigen Zeugen verfügen. Einen Zeugen für faires Fahrver­ halten und, was noch wichtiger ist, einen unbestechlichen Gehilfen im Dienste der Wirtschaftlichkeit. Mit der Energiekrise der letzten Jahre ist die Bedeutung des Kienzle­ Fahrtschreibers erheblich gewachsen, denn ohne ihn ist eine rationelle Fuhrparkorgani­ sation kaum noch denkbar. Dazu tragen auch die elektronischen Fuhrparkorganisa­ tionssysteme (FOS) bei, die gemeinsam mit der Computerentwicklung konstruiert und zur Marktreife gebracht wurden. Von innovativem Grunddenken und technologischem Fortschritt geprägt sind alle Kienzle-Bereiche, ob es nun um den neuen „Taxi-Mini-Computer“ geht, einen elektronischen Taxameter mit erweiterten Funktionen, um die Tankdatenerfassung, den elektronischen Temperaturschreiber für die „mobilen Glieder der Tiefkühlkette“ und für Kühlhäuser, die Kraftstoffverbrauchs­ messung mit direkter Ergebnisübertragung auf die Diagrammscheibe oder Geld- und Literzähler für Tankstellen-Zapfsäulen, bei denen ebenfalls die Elektronik im Dienste der Fernverarbeitung und Kundenselbst­ bedienung zum Einsatz kommt. In der Betriebsdatenerfassung, wo Kienzle als tradi­ tioneller Schrittmacher eine wichtige Rolle auf den Märkten spielt, werden die von den 33

Registrierterminals gelieferten Datenträger ebenso wie die Fahrtschreiberdiagramm­ scheiben automatisch gelesen und ausgewer­ tet, auf dem Gebiet der Organisation des „ruhenden Verkehrs“ verfügt man über eine Vielzahl von Möglichkeiten, die von der halbautomatischen Parkuhr bis zu elektroni­ schen Parkautomaten mit Digitalanzeige und beschrankten und unbeschrankten Parkhausabfertigungssystemen reichen. In drei Werkskomplexen und einer Reihe von Verwaltungsaußenstellen arbeiten bei der Villinger Muttergesellschaft rund 5000 Kienzle-Mitarbeiter. In der europäischen Kienzle-Gruppe (Muttergesellschaft plus Tochtergesellschaften mit Mehrheitsbeteili­ gung) sind 8500 Menschen für das Fabrikat tätig, produzieren Hardware und Software, leisten Organisationsberatung und techni­ schen Service, wobei eine Umsatzgröße von ca. 700 Mio. DM erreicht wird. Rund 40% der Erzeugnisse werden in alle fünf Erdteile exportiert. Von den Beschäftigten sind nahezu die Hälfte Angestellte. Von diesen haben 20% ein Hochschul- oder Fachschul­ studium hinter sich. Etwa der gleiche Pro­ zentsatz hat eine Fachschule besucht und 41% absolvierten eine Lehre. Die Kienzle Apparate GmbH bildet selbst junge Leute aus, die Zahl der weibli­ chen und männlichen Auszubildenden beträgt momentan 214 . Sechs bis acht Pro­ zent des Umsatzes werden für die Entwick­ lung aufgewendet, und 14 % des Fertigungs­ aufwandes werden ausgegeben für Messen, Prüfen und Kontrollieren – eine interessante Ziffer, die das hohe Niveau der Kienzle-Pro­ duktion nachhaltig unterstreicht. Die Beleg­ schaft kommt im wesentlichen aus Villin­ gen-Schwenningen und dem Umland, es sind ca. 700 Gastarbeiter darunter.Die Infra­ struktur des Schwarzwald-Baar-Kreises und der hohe Freizeitwert der Gegend machen die Doppelstadt für erstklassige Arbeits­ plätze zunehmend attraktiver. Ist man mit rund 5000 Beschäftigten bereits ein Großunternehmen oder noch ein großer Mittelbetrieb? Es ist müßig, über diese Frage zu diskutieren. Bei Kienzle fühlt man sich der mittelständischen Wirtschaft eng verbunden, denn man ist aus ihr hervor­ gegangen; in ihr sieht man innerhalb eines weiten Marktspektrums die wichtigen Part­ ner, deren Probleme man kennt und versteht und in deren Lösung man seine vornehmste Aufgabe sieht. Dipl.-Volkswirt Herbert Ackermann Weisser-Streuer gehen in insgesamt 20 Staaten In 50 Jahren vom Handwerksbetrieb zum marktbeherrschenden Unternehmen Ob es im norwegischen Narvik nördlich des Polarkreises wieder einmal unaufhörlich schneit oder ob ein plötzlicher Winterein­ bruch die Römer überrascht: Daß die Stra­ ßen da wie dort befahrbar bleiben, ist immer mit das Verdienst eines namhaften Unter­ nehmens aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis: Der Hubert Weisser GmbH in Bräunlingen, deren Aufstieg vom bescheidenen Hand­ werksbetrieb am Rande des Schwarzwaldes zum Marktführer in Europa eine der er­ staunlichsten Firmenentwicklungen im Bereich der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg, ja noch weit darüber hinaus, darstellt. Nicht zuletzt des­ halb nahm sich Ministerpräsident Lothar Späth, als er EndeJanuar1980 den Schwarz­ wald-Baar-Kreis bereiste, eine Stunde Zeit, um einen gründlichen Blick in die Bräunlin­ ger Streuautomaten-Schmiede zu werfen. Auch wenn er nicht dicht eskortiert und geleitet gewesen wäre, hätte der Politiker nach der 10 000 Quadratmeter umfassenden Weisser-Produktionsstätte auf einem 23 000 Q!ladratmeter großen Gesamtareal im Bräunlinger Industrie- und Gewerbegebiet ,,In Stetten“ nicht lange suchen müssen, zählt das Unternehmen an der Landesstraße 34

Firma Weisser, Bräunlingen nach Hüfingen (und nach dem jüngsten Er­ weiterunsbau teilweise sogar auf Hüfinger Gemarkung!) doch auch optisch zu den ein­ drucksvollsten Bräunlinger Betrieben. Noch vor einem Jahrzehnt produzierte man im Städtchen selbst und in einem Gebäude, das schon lange zu klein geworden war, weil man dem Werk den Weg zur Aussiedlung zu Be­ ginn der siebziger Jahre nicht gerade leicht machte; erst ein Wink, daß es sich sein neues Domizil durchaus auch in der Nachbar­ gemeinde Hüfingen vorstellen könne, ließ damals Stadtverwaltung und Gemeinderat in Bräunlingen endlich spuren … Hubert Weisser hatte noch vor dem Krieg den Gedanken zu verwirklichen begonnen, die halb erfroren von Lastwagen Sand und Splitt auf vereiste Straßen schaufelnden Männer von automatischen Vorrichtungen ablösen zu lassen. Schon 1936 gab es denn auch Straßenbauämter, die seine Erfindung eines Streuers, den ein von der Fahrzeugbat­ terie gespeister Elektromotor antrieb, kauf­ ten.Und nach dem Krieg stieg die Nachfrage nach modernen und leistungsfähigen Streu­ geräten in dem Maße, in dem der Straßen- verkehr dichter und das Gebot auch im Win­ ter sicherer Straßen immer drängender wurde. Die Entwicklung vom Handwerksbetrieb zum marktbeherrschenden Unternehmen in Europa begann 1953, als mit Willy Küpper Hubert Weissers Schwiegersohn ins Fami­ lienunternehmen eintrat. In der Regie des gebürtigen Aacheners und gelernten Kauf­ manns wurde W eisser nicht nur in der B un­ desrepublik zum Begriff für Streugeräte, die technisch führend und an Zuverlässigkeit nicht zu übertreffen sind. Verbindlichkeit im Wesen, Seriosität als Geschäftspartner und die Weltgewandtheit des W eisser-Chefs, dem der Rheinländer auch heute noch in sympathischer Weise anzuhören ist, schufen die Grundlage für den steilen Aufstieg von wenigen Exemplaren je Jahr bis zu jenen 1000 Streuautomaten, die 1979 ausgeliefert und mit denen der Umsatz auf nicht weniger als 30 Millionen Mark gestiegen ist. Äußeres Zeichen dieser Expansion war nicht nur die Feier der gelungenen Aussied­ lung am 19. Mai 1971, sondern auch die fast während der gesamten siebziger Jahre anhal- 35

tende Bautätigkeit, die auch zu Beginn der achtziger keineswegs als abgeschlossen gilt: Kein Wunder auch in wirtschaftlich anson­ sten keineswegs risikoloser Zeit, denn Willy Klipper kann sich angesichts der Qualität seiner Produkte eines dicken Auftragspol-. sters stets sicher sein. Geordert werden die Weisser-Fabrikate fast ausnahmslos von der öffentlichen Hand, innerhalb derer Bund und Länder sehr kontinuierliche Auftragge­ ber sind, während Städte und Gemeinden eher zyklisch zu kaufen pflegen. Dieses Ver­ halten freilich gefährdet keinen der 160 Arbeitsplätze, die Klipper heute bietet, und auch nicht jene 50 Fachkräfte, die in meist regionalen Zulieferbetrieben fast ausschließ­ lich für das Bräunlinger Werk arbeiten. Für ausgestanden hält Willy Klipper die Diskussion um die Risiken des Salzstreuens für die Umwelt. Kein anderes Material hat erwiesenermaßen einen vergleichbar rasch auftauenden Effekt, und Sand, Splitt und Kies, die als Alternative denkbar sind, tauen nicht nur nicht auf, sondern werden von den Rädern der Autos von der vereisten Fahr­ bahn gefegt und bleiben so nutzlos. Der auf den Flughäfen in jüngster Zeit eingeführte „technische Harnstoff‘ verursacht zwar ebenso wie der dort zum Auftauen der Roll­ bahnen bisher verwendete Alkohol kaum Korrosionsbildung, ist mit rund 800 Mark je Tonne aber zehnmal so teuer wie Salz und kommt daher für den normalen Straßenein­ satz nicht in Frage. Als „grüne Behauptung“ empfindet Willy Klipper die These des Donaueschinger „Umwelt-Professors“ Dr. Reichelt, daß sich entlang bestreuter Straßen noch in 150 Meter entfernt wachsenden Pflanzen Salzspuren nachweisen lassen. Aber auch der Weisser-Chef ist stolz darauf, daß es seinen Technikern gelang, nun auch grobkörniges und damit schwereres Salz nicht mehr weiter schleudern zu lassen als das leichtere Feinkorn. Willy Klipper will nicht nur Chef des Familienunternehmens Willy W eisser und dessen erster Repräsentant und Chefverkäu­ fer sein; er engagiert sich auch im Verband 36 der Aufbau- und Geräteindustrie für Kom­ munalzwecke als Vorsitzender der Gruppe Winterdienstgerätehersteller und wirkt auch im Beirat der Gesellschaften, die die „Ent­ sorga ’80“ vom 14. bis 19. September 1980 in Essen organisierte und die die „IFAT“, die 6. Internationale Fachmesse für Entsorgung vom 23. bis 27.Juni 1981 in Essen, vorberei­ tet. Und daß es dem Bräunlinger Kaufmann nicht an ideologischer Offenheit mangelt, läßt sich nicht nur durch den Export in meh­ rere Ostblockländer nachweisen (insgesamt gehen Weisser-Streuer in 20 Staaten), son­ dern auch an der Tatsache ablesen, daß er als erster seiner Branche Maschinenteile in Ungarn produzieren läßt, weil dort der tech­ nische Standard seinen Anforderungen ent­ spricht und die Magyaren für die von ihnen bezogenen Weisser-Geräte so nicht ganz so tief in die stets ein wenig dürftige Devisen­ kasse zu greifen brauchen. Mit die Basis für diesen erstaunlichen Erfolg liefert die Tatsache, daß sich die Fluk­ tuation der Weisser-Belegschaft in unge­ wöhnlich engen Grenzen hält und der Stamm der Fachkräfte kontinuierlich zu­ sammenbleibt; Beleg für ein gutes Betriebs­ klima ist auch, daß viele Mitarbeiter „von Anfang an“ dabei sind und die Mehrzahl der übrigen dem Unternehmen seit mehr als einem Jahrzehnt die Treue hält; und auch die Auszubildenen fahren, das weiß man, mit einer Lehrstelle bei Weisser gut. So bilanziert Willy Klipper, der für seine Belegschaft 1979 auch eine betriebliche Altersversorgung ein­ richtete, ohne jede Arroganz, aber mit dem Selbstbewußtsein Erfolgreichen: „Unsere Erzeugnisse sind wegweisend für den Markt.“ des Die Bräunlinger, deren Stadt durch die W eisser-S treuer in vielen Ländern Europas bekannt sind, haben 1981 zweimal Gelegen­ heit, dem Unternehmen, seinem Gründer und seinem heutigen Besitzer Respekt zu zollen und Dank zu sagen: Am 5. Januar, wenn Willy Klipper 60Jahre wird und dabei sicher auch die Glückwünsche des Bräunlin­ ger Kirchenchores, dessen Vorsitzender er

ist, und der Gesellschaft der Musikfreunde Donaueschingen, dessen V izepräsident er 1975 wurde, entgegennehmen kann, und am 30. März, wenn ein halbes Jahrhundert ver- gangen ist, seit Hubert W eisser den Namen seines Handwerksbetriebes in clie Handwer­ kerrolle der Handelskammer Konstanz Gerhard Kiefer schreiben ließ. ,,Mit Lauffenmühle Menge machen“ Die Devise der Lauffenmühle-Gruppe, Werk Blumberg ,,Mit Lauffenmühle Menge machen“, Mengen an Qualitätsgeweben als Roh- und als Fertigprodukt für die Märkte in Europa, den USA, im Mittleren und im Femen Osten – das ist der Slogan des bedeutendsten Her­ stellers für Freizeit-Oberbekleidung. Ein Teil der heimatlichen Gewebeproduktion der Lauffenmühle-Gruppe – zu ihr zählen clie Werke in T iengen, das Werk W iese und die Merian-Werke in Höllstein und Steinen – kommt aus Blumberg, aus dem Süden des Schwarzwald-Baar-Kreises. Dort werden jeden Monat 1,3 Millionen Meter Gewebe hergestellt, das entspricht einer Fläche von rund zwei Millionen Qua­ dratmetern oder einer Verarbeitung von monatlich 800 Tonnen Garn. Die Gewebe werden in Blumberg bei nahezu 600 Beschäf­ tigten auf einer Fläche von 10.000 Quadrat­ metern mit 450 Webmaschinen produziert. 340 dieser Maschinen sind modernste Schweizer Sulzer Webmaschinen. Modernste Maschinen, das signalisiert technologischen Wandel in der Fabrikation, Maschinenführerin beim Kettfadeneinzug in der Barber-Colman-Einziehmaschine in Blumberg 37

aber auch in der Produktpalette. Die Sulzer Maschinen sind durch Elektronische Daten­ verarbeitung gesteuert, die einen ständigen Überblick gibt über Nutzung und Produk­ tion der einzelnen Maschinen. EDV gibt es auch in der Verwaltung. Textilmassenware aus Billiglohnländern zwang zum Umdenken, mit neuen Maschi­ nen und neuen Produkten mußte die Pro­ duktivität erhöht werden. Fortan wurden in Blumberg nicht mehr wie in den 50er und in den 60er Jahren Taschentücher produ­ ziert, sondern qualitativ hochstehende Ge­ webe, die in den konzerneigenen Verede­ lungsbetrieben zum „Endprodukt Freizeit­ “ oberbekleidung weiterverarbeitet werden: Cord- und Jeansbekleidung mit dem neue­ sten Hit, dem Elastic- Cord. Damit war die Lauffenmühle dem Trend der Industriege­ sellschaft gefolgt, die in weiten Teilen sich zur Konsum- und Freizeitgesellschaft gewan­ “ delt hat. Nicht mehr die „Statuskleidung kann massenhaft produziert und abgesetzt werden, sondern eben die Freizeitkleidung. An diese Art von Massenproduktion hat wohl Dr. Gustav Winkler 1935 noch nicht gedacht, als er das Stammwerk der heutigen Lauffenmühle-Gruppe in Tiengen erwarb. „Vorgänger“ des dortigen Textilwerkes sind die seit 500 Jahren am Wutachlauffen be­ heimateten Öl- und Getreidemühlen. Eine Taschentuchweberei wurde dann 1949 in Blumberg eingerichtet, jenes Werk, das neben der Teves.‘.fhompson GmbH vielen Blum­ bergern nach dem Krieg eine Arbeitsstelle brachte, ein Werk, das dann, mit Sohn Dr. Helmut Winkler an der Spitze, einen enor­ men Aufschwung erlebte. Der Dank der Stadt Blumberg an Dr. Helmut W inkler war die Ehrenbürgerschaft, eine Straße wurde nach ihm benannt, jene Straße, die in Blum­ berg am Werkstor vorbeiführt. 1962 erfolgte beim Blumberger Werk der zweite Bauabschnitt, die ersten Schweizer Sulzer Webmaschinen wurden in Blumberg installiert. Die große Produktionsumstellung gab es dann 1971, neuzeitliche Maschinen lösten die konventionellen ab, Rationalisie- 38 rung brachte größere Kapazitäten, die Pro­ duktpalette wandelte sich, es konnte nicht mehr das produziert werden, was eh alle Hersteller der Branche produzierten. Mitar­ beiter wurden auf die neuen Maschinen um­ geschult, eine Exportabteilung eingerichtet, eine Marketingabteilung, Designer kreierten Farbe und Form der Webprodukte, die Ma­ schinen liefen jetzt, in Dreierschicht über­ wacht, von montags 6 Uhr bis samstags 11 Uhr. Mit der Zeit gründeten die Beschäftigten auch eine Sportabteilung, die „Betriebssport­ “ gruppe Lauffenmühle (BSG) , die in Blum­ berg mit ihrer Tischtennisabteilung große Erfolge hatte. Die Pensionäre der Lauffen­ mühle schlossen sich zum überaus aktiven “ „Senioren-Club Lauffenmühle Blumberg zusammen. Die neuen Techniken im Werk brachten auch Sorgen, die Webmaschinen können von der Konstruktion her nicht schwingungs­ frei arbeiten, Anwohner fühlten sich durch die Emission�n gestört, die Schwingungen wurden ständig überprüft und Schwingungs­ dämpfer eingebaut. Der Umsatz der Lauffenmühle-Gruppe wurde nun auf 500 Millionen Mark gestei­ gert. Im Bereich der Weberei jedoch hat man, was die technische Entwicklung und Produk­ tion betrifft, eine gewisse Grenze erreicht. Die Firmenleitung sieht dort keine Möglich­ keiten mehr für weitere Rationalisierungen. Eine andere Sache ist der Markt und das Wetter. Durch das Regenwetter bedingt wur­ de im letzten Sommer nicht so viel Freizeit­ kleidung verkauft wie sonst. Die Folge: Es mußte kurz gearbeitet werden. Aber oberster Grundsatz der Lauffenmühle-Gruppe, auch im Blumberger Werk in der Süd-Baar, soll weiter sein: „Mit Lauffenmühle Menge machen! “ Ekkehard W inkler Achdorf, 775 urkundlich erstmals erwähnt, war im 19. Jahrhundert bevorzugter Aufenthaltsort von Viktor v. Scheffel. Zeichnung: Werner Mündel

Vom „Postschmied“ zur Werkzeugmaschinenfabrik 125 Jahre J. G. Weisser Söhne in St. Georgen Als um 1800 der „Postschmied“ Johann Georg Weisser seine Huf-und Wagenschmie­ de betrieb, führte der Postweg noch über Langenschiltach, wo sich am „Grünen Baum“ die Poststation befand. Mit zwei Gesellen und einer kleinen Wasserkraft wurden in der Schmiede auch Werkzeuge und Schraub­ stöcke für die Schwarzwälder Uhrmachereien hergestellt. Die Eröffnung der neuen Post­ straße über Triberg -St. Georgen machte 1842 die Übersiedlung der Schmiede nach St. Georgen notwendig. Der Bedarf an Werk­ zeugen, Schraubstöcken und auch an Dreh­ stühlen wuchs zu dieser Zeit beträchtlich, so daß sich Johann Georg Weisser zusammen mit seinen Söhnen im Jahre 1856 entschloß, die Werkzeugmaschinenfabrik J. G. Weisser Söhne zu begründen. Heute kann das Unter­ nehmen auf sein 12Sjähriges Bestehen zu- rück blicken und dürfte damit zu den ältesten Familienbetrieben dieser Branche zählen. Bezüglich des Produktionsprogramms war die „Postschmiede“ -wie die Firma heute noch im Volksmund genannt wird -auf die heimische Uhrenindustrie ausgerichtet. Durch die in der 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts der Uhrmacherei entstandene amerikanische Konkurrenz wurde dieser älteste Industriezweig, welcher den Schwarz­ wald schon vor 200 Jahren weltbekannt machte, zur Änderung der Produktionsweise gezwungen. Man begann, die Uhrenherstel­ lung, die sich seither in kleinen Werkstätten oder als Heimarbeit in den Bauernhöfen vollzog, auf größere Stückzahlen und damit auf industrielle Fertigung umzustellen. Hier­ zu wurden in erster Linie Maschinen benö­ tigt. 40

Drehstühle – Vorläufer heutiger Dreh­ maschinen – gehörten von Anfang an zum Fertigungsprogramm von Weisser. Dreh­ maschinen begleiteten das Unternehmen bis auf den heutigen Tag. Somit kann Weisser auch einen lückenlosen Überblick über 125 Jahre Entwicklungsgeschichte der Dreh­ maschine geben. Wie gesagt, begann man mit Drehstühlen für die heimische Uhrenindustrie. Aber auch Werkzeuge vom „Amboß bis Zirkel“ gehörten zum Fertigungsprogramm. Bald wurden auch die verschiedensten Maschinen wie Hobelmaschinen, Fräsmaschinen, Exzenter, Pressen, Shapingmaschinen u. a. gebaut. Ge­ rade die für jene Zeit charakteristische V iel­ seitigkeit hat im Lauf der Jahre einen un­ schätzbaren Fundus an Ingenieurwissen wachsen lassen und damit das technische Know-how begründet, das heute den Vor­ sprung vor dem vielfaltigen Wettbewerb sichert. Als sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts der technische Fortschritt sprunghaft zu ent­ wickeln begann, waren die Werkzeugma­ schinenbetriebe gezwungen, ihre Entwick­ lungskraft auf einige wenige Erzeugnisse zu konzentrieren. Weisser spezialisierte sich nun ganz auf den Bau von Drehmaschinen. Im Laufe der Jahre bis 1950 wurden eine V ielzahl von Drehbanktypen entwickelt, wo­ bei man immer darauf bedacht war, tech­ nische Spitzenerzeugnisse zu präsentieren. Einige Medaillen und Auszeichnungen auf Ausstellungen sind Zeugnisse dieser Be­ mühungen. Die nach dem 2. Weltkrieg einsetzende rasante allgemeine wirtschaftliche Entwick­ lung war durch einen zunehmenden Mangel an Arbeitskräften gekennzeichnet. Dies löste weltweit den Ruf nach vollautomatisch ar­ beitenden Maschinen aus. Rasch wurde diese Entwicklung bei Weisser erkannt und damit der Grundstein für das heutige Fertigungs­ programm gelegt. 1955 ist ein weiteres markantes Datum in der Firmengeschichte: ein neuentwickelter Frontdrehautomat wurde auf den Markt ge- bracht und damit der Markenbegriff „FRONTOR“ begründet. Diese Frontdreh­ maschinen – in Fachkreisen einfach „FRON­ TOR“ genannt – kamen insbesondere den Automatisierungswünschen der Automobil­ industrie entgegen. Dabei kam Weisser noch der Vorteil zugute, daß man mit der Ent­ wicklung dieser Maschinen auch gleich an die dazugehörenden vollautomatischen Be­ und Entladeeinrichtungen gedacht hatte. Solche Maschinen lassen sich je nach Be­ arbeitungsaufgabe zu automatisch arbeiten­ den Drehmaschinenstraßen verketten. Heute werden von den Kunden immer mehr Kom­ plettbearbeitungen von Werkstücken wie beispielsweise Bremsscheiben, Bremstrom­ meln, Schwungräder, Radnaben oder Zahn­ räder verlangt und von Weisser auch ange­ boten, so daß in den letzten Monaten Ma­ schinenstraßen bis zu 40 m Länge das Haus verlassen haben. Auch dem Trend zu vollelektronisch ge­ steuerten Drehmaschinen hat sich Weisser nicht verschlossen und bietet seit einigen Jahren numerisch gesteuerte Drehautomaten an. Vor kurzem wurde die erste numerisch gesteuerte Drehmaschinenstraße an eine namhafte Automobilfirma ausgeliefert. Die personelle Entwicklung des Unter­ nehmens verlief in kontinuierlichen Bahnen. W ährend man 1856 mit sechs Mann anfing, konnten um die Jahrhundertwende 120 Be­ legschaftsmitglieder gezählt werden. Nach dem 1. Weltkrieg und der Weltwirtschafts­ krise sank die Belegschaft auf 60 Mann, konnte sich aber während des 2. Weltkrieges wieder auf 300 erhöhen. Nach dem Zusam­ menbruch begannen 70 Mitarbeiter mit Ma­ schinenreparaturen in der teilweise demon­ tierten Fabrik. Der W iederaufbau kam jedoch sehr schnell wieder in Gang, so daß heute in den kontinuierlich erweiterten Räumen ca. 500 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die Entwicklung von Weisser war schon in den Anfangen von Facharbeitermangel gekennzeichnet; denn im Schwarzwald, wo bisher vornehmlich Uhren hergestellt wur­ den, gab es so gut wie keine gelernten Ma- 41

schinenbauer oder Werkzeugmacher. Man war daher auf die auf Wanderschaft befind­ lichen Gesellen angewiesen, die bei fach­ lichem Nachweis von der Straße weg einge­ stellt wurden. Um aber mit der Zeit einen bodenständigen Stamm von Fachkräften zu bekommen, wurde die Lehrlingsausbildung im eigenen Betrieb aufgenommen und stark gefördert, so daß J. G. Weisser Söhne sehr bald in den Ruf einer guten Ausbildungsstätte kam. Durch fundierte Ausbildung in allen Metallbearbeitungsberufen sowie Modell­ schreiner und Technischer Zeichner versucht man auch in Zukunft diesem Ruf gerecht zu werden. Helmut Weisser Früher pfiff die Dampflok im Kurort Wechselvolle Geschichte der ehemaligen Bahnlinie Dürrheim-Marbach Ende 1979 wurde das alte Bahnhofs­ gebäude in Bad Dürrheim abgebrochen. Damit gehört sie endgültig der Vergan­ genheit an: die einstige Bahnlinie Dürr­ heim-Marbach. Franz J enrich, der Dürr­ heim er Chronist, schildert nachstehend ihre wechselvolle Geschichte für die Leser des „Almanach“. So bescheiden die Bahnstrecke Dürr­ heim-Marbach im Vergleich zu bedeu­ tenden Schienenwegen auch gewesen ist, so hat sie doch viel behördlichen Aufwand er­ fordert und allerlei Kopfzerbrechen und Meinungsstreit verursacht, vor der I nbetrieb­ nahme wie auch bei der Stillegung. Der Ent­ stehung gingen langwierige Verhandlungen Bild Nr. 1: Ein Foto aus dem Jahr 1959. Eine Güter/ok mit Waggons zuckelt von Villingen über Marbach nach Bad Dürrheim. Damals genügten noch Blinkanlage und Warnkreuz zur Verkehrs­ regelung. 42

voraus, ihr Ende war vom Für und Wider der künftigen Nutzung des Bahngeländes ge­ kennzeichnet, wobei jedesmal Bürger der Gemeinde, Bauern vor allem, energisch auf den Plan traten. Wie dem auch sei: das Bähnle hat in unserem Raum jahrzehntelang treu und zuverlässig seinen Dienst getan, das Salz der Saline und Materialien transportiert; es ist mit Kurgästen und ihrem Gepäck hin und her gezuckelt und hat auch einen wesentlichen Beitrag zum Aufblühen von Bad Dürrheim geleistet. Wenn heute kein Stück Gleis, keine Schranke und keine Signalanlage mehr an die Existenz jener Bahnstrecke erinnern, ja, nicht einmal Teile des Bahnhofsgebäudes in die Gegenwart hinübergerettet werden konnten, wird das Bild dieses Dampflok­ ldylls doch älteren Dürrheimer Bürgern und manchem Kurgast vor Augen stehen, wenn und wann immer die Rede auf den Zugver­ kehr zwischen dem Bade-Ort und Marbach­ Villingen kommt. In Archiven und privaten Akten ist eine Menge darüber zu lesen. In inzwischen ver­ gilbten Zeitungsausschnitten von damals spiegelt sich die Geschichte der Bahnlinie wieder, und da und dort werden noch Fotos vom Leben und Treiben auf dem Dürrhei­ mer Bahnhof und am Schienenweg aufbe­ wahrt – und immer wieder gern hervor­ gekramt. Schon 1864 Projekt im Gespräch Man schrieb das Jahr 1864, als bereits von einer Bahnlinie nach Dürrheim die Rede war, ausgelöst durch den geplanten Bau der Kinzigtalbahn. Das Finanzministerium wies nämlich darauf hin, daß es für die Salinen Dürrheim, Schwenningen und Rottenmün­ ster vorteilhaft wäre, wenn sie über eine Bahnverbindung verfügten. Die Dürrheim er SalinenverwaJtung nahm die Anregung auf und drängte auf ihre Realisierung. Sie ver­ sprach sich davon eine Absatzsteigerung ihrer Salzprodukte über Marbach und Villin­ gen in die Rheinebene und in das Gebiet des Mittelrheins, ebenso wie eine Beschleuni- Bild-Nr. 2: Reklamesäule mit Uhr und Bahn­ bushaltestelle aus vergangenen Tagen. Im Hinter­ grund das Gasthaus »Rößle“. gung und Kostensenkung beim Heranschaf­ fen von Brennstoffen und Holz. Anfänglich war sogar geplant, die zukünftige Bahnlinie von Villingen nach Singen über Dürrheim zu leiten. Man entschied sich dann jedoch für das Brigachtal. Das schöne Projekt verfiel zunächst in einen tiefen Dornröschenschlaf. An maß­ geblicher Stelle glaubte niemand so recht an die Dringlichkeit der Angelegenheit. Im Jahr 1901 endlich rührte sich wieder etwas, nach­ dem die Domänendirektion erneut einen Vorstoß in dieser Richtung unternommen hatte. Das für einen Dürrheimer Bahnhof benötigte Gelände wurde vermessen und abgesteckt, ein Vertrag zwischen Eisenbahn­ verwaltung und Saline abgeschlossen. Darin war die unentgeltliche Abtretung des Offi­ ziantenhauses III der Saline verankert. Im Winter 1903 nahm man den Bahn­ hofsbau in Angriff, und am 1. August 1904 43

konnte die Bahnlinie zwischen Dürrheim und Marbach für den Personenverkehr frei­ gegeben werden, zwei Wochen später auch für den Güterverkehr. Daß die Eröffnung des Bahnbetriebs gebührend gefeiert wurde, versteht sich. Schon am 31.Juli 1904 rollte ein Sonderzug mit vielen Gästen von Vil­ lingen nach Dürrheim, wo tags darauf im Salinenhotel ein festliches Essen stattfand. Die Chronik weiß zu berichten, daß der Sonderzug erst am folgenden Tag die Heim­ reise nach Villingen antrat. Groß die Freude – aber auch Ärgernis So groß die Freude in Dürrheim auch war: dem einen und anderen Bürger war der Bahnbetrieb ein Dorn im Auge. Vor allem trauerten viele Landwirte ihrem zuvor gut florierenden Pferdefuhrwerk-Geschäft nach, das ihnen die Eisenbahn verdorben hatte. Sie machten häufig ihrem Ärger dadurch Luft, daß sie mit ihren Gespannen auf den Schienen anhielten und so den Zugverkehr störten. Sie nahmen für diesen „Racheakt“ sogar empfindliche Geldbußen in Kauf. Davon abgesehen, lebten die Dürrheimer über ein halbes Jahrhundert lang glücklich und zufrieden mit der Eisenbahn, auch wenn Unfalle und Karambolagen nicht ganz ausblieben. Bis eines Tages die Rentierlich­ keit dieser Strecke ins Gespräch kam. Dies um so mehr, als die Bundesbahn-Direktion Karlsruhe, auch für Bad Dürrheim zustän­ dig, mit einer angespannten Finanzlage ihren Kummer hatte. Bei ihren Überlegungen tauchte 1966 das Stichwort „Nebenbahn­ Rationalisierung“ auf, und schon wurden die bescheidenen fünf Kilometer zwischen den Bahnhöfen Bad Dürrheim und Marbach an­ visiert. Damit war das Schicksal dieser Strecke besiegelt. Schon während der Amts­ periode von Bürgermeister Wilhelm Grieß­ haber hatte dem Dürrheimer Bahnhof ähn­ liche Gefahr gedroht, die Grießhaber jedoch mit Unterstützung von Finanzministerium und Landtagsabgeordneten zum Glück noch einmal abwenden konnte. 1967 fielen in1 Land Baden-Württemberg 44 insgesamt 123 Kilometer Bahngleise den Spitzhacken und Hebekränen zum Opfer, darunter auch diejenigen, die den Kurort über Marbach mit Villingen verbunden hat­ ten. Die Gewerkschaft der Eisenbahner lief zwar heftig Sturm gegen die Abbaumaßnah­ men und malte deutlich das Schreckgespenst „Leere Schienen – Verstopftt Straßen“ an die Wand. Doch es nützte nichts: die roten Zahlen in der Bahn-Bilanz gaben den Aus­ schlag. Die Dürrheimer Bevölkerung reagierte gleichfalls ungehalten. Hatte man, als 1904 Kutschen und Pferdefuhrwerke von Dampf­ lok und Schiene abgelöst wurden, noch lange der entschwundenen Romantik des Reisens und Transportwesens nachgetrauert, so wollten viele Bürger sich jetzt nicht mehr von „ihrem“ Bähnle trennen. Es war ihnen mit der Zeit ans Herz gewachsen, hatte den Aufstieg des Kurorts vorangetrieben, die Zahl der Gäste ständig wachsen lassen. Der Landwirtschaft der Ostbaar war die Bahn­ verbindung ebenfalls von Nutzen.Nach der Eingemeindung der sechs Dörfer brachten die Bauern ihre Produkte zum Dürrheimer Güterbahnhof, wo sie umgekehrt dort ange­ forderte Materialien abholten. Im Rathaus war man wachsam Im Dürrheimer Rathaus verfolgte man die neue Entwicklung ohne Illusionen. Es galt, das Beste aus der Situation zu machen. Bürgermeister Otto Weissenberger mobili­ sierte einflußreiche Persönlichkeiten, die ihm behilfüch sein konnten bei seinen Ver­ handlungen mit der Bundesbahn. Die hat­ ten zum Ziel, das Bahngelände im Ausmaß· von rund 2,6 Hektar, von der Bahnhofstraße bis zur Gemarkungsgrenze Bad Dürrheim­ Marbach, kostenlos in den Besitz der Gemeinde zu bringen. Weissenberger fand bei Parlamentariern ein positives Echo und die nötige Schützenhilfe. Staatsrat Paul Vowinkel, Bundestagsabgeordneter Dr. Hansjörg Häfele, damals noch in Ludwigs­ hafen am Bodensee ansässig, zählten dazu. Es gab ein zähes, verbissenes Ringen, einen

Bild Nr. 3: Der Güteralfertigu,ngstrakt des ehemaligen Dürrheimer Bahnhofi, wovon die Saline und die ortsansässigen Industrie- und Gewerbebetriebe, aber auch die Bauern der Ostbaar, rege Gebrauch machten. umfangreichen Briefwechsel. Im Archiv der Dürrheimer Kommunalverwaltung zeugt davon heute noch ein dickes Aktenbündel. bau abgetretenen Grundstücke angestrebt hatten. Glückliche Lösung im Gesamtinteresse Die Verantwortlichen in Bad Dürrheim, Verwaltungsspitze und Gemeinderat, hatten klar vor Augen: wenn Schienen und Schran­ ken verschwunden sind, soll ein Grünzug für Bürger und Kurgäste entstehen, eine ruhige, reizvolle Verbindung vom Kurpark zum neu entstehenden Wohngebiet Wasserstein und zur Kurzone am Salinensee. Alle damit ver­ bundenen verkehrstechnischen, finanziellen und städtebaulichen Probleme konnten zur Zufriedenheit und im Gesamtinteresse der Bürgerschaft gelöst werden. Dem mußte sich auch eine Interessengemeinschaft von Anlie­ gern des Geländes fügen, die eine Rückerwerbung ihrer seinerzeit beim Bahn- Am 30. Juni 1973 war in der Zeitung zu lesen: Der Abbruch des Bahnhofs Bad Dürr­ heim beginnt, und damit wird eine neue bau­ liche Entwicklung eingeleitet. Die Bahnhof­ straße in der Kurstadt wird bald eine Straße ohne Bahnhof sein. Bis dahin diente das Bahnhofsgebäude dann noch als Sozialquar­ tier für deutsche Familien und Gastarbeiter. In der Bildunterschrift zu einem Foto von der Bahnstation wurde noch vermerkt, daß hier einst ein Dichter und ein Maler geboren wurden, nämlich 1884 Paul Sättele und 1886 Guido Schreiber. Franz J enrich 45

Landwirtschaft und Tierhaltung Erhaltung natürlicher Lebensräume Neue Wege zur Förderung der Landwirtschaft im Scbwarzwald-Baar-Kreis Schon seit Jahrtausenden führt der Mensch in diesem von der Natur benachteiligten Raum zur Sicherung seiner Lebensexistenz einen Kampf gegen die Unbilden der Natur. Zuerst als Jäger und Sammler und später als V iehzüchter und Ackerbauer besiedelte er die günstigen Flächen der Baar. Erst als dort der Lebensraum knapp wurde, wagte er, ab dem 13. und 14.Jahrhundert, in das Urwaldgebiet des Schwarzwaldes vorzudringen. Genera­ tionen waren seither bestrebt, die undurch­ dringlichen Wälder zu roden, die Talauen zu entwässern und in Äcker und Wiesen um­ zuwandeln. Die Bewirtschaftung großer Flächen wurde aber, vor allem im Raume Schonach, Schönwald und Triberg, erschwert durch gewaltige Felsbrocken – im Volksmund „Findlinge“ genannt-, welche die Gletscher der Eiszeit hinterlassen hatten. Kein Wunder, daß die Schwarzwald-Bauern schon immer, besonders jedoch in den letz­ ten Jahrzehnten, versucht haben, diese ,,Find­ linge“ zu beseitigen, um Intensivierungsmaß­ nahmen herbeiführen zu können. Die mo­ derne Technik kam ihnen dabei zu Hilfe. Durch Entsteinungsmaßnahmen sind in den letzten Jahren viele naturversteinte Wiesen in intensive Milchviehweiden umgewandelt worden. So bedauerlich das sein mag, so muß doch auch festgestellt werden, daß es hier um Versteinte Weidefläche im Betrieb des Josef Kuner, Schönwald, Gemeindehef Basler Tal. 46

das „Sein oder Nichtsein“ vieler Schwarz­ waldhöfe ging, welche die Landschaft weiter­ hin pflegen und offenhalten.Ohne die Arbeit des Landwirts wäre nämlich die Offenhal­ tung der Landschaft nur mit hohen Kosten möglich. Erfreulicherweise sind aber auch heute noch in den genannten Gemeinden Flächen vorhanden, welche ihren natürlichen Cha­ rakter nicht verloren haben. Mit der zuneh­ menden Technisierung besteht auch hier die Gefahr der Intensivierung. Im Rahmen frei- in den williger Leistungen hat deshalb der Schwarz­ wald-Baar-Kreis letzten Jahren finanzielle Mittel für die N utzungsentschä­ digung naturbelassener Flächen zur Verfü­ gung gestellt. Hier soll der Landwirt, der auf eine intensive Nutzung verzichtet, für den Ertragsausfall entschädigt werden. Möge diese Maßnahme zum Wohle aller dienen und zum friedlichen Nebeneinander zwischen ökonomischer und ökologischer Landbewirtschaftung beitragen. Hans Rösch Pilotprojekt eines Schwarzwaldhofes im Linachtal Landschaftsgebundenes Bauen ist gerade im Schwarzwald eine Forderung von ver­ schiedenen Seiten. Für die einen ist es ein Anliegen, die Höfe der Landschaft anzu­ passen, für die anderen ist es ein Reizwort. Der Landwirt, der von den Erzeugnissen seines landwirtschaftlichen Betriebes den Lebensunterhalt seiner Familie bestreiten muß, ist darauf angewiesen, kostengünstige Bauten zu erstellen und gleichzeitig arbeits­ wirtschaftliche Gesichtspunkte in den Vor­ dergrund zu stellen. Die historische Bau­ weise des Schwarzwaldhofes allgemein war auf den Eindachhof, der als Gesindebetrieb aufgebaut war, ausgerichtet. Heute jedoch sind auch im Schwarzwald Arbeitskräfte rar und die Bewirtschaftung obliegt in vielen Fällen dem Betriebsleiter mit seiner Frau allein. Vor dieser Problematik steht man in sehr vielen Betrieben, in denen ein neues Gebäude erstellt werden soll. Im Hinblick auf die Förderung der kostengünstigen Bauweise bei gleichzeitiger Berücksichtigung der arbeitswirtschaftlichen Erfordernisse wurde ein Pilotprojekt hin­ sichtlich der Neuerstellung eines Schwarz­ waldhofes in Furtwangen-Linach gestartet. Der Betrieb Braun in Linach, der insgesamt 38 ha Landwirtschaft und 40 ha Wald bewirtschaftet, hatte ein Betriebsgebäude, das um das Jahr 1600 erstellt wurde. In die- sem Gebäude war zum einen der Wohnteil als auch der Viehstall und der Bergeraum für das Winterfutter untergebracht. Das Ge­ bäude befand sich in einem Zustand, der eine umfassende Renovierung des Althofes ausschloß. Somit mußte eine Neuerrichtung des Gesamthofes in Betracht gezogen wer­ den. In Zusammenarbeit von Universität Karlsruhe, Regierungspräsidium Freiburg und Landwirtschaftsamt Donaueschingen wurde versucht, die Forderungen der ein­ zelnen Interessengruppen in Einklang zu bringen und eine für den Landwirt tragbare Lösung hinsichtlich Bauform, Baukosten und arbeitswirtschaftlicher Belange zu finden. Es wurde imJ ahr 1978/79 ein neues Wirt­ schaftsgebäude nach modernen Gesichts­ punkten erstellt. So wurde versucht, unter einem großen Dach, neben dem Viehstall, der ca. 36 Milchkühe mit entsprechendem Jungviehanteil aufnehmen sollte, auch den Siloraum mit 360 cbm Fassungsvermögen und den gesamten Heubergeraum unterzu­ bringen. Die Arbeiten im Futterbergeraum werden sowohl hinsichtlich Heu- und Siloeinlage­ rung als auch hinsichtlich der Einbringung des Futters im Winter auf dem Futtertisch mit einer Krangreiferanlage vorgenommen, so daß bei diesen Arbeiten keine Handarbeit 47

Das neue Wirtschaftsgebäude des Betriebes Braun in Linach. Die Holzkonstruktion im Bau. 48

mehr erforderlich ist. Das Futterlager ist wie in den alten Schwarzwaldhöfen über die be­ währte Hocheinfahrt zu erreichen. Im Stall wurde entgegen den herkömmlichen Auf­ stallungsformen ein Boxenlaufstall einge­ baut. In Zahlen ausgedrückt bedeutet dies, daß für die Versorgung einer Milchkuh ein­ schließlich dem Melken nur noch ein Ar­ beitsaufwand von ca. 50 Arbeitsstunden gegenüber der herkömmlichen Anbindeauf­ stallung von ca. 120-130 Arbeitsstunden je Jahr notwendig sind. Möglich wird dies da­ durch, daß die Kühe sich frei bewegen und sich selbst zum Futterplatz und zum Liege­ platz oder zum Melken im Melkstand be­ geben können. Bei der Baumaßnahme wurde großer W ert darauf gelegt, daß möglichst viel Holz, das der Landwirt als Eigenleistung in das Verfahren einbringen konnte, verwandt wurde. So wurde praktisch das gesamte Ge­ bäude mit Ausnahme der Fundamente und Böden, sowie der Futtersilos als stabilisieren­ der Faktor völlig aus Holz erstellt. Bei der gesamten Bauform wurde auf die einfache Hausgrundform der alt_en Schwarzwaldhöfe zurückgegriffen. Die ursprüngliche Ständer­ Bohlen-Bauweise wurde in heutige Herstel­ lungstechnik umgesetzt. Der Versuch einer landschaftsgebunde­ nen Bauweise, gekoppelt mit einer kosten­ mäßig vertretbaren Ausführung, wurde hier verwirklicht. In Zukunft sollen die bei dieser Maßnahme gewonnenen Erkenntnisse verstärkt in die Beratungen hinsichtlich Neuplanung von Schwarzwaldhöfen aufge­ Kurt Wälde nommen werden. 10 Jahre Landmaschinenring Schwarzwald-Baar Im März 1980 feierte der Landmaschinen­ ring Schwarzwald-Saar sein lOjähriges Be­ stehen. Nach einem nicht leichten Aufbau stellt heute diese Selbsthilfeorganisation mit rund 400 Mitgliedern innerhalb der Land­ wirtschaft des Schwarzwald-Saar-Kreises eine Alternativlösung zur Eigenmechanisierung der landwirtschaftlichen Betriebe dar, welche nicht mehr übersehen werden kann. Der rechnende Landwirt weiß heute, daß er die Möglichkeit hat, viele anfallenden Arbeiten durch seine Berufskollegen durchführen zu lassen und diese Leistung auf dem Verrech­ nungswege ausgleichen kann. Des weiteren ist es ihm möglich, seine eigene Maschine nutzbringend überbetrieblich auszulasten. Das zeigt sich vor allem auf dem Sektor des Mais- und Rübenanbaues sowie der Silowirt­ schaft. Somit können die Landwirte der Baar den Silomais und die Futterrüben nach den mo­ dernsten Methoden anbauen, ohne Geld in teure Maschinen investieren zu müssen. Ähnliche Wege sollen in der Silowirtschaft bei der Bereitung von Gras- und Maissilage beschritten werden. Eine große Sicherheit in der Landbewirt­ schaftung stellt seit 1975 der Betriebshilfs­ dienst dar. Siebzehn Junglandwirte sind bereit, neben ihrer Tätigkeit im elterlichen Betrieb, Hilfe zu leisten, wenn ein Betriebs­ leiter erkrankt oder einen Kuraufenthalt be­ nötigt.Auch bei Arbeitsspitzen und Familien­ urlaub stehen diese Betriebshelfer zu Verfü­ gung. Das ist bei der angespannten Arbeits­ situation vieler Betriebe ein beruhigendes Gefühl. Aber auch durch die Selbstbauweise, bei gegenseitiger Hilfe, besteht für viele Land­ wirte die Möglichkeit, Baukosten zu senken. Nachdem gerade die Silowirtschaft immer mehr an Bedeutung erlangt, ist es durch die Selbstbauweise möglich, Flachsilobehälter kostengünstig zu erstellen. Die Entwicklung des Maschinenringes – Betriebshilfsdienstes – in den letzten Jahren hat gezeigt, daß ein Großteil der Landwirte des Schwarzwald-Saar-Kreises die N otwen- 49

Silomaisemte im Betrieb des Landwirtschaftsmeisters Franz-Josef Komhaas, Marbach, durch den Landmaschinenring Schwarzwald-Baar. digkeit der überbetrieblichen Zusammen­ arbeit erkannt hat. Wie in der übrigen Wirtschaft, ist heute auch der Landwirt ein scharfrechnender Unternehmer, der es sich nicht mehr leisten kann, große Summen in die Mechanisierung seines landwirtschaft­ lichen Betriebes zu investieren, wenn er dar­ aus nicht so schnell wie möglich einen Nutzen ziehen kann. Der Maschinenring – Betriebshilfsdienst – bietet die Chance einer ökonomischen Wirtschaftsweise mit Hilfe des überbetrieblichen Maschineneinsatzes und gegenseitiger Verrechnung. Das wird in Zukunft für den Fortbestand unserer Landwirtschaft im Schwarzwald­ Baar-Kreis, mit seinen Voll-, Zu- und Neben­ erwerbsbetrieben, noch mehr als bisher von ausschlaggebender Bedeutung sein. H. Rösch Tierhaltung im Schwarzwald-Baar-Kreis Im Gebiet des heutigen Schwarzwald­ Baar-Kreises spielt die tierische Produktion seit jeher eine große Rolle. Gewiß waren die früheren Bewohner des Schwarzwaldes in erster Linie Holzhauer und Waldpfleger, doch waren sie auch auf Haustiere angewie­ sen, die ihnen Milch, Fleisch und Arbeits­ leistung brachten. Sie fanden in der vorhan­ denen Landrasse, aus der das heutige Vorder­ wälder Rind hervorging, die Tiere vor, die sie so brauchen konnten. Es war ein anspruchslo­ ses und hartes Tier, das mit dem Futter, das man auf den Urgesteinböden ernten konnte, zufrieden war. In den Teilen des Kreises mit kalkhaltigen Böden, also in der Baar und im „Hintervillin­ ger Raum“ kam man später auf die Idee, mit dem besseren Futter schwereres V ieh zu züchten. Man kreuzte Simmentaler Tiere ein, ein Beispiel, das im Meßkircher Gebiet

vorexerziert worden war, und bekam auf diese Art das heutige Höhenfleckvieh. Mit der Ausweitung des Ackerbaus und der Anwendung der verbesserten Dreifelder­ wirtschaft wurden Getreide und Kartoffeln erzeugt, die sich für die Veredelung durch Schweine eigneten. Daher ist die Baar, die sich Kornkammer Badens nannte, ein Schweinezuchtgebiet par excellence gewor­ den. An diese Zeit erinnert die Rasse des Bal­ dinger Tigerschweines, die für die damals körperlich stark Arbeitenden in Land und Forst einen kräftigen Speck lieferte. Zu Rin­ dern und Schweinen kam das Bedürfnis nach einem guten Zugpferd, welches man hauptsächlich in den Schwarzwälder Füch­ sen, die auch St. Märgener Pferde genannt wurden, vorfand. Als die Kenntnis der Vererbungslehre – die Mendelschen Regeln -Allgemeingut der Züchter wurde, begann man auch im Schwarzwald und in der Baar planmäßig vorzugehen. Vor nahezu einhundert Jahren wurden die ersten Zuchtgenossenschaften gegründet, deren Leitung die damaligen Bezirkstierärzte übernahmen. Es wurden die Anfange für eine Zuchtbuchführung gemacht, in der die äußeren Merkmale der Tiere, bald aber auch die ermolkene Milch­ menge festgehalten wurden. Auch die Züch­ ter des Baldinger Tigerschweines schlossen sich zu örtlichen Zuchtgenossenschaften zusammen. An die Gründung des Vieh­ zuchtvereins B rigachtal-B regtal für Vorder­ wälder Tiere erinnerte 1977 eine große Zuchtviehschau in Oberkirnach aus Anlaß des SOjährigen Bestehens. Die Pferdezüchter wurden zunächst von der Obrigkeit beraten und gelenkt mit dem Ziel, die für die Arbeit in den staatlichen Waldungen geeigneten Pferde zu erhalten. Dazu kamen aber auch militärische Wün­ sche, so daß man in der Baar neben dem Schwarzwälder Fuchs auch noch Pferde hielt, die zum Reiten und zum Ziehen in schnellerer Gangart geeignet waren. Auf der Grundlage der deutschen Warmblutschläge gab es dann eine nennenswerte Pferdezucht in diesem Gebiet; auch diese Züchter schlos­ sen sich zu Zuchtvereinen zusammen, die sich später im Badischen Pferdestammbuch vereinigten. Heute werden im Schwarzwald-Baar­ Kreis – fast auf die Zahl genau – SO 000 Stück Rindvieh gehalten. Davon sind über 40% Milchkühe. Es sind Tiere mit sehr guten Milchleistungen darunter, und in jedem Jahr können Daten von Kühen veröffentlicht werden, die in ihrem bisherigen Leben schon 65 000 Liter Milch und mehr geliefert haben. Die absoluten Leistungen der in der Baar und im Schwarzwald gehaltenen Tiere er­ reichen freilich nicht ganz die Leistungen von Tieren in Gebieten, die von der Natur mit längerer Vegetationszeit bedacht wur­ den. Eine weitere Zahl möge herausgegriffen werden: Auf der Staatsprämiierung in Donaueschingen wurde für die über einhun­ dert vorgestellten Tiere eine Durchschnitts­ leistung von 4922 Liter Milch mit 4,16% Fett nachgewiesen, was einer reinen Fettleistung von 204 Kilo entspricht. Gewiß gibt es Lei­ stungen einzelner Tiere, auch im Schwarz­ wald-Baar-Kreis, die beträchtlich über diesen Werten liegen, doch ist für die Bewertung eines Viehstapels die Durchschnittsleistung einer größeren Gruppe wesentlich aussage­ kräftiger. Das Höhenfleckvieh wird nicht nur wegen seiner Milchleistung, sondern auch wegen seines Fleischbildungsvermögens in der ganzen Welt geschätzt. Daher betreibt man auch im Kreisgebiet Rindviehmast, was jedoch nicht in größeren Beständen geschieht, vielmehr wird in den bäuerlichen Betrieben ein Rind oder ein Bulle mit den anderen Tieren mitgefüttert und zur Schlachtreife gebracht. Von größerer Bedeutung ist jedoch die Erzeugung von Nutz- und Zuchtvieh. Neben reger Handelstätigkeit über Vieh­ kaufleute und über direkte Angebote wer­ den auf 10 Zuchtviehversteigerungen mehr als eintausend Tiere im Jahr umgesetzt. Hierzu kommen ca. 5000 Kälber und An- 51

Zuchtviehschau in St. Georgen-Oberkimach. stelltiere, die auf18 Donaueschinger Kälber­ märkten angeboten werden. In der Schweinezucht hat man das Baldin­ ger Tigerschwein aufgegeben, da es als spät­ reifes Fettschwein den heutigen Bedürf­ nissen nicht mehr entsprach. Man hält jetzt das deutsche Landschwein und beteiligt sich an den verschiedenen Zuchtprogrammen. Auch für die Schweinezucht geben die vier Zuchtschweineversteigerungen in Donau­ eschingen wertvolle Anregungen. Die Donaueschinger Markthalle stellt, im gan­ zen gesehen, einen Treffpunkt der Züchter dar, von dem viele Impulse ausgehen. Dies trifft auch für die Ferkelproduktion zu, die seit Herbst 1979 über eine Auktion in zwei­ wöchigen Abständen verfügt und damit neue wertvolle Verkaufschancen erhalten hat. Rund 4000 Zuchtschweine werden im Kreisgebiet gehalten, so daß außer für die eigene Bestandserneuerung noch genügend Ferkel für den ,,Export“ in benachbarte Schweinehaltungsgebiete übrigbleiben. 52 In der Pferdezucht ist man vom Arbeits­ pferd abgekommen und hat sich dem für den Reit- und Fahrsport geeigneten Tier zugewandt. Ende 1979 gab es im Kreisgebiet 942 Pferde, die sich auf287 Bestände verteil­ ten. Es sind heute meist Pferde der leichteren Schläge, wie Trakehner und Hannoveraner; auch Vollblutpferde werden gehalten. Für die praktische Zuchtarbeit ist die Hengst­ station Donaueschingen, auf der von Februar bis Juli jeden Jahres zwei gute Hengste aus dem Landgestüt Marbach bereitstehen, von Bedeutung. Auch einige Schafherden gibt es im Kreis­ gebiet, daneben werden etwa eintausend Schafe in Kleinbetrieben oder als Einzeltiere gehalten. Die Schafhaltung hat ebenfalls Rückhalt an einer Marktveranstaltung, die der Landesverband der Schafzüchter einmal jährlich in Donaueschingen durchführt. Dasselbe trifft auch für die Ziegenzucht zu, der sich allerdings nur noch wenige Tier­ halter verschrieben haben.

Die Tierbestände im Schwarzwald-Baar­ Kreis sind gesundheitlich in Ordnung. Bereits 1955 konnte der frühere Kreis Donaueschingen als frei von Rindertuber­ kulose gemeldet werden, der Altkreis Villin­ gen folgte nur wenig später. Brucellose und Deckseuchen können ebenfalls als getilgt angesehen werden, mit der Leukose hat man vereinzelt, allerdings nicht ins Gewicht fal­ lende Schwierigkeiten. Die Rindergrippe stellt augenblicklich das größte Problem für die Tierhaltung dar. Sie wird bekämpft, so gut es geht, die bisherigen Schäden hielten sich noch in erträglichen Grenzen. Das Kreisgebiet wird züchterisch vom Tierzuchtamt Meßkirch betreut sowie vom Zuchtverband Titisee-Neustadt. Für den tierärztlichen Dienst ist das Staatliche Vete­ rinäramt in Rottweil zuständig, welches in Donaueschingen eine Außenstelle besitzt, um möglichst in Tuchfühlung mit dem Hauptproduktionsgebiet zu bleiben. 15 praktische Tierärzte stehen den Landwirten zur Verfügung. Zu erwähnen ist weiterhin die mannig­ fache Beratungstätigkeit des Landwirt­ schaftsamtes Donaueschingen. Dieses führt Sternenhof in Oberkirnach Melklehrgänge, Ausbildungslehrgänge im Klauenschneiden durch, veranstaltet Tier­ beurteilungswettbewerbe und praktische Unterweisungen auf dem Gebiet der Tierhal­ tung. Die Kreisverwaltung nimmt sich der Förderung der Tierzucht an und tut weit mehr, als sie von ihrer Aufgabenstellung her tun müßte. Zu nennen ist die Kreisjungvieh­ weide in Villingen, auf der alljährlich 130- 150 Rinder „gesömmert“ werden können; auch einige Fohlen sind dabei. Ein Pro­ gramm der Kreisverwaltung dient der Förde­ rung der Milchhygiene. Für den Bau von Milchkammern werden freiwillige Zu­ schüsse durch den Kreis gewährt. Die Be­ treuung der Vatertierhalter und die Mitwir­ kung bei Zuchtviehschauen sind weitere Aktivitäten des Kreises. Das Prinz-Kari-Gedächtnisturnier in Do­ naueschingen, das als drittgrößtes Reit­ turnier der Bundesrepublik, hinter Berlin und Aachen, einer besonderen Würdigung wert ist, gibt ebenfalls Anstöße für die Arbeit mit Tieren und das Interesse an Tieren.Auch Tierschutzvereine in mehreren Kreisgemein­ den bemühen sich um und für das Tier. Hans-Eberhard Meier Zeichnung: Klaus Burk 53

Im Dienst für eine gesunde Umwelt Aktionen des Tierschutzvereins Donaueschingen und Umgebung e. V. Vor 13 Jahren wurde das Tierheim in Do­ naueschingen in Betrieb genommen. Der Bau wurde unterstützt durch den damaligen Landkreis Donaueschingen. So erhielt das Heim auch den Namen Kreistierheim. Da­ mals wurden Boxen für 20 Hunde eingerich­ tet. Für weitere 20 Hunde wurde der Ausbau vorgesehen. Mit den Mitteln des jetzigen Kreises Schwarzwald-Baar konnte im vergan­ genen Jahr dieser Ausbau vorgenommen werden. Für Katzen, Kleinsäuger, Vögel und die dazugehörigen Wirtschaftsräume sowie für Quarantäneboxen ist nach wie vor kein Platz vorhanden. Ein Anbau, der ebenfalls mit Mitteln des Kreises finanziert werden soll, wird hier Abhilfe schaffen. Die Bauge­ nehmigung liegt vor. Für diese Leistung des Landkreises verpflichtet sich der Halter des Tierheims, der Tierschutzverein Donau­ eschingen und Umgebunge. V.,dieFundtiere des Kreises -das sind z. Zt. Hunde -auf­ zunehmen. Der Tierschutzverein Donaueschingen betreut das Gebiet im ehemaligen Landkreis Donaueschingen. Das zentral gelegene Tier­ heim im Haberfeld nahm und nimmt da­ gegen die Fundhunde aus dem gesamten Landkreis auf. Ein weiteres Tierheim ist nicht vorhanden. Für die Aufnahme von Fund­ tieren gilt folgendes Verfahren: Das Ord­ nungsamt oder in Amtshilfe die Polizei weist das Tier in das Heim ein. Dadurch ist ge­ währleistet, daß die Meldung als Fundsache aktenkundig wird und der Verlierer über die Anzeige der Fundsachen vom Aufenthalt seines Tieres erfahrt. Die Gebühren für die 3 Wochen Pension trägt die einweisende Gemeinde, die die Auslagen vom Eigen­ tümer des Tieres zurückfordert. Meldet sich in dieser Zeit niemand, geht der Hund in das Eigentum des Tierheims über. Der Verein versucht, diese Tiere an neue Tierhalter zu vermitteln. Das gleiche geschieht mit soge­ nannten Abgabetieren. Das sind Lebewesen, 54 die von ihrem Eigentümer nicht mehr ge­ halten werden können oder wollen. Auch ausgesetzte Tiere versucht der Verein wieder angemessen bei neuen Besitzern unterzu­ bringen. Vermittelt werden nur Tiere, die nach Alter, Gesundheit und Verhalten eine pro­ blemlose Eingliederung in den neuen Le­ bensbereich erwarten lassen. Diejenigen, die die gestellten Anforderungen nicht erfüllen, müssen getötet werden. Darüber entscheidet ein Gremium, das aus dem Tierarzt, dem 1.Vorsitzenden, einem Biologen und dem Tierheimverwalter besteht, nach Konsulta­ tion des Tierpflegers. Die abzugebenden Tiere sind entwurmt, geimpft und u. U. sterilisiert. So ist zu erwarten, daß die Freude am neuen Besitz nicht durch Enttäuschungen getrübt wird und daß das Einleben somit erleichtert wird. Zur Finanzierung der Betriebskosten des Tierheims werden auch Pensionstiere auf­ genommen. Es sind dies meist Vierbeiner, die zur Ferienzeit untergebracht werden müssen, oder Tiere von Hotelgästen. Die ehrenamtliche Tätigkeit der Vereins­ mitglieder erstreckt sich auch auf andere sehr vielfältige Bereiche. So unterstützen sie die Polizei und die Forstverwaltung bei der Kontrolle der Einhaltung der Tier- und Naturschutzgesetze. Für die Beratung und Kontrolle der artgemäßen Tierhaltung stehen die ausgebildeten Tierschutzinspektoren zur Verfügung. Ein besonderes Gewicht kommt auch der Beratung zur Einhaltung der Be­ stimmungen über das Abbrennen von Gras (Schutz der Bodenbrüter), das Schneiden von Hecken (Schutz der Vogelbrut), den Auslauf von Katzen und den Haltungspro­ blemen zu. In den letzten Jahren nahm die Anteil­ nahme an den Überwinterungsproblemen der Igel erfreulich zu. Zu leichte Igel (unter 300 Gramm) haben kaum Chancen, lebend

Tierschutzheim Donaueschingen durch den W inter zu kommen. Man muß sie mit besonderer Nahrung aufpäppeln. Bei entsprechender Information konnten viele Tierfreunde für diese Aufgabe gewonnen werden. In Verbindung mit Maßnahmen des Bun­ des für Umwelt- und Naturschutz wurden die Krötenwanderungen zu und von den Laichplätzen von den Helfern des Tier­ schutzvereins ermöglicht, ohne daß ein Massensterben der Kröten auf den Straßen eintrat. Damit wurden auch akute Verkehrs­ gefährdungen vermieden. Abschließend seien auch noch die ganz­ jährig auftretenden Fälle der Betreuung von Wildtieren aller Art vom Storch bis zum Mauswiesel erwähnt. Verletzte oder beim V ogelzug zurückgebliebene Vögel wurden an die Vogelschutzwarten weitergeleitet, wenn sie nicht in geeigneten Privatquartieren gesund gepflegt werden konnten. Für Klein­ tiere fand sich schon leichter eine geeignete Pflegestelle. Die mannigfaltigen Aktionen dienen dem Schutz der Natur und damit auch dem Menschen, der auf eine gesunde Umwelt an­ gewiesen ist. Der Tierschutzverein versucht mit seinem Einsatz, die Bestrebungen der Ordnungsämter, Forstverwaltungen und der Polizei zu unterstützen, der Natur ihren Platz im Leben unserer Mitbürger zu sichern. Gerhard Wernick Was wären Brücken ohne die Menschen, die über sie zusammenfinden? Max Rieple, im Dezember 1979 55

Soziale Einrichtungen, Gesundheitswesen Caritas im Schwarzwald-Baar-Kreis Die Gründung der Caritas-Landkreisver­ bände Donaueschingen und Villingen er­ folgte nach dem Zweiten Weltkrieg durch einen Erlaß von E rzbischofD r. Konrad G rö­ ber. Die Initiative ging von Alois Eckert, dem späteren Präsidenten des Deutschen Caritasverbandes, aus. Es war in einer Not­ situation ohnegleichen. Das gesamte kom­ munale Verwaltungs- und Wohlfahrtswesen war zusammengebrochen. Die für die Sekretariate gewonnenen Mit­ arbeiter hatten keine Zeit der Vorbereitung und wurden gleich in die äußerste Bewäh­ rung gestellt. Die erste Sorge galt den Hun­ gernden. Liebesgaben kamen vor allem aus der benachbarten Schweiz und aus Ame­ rika. Donaueschingen wurde zu einem Umschlagplatz für Lebensmittelsendungen. Fernlaster kamen angefahren mit Tonnen von Reis, Mehl,Milchpulver und Butter. Die Lebensmittel wurden in Räumlichkeiten der Fürstenberg-Brauerei abgestellt und von ehrenamtlichen Helfern umgepackt für die Weiterverteilung an die Caritas-Bezirksstel­ len Villingen, Neustadt, Konstanz, Überlin­ gen, Sigmaringen und Hechingen. Alle Ein­ und Ausgänge wurden in dreifachen Listen vermerkt. Von der amerikanischen Caritas kamen auch Kleider, Schuhe und Ge­ brauchsgegenstände, die über die Pfarrcari­ tasstellen ausgegeben wurden. Als die ersten Heimkehrertransporte ein­ liefen, nahm sich der Caritasverband Donaueschingen besonders der heimatlos 56

gewordenen Heimkehrer an. Sie fanden Aufnahme in der »Villa Dolly“ und blieben dort, bis ihre Angelegenheiten geklärt waren. Mit staatlicher Hilfe wurde in Nußbach bei Triberg zusätzlich ein Haus für erholungs­ bedürftige Heimkehrer gemietet. Zu versorgen waren aber auch heimatlos gewordene Menschen, die aufgrund der Aus­ weisungsmaßnahmen infolge der Zerstö­ rung der Städte auf dem Lande unterkom­ men sollten. Über die Bahnhofsmission, die in einem halbzerbombten Gebäude des Bahnhofs Donaueschingen eingerichtet wurde, kamen Flüchtlinge, notleidende Menschen jeden Alters, die zunächst in der Güterstraße 3 in Barackenlagern unter­ gebracht wurden; sie bekamen dort Kleider, Schuhe und Lebensmittel, bis man für sie eine weitere Unterkunft gefunden hatte. Die Notaufnahmelager sind längst verschwun­ den. Aber die Übergangswohnheime in Vil­ lingen und Schwenningen und in anderen größeren Städten sind noch vorhanden. Als Folge des Kreisreformgesetzes vom 26. 7. 1971 mußten sich auch die beiden Caritas-Landkreisverbände Villingen und Donaueschingen einer Neuordnung unter­ ziehen. In Absprache mit den Kirchenbehör­ den wurde aus dem Landkreisverband Vil­ lingen 1973 ein Stadtcaritasverband Villin­ gen-Schwenningen e.V., während der ehe­ malige Caritasverband für den Landkreis Donaueschingen in einen „Caritasverband für den Schwarzwald-Baar-Kreis“ umbe­ nannt wurde. Für diese kirchliche Sozialarbeit stellt das Erzbischöfliche Ordinariat Steuermittel bereit in Höhe von 90% der Personalkosten. Für die Deckung des übrigen Geldbedarfs müssen die Verbände selbst aufkommen aus Zuwendungen der Pfarreien, Spenden und aus dem Verkauf von Wohlfahrtsmarken. Für verschiedene Aufgaben werden vom Diözesancaritasverband Gelder überwiesen, deren Verwendung zweckgebunden ist. Zum Aufgabenbereich gehören allgemeine Dienste, aber auch Spezialdienste für Kin­ der/] ugendliche, Mütter, Familien. Kindererholung – Kinder- und Jugendhilfe In der Nachkriegszeit wurden unterer­ nährten Stadtkindern Landaufenthalte ver­ mittelt, und als die Hansestadt Hamburg von der großen Flutkatastrophe heimge­ sucht wurde, startete spontan die Caritas Donaueschingen eine Hilfsaktion und brachte ca. 400 Kinder im Kreisgebiet unter. Mit finanzieller Hilfe des Bundes und des Landes entstanden in der Erzdiözese Frei­ burg 12 Kindererholungsheime. Diese vor­ handenen Einrichtungen reichen in der Schulferienzeit nicht aus. Alljährlich werden für Kindererholungsaufenthalte in Öster­ reich und Südtirol weitere Häuser gemietet. Die Erholungsbedürftigkeit der Kinder hat leider nicht abgenommen. Nach Statisti­ ken sind bereits 50% der Schulanfänger in ärztlicher Behandlung, und 10 % dieser Kin­ der haben bleibende gesundheitliche Schä­ den. Zuschüsse von Krankenkassen, Sozial­ versicherungsträgern, des Landes und des Kreises ermöglichen jährlich etwa 400 Kin­ dern des Kreisgebietes die Teilnahme an Erho­ lungsaufenthalten durch die Caritasverbände. Für das vom Caritasverband für die Erz­ diözese Freiburg 1920 übernommene Heim Mariahof in Hüfingen erstellte das Land Baden-Württemberg in den Jahren 1967- 1969 an der Straße nach Schaffhausen ein neues Anwesen. Dieses heilpädagogische Heim für 50 Buben ging in Trägerschaft des Diözesancaritasverbandes über. Aufgenom­ men werden normalbegabte Jungen mit S tö­ rungen im sozialen Verhalten. In der Nachkriegszeit ging es auch an den Wiederauf- und Ausbau der Pfarrkindergär­ ten. Der Diözesan-Caritasverband unter­ stützte diese Aufbauarbeit durch die Ver­ mittlung öffentlicher Gelder, aber auch durch die Anstellung von Sozialpädagogin­ nen, die zur Beratung auf allen Gebieten zugezogen wurden. Hilfen für die Familien Die Schwerpunkte der Familienhilfen lie­ gen in den Fachbereichen Familienberatung, 57

Familienbetreuung, Haus- und Familien­ pflege, Müttergenesung, Hilfen für Mütter in Konfliktsituationen und der Arbeit mit freiwilligen Helfern. Die Caritasverbände bemühen sich, in Zusammenarbeit mit den Sozialstationen und ehrenamtlichen Helfergruppen, den Familien Entlastungshilfen zu geben. Viele Notstände brauchen jedoch spezielle Hilfen. Daneben kommt es darauf an, in den Fami­ lien selbst Kräfte zu wecken, die mithelfen, damit kein Glied der Familie Schaden leidet. Um die Isolierung der Familien aufzu­ heben, bieten die Caritasverbände Freizeiten und Familienferien an.Auf diesem Gebiet ist auch das Familien-Ferien-Werk der Erzdiö­ zese Freiburg tätig. Man weiß, daß beim gemeinsamen Urlaub oft Schwierigkeiten erkannt und besser bewältigt werden. Auch stärkt das gemeinsame Erlebnis den Z usam­ menhalt der Familienangehörigen. 50 Heime der Katholischen Arbeitsge­ meinschaft für Müttererholung bieten neben Aufwendungen verschiedenster Art unseren Müttern auch Beratungen und the­ rapeutische Möglichkeiten an. Mit den Auf­ gaben, die an eine Frau und Mutter heute gestellt werden, wachsen die Konflikte, die oft genug zur totalen körperlichen und seeli­ schen Erschöpfung führen. Zielsetzung der Müttererholung ist es deshalb, neben den medizinischen auch die psychosozialen und sozialpädagogischen Möglichkeiten aus­ zuschöpfen. Wenn in Abwesenheit der Mut­ ter die Versorgung der Familie durch Ange­ hörige oder Verwandte nicht sichergestellt ist, steht die Familienpflegerin des Caritas­ verbandes bereit. Altenhilfe Auch in der Altenhilfe vollzogen sich in den vergangenen 35 Jahren beträchtliche Wandlungen. Altenheime, Altenpflege­ heime wurden neu gebaut oder den Ansprü­ chen des heutigen Menschen angepaßt, der auch in einer Hausgemeinschaft sein persön­ liches Leben in gewohnter Weise fortführen möchte. Aber mit dem Angebot der Heime 58 Fürsorgliche Betreuung in der Sozialstation ist die kirchliche Altenhilfe nicht erschöpft. Viele Dienste, Einrichtungen und Veranstal­ tungen haben sich im Laufe der Jahre heraus­ gebildet: Besorgungsdienste, Altenerholun­ gen, FI ugwallfahrten, Altentage, Mahlzeiten­ dienste. Die Caritas veranstaltet und vermittelt Altenerholungen. Man muß an Ort und Stelle die Begeisterung der alten Menschen miterlebt haben, um ermessen zu können, was diese Erholungsaufenthalte für sie bedeuten. Sie bringen geistige Anregung und Abwechslung in den oft so einsamen Alltag. Seit Februar 1980 gehört zu den Auf­ gaben des Caritasverbandes Donaueschin­ gen auch die Versorgung älterer kranker oder behinderter Menschen mit dem Mah)zeiten­ dienst ,,Essen auf Rädern“. Neben Vollkost wird eine Leber/Magen/Galle-Schonkost sowie Diabetiker-Diät angeboten. Sozialstationen Mit den Caritasverbänden eng verbun­ den sind die Sozialstationen in Trägerschaft katholischer Kirchengemeinden.1974 wurde die Sozialstation St. Elisabeth Donaueschin­ gen, nach der Auflösung einiger Gemeinde­ geboren. Dazu krankenpflegestationen,

kamen in den Jahren 1977-1980 die Sozial­ stationen Blumberg, Villingen-Schwennin­ gen, Furtwangen und Triberg. In den Sozial­ stationen sind die ambulanten sozialen Dienste, Kranken-, Alten- und Familien­ pflege/Dorfhilfe zusammengefaßt. Die Caritasverbände sind als stimmberechtigte oder beratende Mitglieder im Vorstand ver­ treten und tragen teilweise auch Mitverant­ wortung bei der Geschäftsführung. Ausländische Mitbürger Durch die Zuwanderung ausländischer Arbeitnehmer ergab sich zu Beginn der fünf­ ziger Jahre ein neues Arbeitsfeld. Die Cari­ tasverbände bemühen sich, in der Öffent­ lichkeit Verständnis für die besondere Situa­ tion der Ausländer zu wecken. In Villingen und in anderen Städten des Kreisgebietes bieten Sozialbetreuer für Italiener und J ugo­ slawen/Kroaten regelmäßig Sprechstunden an für ihre Landsleute; sie arbeiten eng zusammen mit den ausländischen Seelsor­ gern. Seit 1962 existiert in Donaueschingen, Haldenstraße 1, in Trägerschaft des Caritas­ verbandes Donaueschingen eine Begeg­ nungsstätte für italienische und spanische Mitbürger. In diesem Centro bemühen sich Deutsche und Ausländer um gute menschliche Kontakte. Hilfen für Suchtkranke Die zunehmende Suchtgefährdung erfor­ dert seitens der Kirche eine umfassende Ant­ wort. Die Arbeitsgemeinschaft für Gefähr­ detenhilfe und Jugendschutz der Erzdiözese Freiburg eröffnete im April 1980 mit einer großen Ausstellung die Psychosoziale Bera­ tungs- und Behandlungsstelle für Sucht­ kranke, Drogenabhängige und Suicidgefähr­ dete in Donaueschingen. Der Trägerverein dieser Beratungsstelle verfügt über eine eigene stationäre Einrichtung für alkohol­ und drogenabhängige Männer in E tten­ heimm ünster; eine entsprechende Einrich­ tung für Frauen ist im Aufbau. Am 1. Juli 1980 bezog die Psychosoziale Beratungs- und Behandlungsstelle die Räumlichkeiten im Elisabethenhaus, Schulstraße 13. Caritas als Organisation wird oft in Frage gestellt. Der Geist wahrer Caritas wächst in der Gemeinde und bleibt dort verankert.Die Mitarbeiter der Caritasverbände müssen darauf achten, daß der lebendige mensch­ liche Kontakt nicht von Papier, Schreibtisch­ arbeit und Diskussionen überwuchert wird. Es wäre aber auch falsch, aus dieser Ängst­ lichkeit heraus die vielfachen großen Auf­ gaben zu unterschätzen, die eben an Schreib­ tischen und in Büros geleistet werden müssen. Pia Brenner Die Behindertenwerkstatt der ,,Lebenshilfe“ Behinderte fristeten jahrzehntelang ein Mauerblümchendasein in unserer auf Erfolg getrimmten Gesellschaft. Sich um die Behin­ derten zu kümmern, blieb vor zehn, fünf­ zehn Jahren weitgehend der Privatinitiative überlassen. Ein im ganzen Lande vielbeach­ tetes Beispiel für aktive Behinderten­ betreuung gibt die Ortsvereinigung Villin­ gen-Schwenningen der „Lebenshilfe“, die aus kleinsten Anfängen heraus vor zehn J ah­ ren in einer Baracke des heutigen Stadtbe­ zirks Schwenningen der Stadt Villingen­ Schwenningen begann und heute über ein Behindertenzentrum verfügt, das mit 200 Arbeitsplätzen, einem Therapiebad und einem noch geplanten Bau von 48 Wohn­ heimplätzen „der sichtbare Ausdruck ver­ dienstvoller Bemühungen um die Behinder­ ten ist“ (so Annemarie Griesinger, ehema­ lige Ministerin für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung, in einem Grußwort zum 15jährigen Bestehen des Ortsvereins der ,,Lebenshilfe“). Förderer und Gönner der Behinderten gibt es im früheren Schwenningen und im heutigen Oberzentrum Villingen-Schwen­ ningen schon immer. Es kam nur darauf an, das Interesse zu wecken und die Bürger zu 59

aktivieren. Das hat eine Frau getan, die den Aufbau der „Lebenshilfe“ als eine Lebens­ aufgabe betrachtet und in den zurückliegen­ den 15 Jahren nie müde geworden ist, bisher verschlossen gehaltene Türen zu öffnen. Die Eingliederung der Behinderten in unsere Gesellschaft ist ein hartes Brot. Liselotte Gebauer, die zweite Vorsitzende der „Le­ benshilfe Villingen-Schwenningen“, kann ein Lied davon singen, denn sie ist die Frau, die, gemeinsam mit Dr. Mayer, dem heuti­ gen Chef des Gesundheitsamtes Rottweil, und einem Kreis eingeschworener Mithelfer, der „Lebenshilfe“ immer wieder neue Impulse vermittelt, nachdem in den Jahren 1962/63 Frau Schneider, die heute in Zim­ mern ob Rottweil wohnt, den Anstoß zur Gründung eines Ortsvereins der „Lebens­ hilfe“ in Schwenningen gegeben hatte und 1964 dann den 25. Ortsverein in Baden­ Württemberg aus der Taufe hob. Dr. Mayer wird erster Vorsitzender, Frau Schneider zweite Vorsitzende, Frau Böttge-Paas Kassier und Rolf Haller Geschäftsführer. Ein Jahr später übernehmen Frau Gebauer und Frau Liebler anstelle der wegge­ zogenen Frau Schneider die Elternsprech­ stunden. Die Vorarbeiten zur Einrichtung einer Sonderschule für Bildungssehwache, die 1966 eröffnet wird, laufen bereits unter der Regie von Liselotte Gebauer, die zweite Vorsitzende wird und ein Jahr später die Vor­ aussetzungen für eine Werkstatt sondiert. Tatsächlich wird am 1. April 1970 in der Baracke beim Bürgerheim eine Werkstatt eingerichtet. Stadt, Landkreis Rottweil und ,,Lebenshilfe“ schließen eine Kostenrege­ lung ab. Die mit den Firmen aufgenomme- Sie bedienen Maschinen und sind Spezialisten für Monlagearbeilen: Behinderle in der Zenlral­ werkslall in Villingen-Schw e n n i n g e n. 60

nen Kontakte werden gepflegt. Denn näch­ stes Ziel ist eine zentale Werkstatt. In Z usam­ menarbeit mit den umliegenden Orts- und Kreisvereinigungen „Lebenshilfe“ nimmt dieses Vorhaben bald konkrete For­ men an. der Die Jahre ab 1972 stehen dann ganz im Zeichen einer Planung für diese neue Werk­ statt. Liselotte Gebauer ist Antriebskraft, ruhender Pol und erwirbt sich in dieser Zeit hervorragende Verdienst um eine Behinder­ teneinrichtung, wie sie dann am 1. Januar 1975 im Gebäude des ehemaligen Büdo­ W erkes in die Tat umgesetzt werden kann. Programmiert aber ist schon die Planung eines zweiten Bauabschnittes. Als der Lan­ desausschuß für die Koordinierung von Rehabilitationsmaßnahmen am 3. Mai 1977 dem zweiten Bauabschnitt zustimmt, wird ein Millionenprojekt in Angriff genommen, das mit der Einweihung am 12. Oktober 1979 die Chance eröffnet, 200 Behinderten Be­ schäftigung zu geben. Voll zufrieden wird man erst sein, wenn ein Wohnheim mit 48 Plätzen und ein Gemeinschaftshaus gebaut worden sind. Die Genehmigung liegt vor, der Bauplatz steht zur Verfügung. Waren es am Beginn der Behindertenar­ beit in Schwenningen sechs Behinderte, die Arbeit fanden, so sind es heute 110, zu denen im Laufe dieses Jahres noch die Entlaßschü­ ler der Sonderschule G hinzukommen sol­ len. Eine Vollbelegung wird vermutlich im Jahre 1983 erreicht sein. Eine neue Erweite­ rung steht dann vor der Tür. Beschäftigungsprobleme haben derzeit die 110 Behinderten nicht. In der Schreinerei gibt es Werkbank- und Montagearbeiten, man arbeitet in der Kunststoff-Spritzgieße­ rei und in der Druckerei, wickelt Spulen und schneidet Gewinde. Die Montage von Kugelschreibern, das Festschrauben von Drähten und Klemmleisten, leichte Verpak­ kungsarbeiten, das Abzählen von Schrauben und Muttern oder das Zusammenstellen von Sortimenten sind weitere Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich der Behinderten. Die Behindertenwerkstatt der „Lebens­ hilfe“ in Villingen-Schwenningen ist ein Bei­ spiel dafür, daß das Zusammenspiel von Staat und Bürgern Triumphe feiern kann, wenn es gelingt, staatliche Hilfe durch Privat­ initiative und Spenden der heimischen Indu­ strie sinnvoll zu ergänzen. Gerd Steinbach Ein Plus in unserem Landkreis Die Arbeit des Roten Kreuzes im Kreisverband Villingen-Schwenningen Das Deutsche Rote Kreuz in der Bundes­ republik wirbt mit dem Slogan „Ein Plus in unserer Welt“. Die Arbeit des DRK im Kreis­ verband Villingen-Schwenningen ist sicher nicht auf weltweite Wirkung ausgelegt, doch spürt man seine Arbeit bis in die kleinste Zelle unserer Gesellschaft und stellt sich dort oft als ein Plus für die Betroffenen heraus. Nicht immer sind es spektakuläre Dinge, die die Arbeit ausmachen, nicht immer „fließt Blut“ oder macht sich das Rote Kreuz mit seinen Fahrzeugen durch Blaulicht und Sig­ nalhorn bemerkbar, wenn es darum geht, anderen zu helfen. Obgleich man annehmen könnte, daß die Aufgaben des Roten Kreuzes durch jahrzehntelange Präsenz im Landkreis hinreichend bekannt sind, so gibt es doch viele Anliegen, die im Stillen getan werden müssen, die aber nicht weniger wichtig sind, als die Rettung von Menschenleben bei Un­ fällen oder Krankheiten. Das Rote Kreuz ist keine Sozialbehörde, sondern ein gemeinnütziger, eingetragener Verein und Mitglied der Freien Wohlfahrts­ pflege. Hierarchisch gegliedert in der Bundes­ republik hat sein oberstes Gremium, das Präsidium, seinen Sitz in Bonn. Die 14 Lan­ desverbände sind die Dachorganisationen von 398 Kreisverbänden. Unser Kreisver­ band Villingen-Schwenningen gehört zum 61

Landesverband Südbaden (Freiburg). Elf Ortsvereine sind im Kreisverband V illingen­ Schwenningen zusammengeschlossen. Alle haben eine gleiche Satzung, in denen die Aufgaben und Ziele klar umrissen sind. Die Ortsvereine sind tätig in den Gemeinden Bad Dürrheim, Königsfeld, Mönchweiler, Niedereschach, St. Georgen, Schönwald, Schonach, Triberg und Villingen-Schwen­ ningen. Zur Bewältigung der vielfachen Aufgaben sind im Kreisverbandsgebiet 51 hauptamtliche Mitarbeiter tätig, die von 576 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern unterstützt werden. Vom Bundesamt für den Zivildienst sind derzeit 7 Zivildienstleisten­ de zur Mitarbeit zugewiesen. Dankens­ werterweise helfen 10235 fördernde Mitglie­ der durch ihre Mitgliedsbeiträge, die finan­ zielle Grundlage für die Arbeit zu schaffen. Die S o z i a l a r b e i t ist ein Bereich, der meist ohne Aufsehen über die Bühne geht. Zum einen geht es um die Ausbildung der Bevölkerung in häuslicher Krankenpflege, Erster Hilfe und Sofortmaßnahmen am Unfallort sowie um Kurse für Mütter und “ ihr erstes Kind“, zum anderen aber auch um tätige Hilfe für bestimmte Personengruppen. Beim DRK versteht man darunter den Trans­ port Behinderter zu und von der Schule, die Betreuung von Umsiedlern und den Mittags­ tisch auf Rädern. Die Altenbetreuung und Kinderferienmaßnahmen sind beliebte INDER NÄHE In der Nähe steht ein Mensch und ist doch u n e r r e i c h b a r … In der Nähe geht ein Mensch und ist doch u n a n s p r e c h b a r … In der Nähe lebt ein Mensch und er ist so e i n s a m … Bernhard Brommer 62 soziale Betätigungen. Die Familienzusam­ menführungen sind in den letzten Jahren aktueller den je geworden. Die inzwischen den Regierungen ausgehandelten Verträge haben zur Folge, daß die erreichten Möglich­ keiten vom DRK in die Praxis umgesetzt werden müssen. Ferner sei erwähnt, daß die Kleiderkammer beim Kreisverband für den Katastrophenschutz und für die Betreuung Nichtseßhafter besonders wichtig ist. Die dort zu leistende Arbeit wirkt kaum nach außen. Hilfe aus allen Teilen der Öffentlich­ keit erfahrt das DRK dafür beiden jährlichen Altkleidersammlungen. Die elf Ortsvereine im Kreisverband Vil­ lingen-Schwenningen mit ihren B e r e i t ­ s c h a f t e n sind nach den örtlichen Ge­ gebenheiten und Notwendigkeiten ausge­ stattet und jederzeit einsatzbereit. Darüber­ hinaus sind sie im Rahmen des Katastrophen­ schutzes aktiv. Dementsprechend ist ihre Ausstattung mit Geräten, Fahrzeugen und Zeiten. Die 576 Helferinnen und Helfer der Be­ reitschaften sind ausschließlich ehrenamtlich tätig. Man sieht sie beim Sanitätsdienst z.B. bei Sportveranstaltungen und immer dann, wenn der Veranstalter um Sanitätspersonal bittet. Regelmäßig werden Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen als »Dienst­ abende“ durchgeführt, und immer wieder bereitet man sich durch Übungen auf Ernst­ falle vor, in der Hoffnung, davon verschont zu bleiben. Hier muß auch die gute Zusam­ menarbeit zwischen dem DRK und den anderen Hilfsorganisationen betont werden, sei es das THW, die Feuerwehr oder der Malteser Hilfsdienst. Gemeinsame Übun­ gen sind der Grundstock für erfolgreiche gemeinsame Einsätze. Der wohl am meisten im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehende Arbeitsbereich des DRK im Kreisverband ist der N o t f a l l ­ r e t t u n g s d i e n s t und der K r a n k e n ­ t r a n s p o r t. In sechs Rettungswachen, die 24 Stunden täglich einsatzbereit sind, sorgt man für die optimale Betreuung der gesam­ ten Bevölkerung und der im Verbandsgebiet

anwesenden Kur-und Feriengäste. Das Herz­ stück der Rettungswachen, die in Bad Dürr­ heim, Königsfeld, St. Georgen, Triberg und V illingen-Schwenningen beheimatet sind, ist die Rettungsleitstelle, die vom Kreisverband im Jahre 1975 eingerichtet wurde. Von dort aus werden alle Einsätze zentral gesteuert. Grundlage für den Betrieb der Rettungsleit­ stelle, die im Stadtbezirk V illingen einge­ richtet wurde, ist das Rettungsdienstgesetz Baden-Württemberg von 197 5. Zusätzlich zu den Koordinierungsaufgaben im Rettungs­ dienst hat die Leitstelle auch die Annahme und Weitergabe von Einsätzen im ärztlichen Notfalldienst an Wochenenden und Feier­ tagen übernommen. Durchschnittlich legen die 27 Rettungs­ und Krankenwagen im Jahr 900 000 Kilome­ ter zurück und helfen dabei 40 000 Patienten. Der Krankentransport ist bei den Helfern eine beliebte Einrichtung. Ständig stehen in den Rettungswachen 160 ehrenamtliche Helfer an der Seite der 44 hauptamtlichen Rettungssanitäter. Dies hilft enorme Perso­ nalkosten sparen, denn gerade im Nacht­ und Wochenenddienst sowie Feiertagen stehen überwiegend ehrenamtliche Helfer zur Verfügung. In der Trägerschaft des DRK-Kreisver­ bandes V illingen-Schwenningen steht seit 1975 der Rettungshubschrauber mit dem Funk-Rufnamen „Christoph 11″. Stationiert in der Klinik Schwenningen, hilft er aus der Luft im SO-km-Radius Leben retten. Von morgens um 7.00 Uhr bis Sonnenuntergang stehen Pilot, Arzt und Rettungssanitäter in Alarmbereitschaft, um bei einem Notruf in­ nerhalb 60 Sekunden „den Vogel in die Luft zu heben“. Eine spürbare Verbesserung beim bodengebundenen Rettungsdienst ist die ständige Einrichtung des Notarztes im Stadt­ bezirk V illingen. Mit einem Zubringerfahr­ zeug wird der Arzt vom Krankenhaus zum Notfallort gebracht, wo er dann im Notarzt­ wagen tätig werden kann. Der Dienst im Krankentransport und Ret­ tungsdienst ist nicht immer einfach. Fahrer und Begleitpersonen haben eine verant- Häuser Bau Bau Bau dort ein Haus Haus Haus hier ein Hochhaus Hochhaus Hochhaus … wo wächst denn noch ein Baum Baum Baum? … Bernhard Brommer wortungsvolle Aufgabe, und dies zu allen Zeiten am Tag und in der Nacht. Rettungs­ und Krankenwagenfahren ist nicht nur Per­ sonenbeförderung nach dem Gesetz, es ist vielmehr Betreuung und Versorgung hilfs­ bedürftiger Menschen. Die Aufgabe des Deutschen Roten Kreu­ zes in allen Bereichen ist geprägt von tätiger Sozialarbeit im weitesten Sinne und muß von vielen Menschen praktisch durchgeführt werden. Es sind überwiegend Jüngere, die sich als freiwillige Helferinnen und Helfer in den Dienst der guten Sache stellen. Nach­ wuchsprobleme kennt man kaum. Dafür sorgt die Jugendorganisation des Deutschen Roten Kreuzes, das J u g e n d r o t k r e u z , jene selbständige Abteilung, die zum einen offene Jugendarbeit anbietet, zum anderen aber auch Nachwuchs heranbildet für die Bereitschaften. Jugendrotkreuz-Gruppen gibt es in den Ortsvereinen Bad Dürrheim, Königsfeld, Triberg, Schonach, Villingen und Schwenningen. Alle Rot-Kreuzler sind bereit, immer dann zu helfen, wenn sie gebraucht werden. Alle Rot-Kreuzler opfern viele Stunden ihrer Freizeit, um anderen zu helfen. Alle Rot­ Kreuzler sind bereit, für andere Opfer zu bringen. W ir glauben: Das ist ein Plus in unserem Landkreis. W ilfried Jakob 63

Caritas-Altenheim St. Michael, Donaueschingen “ Vor dem Park des Fürsten zu Fürstenberg, unweit der Stelle, an der sich die Flüßchen Brigach und Breg vereinen, um fortan Donau“ zu heißen, liegt das Caritas-Alten­ “ heim St. Michael. – Altersheim-Senioren­ stift“. Irgendwie kratzt es in der Kehle. Das Image dieser Einrichtungen ist durch eine zum Teil verzerrte Medienberichterstattung recht angeschlagen. Den Altenheimen wird die Rolle einer Alibi-Funktion zugeschoben: Hier wird der alte, hilfs-oder pflegebedürftige Mensch be-oder aufbewahrt. Wenn ihn sonst niemand mehr haben möchte, kommt er halt ins Altersheim. Für unsere Wohlstands­ gesellschaft ist er nicht mehr relevant und dafür sind ja diese Heime da. Doch hier hat sich einiges gewandelt. „Nicht wie alt man ist, zählt, sondern wie man alt ist!“ Die neuen Einrichtungen der Al­ tenhilfe, unter ihnen auch das Caritas-Alten­ heim in Donaueschingen, verstehen sich als 64 Mittel zur Bewältigung des Problems man alt ist“. “ wie Gewiß ist die Entscheidung nicht leicht, im Alter in ein Heim zu gehen und sich nur noch betreuen und versorgen zu lassen. ,,Einen alten Baum verpflanzt man nicht.“ Wenn wir uns dieses Sprichwort bewußt machen, drängt es sich auf, daß ein Alten­ heim zwangsläufig gegen diesen Grundsatz verstoßen muß. Aber wenn man einen alten Baum verpflanzen muß, wird alte Erde mit­ genommen zum neuen Standort. Und es wird dann darauf ankommen, wie das Alten­ heim als neuer Standort den Baum und die alte Erde aufnimmt. Wenn man in Donaueschingen vor der dreigliedrigen Einrichtung St. Michael steht, hat man das Gefühl, von dem stattlichen Haus willkommen geheißen zu werden. Der fast hufeisenförmige Bau mit der freund­ lichen Fassade bewirkt diesen Eindruck. Und

dann im Innern: Großzügig das Foyer, groß­ zügig die Aufenthalts-und Funktionsräume. Freundlich und zweckmäßig die Abteilung für die Schwerstpflege. In Zahlen bedeutet das: 3 7 000 Kubikmeter umbauter Raum mit 33 Ein-und 13 Mehrzimmerwohnungen, fünf Schwesternwohnungen für die Betreuer der hausintegrierten Sozialstation und 108 Altenheim-und Pflegeplätze. Ein Kiosk mit dem morgendlichen Angebot der frischen Brötchen bis zum Eis und der guten Flasche Wein, deckt die kleineren Bedürfnisse ins­ besondere der Wohnungsmieter. Und was man schließlich nicht in jedem Altenheim findet, bietet St. Michael: Im Foyer plätschert ein Brunnen, dessen „Produkt“ mit der schlichten Bezeichnung „Calcium-Magne­ sium-Sulfat-Hydrogencarbonat-Wasser“, also als Mineralwasser, ausgewiesen ist. Das Be­ wegungsbad mit eigener Solezuleitung und einer Wassertemperatur von 34 Grad, ist sowohl den Bewohnern des Hauses, als auch den Bürgern der Stadt und der näheren und weiteren Umgebung zugänglich. Anwen­ dungen wie Unterwassermassagen, Packun­ gen und medizinische Bäder ergänzen das hydrotherapeutische Angebot. Ein großer Speisesaal, der auch für Ver­ anstaltungen genutzt werden kann, ist als Kommunikationsmittelpunkt in dem mo­ dernen Altenheim ebensowenig wegzuden­ ken, wie Aufenthaltsräume, Fernsehzimmer, Bibliothek, Bastelraun und andere Gemein­ schaftseinrichtungen. Die Kapelle, als beson­ deres Kleinod des Hauses, steht allen Be­ wohnern für Gottesdienste und zur stillen Andacht offen, denn nicht nur der Körper, sondern auch Geist und Seele wollen ver­ sorgt sein. Die Appartements (davon die Wohnungen mit komplett eingerichteter Küche), durch­ weg mit N aßzelle und fast in jedem Falle mit Balkon, entsprechen den Vorschriften eines altersgerechten Wohnens. Der Station für Schwerstpflege ist das obere Stockwerk vor­ behalten. Die Westseite mit einigem Abstand zu der stark frequentierten Hauptstraße, die Ostseite mit ihrem Gesicht zum fürstlichen Park. Im Altenwohnheim und im Altenheim­ trakt sind die Zimmer der Ostseite besonders begehrt. Die Bewohner der Pflegestation ziehen die Westseite vor. Sie wollen in ihrem Zweibettzimmer etwas hören. Sie wollen den vorbeifließenden Verkehr sehen und Leben um sich haben. Von der Gesellschaft angenommen werden, am öffentlichen Leben weiterhin teilnehmen: Es ist der Wunsch und das Bedürfnis des alten Menschen. Viele Veranstaltungen, die sich vom Tanzkurs über die Karatevorfüh­ rung bis zum Gartenfest erstrecken, sorgen dafür, daß im Altenheim „immer etwas los ist“. Aber nicht allein die Veranstaltungen, der Besuch der (nicht immer) lieben Ver­ wandten, die gemütliche Kaffeestunde in dem als Begegnungsstätte gedachten „Für­ stenbergstüble“ oder die kleine Feier, bei der alle Geburtstagskinder des Monats noch ein­ mal geehrt werden, gehören zum Leben im Haus. Man sucht den Kontakt nach draußen und freut sich, wenn er gefunden wird. Eine Freude auch, wenn die Heimbewohner in den Tageszeitungen Berichte über das Haus lesen können. Und gerade diese Berichte erreichen den Teil der Bevölkerung, der ir­ gendwie die Möglichkeit in Betracht zieht, über kurz oder lang Bewohner des Alten­ heims zu werden. Leider lassen sich Auf­ nahmewünsche aber meistens nicht gleich erfüllen, denn die Warteliste der Interessen­ ten wird immer länger. Vier Jahre Altenheim St. Michael heißt vier Jahre gute Betreuung und aktivierende Pflege, frei von Reglementierungen und Be­ wegungseinschränkungen. Auch im Heim möchte der alte Mensch über sich selbst bestimmen, über sich selbst verfügen. Aber der Standort für den versetzten Baum braucht lockere Erde, damit die verletzten Wurzeln anwachsen können. Werner Ganter, Heimleiter 65

DIALYSE-INSTITUT für Nieren- und Hochdruckkrankheiten Das kleine, westlich hinter den Schwen­ ninger Krankenanstalten, am Ende der Schramberger Straße etwas versteckt und idyllisch gelegene Spezialkrankenhaus hätte Juni 1980 sein lOjähriges Bestehen feiern können, wenn man im Trubel nur daran gedacht hätte! Wer das Gedränge der Taxen und Krankenwagen täglich mehrfach zu bestimmten Behandlungs-Startzeiten beob­ achtet hat, bekommt schon von außen einen nachhaltigen Eindruck von der Geschäftig­ keit des dort tätigen „Teams“ und versteht, daß da schon mal ein Geburtstag vergessen werden kann. Nur wenige wissen, daß dieses durchaus schmucke Institut die älteste Einrichtung sei­ ner Art in der Bundesrepublik Deutschland ist, über zahlreiche Nachkommen (legale und illegale) verfügt und sozusagen als Urahn der deutschen freiberuflich organi­ sierten Nephrologie (Nierenheilkunde) auch im Ausland bewundert und immer noch häufig um Rat befragt wird. Daß in aller Welt nur noch in Miami (USA) ein ähnlich bedeu­ tendes Institut bestünde, war wohl doch etwas übertriebene ostasiatische Höflichkeit eines unlängst besuchenden Japaners. Das Dialyse-Institut, übrigens bis 1974 noch in Bad Dürrheim angesiedelt, befaßt sich schwerpunktmäßig mit der chronisch­ intermittierenden Dialyse (Dauerbehand­ lung mit einer künstlichen Niere). Hierbei werden Patienten, deren Nierenfunktion erloschen ist und die sonst nicht weiterleben könnten, dreimal wöchentlich zwischen 4 bis 7 Stunden an eine Apparatur angeschlos­ sen, zwischenzeitlich gehen die meisten die­ ser Patienten irgendeiner beruflichen Tätig­ keit nach bzw. leben wie andere gesunde Mit­ bürger. Ältere Patienten mit gehäuften Kom­ plikationen bzw. Zweitkrankheiten werden im Zentrum Villingen-Schwenningen behandelt, leichter Kranke in den ange­ schlossenen LC-Stationen (Limited-care = 66 verminderter Betreuungsaufwand) an den Kreiskrankenhäusern Sulz, Tuttlingen und Wolfach, jüngere und sehr stabile Patienten unter bestimmten Voraussetzungen zu Hause in der sogenannten Heimdialyse. Neben diesen Aufgaben hat das Dialyse­ institut im Laufe der Jahre wesentliche Mit­ betreuungsverpflichtungen aus der Akut­ Medizin übernommen. Aus diesem Grunde ist jeweils einer der am Institut tätigen Ärzte teil beruflich in der Stellung eines Oberarztes der Städtischen Krankenanstalten Villingen­ Schwenningen tätig (1971-1979 Dr. Mecke, anschließend Priv.-Doz. Dr. Kösters) und damit zuständig für Vitalstörungen an Schwerstkranken auf den verschiedenen In­ tensivstationen (z. B. Vergiftungen, akutes Nierenversagen bis zur Durchführung von Akut-Dialysen), aber auch als Berater in Dia-

gnostik und konservativer Therapie ver­ schiedenster Nieren- und Folgekrankheiten. Im rund um die Uhr bereit gehaltenen ne­ phrologischen Akut-Dienst werden von Vil­ lingen-Schwenningen aus ca. 500-700.000 Einwohner zwischen Freiburg, Tübingen und Ulm betreut, hier ist inzwischen Chri­ stoph 11 zum Schnellzulieferanten gewor­ den. Gelegentlich ist ein Schwester-T echni­ ker-Arzt-Team des Dialyseinstitutes auch “ ambulant“ tätig, dann nämlich, wenn bei N ichttransportfahigkeit Schwerstkranker Akut-Dialysen außerhalb, so z.B. auch ziem­ lich häufig im Krankenhaus Donaueschin­ gen, dringlich werden. Zum dritten Betreuungsbereich des Dialy­ se-Institutes gehört die nephrologische Ambulanz, ein wesentlicher Teilbereich davon als Überwachung von Nierentrans­ plantierten sowie die Organisation von Nie­ rentransplantationen einschließlich der sehr speziellen immunologischen Laborarbeiten. Etwas amüsiert reagiert man im Dialyse­ Institut, wenn das Gespräch auf die im Selbstverständnis wesentlichste Bedeutung der Einrichtung kommt. Amüsiert, weil außer den Verantwortlichen der Städtischen Kliniken und der örtlichen Stadtverwaltung noch niemand aus den Reihen der überregio- nal wirkenden Standespolitiker oder Medi­ zinreformer das Modellhafte der Beziehung zwischen den Städtischen Krankenanstalten und dem Dialyse-Institut so richtig bemerkt zu haben scheint. In Villingen-Schwennin­ gen wird immerhin seit nunmehr 10 Jahren in aller Selbstverständlichkeit und beinahe reibungslos eine Symbiose zwischen kom­ munal-öffentlicher und von Privatleuten organisierter Medizin praktiziert, die am Bei­ spiel in die Zukunft weisen kann und soll. Es gibt wohl auch unter den früheren Skepti­ kern kaum mehr jemanden, der die Niveauanhebung und die ökonomischen Vorteile dieser Lösung nicht sähe. Vielleicht begreifen auch professorale Krankenhaus­ planer einmal, daß die schönste Planung durch Realitäten überholt werden kann. Man wird wohl auch in der Zukunft von der Schramberger Straße 28 noch hören. Zumin­ dest ist man in Kreisen des Dialyse-Institutes fest überzeugt, mit Initiative und Mut noch Wesentliches zur medizinischen Weiterent­ wicklung in der Region beitragen zu können. Wer die dort tätigen leitenden Ärzte (neuer­ dings zusätzlich eine Dame) kennt, zweifelt jedenfalls nicht am Ernst der Absichten. Dr. Karl Heinrich Schmidt Ein sicherer Weg, den Streßfolgen vorzubeugen Gesundheitsseminare für Präventivmedizin in Bad Dürrheim/Schwarzwald „Vorbeugen ist besser als Heilen“, dieser trivial klingende, auf Lebenserfahrung be­ ruhende und daher im Grunde Selbstver­ ständliches ausdrückende Satz erhält gerade in unserer vom Alltagsstreß geprägten Zeit sein besonderes Gewicht. Alljährlich scheiden zu viele und allzu junge, auf der Höhe ihrer Leistungskraft stehende, qualifizierte Kräfte krankheitshal­ ber aus dem Wirtschaftsleben aus und be­ lasten damit auch das Sozialgefüge unseres Staates. Mit dieser harten Zäsur im Leben eines Menschen verbinden sich Schicksale, die nur der in ihrer Tragweite mitempfinden kann, der um den realen Hintergrund der Worte, daß „Arbeit die beste Medizin ist“, weiß. Es ist daher im vitalen Interesse jedes Einzelnen, ob jung oder alt, sich irreparabler Schäden an seiner Gesundheit zu erwehren, was in unserer Wohlstandgesellschaft auf Dauer einerseits nur durch Verzicht und Maßhalten, andererseits aber auch durch körperlichen Ausgleich in sportlicher Betä­ tigung erreicht werden kann. Belastende Um­ weltfaktoren, Erhöhung der Arbeitsnorm und Zunahme der Geschäftsintensität haben 67

Bewegungstherapie (Kurgymnastik) im Rahmen der Gesundheitsseminare in Bad Dürrheim. Verschleißerscheinungen im Gefolge und führen zu verfrühter Leistungsminderung. Das sich vergrößerte Spannungsverhältnis zwischen gesteigerter Arbeitsintensität und dieser Leistungsminderung führt zum All­ tagsstreß mit seinen verheerenden Folgeer­ scheinungen, wie gesundheitlichen Dauer­ schäden. Das Gesundheitsseminar für Präventiv­ medizin Bad Dürrheim, das von der Kur­ und Bäder GmbH zusammen mit Sport­ ärzten der Abteilung für Leistungsmedizin an der Universität Freiburg konzipiert wurde, will hier als Regulativ dienen. In lOtägigen Einführungs- und 7tägigen Weiterführungs­ bzw. W iederholungs-Seminaren wird die Grundlage für eine selbstverantwortliche Gesundheitsvorsorge als „Hilfe zur Selbst­ hilfe“ vermittelt. Nach gründlicher ärztlicher Voruntersu- chung, in der der Allgemeinzustand des Seminarteilnehmers festgestellt wird, erfolgt individuelle, nach den fahrradergometrisch erfaßten Daten für Herz- und Kreislauf-Lei­ stungsfähigkeit festzusetzende Dosierung der sportlichen Betätigung im Rahmen der Seminare. Auch während der Gesundheits­ Seminare stehen die Teilnehmer unter stän­ diger ärztlicher Betreuung. Die intensive sportliche Betätigung als Kern des Vorsor­ geprogramms unter Leitung speziell geschul­ ter Sportlehrer stimuliert das Regenerations­ bedürfnis der Beteiligten. Das tägliche Sportprogramm umfaßt Aus­ dauerlauf-Training, Konditions.‘.f’raining, Wandern, Waldlauf, Radfahren, Schwimmen im Mineral-Hallen/Freibad, Wassergymnastik im Sole-Mineral-Bewegungsbad, Ballspiele, Yoga und im W inter Ski-Langlauf mit An­ leitung für Anfänger. 68

Bei den Freiland- oder Frischluftaktivi­ täten wirkt das sonnenreiche, nebel- und feuchtigkeitsarme Bad Dürrheimer Heilkli­ ma mit seinen 1800 Sonnenstunden im Jahr äußerst wohltuend auf den „Kreislauf-Bele­ bungsprozeß“ und das Allgemeinbefinden ein. T ägliche, populär-wissenschaftlich ab­ gefaßte Fachvorträge über die Risikofakto­ ren, gesunde Ernährung, eine sinnvolle und gesundheitsförderliche Freizeitgestaltung und die sportliche Belastung im Alter runden mit der anschließenden Diskussion das Pro­ gramm ab. Aber auch die zwanglos-gesell­ schaftliche Seite kommt bei den Seminaren nicht zu kurz. Da alle Seminarteilnehmer in einem guten Hotel untergebracht sind, werden die Mahlzeiten zusammen einge­ nommen. Darüber hinaus lädt die Kurver­ waltung zu einem gemütlichen Seminarab­ schluß mit rustikalem Schwarzwälder Bauern­ büfett ein. Der auf den Ergebnissen der ärztlichen Vor- und Nachuntersuchung beruhende Ab­ schlußbericht enthält neben den eine bemer­ kenswerte physische Leistungssteigerung während des Seminars dokumentierenden Daten auch einen „Verhaltens-Fahrplan“ als Langzeittherapie-Programm für den Teil­ nehmer, der die während der Seminartage erlangten Kenntnisse und Erkenntnisse über seine physische Leistungsfähigkeit zu Hause weiterverwenden will. Die Seminargebühren schließen außer Unterkunft (Zimmer mit Bad/Dusche), Ver­ pflegung, ärztliche Untersuchung und Be­ treuung, Sportlehrer, Hallenbäder, Vorträge und Dokumentationen mit ein. Zur umfas­ senden Information hat die Kur- und Bäder GmbH einen 12seitigen Seminarbegleiter, der kostenlos über die Kur- und Bäder GmbH zu beziehen ist, herausgebracht. Stellv. Kurdirektor Tarlatt Motiv in Bad Dürrheim. Zeichnung:]. Asifäller 69

Schulen, Bildungseinrichtungen Das GYMNASIUM AM HOVfBÜHL in Villingen-Schwenningen Von Dr. Marianne Kriesche 1774 einer Aus der Geschichte der Schule: lateinischen 2. Hälfte Gründung des 17.Jh. Stadtschule mit der Bezeichnung Gymnasium“ durch den Franzis­ “ kanerorden, der etwa 40 Jahre später die Eröffnung eines zwei­ ten Gymnasiums durch die Bene­ diktiner folgt. Zusammenschluß beider Gym­ nasien, Übernahme der Leitung durch die Benediktiner, die diese bis zur Säkularisation innehaben. 1818/19 Umwandlung des zurückgegange­ nen Gymnasiums in eine Real­ schule“. – Eröffnung der Real­ schule. Umwandlung der Realschule in eine „Höhere Bürgerschule“. Erstmals werden auch Mädchen als Schülerinnen aufgenommen. Am 1. Juli tritt eine neue Satzung „Realgymnasium mit für ein Oberrealschule“ in Kraft. Einzug in ein neuerrichtetes Ge­ bäude am Romäusring. 1909 1833 1908 1905 “ 1937/38 Umbenennung der Schule in ,,lmmelmann-Schule – Oberreal­ schule für Jungen“. 1948 1945/46 Die Schule wird als „Oberreal­ schule Villingen“ weitergeführt. Ab 26. 11. erhält die Schule den Gymnasium Villingen“ Namen “ mit dem Status eines mathema­ tisch-naturwissenschaftl. Gymna­ smms Immer sichtbarer werdende Raum­ not zwingt zu zahlreichen Anträ­ gen und Eingaben für die Errich- ab 1957 70 tung eines zweiten Gymnasiums­ gebäudes. 1971 1972 1967/69 Ausschreibung eines Wettbewerbs für das Schulgebäude und die Er­ schließung des Geländes am Hoptbühl – Gründung des För­ dervereins II. Gymnasium; Bau­ beginn im Herbst 1969. Richtfest im Januar. Am 1. De­ zember genehmigt das Oberschul­ amt die Errichtung eines zweiten in selbständigen Gymnasiums Villingen. Im September hat das bisherige mathematisch-naturwissenschaft­ ljche Gymnasium das neue Ge­ bäude am Hoptbühl bezogen. Das neugegründete zweite Gym­ nasium verbleibt im Altbau am Romäusring. Im Oktober werden durch Gemeinderatsbeschluß die Gymnasium am Bezeichnungen “ Hoptbühl“ und „Gymnasium am Romäusring“ verbindlich. Am 30. Mai wird die SporthalJe am Hoptbühl mit einer Feier er­ öffnet. Die Neugestaltete Reformierte Oberstufe wird im Gymnasium am Hoptbühl eingeführt. 1973 1978 Weit spannt sich der Bogen von den An­ fangen der Tradition eines Villinger Gymna­ siums im 17. Jahrhundert bis zur Errichtung des Gymnasiums am Hoptbühl im Jahre 1972. Die Geschichte ist geprägt von dem Bildungsinteresse der Villinger Bürger und von dem Weitblick und dem steten Mut

zum Neubeginn des jeweiligen Schulträgers. Das 20. Jahrhundert sah in unserer Stadt nicht nur ein ständiges Wachstum der Be­ völkerung, sondern auch ein stärkeres An­ wachsen ihrer Bildungsfreudigkeit und damit auch eine Vergrößerung der Schülerzahlen des Gymnasiums. Besonders seit der Mitte der sechziger Jahre stieg der Zustrom der Schüler zum Gymnasium sprunghaft an. Das sich schon Ende der fünfziger Jahre abzeichnen­ de große Schulraumdefizit des Villinger Gymnasiums konnte in der Folgezeit weder durch Ausbaumaßnahmen im eigenen Schulgebäude, noch durch die Auslagerung von Klassen in die damalige Kalkofenschule oder durch die Errichtung von Schulpavil­ lions auf dem Schulhof aufgefangen werden. Hatte das Gyrnnasiumsgebäude am Ro­ mäusring im Jahre 1909 noch 322 Schüler in 15 Klassen aufgenommen, so waren es 1959/ 60 schon 501 Schüler in 19 Klassen. Immer wieder wies der damalige Schulleiter, OSTD Schwall, auf die Notwendigkeit des Neubaus eines 2. Gymnasiumsgebäudes hin. Als im Schuljahr 1967/68 bereits 885 Schüler in 29 Klassen die Schule besuchten, wurden auch Elternschaft und Öffentlichkeit immer besorgter. Im Januar 1967 wurde ein Förderverein Zweites Gymnasium ins Leben gerufen, der durch seine Initiativen nicht unwesentlich zur Beschleunigung des Bauprojektes bei­ trug. Als sich im Frühjahr 1967 Gemeinderat und Kultusministerium für die baldige Er­ stellung des Neubaus entschieden, wurde dieser Beschluß einhellig begrüßt.Nach dem Baubeginn 1969 schritten die Arbeiten zügig voran, und ein Teil des Neubaus wurde be­ reits Anfang des Schuljahres 1971/72 bezugs­ fertig. Damals besuchten nunmehr 1061 Schüler in 35 Klassen das Gymnasium, und das Oberschulamt erteilte jetzt die Geneh­ migung zur Errichtung eines zweiten selb­ ständigen Gymnasiums. Im gleichen denkwürdigen Jahr 1972, in dem sich die beiden Städte Villingen und 71

Schwenningen zusammenschlossen, fand am Villinger Gymnasium die Teilung des Lehrerkollegiums und der Schülerschaft statt, die der Leiter des Gymnasiums am Hoptbühl, OSTD Stratmann, und der zu­ künftige Leiter des Gymnasiums am Ro­ mäusring, Dr. Herz, gemeinsam vornahmen. Und nun geschah es, daß das „alte“ mathe­ matisch-naturwissenschaftliche Gymnasium in das neue Gebäude am Hoptbühl umzog, während das neuerrichtete Zweite Gymna­ sium seine Arbeit im Altbau aufnahm. Schwer traf 1976 der frühe Tod von OSTD Stratmann das Gymnasium am Hoptbühl in einer Zeit des Aufbaus und der Weiterent­ wicklung. Mit der Einführung der Refor­ mierten Oberstufe im Schuljahr 1978/79 stellte sich der Schule eine neue Aufgabe: Andere Organisationsformen und Lehrpläne mußten erprobt werden. Die Schülerzahlen stiegen weiter und schneller, als dies bei der Neuplanung vorauszusehen war. Aus den 621 Schülern, die 1972/73 in 21 Klassen im Gymnasium am Hoptbühl unterrichtet wur­ den, sind im Schuljahr 1979/80 etwa 1.000 Schüler in 35 Klassen geworden. Die 66 Abiturienten, die soeben ihre Schulzeit mit Der Computer-Hersteller KIENZLE un­ terhält in Donaueschingen EDV-Schulen mit über 6000 Teilnehmern pro Jahr. ,,Lernen ist wie Rudern gegen den Strom -sobald man aufhört, treibt man zurück.“ (Chinesische Weisheit). Dieser Spruch steht zwar nicht an den Eingangstüren der Schulen -dennoch hat er hier besondere Bedeutung. Die eilig fortschreitende Informationstechnik be­ wirkt, daß sich immer mehr Menschen in immer kürzeren Intervallen mit diesem Thema auseinandersetzen müssen. Die Computer-Industrie ist eine Wachs­ tumsindustrie. Proportional zu diesem Wachstum wächst auch die Anzahl der Be­ rufstätigen, die mit der Datenverarbeitung 72 dem Abitur 1980 abschlossen, waren die letz­ ten Schüler, die ihre Laufbahn noch in der gemeinsamen Schule, dem Gymnasium Vil­ lingen begannen. Der Standort, den die Stadtväter für das Gymnasium am Hoptbühl vor den Toren der Stadt gewählt hatten, bot die Möglich­ keit für eine moderne, großzügige Anlage. Der preisgekrönte Entwurf des Architekten P.M. Kaufmann stellte ein Programm dar, in dem städtebauliche, verkehrstechnische und landschaftsgärtnerische Gesichtspunkte verwirklicht werden sollten. Neben den Schul- und Sportanlagen wurden weitere Einrichtungen für Kultur, Sport und Frei­ zeit vorausgeplant. Zwischen Bahn und B 33 errichtet, ist das Gymnasium am Hoptbühl verkehrsgünstig gelegen, mit seinen Grünanlagen jedoch auch gut vom Verkehrslärm abgeschirmt. Eine Fußgängerüberführung über die Schwarz­ waldbahn und eine Fußgängerunterführung unter der B 33 dienen der Verbindung zur Innenstadt und den äußeren Wohnbezirken. Günstige Zugangswege sind besonders wich­ tig wegen des großen Einzugsgebietes der Schule. mehr oder weniger „zu tun“ haben werden. Berufstätige gehen aber normalerweise nicht mehr auf eine „Schule“, wie z. B. ein Infor­ matik-Student, der die Datenverarbeitung über einige Semester hinweg von Grund auf kennenlernt. Oder der DY-Kaufmann, der während seiner Lehrzeit im Betrieb und in der Berufsschule mit der Datenverarbeitung ,,umgeht“. Nach vorliegenden Zahlen kön­ nen durch Universitäten, Fachhochschulen, Fachschulen und Berufsschulen bis jetzt nur 20% des Ausbildungsbedarfs gedeckt werden. Hier setzt die Schulung des Computer-Her­ stellers ein. Man spricht von 30 verschiedenen Berufen, die der Computer hat entstehen las­ sen. Berufe, wie z. B. Operator, Organisations- Computer-Schulen in Donaueschingen

assistent, Organisationsprogrammierer, System­ programmierer, Anwenderprogrammierer, DY-Organisator, DV-Vertriebsbeauftragter, Computer-Techniker, DY-Trainer usw. Für alle diese Berufsgruppen muß eine solche Schule eine entsprechende Ausbildung parat haben. Nur muß man sehen, in erster Linie betreibt die Herstellerschule Fortbildung, wenn auch die Aneinanderreihung von Fort­ bildungsmaßnahmen durchaus wieder eine berufsadäquate Ausbildung ist. Nach Zielgruppen gegliedert gibt es in Donaueschingen zwei KIENZLE-DV-Schulen: die Fachschule für Datenverarbeitung und die Service-Fachschule für Datensysteme. Die Fachschule für Datenverar­ beitung, seit fast 12Jahren in Donaueschin­ gen im Punkthaus und ehemaligem Land­ ratsamt ( davor in Villingen), betreut ihrerseits wiederum 3 Zielgruppen: -Mitarbeiter des Stammhauses in Villingen -Mitarbeiter der Vertriebsorganisation -Mitarbeiter von Kunden und Interessenten Letzte Gruppe stellt bereits ein Teilneh­ merpotential von über 50%. Die Schule bietet fast 60 verschiedene Seminararten an, die in 4 Hauptgruppen aufgegliedert sind: -Hardware und Systemsoftware (die Tech­ nologie) -Programmierung (die Programmier-Spra­ chen und -Werkzeuge) -Anwendersoftware (die Anwendung, das Programm) -Systernneutrales Ergänzungswissen (wie Grundlagen, Rhetorik, Verhalten etc.). Die Seminare sind beschrieben in einem 1/�ährlich erscheinenden Seminarplan. Der Plan gibt Auskunft über -Seminartitel -Seminarinhalt -Seminarziel -Teilnehmerkreis -Voraussetzung -Dauer -Gebühr und -Termine. Die Fachschule für Datenverarbeitung sieht die Ausbildung als ein Angebot an den Mitarbeiter der Kunden und des eigenen Hauses, unter Aufwendung eigener Anstren­ gungen neues Wissen und erweiterte Fertig­ keiten zu erlangen, mit dem er neue und 73

kommende Aufgaben besser und damit auf Sicht auch kostensparender und für sich selbst arbeitsplatzsichernd erledigen kann. Von diesem Angebot haben bisher über 50 000 Seminarteilnehmer Gebrauch gemacht. Die jährliche Teilnehmerzahl beträgt z. Zt. über 5 000. Die Teilnehmer kommen aus allen Bundesländern, aus der Schweiz, Österreich und anderen europäischen Ländern. Die nicht deutschsprachigen Länder haben ihre Schulungsbeauftragten, die ihr Wissen in Donaueschingen immer wieder neu vervoll­ ständigen und dann in ihre Heimat mitneh­ men. Ob das das Nachbarland Frankreich oder das ferne Süd-Amerika ist, „getankt“ wird in Donaueschingen. Wer sind die Lehrkräfte der Schule? 26 Lehrkräfte, die sich Trainer nennen und auch in erster Linie ihr Wissen in einem Praxis­ training weitergeben. Ein Teil kommt aus einem technisch-orientierten Beruf – einge­ setzt in den mehr technisch-orientierten Fächern – der andere Teil ist kaufmännisch­ orientiert – eben für den Anwendersoftware­ bereich. Der Hochschulabsolvent wie der “ �.- mahnung wir rufen unsere leichten minuten ab und zurück bleibt eine schwere stunde wir sind die eine schwere stunde und läuten bessere jahre ein wir halten fest am besseren jahr und kennen nicht die zeit und sind wenn die zeit uns stellt zu keiner stunde gewesen 74 norbert fleck praxiserprobte Fachmann packen hier ge­ meinsam die Aufgaben an. D i e S e r v i c e -F a c h s c h u l e f ü r D a­ t e n s y s t e m e ist ähnlich wie die Fachschule für Datenverarbeitung aus kleinen Anfangen gewachsen und ist vor 6 Jahren nach Donau­ eschingen übersiedelt. Ihre Zielgruppen sind Service-Techniker, Computer-Techniker, System-Techniker aus dem Stammhaus in V illingen und der Vertriebsorganisation In­ und Ausland. Das Schulungsangebot, eben­ falls halbjährlich veröffentlicht, sieht die Ausbildungsgänge für die konventionelle Datentechnik, den Computersektor (Hard­ ware, Software, Firmware), Spezialausbildung (Systemtechnik) und Grundausbildung(Pro­ grammiersprachen, Externspeicher, Verhal­ tenstraining) vor. 20 Fachlehrer schulen im Jahr derzeit 1500 Lehrgangsteilnehmer. Diese Lehrkräfte kommen alle aus der Technik und haben sich auch die praxisgerechte Ausbil­ dung auf ihre Fahne geschrieben. Sehr großen Raum nimmt der ständige Lernprozeß der Lehrkräfte ein. Die Schule hat mit Unterricht über Feinmechanik be­ gonnen und steht heute den umwälzenden Entwicklungen der Mikroprozessoren gegen­ über. Der Unterricht selbst wird sehr com­ puterintensiv durchgeführt, d. h. die Lehr­ gangsteilnehmer können mit Meß-und Prüf­ geräten ständig einen Feldtest simulieren. Beide Schulen erstellen lehrgangsbegle1- tende Unterlagen und legen größten Wert auf entsprechende Lehrgangsvorbereitungen. Die Schulungshandbücher haben inzwischen einen imposanten Umfang erreicht. Die Ver­ dauung dieses geistigen Gutes wird den Seminarteilnehmern aber erleichtert, da der Stoffumfang in übersichtliche Module auf­ gegliedert ist. Beide Schulen sind zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor der Stadt Donaueschingen geworden. Das Kaufkraftvolumen der Kurs­ teilnehmer dürfte sicher bei nahe 10 Millionen Mark innerhalb der letzten 12 Jahre liegen. Vor allem für die Gastronomie und Hotelerie stellen die Schulen einen beachtlichen Wirt­ Albrecht Lüther schaftsfaktor dar.

Von der Schwarzwaldschule zum Triberger Gymnasium Mit einem Festakt in der neuen Eingangs­ halle wurde im März des Jahres 1980 der Erweiterungsbau des Triberger Gymnasiums eingeweiht und übergeben. Damit hat ein U mwandlungsprozeg der Schule auch seinen äußeren Abschluß gefunden, in dessen Mit­ telpunkt die Entscheidung des baden-würt­ tembergischen Kultusministeriums aus dem Jahre 1974 stand, zum 1. August 1974 anstelle der bis dahin privaten „Schwarzwaldschule Triberg“ ein Gymnasium in öffentlicher Trägerschaft zu errichten. Die Geschichte des Gymnasiums läßt sich bis zum Jahre 1905 zurückverfolgen, als in Triberg eine zunächst zweiklassige „Höhere Bürgerschule“ eingerichtet wurde. Schon wenige Jahre nach deren Gründung war die Schülerzahl so angewachsen, daß in der Berg­ straße ein eigenes Schulgebäude errichtet werden mußte, das bis heute genutzt wird. Im Jahre 1931 wurde die Schule von einem privaten Träger übernommen, seit 1933 trug sie den Namen „Schwarzwaldschule – Private Oberschule“. Gleichzeitig wurde der Schule, die seit diesem Jahr unter der Leitung des Pädagogen Hans Sproll stand, ein Internat angeschlossen. 1952 erhielt das Gymnasium die staatliche Anerkennung und damit auch die Abiturberechtigung. 1966 wurde die in­ zwischen in weiten Teilen des Bundesgebietes bekannte Internatsschule in eine GmbH um­ gewandelt; Träger waren von da an die katholische und die evangelische Kirchen­ gemeinde Triberg. Die starke Expansion im Internatsbereich veranlaßte die Schulträger im Jahre 1968 das ehemalige Kloster „Maria Tann“ bei Unterkirnach zu erwerben, um einen Teil des Internats dorthin zu verlegen. Eine durch viele Faktoren bedingte Krise, in die zahlreiche Privatschulen zu Beginn der Detail vom Erweiterungsbau des Gymnasiums Triberg 75

siebziger Jahre gerieten, ließen auch in Triberg die Frage nach dem Fortbestand dieser Bil­ dungseinrichtung aufkommen. Es war zwei­ fellos ein mutiger Entschluß der Schulbehör­ den und der Gemeinden der Raumschaft Triberg, in dieser Situation die Verantwortung für die Schule zu übernehmen und so ihren Fortbestand zu sichern. Der verstärkte Zugang von externen Schülern ließ diesen Schritt gerechtfertigt erscheinen: während in den sechziger Jahren noch etwa 40 Prozent der Schüler im Internat wohnten, beträgt der Anteil der internen Schüler heute weniger als 10 Prozent. Durch diese Entwicklung hatte die Schule bis zum Zeitpunkt der „Verstaatlichung“ im Jahre 1975 ihre Funktion weitgehend geändert: sie war nicht mehr in erster Linie Internatsschule, sondern vielmehr ein Gymnasium für die Gemeinden des Raumes Triberg. Das Triberger Gymnasium ist mit heute 480 Schülern zwar eines der kleinsten Gym­ nasien des Landes. Die Erfordernisse der Infrastruktur der Raumschaft machen die Schule jedoch zu einer unverzichtbaren Ein­ richtung der Stadt Triberg und ihres Um­ landes. Der in der Schulpolitik gegenwärtig unverkennbare Trend zu mehr Überschau­ barkeit kommt der Situation des Triberger Gymnasiums entgegen. So sind auch frühere Zweifel an der Funktionsfähigkeit einer Schule dieser Größenordnung in den Hinter­ grund getreten: man beginnt zu erkennen, daß nicht nur die von der Schulgröße ab­ hängige Breite und V ielfalt des Unterrichts­ angebotes die Q!ialität einer Schule aus­ machen; der Ruf nach mehr „Bürgernähe“ gilt in abgewandelter Form auch für das Bildungswesen, und hier liegen die besonde­ ren Chancen mittlerer und kleinerer Schulen. Die Zuversicht über das weitere Schicksal des Triberger Gymnasiums spiegelt sich im Entschluß des Landes und des Schulträgers von 1977, die schon lange erforderliche bau­ liche Erweiterung in Angriff zu nehmen. Bereits nach etwas mehr als einem Jahr der Planung und Vorbereitung konnte in den Sommerferien 1978 mit den Bauarbeiten be- 76 gonnen werden. Im Juli 1979 war der Erwei­ terungsbau bezugsfertig, und nach einem weiteren halben Jahr wurde auch die General­ sanierung des Altbaus abgeschlossen. Für den Architekten stellte die Planung des Erweiterungsbaus keine leichte Aufgabe dar: insbesondere die extreme Hanglage und die Anbindung an vorhandene Bauten zwang zu Lösungen, die sich mit Schulbauten üblicher Art kaum vergleichen lassen. Die Verteilung der Unterrichtsräume auf insge­ samt sieben Geschosse mit dem Hauptein­ gang im fünften Geschoß verdeutlicht die Besonderheiten der topographischen Be­ dingungen. Studiendirektor Horst Stoffler Nach Fertigstellung des Erweiterungsbaues bildet nunmehr die neugeschaffene Ein­ gangshalle mit dem zentralen Treppenhaus den Mittelpunkt der Schulanlage. Im Erwei­ terungsbau selbst konnten in zwei Stock­ werken die Räume der Schulleitung, das Lehrerzimmer, fünf Klassenräume sowie ein Fachraum für Technik und die Bibliothek untergebracht werden. Über der Eingangs­ halle erhebt sich kuppelförmig der neue Musiksaal. Durch das Treppenhaus gelangt man – vorbei an einer überdachten Pausen­ haHe – zu dem in den sechziger Jahren er­ richteten Pavillonbau, in dem die naturwis­ senschaftlichen Fachräume und der Zeichen­ saal untergebracht sind. Auch der Altbau ist über die Eingangshalle zu erreichen; dort befindet sich – neben der Turnhalle – der überwiegende Teil der Klassenräume, die im Zuge der Sanierung vergrößert und in ihrer Ausstattung den heutigen Erfordernissen angepaßt wurden. Mit der Erweiterung und Sanierung des Gymnasiums konnten zwei wesentliche Ziele verwirklicht werden: die Schule verfügt heute, mit wenigen Einschränkungen, über die erforderlichen Räume, und es wurde eine bauliche Geschlossenheit erzielt, auf die man viele Jahre hatte verzichten müssen. Ihre Bewährungsprobe hat die „neue“ Schule in den vergangenen Monaten bereits voll be­ standen.

Wenn von Städten der Tradition und Gastlich­ keit gesprochen wird, dann führt kein Weg am „Parkhotel Wehrle“ in der Kurstadt T r i b e r g vorbei. Schon im Jahre 1608 ist das heutige Park­ hotel als Hotel„Goldener Ochsen“ (später „Rater Ochsen“) urkundlich erwähnt. Um 1875 wurde das Haus unter dem Grqßvater des heutigen Besitzers, Paul Dominik Wehrle, ,,Hotel Wehrle zum Ochsen“ umbenannt. Seit 1904 trägt es den Namen „Parkhotel Wehrle“. Das weltbekannte Haus am Marktplatz in Triberg mit seinem kunstvollen schmiedeeisernen Wirtshausschild. Zeichnung: Werner Mündel 77

Die Dom-Clemente-Schule in Schonach im Schwarzwald Mit· der Einweihung des Erweiterungs­ baues der Grund- und Hauptschule und der neuerstellten Sporthalle am 18. Januar 1980 hatte die Gemeinde Schonach wohl eine der bedeutendsten Aufgaben im Bereich des Schulwesens erfüllt. Der 1964-66 erstellte Neubau genügte den derzeitigen pädago­ gischen und funktionellen Anforderungen nicht mehr, und da das aus den Jahren 1909/ 1910 stammende alte Schulhaus aus Alters­ gründen aufgegeben werden mußte, ent­ stand zudem ein empfindlicher Raum­ mangel. Ebenfalls mußte die vorhandene und für den Schul- und Vereinssport viel zu kleine und vom sportlichen Gesichtspunkt kaum mehr tragbare Turnhalle durd1 einen Neubau ersetzt werden. Schwierig war die dem Architekten und seinem Mitarbeiterstab gestellte Aufgabe, die Erweiterung und die Neubauten unter Einbeziehung der vorhandenen Bauteile und der technisd1en Anlagen in landschaft­ lich exponierter Lage und ohne U nterbre­ chung des Schulbetriebes durchzuführen. Es galt nämlich, einen großen Baukörper (drei­ teilige Sporthalle, Schulraumerweiterung von über 500 m2, Räume für örtliche Ver­ eine, Verbindung der Schulräume zur Sport­ halle, Allwettersportplatz, Pausenfläche mit 78 Spielplatz, dazu Parkmöglichkeiten) auf kleinem Raum unterzubringen. Miteinzube­ ziehen in diese Baumaßnahmen waren die für den nordischen Skisport so dringend notwendigen Räume und Anlagen wie Wett­ lauf- und Rechenbüro, Skiwachsraum, Start­ und Zielraum sowie Wettkampfstätten. Der aus dem Architektenwettbewerb her­ vorgegangene Preisträger, B. Münnich, des­ sen Entwurf auch zur Ausführung gelangte, hat Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Schulträger und der Schulleitung alle an ihn gestellten Anforderungen auf das beste bewältigt. Mit einfachen architektonischen Mitteln hat er eine überzeugende kompakte Gesamtanlage geschaffen. Zunächst war es notwendig, über die J ahnstraße die Erschließung des Baugelän­ des mit getrennter Führung des Fahr- und Fußgängerverkehrs zu schaffen, wobei für den Sdmlbus aus Sicherheitsgründen beson­ dere Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten im Schulgelände angelegt werden mußten. Die Parkplätze liegen am Eingang des Grund­ stückes, zentral zu allen Bereid1en, welche um einen forumartigen Eingangsplatz, der als Pausen- und Spielplatz benutzt wird, herumgruppiert sind. Die Gebäude der Schulerweiterung wur-

den so gestaltet, daß das strenge Gebäude des bestehenden Schulhauses gegliedert wurde. Sie wurden um den bisherigen Verwaltungs­ trakt, der jetzt das Informationszentrum und die Schülerbücherei beherbergt, herum­ gelegt und durch 2 Treppen mit der beste­ henden Schule verbunden. Die aus dem zen­ tralen Eingangsplatz übersichtlich entwik­ kelten Eingänge finden im Gebäudeinneren eine sinnvolle Ergänzung in den Treppen­ aufgängen. Der halbgeschossige Versatz des Erweiterungsbaues schafft in der Schule lebendige Innenräume, die als Pausenhalle und Empore genutzt werden und mit einer von den Schülern selbst angepflanzten groß­ zügigen gärtnerischen Anlage in Terrassen­ form versehen wurden. In dieser Schulerweiterung wurden Klas­ sen- und Gruppenräume geschaffen, alle vom störenden Verkehrslärm abseits lie­ gend, die den modernsten pädagogischen und arbeitstechnischen Anforderungen ent- sprechen in bezug auf Ausstattung und Ein­ richtung. Der neugeschaffene Physik- und Chemieraum ermöglicht den Schülern selbsttätiges Arbeiten mit den Schüler­ arbeitsgeräten; bereits ein halbes Jahr nach der Schulhauseinweihung ist der Musik­ raum, der auch für den Kunstunterricht be­ nutzt werden kann, Mittelpunkt der neu­ errichteten Jugendmusikschule. Verwaltung und Lehrerarbeitsraum wurden gleichfalls neu geschaffen und bieten optimale Arbeits­ bedingungen. Die Sporthalle schließt direkt an die Schule an. Durch deren Einbettung in den dahinter aufsteigenden Hang wurde das große Volumen optisch reduziert und fügt sich selbstverständlich in die Landschaft. So entstanden durch die Hanglage 2 Eingangs­ ebenen, die durch Treppen miteinander ver­ bunden sind und zu den in 2 Geschossen sich befindlichen Umkleideräume führen. Da die neue Sporthalle als dreiteilige Halle Aufgang und Pausenhalle in der Dom-Clemente-Schule, Schonach 79

ausgeführt wurde, ist die Erteilung alJer in den Bildungsplänen vorgesehenen Sport­ stunden für sämtliche Klassen der Grund­ und Hauptschule möglich, was für diese Schule, die sich auf dem Sektor des nordi­ schen Skisports durch mehrere Bundessieger einen Namen gemacht hat, unerläßlich ist. Ein von den Schülern selbst ausgebauter Raum ist Aufbewahrungsort der schuleige­ nen Langlaufausrüstungen, die aus dem Erlös von Schulfesten angeschafft wurden und es ermöglichen, daß mit den Schülern aller Altersstufen Langlauftraining durch­ geführt werden kann. Die Baumaßnahmen für den Skisport sind sehr günstig in die Gesamtanlage eingefügt. So kann der Skisportbereich der Halle, die zur Langlaufloipe orientiert ist, getrennt von der übrigen Anlage benutzt werden. Der an die Halle anschließende All­ wettersportplatz mit 75-m-Laufbahn und Sprunggrube für Hochsprung und Weit­ sprung ersetzt bis zur Erstellung einer neuen Großsportanlage in Schonach den auch für den Schulsport so dringend notwendigen Sportplatz. Zwischen dem forumartigen Eingangs­ platz zum Schulgebäude und dem Allwetter­ sportplatz wurde ein schuleigener Spielplatz geschaffen, ausgerüstet mit Spiel- und Sport­ geräten, der den Schülern nicht nur während der Pausen, sondern auch in ihrer Freizeit zur Verfügung steht. Der Freiraum der Schüler erfuhr so eine wesentliche und notwendige Erweiterung. Eine Grünzone zwischen altem Schulgebäude und Sporthalle, einst­ mals Pausenhof, wurde in einen Schulgarten umgestaltet. Nicht zuletzt erhielten die Schonacher Vereine im Schulhauserweite­ rungsbau Proberäume, die ihnen ihre kultu­ relle Arbeit ganz wesentlich erleichtern. Alles in allem ein gelungenes Werk, auf das die Gemeinde, besonders aber die nahe­ zu 500 Schüler mit ihren 30 Lehrkräften mit Recht stolz sein können. Das pädagogische Konzept wurde in allen Bereichen und Bau­ teilen verwirklicht, überschaubare Frei­ flächen innerhalb und außerhalb der Ge- 80 bäude geschaffen, das Raumprogramm zu­ friedenstellend gelöst, so daß der Grund­ und Hauptschule jetzt zur Verfügung stehen: 16 Klassenräume, 3 Gruppenräume, zu Musikraum, Technikbereich mit 3 Räumen, Hauswerkbereich mit 2 Räumen, Verwaltungs- und Lehrerbereich mit 5 Räumen, Informationszentrum und Schüler­ bücherei mit 3 Räumen, Sporthalle mit Konditionsraum, Gymnastikraum, Allwettersportplatz, Spielplatz mit Pausenhof. Am Tag der Einweihung wurde der Schule ihrer Schulartbezeichnung Grund- und Hauptschule der Name „Dom­ Clemente-Schule“ gegeben. Mit dieser Namensgebung sollen die Verdienste des Schonacher Ehrenbürgers und Heimat­ sohnes, Dom Clemente Maria da Silva Nigra, Benediktinermönch, Professor für Kunstgeschichte und Gründer des kunst­ historischen Museums der Bundesuniversi­ tät Bahia/Brasilien, Würdigung und Aner­ kennung finden. Gleichzeitig soll dies aber auch Zielsetzung der Grund- und Haupt­ schule sein in ihrem Bemühen um die Erzie­ hung und Bildung der ihr anvertrauten Jugend. Werner Hamm auf der suche nach gott nur einen windstoß lang der gesang der nachtigallen und immer wieder das glockenspiel der kirschbaumblüten mit einem lächelnden rondo aus himmel und erde norbert fleck

100 Jahre Hauswirtschaftsschule Donaueschingen Jener Pfarrer aus Bauschlott/Bretten würde staunen, wenn er heute das Donau­ eschinger Berufsschulzentrum sähe. Denn auf seine Initiative hin wurde bereits 17 54 der Grundstein gelegt für die Entwicklung und Entfaltung des badischen Berufsschul­ wesens. Damit wurde auch Pionierarbeit geleistet für den Auf- und Ausbau der Haus­ wirtschaftlichen Schule Donaueschingen. Der nicht nur um das Seelenheil, sondern auch um die Linderung materieller Not der damaligen Jugend besonders besorgte geist­ liche Herr faßte die schulentlassenen Mäd­ chen und Buben seiner Pfarrei allsonntäglich nach dem Gottesdienst zur üblichen Chri­ stenlehre zusammen, wo die Jugend in reli­ giös-sittlicher Hinsicht unterwiesen wurde. Darüber hinaus bot er seiner Jugend an, das in der Volksschule erworbene Allgemeinwis­ sen durch zusätzlichen Unterricht zu vertie­ fen. So entstand die Sonntagsschule. Land­ auf und landab folgten Priester und Lehrer diesem Beispiel. Sie richteten Sonntagsschu­ len ein mit dem Fächerangebot: Deutsche Sprache, Rechnen, Erdkunde und Ge­ schichte. Der Schulbesuch war freiwillig. Die Jugend nützte das Angebot. Aus der Sonn­ tagsschule wurde bald die Abendschule mit 2 Unterrichtsstunden pro Woche, und als man die Schulstunden auf die Tageszeit ver­ legte, erhielt die bisherige Sonntags- oder Abendschule die Bezeichnung „Erbauungs­ schule“. Eine Verfügung aus dem Jahre 1874 führte im gesamten Großherzogtun Baden den Besuch dieser Schule unter dem neuen Titel „Fortbildungsschule“ für alle volks­ schulentlassenen Mädchen und Burschen verpflichtend ein. Die gesetzlich festgelegte Schulzeit dauerte zunächst ein Jahr mit wöchentlich 4 Unterrichtsstunden. Chro­ nikaufzeichnungen halten fast, daß ab 3. 11.1878 in Donaueschingen Fortbildungs­ unterricht für Mädchen erteilt wurde. Die Stadt stellte dafür in der ehemaligen Mäd- chenschule, heute Schulstraße 6, eine „Schul­ stube“ zur Verfügung. Eine Ministerialverordnung aus dem Jahre 1891 schrieb vor, für Mädchenklassen künftig als praktische Fächer ,,Kochen und Hauswirtschaft“ einzuführen. Nachdem in der Mädchenschule ein Schulraum als Lehr­ küche ausgestattet worden war, konnte ab 1. Mai 1894 auch diese Verordnung in Donaueschingen verwirklicht werden. Den Unterricht erteilten Volksschullehrerinnen – vorab „Strick- oder Arbeitslehrerinnen“, bis das durch Großherzogin Luise 1892 in Karls­ ruhe errichtete Seminar für Hauswirtschafts­ lehrerinnen die ersten Fachkräfte ausgebildet hatte. Das erste gedruckte ,,Badische Koch­ büchlein“ von 1901 gewährt einen Einblick in den Stoffplan des neuen Unterrichts­ faches ,,Kochen“. Er führte von der Brot­ suppe bis zur Herzogin-Luisen-Torte. Zum Fach ,,Hauswirtschaft“ gehörten damals: Reinigen von Haus und Hausrat ( einschl. Ofenrußen), Vorratshaltung, Wäschekunde, Gartenbau und Tierhaltung ( einschl. Pflege von Kanarienvögeln). Sehr häuslich und vielseitig war also der Lehrstoff, der aus den Urgroßmüttern der jetzigen Schülergenerationen so tüchtige Hausfrauen machte. 190 8 konnte die Donaueschinger Mäd­ chenfortbildungsschule in einen Lehrsaal der neuen Volksschule (jetzige Heinrich­ Feurstein-Schule) umziehen. Dort war in­ zwischen im Kellergeschoß eine für jene Zeit moderne und zweckentsprechende Lehr­ küche eingerichtet worden. Bis zum Ersten Weltkrieg waren nach dem Donaueschinger Vorbild an 19 Schulorten des Amtsbezirkes Mädchenfortbildungsschulen eingerichtet. Diese Schulen standen in Abhängigkeit von der jeweiligen Gemeinde, die als Schulträger je nach Finanzlage und räumlichen Verhält- 81

Erweiterungsbau der Hauswirtschaftlichen Berufs- und Berufsfachschule in Donaueschingen. nissen der Mädchenfortbildungsschule ein angemessenes Arbeiten ermöglichen konnte oder ein düsteres Kellerdasein zumuten mußte. Das erste Gesetz zur Neuordnung des Berufsschulwesens in der Zeit der Weimarer Republik gliederte die Mädchenberufs­ schule in einen landwirtschaftlichen und einen hauswirtschaftljchen Zweig. Die Schule in Donaueschingen gehörte seitdem der hauswirtschaftlichen Richtung an. Sie erfaßte – nachdem es räumlich möglich war – neben den berufsschulpflichtigen Schüle­ rinnen aus Donaue Li1111gc11 .1ud1 die Mäd­ chen von Allmendshofen, Aufen, Grünin· gen und Pfohren. Durch die vielfältigen Nöte des Zweiten Weltkrieges wurden Schulsaal und Lehrküche in der Heinrich­ Feurstein-Schule zweckentfremdet, so daß die Hauswirtschaftliche Berufsschule Donaueschingen auf Herbergssuche gehen mußte. 82 Nachdem 1947 der Landkreis Donau­ eschingen die Trägerschaft für die Schule übernommen und im alten „Kurhaus Schüt­ zen“ die Kreisverwaltung eingerichtet hatte, wurde dort ein größerer Büroraum als Lehr­ saal zur Verfügung gestellt und ein Keller­ raum zu einer Schulküche umgestaltet. Den­ noch war der Raummangel so erheblich, daß sich die Schule 1964 nach neuen Räumen umsehen mußte. Sie wurden dort gefunden, wo die Fortbildungsschule fast 100 Jahre zuvor ihren Anfang genommen hatte – in der Schulstraße -, allerdings jetzt nicht wie­ der im Gebäude der alten Mädchenschule, sondern gegenüber in dem jetzigen Berufs­ bildungszentrum der Handwerkskammer Konstanz, Schulstraße 11. 1967 endlich durften die Mädchen im heutigen Berufsschulzentrum zwischen der Gewerblichen und der Kaufmännischen Schule an der Eichendorffstraße ein eigenes Schulhaus beziehen. Somit waren die Tore

für den weiteren Ausbau der verschiedenen hauswirtschaftlichen Schularten geöffnet. Nach und nach wurden im Zuge der Zentra­ lisierung 18 Land- und Hauswirtschaftliche Berufsschulen des Kreisgebietes aufgelöst und der Donaueschinger Schule eingeglie­ dert. Dank des allzeit schulfreundlichen Land­ kreises und der sachkundigen Initiative der ersten Schulleiterin Frau StD Margret Arand und ihres Nachfolgers Herr StD Ernst Dorn wurden in Donaueschingen nach den Richt­ linien des Schulentwicklungsplanes II wie im Fluge neue hauswirtschaftliche Schulzweige eingerichtet. Neben der rein auf Erfüllung der Berufsschulpflicht ausgerichteten 3jähri­ gen Berufsschule führt Donaueschingen z. Z. noch drei verschiedene Hauswirtschaft­ liche Fachschulen: Mit dem Einzug ins neue Schulhaus konnte schon 1967 die !jährige Hauswirtschaftliche Berufsfachschule ange­ boten werden. Sie vermittelt hauswirtschaft­ liche Grundkenntnisse, bereitet die jungen Mädchen auf die vielfältigen und verantwor­ tungsvollen Aufgaben als Hausfrau und Mutter vor und leitet sie auch an zur ver­ ständnisvollen Anteilnahme an den sozialen und volkswirtschaftlichen Aufgaben der Frau. Schon 1970 folgte die Einrichtung der zweijährigen hauswirtschaftlich-sozialpäd­ agogischen Fachschule. Diese Schulart führt zum mittleren Bildungsabschluß und bietet begabten Mädchen und Jungen über den 2. Bildungsweg den Zugang zu höheren Schulen und gehobenen Berufen. Seit 1976 führt die Hauswirtschaftsschule als wiederum neue Schulart das hauswirt­ schaftlich-sozialpädagogische Berufskolleg 1, geschaffen für Schüler und Schülerinnen mit mittlerer Reife als Zulassungsvoraussetzung zur Ausbildung in verschiedenen hauswirt­ schaftlichen, pflegerischen oder sozialpäd­ agogischen Berufsfeldern. Diese drei Fachschulzweige erfreuten sich rasch eines so guten Zuspruches, daß sie bald zweizügig eingerichtet werden mußten.Und so war – kaum eingezogen ins neue Haus – die Schulraumnot wieder groß. Einige der hauswirtschaftlichen Klassen fanden vor­ übergehend „Unterkunft“ bei den Gewerb­ lichen und den Kaufmännischen Schulen, bis 1979 der stattliche Erweiterungsbau fer­ tiggestellt war und bezogen werden konnte. Nun stehen für den Unterricht zur Ver­ fügung: 8 geräumige Klassenzimmer, 1 Musikraum, 1 Saal für Chemie/Physik, 3 Lehrküchen, 1 Speisesaal, 1 Werkraum, 2 Handarbeitsräume, 1 Pflegeraum. Schülerzahl: 360-400, Klassen: 8 Teilzeit, 7 Vollzeit, Praxisgruppen: 21, Lehrer: 20. Hätten die auf dem Schulgebäude ent- deckten Dolinen den Fertigstellungstermin nicht um 1 Jahr verzögert, dann – so stellte sich hinterher heraus – wäre das Einwei­ hungsfest des erweiterten Schulhauses fast auf den Tag genau zum 100. Geburtstag (3. Nov. 1878-15. Nov. 1979) der Donau­ eschinger Hauswirtschaftsschule gefeiert worden. Wahrlich, ein stattliches Geburts­ Roswitha Schafbuch tagsgeschenk. „Weihnachtslichter“ – eine Arbeit in Batik, von Annelis Lauber, Donaueschingen. 83

Gesang und Chorwesen Die Villinger Kantorei Schon wenige Jahre nach ihrer Gründung konnte sich die Villinger Kantorei einen guten Ruf für die Darstellung bedeutender Chorwerke auf hohem Niveau erwerben. Bei Konzertpublikum und Kritikern glei­ chermaßen geschätzt, nimmt die Villinger Kantorei unter ihrem Dirigenten Bernd Boie, durch mehrere Aufführungen von mindestens zwei großen Werken pro Jahr, einen festen Platz im Musikleben nicht nur der Doppelstadt sondern der Region ein. Exemplarisch dafür etwa Händels „Messias“ oder ein solch schwieriges und großartiges, ausschließlich achtstimmiges Werk wie Bruckners „Messe e-Moll“. Die Villinger Kantorei wurde 1976 mit Zustimmung und Unterstützung des evan­ gelischen Gesamt-Kirchengemeinderats von Bezirkskantor Bernd Boie gegründet. Ihre Mitglieder kommen aus den Chören aller Villinger Pfarreien. Anlaß zur Gründung war, daß der neu nach Villingen gekommene Bezirkskantor Bernd Boie, dessen Aufgabe u. a. auch die Pflege der sogenannten „großen Kirchenmusik“ ist, dafür das ge­ eignete Instrument brauchte. So sieht die Villinger Kantorei ihre Aufgabe eben darin, die größeren Werke der Kirchenmusik aus allen Epochen aufzuführen. Zum Stamm der Kantorei gehören 70 bis 80 ständige Mit­ glieder. Je nach Aufführung kommen dazu noch die Sänger des Villinger Motetten­ chores und weitere Gastsänger. Bis jetzt wurden folgende Werke aufgeführt: Juli 1977 „Messias“ von G. F. Händel in Villingen und Wolfach März 1978 ,,Matthäuspassion“ von J. S. Bach in Vil­ lingen und Donaueschingen Dezember 1978 84 Kantaten von J. S. Bach und A. Vivaldi Juli 1979 ,,Messe e-Moll“ von A. Bruckner sowie »fest-und Gedenksprüche“ von J. B rahrns in Bad Dürrheim und Villingen Dezember 1979 „Weihnachtsoratorium“ von). S. Bach, Teile 1-3 In Vorbereitung zur Aufführung im Sep­ tember 1980 ist das Oratorium „Paulus“ von Mendelssohn-Bartholdy, welches erstmals in der Doppelstadt zur Aufführung gelangen wird. Sodann wird sich an Weihnachten 1980 schon die Aufführung der Teile 4-6 des Bach’schen Weihnachtsoratoriums an­ schließen. Der gebürtige Westpreuße Bernd Boie ist in Lüneburg aufgewachsen und studierte nach dem Abitur an der Kirchenmusik­ schule Hannover und an der Hochschule für Musik, Berlin, mit Abschluß des Staats­ examens (A-Prüfung). Einer seiner Lehrer in Berlin, dem er bis heute verbunden blieb, war Professor Heintze, einer der bedeutend­ sten Kirchenmusiker Deutschlands und Vizepräsident der Deutschen Bach-Gesell­ schaft. Seine erste Kantorenstelle trat Boie in Wolfsburg an; 1963 kam er nach Homberg, wo er 1966 zum Bezirkskantor ernannt wurde. Seit 1976 wirkt Bernd Boie in Villin­ gen, wo er außerdem Kantor der ev. Markus­ und J ohannespfarrei ist sowie den Motetten­ chor leitet. Dieser widmet sich der Pflege an­ spruchsvoller Kirchenmusik vom Spätmit­ telalter bis hin zur Modeme, und alle Mit­ glieder dieses im Gegensatz zur Kantorei kleineren Chores sind musikalisch vorge­ bildet. Bei großen Aufführungen -wie etwa bei der achtstirnmigen Bruckner-Messe -wird

Villinger Kantorei – Kantor Bernd Boie bei der Probenarbeit. die V illinger Kantorei durch den Motetten­ chor verstärkt. So steht ein Ensemble von rund 120 Sängern Bernd Boie zur V erfügung. Und weil er stets W ert auf Solisten erster Qualität legt und für seine Aufführungen überdurchschnittljche Orchester verpflich­ tet, kommt er seinem Idealbild qualitativ hochstehender Aufführungen nahe. Dabei bleibt er stets dem Kern kirchlichen Musi­ zierens verbunden: eindringliche, überzeu­ gende Gestaltung als Mittler von Glaubens­ inhalten. So ist für ihn die Textverständlich­ keit ebenso wichtig wie dynamische Span- nungsbögen und dramatische Steigerungen. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, daß Boie nie Schwierigkeiten mit der V erpflich­ tung erstklassiger Solisten hat: das Konzer­ tieren mit der V illinger Kantorei macht eben mehr Freude als das bemühte Aufpolieren mäßiger Chorleistung durch solistische Bril­ lanz. So kann mit Genugtuung festgestellt werden, daß die V illinger Kantorei sich beim kirchenmusikalisch interessierten Publikum weit über die V illinger Region hinaus einen guten Namen gemacht hat. Hans B. Pfitzer Sängergruppe Südhaar im Schwarzwaldgau-Sängerbund Veranstaltungen nur in Städten oder größe­ ren Gemeinden stattfinden. Der Schwarzwaldgau-Sängerbund hat schon vor der Kreisreform flächenmäßig ein größeres Gebiet als den heutigen Schwarz­ wald-Baar-Kreis abgedeckt. Alle vier Jahre wurden Gauliederfeste durchgeführt, größ­ tenteils verbunden mit Wertungs- oder Preis­ singen. Aus organisatorischen, finanziellen und räumlichen Gründen konnten solche Bereits im Jahre 1960 bestehende Über­ legungen innerhalb des Gaupräsidiums, die Vereine in mehrere Gruppen aufzuteilen, um vor allem eine bessere Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung zu gewährleisten, wurden in den Folgejahren in die Tat um- 85

gesetzt. In einer von Fritz Köhl, Allmends­ hofen, am 19. 4. 1961 einberufenen Bespre­ chung der Vereinsvorsitzenden in Behla er­ klärten sich einige der anwesenden Vereins­ vertreter bereit, der geplanten Sängergruppe Südhaar beizutreten. Schon am 25. 6. 1961 beteiligten sich einige Chöre an einem ge­ meinsamen Liedersingen anläßlich des 60jährigen Bestehens des „Liederkranz Schonach“. Als eigentliche Geburtsstunde der Gruppe Südhaar kann der 11. Mai 1964 angesehen werden. Musikdirektor Franz Beierle, Schwenningen, der gleichzeitig Chorleiter des MGV Allmendshofen war, appeUierte an die Vereinsvorsitzenden und Chorleiter, diese Gemeinschaft zu unterstützen, weil sie letztlich allen Vereinen zugute komme. Wesentlich sei die Unterstützung örtlicher Sängerveranstaltungen, die Einstudierung gemeinsamen Liedgutes und die Förderung des Gemeinschaftsgeistes innerhalb der Gruppe. V ier Lieder für das Sängertreffen am 8. 11. 1964 in Bräunlingen wurden ausge­ wählt und den Chorleitern zur Einstudie­ rung empfohlen. Karl Fischerkeller, Blum­ berg, wurde zum Vorsitzenden der Gruppe bestellt und Franz Beierle zum Gruppen­ chorleiter. Die erste Gemeinschaftschorpro­ be wurde am 10. 10. 1964 in Blumberg an­ beraumt. Der Sängergruppe Südhaar gehö­ ren seit diesem Zeitpunkt folgende Vereine an: Scheffelgesangverein Achdorf, MGV Eintracht Allmendshofen, Männergesang­ verein 1860 Blumberg, MGV Liederkranz Bräunlingen, MGV Liederkranz Döggingen, Gesangverein Eintracht Fürstenberg, MGV Sangeslust Pützen, Männergesangverein Hausen vor Wald, Gesangverein Liederkranz 1844 Hüfingen, MGV Eintracht Leipfer­ dingen, MGV Eintracht Mundelfingen, MGV Frohsinn Riedböhringen. Das erste gemeinsame Auftreten der Sängergruppe am 8. 11. 1964 in der Stadt­ halle Bräunlingen mit den Chören „In den Wald“, ,,Aus der Traube in die Tonne“, ,,Nehmt Abschied, Brüder“ und „Hab oft im Kreise der Lieben“ wurde ein voller Erfolg. Zuhörer 86 wie Sänger waren begeistert und die Gruppe wurde zweifellos in ihren weiteren Bestre­ bungen gestärkt. Alljährlich treffen sich seit­ her die Vereinsvorsitzenden und Chorleiter zu einer gemeinsamen Besprechung, um Rückschau zu halten, neue Termine festzu­ legen und anstehende Fragen offen zu dis­ kutieren. Nach dem Tode von Franz Beierle haben Erwin Mayer, Hüfingen, und Oskar Steiger, Blumberg, die Gruppenchorleitung gemeinsam übernommen. Seit 1975 zeichnet Oskar Steiger allein verantwortlich. Zu sei­ nem Stellvertreter wurde Rudi Teichner, Hausen vor Wald, bestellt. Verantwortlich für die Frauenchöre zeichnet Gertrud Hof­ stätter, Hüfingen, und für die Gemischten Chöre Hans Joachim Eckelt, Donaueschin­ gen. Gemeinsame Auftritte der Sängergrup­ pe nach 1964 in Bräunlingen sind erfolgt: 1966 Gauliederfest St. Georgen, 1968 Tag des Liedes in Fürstenberg, 1969 Sängertreffen Pützen, 1970 Sängerjubiläum Leipferdingen, 1971 Gauliederfest Donaueschingen, 1974 75jähriges Jubiläum Mundelfingen, 1976 Heimattage Hüfingen, 1978 Blütenfest Ach­ dorf, 1979 Vereinsjubiläum Hausen vor Wald in Hüfingen, 1980 lOOjähriges Vereinsjubi­ läum Bräunlingen. Jedem Auftritt ging eine Gemeinschafts­ chorprobe voraus. Ab 1974 hat W ilfried Rothmund, Fürstenberg, den Vorsitz in der Gruppe Südhaar übernommen. Allgemein darf festgestellt werden, daß die Gruppe mit einer guten Führung und chorischen Betreu­ ung ihre Aufgaben voll erfüllt. Das gemein­ same Liedgut ist erheblich angewachsen und wird von allen Vereinen gerne angenom­ men und verwendet. Sorgen,insbesondere in den Stadtvereinen, bereitet hin und wieder die Nachwuchsfrage, während der Zugang von jungen Sängern im ländlichen Bereich durchaus befriedigend ist. Die Gruppe Südhaar erfaßt mit ihren 12 Vereinen 375 Sänger und 98 Sängerinnen. Allein vier Vereine pflegen eine über einhun­ dertjährige Tradition der Gesangspflege. Alle aber sind beseelt, dieses Kulturgut weiterzu­ Hans Müller tragen.

Geschichte, Kulturgeschichte und Archäologie Mühlhausen unter dem Rottweiler Reichsstadtadler Von Stadtarchivar Dr. Winfried Hecht, Rottweil Im heutigen Schwarzwald-Baar-Kreis ge­ hörten die Dörfer Fischbach und Sinkingen, Niedereschach, zeitweilig Kappel, Weilers­ bach, Dauchingen und Mühlhausen bis 1803 zum Gebiet der Reichsstadt Rottweil. Auf amtlichen Dokumenten für die Menschen, die hier lebten, stand zu lesen, ihr „Vatter­ land“ heiße Rottweil. V ielfach wird heute freilich bezweifelt, ob es der Bevölkerung des bezeichneten Raumes so sehr nach „Vater­ land“ zumute war, wenn die Rede auf die reichsstädtischen Herren in Rottweil kam. Daß diese Bedenken höchstens zu einem geringen Teil berechtigt sind, legt beispiel­ haft die Betrachtung der Geschichte einer dieser einst nach Rottweil gehörenden Ge­ meinden, Mühlhausens, nahe, das 1979 den achthundertsten Jahrestag seiner ersten Er­ wähnung feierte. Vor dem Kaiserlichen Hofgericht in Rott­ weil erwarb die HI. Kreuz-Bruderschaft in Rottweil am 18. März 1479 die beiden Dörfer Mühlhausen und Dauchingen um 1680 Gul­ den von Gregor von Roggwil und Anna Mäslin. Ist der Verkauf von zwei Dörfern mit ihren Einwohnern für unser heutiges Verständnis auf den ersten Blick eine Un­ möglichkeit, so wird er eher verständlich, wenn wir ihn mit einer Verwaltungsreform unserer Tage vergleichen. Mit dem Verkauf Mühlhausens änderte sich nämlich für die Mühlhausener denkbar wenig: Sie bekamen sozusagen als neue Verwaltungsspitze statt des Konstanzer Patrizier-Ehepaares von Roggwil/Mäslin eine neue Obrigkeit in Rott­ weil – man könnte hier etwa an den Wech­ sel einer modernen Gemeinde von einem Regierungspräsidium oder einem Landkreis zum anderen denken – und außerdem waren bestimmte Abgaben, die einmal hi!fsweise Abdruck des Siegels des „ VOGTEYAMT ZU MULLHAUSEN · ROT7WEIL“ aus dem 18. Jahrhundert. Der Vogt von Mühlhausen, Vertreter seiner Mühlhauser Mitbürger und Re­ präsentant der Rottweiler Obrigkeit,Jührte dieses Amtssiegel mit Rotweils Reichsstadtadler. mit unseren heutigen Steuern verglichen seien, an ein anderes Amt als bisher zu zah­ len; vereinfacht könnte man da sagen, für Mühlhausen wurde ein anderes „Finanzamt“ zuständig. Um zur konkreten Situation des Jahres 1479 zurückzukehren: Offenbar fiel es der HI. Kreuz-Bruderschaft in Rottweil nicht ganz leicht, den genannten Kaufpreis aufzu­ bringen. Es scheint, daß unter dem 6. Juni 1479 der Rottweiler Bürger Klaus Keller in 87

den Kauf der Bruderschaft eintrat, daß er auf Lebenszeit in den Genuß des Steuerrechts in Mühlhausen gelangte und daß nach sei­ nem Tod das Dorf Mühlhausen an den ur­ sprünglichen Käufer zurückfiel. Die HI. Kreuz-Bruderschaft in Rottweil könnte von ihrer Aufgabenstellung mit einem Sozialamt mit angeschlossener großer Sozialstation verglichen werden, wobei frei­ lich die religiöse Aktivität der Einrichtung im modernen Verwaltungsleben kaum eine Parallele findet. Ihr Besitz diente dazu, die notwendigen Mittel zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu beschaffen, etwa für die Pflege alter Menschen, von Kranken und Waisen oder für die Betreuung begabter, aber mittel­ loser Schüler. Was von der Bruderschaft demnach an „Steuern“ in Mühlhausen er­ hoben wurde, diente nicht zuletzt diesen guten Zwecken. Darüber hinaus verwaltete aber die Rottweiler HI. Kreuz-Bruderschaft einen Teil des Rottweiler Gebiets für die Reichsstadt. Deren Territorium war in vier Ämter aufgegliedert, von denen eines dem Oberpfleger der HI. Kreuz-Bruderschaft unterstand. Jahrhundertelang gehörten zu diesem Amt die Dörfer Deißlingen, Weilers­ bach, Dauchingen und Mühlhausen, deren Bevölkerung unter sich besonders eng, etwa verwandtschaftlich, verbunden war. Als Rottweiler Dorf lag Mühlhausen seit 1479 an einer empfindlichen Stelle des Rott­ weiler Gebiets. Es war Zollort und der süd­ lichste Vorposten der Reichsstadt, von würt­ tembergischem und fürstenbergischem Ge­ biet umschlossen. Nach dem Rottweil seit 1463 auch als „zugewandter Ort“ zur Schweiz gehörte, war Mühlhausen für Rottweil be­ sonders wichtig: Hier lag das Rottweiler Terri­ torium luftlinienmäßig kaum 30 km nörd­ lich der Grenze des Schaffhauser Terri­ toriums, von wo die Reichsstadt in kritischen politischen Situationen auch die militärische Hilfe ihrer eidgenössischen Freunde erfuhr. Es wäre freilich falsch, den Besitz Mühl­ hausens für Rottweil nur unter machtpoli­ tischen Aspekten zu sehen, denn es gibt durchaus Beispiele dafür, wie die Rottweiler 88 für ihre Untertanen nachdrücklich und mit Erfolg bei der politischen Nachbarschaft ein­ traten: Als beispielsweise Andres Schrenk von Mühlhausen im Jahre 1528 bei einem Wortwechsel in einem Wirtshaus in Villingen aus seiner Sympathie für die Aufständischen im Bauernkrieg von 1525 kein Hehl machte und einen Andersdenkenden als „ain ver­ raeter“ bezeichnete, wurde er festgenommen. Seine Rottweiler Obrigkeit setzte sich für ihn bei den vorderösterreichischen Behörden jedoch mit solchem Nachdruck ein, daß er freigelassen wurde. Wenn man die Härte betrachtet, mit welcher von Villingen aus gegen die aufständischen Bauern in der Um­ gebung vorgegangen wurde, wahrlich ein be­ achtlicher Erfolg. Innenpolitisch war die Rottweiler Zustän­ digkeit für Mühlhausen einigermaßen be­ grenzt. Der Reichsstadt stand nur die nie­ dere Gerichtsbarkeit zu, während die schwere Kriminalität von den Grafen von Fürsten­ berg geahndet wurde. Was Rottweil abzu­ urteilen hatte, waren dagegen eher Bagatell­ fälle. 1716 beispielsweise wurden drei Mühl­ hausener wegen eines Feldfrevels, drei Frauen „wegen verbottenen in das wilde opst gangen“ und ein junges Mädchen „wegen verübter unzucht“ mit einer Geldbuße be­ straft. Als dagegen 1548 der Mühlhauser Pfarrer Zepf erschlagen wurde, kam der T äter vor ein fürstenbergisches Gericht. Auch die steuerlichen Einkünfte der Rott­ weiler HI. Kreuz-Bruderschaft hielten sich in überschaubaren Grenzen. W ichtiger waren dagegen die Leistungen, welche etwa die Benediktinerinnen von Amtenhausen, die Schwestern von Rottenmünster, die Vil­ linger Johanniter, St. Ursula in Rottweil, das Kloster St. Georgen, St. Klara in Villingen und andere kirchliche Institutionen auf­ grund von Stiftungen von einzelnen Höfen in Mühlhausen erheben konnten. Unmittel­ bar in der Hand der Rottweiler Bruderschaft verblieb jedoch als Lehen die Mühlhauser Mühle, als deren Eigentümer sich in Rott­ weiler Unterlagen bereits für 1625 „Georg Aigltinger“ nachweisen läßt. Diese Mühle

war im übrigen im Jahre 1700 die stolze Summe von 2400 Gulden wert, als sie mit immerhin 6 „Hypotheken“ belastet von Christian Aigeldinger an seinen Sohn Matheis verkauft wurde. Das tägliche Leben in Mühlhausen wurde vom Vogt, dem Untervogt als seinem Stell­ vertreter und den „Richtern“ geregelt, die man mit einem Gemeinderat vergleichen könnte. Die eigentliche Verwaltung von Sei­ ten Rottweils betraf für Mühlhausen etwa die Kontrolle bei Schuldaufnahmen, 1612 die Einschränkung der übertriebenen Waldnut­ zung, 1626 das Verbot der Ausfuhr von Korn von Mühlhausen unmittelbar an den Boden­ see, ganz einfach deshalb, weil im übrigen Gebiet der Reichsstadt Rottweil Hungersnot herrschte, oder 1748 die Einführung des Deichselfuhrwerks anstelle des veralteten Gabelfuhrwerks, das im gesamten übrigen Rottweiler Gebiet bereits aufgegeben worden war. Solche Anordnungen scheinen sinnvoll und keineswegs schikanös gewesen zu sein. Im übrigen wurde im Verkehr zwischen Ob- rigkeit und Untertan durchaus „Bürgernähe“ praktiziert: Alle Jahre wurde für Mühlhausen wie die anderen Rottweiler Dörfer Jahrge­ richt gehalten, bei dem die Mühlhauser nach der üblichen Huldigung ihre Beschwerden vorbringen konnten, die sicherlich in den meisten Fällen abgestellt wurden. Als dies einmal längere Zeit nicht der Fall war, wand­ ten sich die Rottweiler Dörfer und mit ihnen Mühlhausen im Jahre 1774 an die kaiserliche Regierung in Wien, die auch auf den ersten Blick so mächtigen Herren wie den Reichs­ städtern in Rottweil doch sehr genau auf die Finger sah. Daß freilich zwischen Verwaltung und Bürger eine gewisse Distanz herrschte, ersieht man beispielsweise aus der Anrede, mit der sich Leonhard Reichmann von Mühlhausen am 3. Mai 1725 an den Rott­ weiler Rat wandte: ,,Hochedelgeborn-, Hoch- Das von der Reichsstadt Rottweil und der dortigen Hl-Kreuz-Bruderschaji verwaltete Do,f Mühlhausen auf einem Mitgliedszettel der St.­ Anna-Bruderschaft zu Mühlhausen von 1739. 89

Ausschnitt aus der Rottweiler Pürschgerichtskarte des David Röt/in von 1564 mit der Ansicht des damals zu Rottwezlgehörigen Do,fes Mühlhausen. edelgestreng- und Hochgelehrt, auch Edel­ fest-und Hochachtbare, Großgünstig-Hoch­ gebietende Herren … !“ Dieser geschraubte Stil im aktenmäßigen Umgang miteinander bedeutete freilich nicht Interessenlosigkeit oder das Fehlen jeg­ lichen Gefühls der Verbundenheit, im Ge­ genteil. Als 1676 fünf Taglöhnern und drei Jahre später dem Messmer von Mühlhausen die Häuser abbrannten, zögerte die „Regie­ rung“ in Rottweil keinen Augenblick, den Betroffenen in Mühlhausen durch einen Steuernachlaß und mit einer Lebensmittel­ spende tatkräftig zu helfen. Und als im Januar 1764 die Frau des Ägidius Grießhaber ,,drei lebigen Kind“ das Leben schenkte, ritt der Rottweiler Bruderschaftsoberpfleger 90 lgnaz Burkard persönlich nach Mühlhausen hinaus, um drei Säcke mit Frucht als Ge­ schenk seiner Obrigkeit zu übergeben, wobei jeder der drei Säcke drei Zipfel hatte und mit je drei Wickelkindern und dem Reichsstadt­ adler kunstvoll bemalt war. Daß die Rottweiler ihre Verpflichtungen für die Untertanen in Mühlhausen ernst nahmen, zeigt auch der kirchliche Bereich. Unter den 27 für Mühlhausen zwischen 1500 und dem Ende der Reichsstadtzeit nachweis­ baren Geistlichen sind nicht weniger als 22 Rottweiler Bürgersöhne anzutreffen, aus den Familien Uhl und Zipfehli allein je drei. Der Rottweiler Magistrat legte den Stelleninha­ bern in Mühlhausen bei ihrer Investitur je­ weils mit großem Ernst ihre Pflichten ans Herz, wie schon 1588 Nikolaus Uhl, der „Pfarrhof und Scheuer im wesentlichen Bau und Ehren halten“ sollte, von dem man aber auch einiges „umb Gottes Singens, Pet.tens

Der Bauernkrieg im nördlichen Kreisgebiet und Lesens willen“ erwartete. Diese Geist­ lichen setzten sich ihrerseits für begabte Bu­ ben aus Mühlhausen ein, wenn es darum ging, für sie, wie 1714 für Sebastian Aigel­ dinger, in Rottweil einen Studienplatz zu be­ schaffen. Als württembergische Truppen Rottweil und sein Gebiet 1802 besetzten, war eine Gemeinsamkeit beendet, welche sich in 323 Jahren bewährt hatte. Mühlhausen blieb auch danach in seiner Randlage, zunächst im Oberamt Tuttlingen, ab 1938 im äußer­ sten Süden des Kreises Rottweil und nach der letzten Gemeinde-und Gebietsreform am Ostrand des Schwarzwald-Baar-Kreises 1.Frühere Unruhen Bereits im 11. Jahrhundert versuchten die Aasener Bauern das Kloster St. Georgen zu überfallen, weil dessen Mönche den Bauern das „Alte Recht“ des Weidegangs und des Holzschlagens verwehrten. Mit der Zeit verschlechterte sich die Lage der Bauern­ schaft und Landbevölkerung zunehmend, was neue Gründe für Auflehnung schuf. ,,Es gab nichts, was dieses sklavische und elende Volk den Herren nicht schuldig sein soll“, hieß es in einem Bericht aus dem Jahre 1520. Voller Willkür und Selbstherrlichkeit hielten auch die Pfandschaftsinhaber der Herrschaft Triberg Recht und Gericht. Die Frondienste und Abgaben vermehrten sich, die Rechte der ehemals freien Wälderbauern verrin­ gerten sich. So ist es nicht verwunderlich, daß es in der Zeit vor dem großen deutschen Bauernkrieg 1524/25 bereits mehrfach zu Auseinandersetzungen kam.Diese gingen so weit, daß die Triberger Bauern erklärten, sie seien „der Herrschaft nicht schuldig noch pflichtig“. All diese kleinen und verstreuten Aufstände und Rebellionen bekamen eine neue Q.ialität, als sich in der ersten Hälfte des Jahres 1524 die Stühlinger Bauern und des Oberzentrums Villingen-Schwen­ ningen. Die historische Rolle des Ortes mag demnach darin liegen, zu verbinden, zusam­ menzuführen und Brücken zu schlagen, frei­ lich nicht nur im Hinblick auf seine Lage, sondern vielleicht nicht weniger hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Stadt und länd­ lichem Bereich, wie dies recht glücklich in Mühlhausens Rottweiler Zeit gelungen ist. Diese Aufgabe läßt sich ohne Frage um so erfolgreicher lösen, je mehr Mühlhausens Bevölkerung wie bisher darauf bedacht ist, sein Gesicht zu erhalten und es in seiner Eigenart weiterzuentwickeln. erhoben und einen sog. Haufen bildeten. Diese Haufen hatten einen gewählten Feld­ hauptmann, einen Feldschreiber und einen Zierold, der dem Haufen voranritt und neue Mitkämpfer warb.Der Führer der S tühlinger Bauern war Hans Müller von Bulgenbach, ein ehemaliger Landsknecht, der zu einem der bedeutendsten Führer des Bauernkrieges wurde. Der Chronist des Klosters St. Blasien schrieb: „Gott hett sie ouch mit ainem geschickten Man versorget.“ Zusammen mit dem Waldshuter Prediger Balthasar Hub­ maier, der sich schon früh der Reforma­ tion angeschlossen hatte, entwarfen sie ein Programm und einen Plan für eine große soziale Bewegung. Die herrschenden Feudal­ herren versuchten dies schon früh zu verhin­ dern, lösten damit aber neue Empörungen aus. Die Bewegung begann ihre eigene Dynamik zu finden. 2. Der große Zug des Hans Müller in das Bregtal Im Oktober 1524 begann der Müllerhans mit zahlreichen Bauern einen Marsch von Stühlingen über Bonndorf, Löffingen, Lenz­ kirch, Neustadt, Altenweg, Ordnach, Scholl­ ach, Urach nach Furtwangen, und von dort 91

„am samstag zu nacht“, den 8. Oktober nach Vöhrenbach durch das Bregtal bis Bräun­ lingen: „Und wo si hinkomend, da ließen si ir Beschwert !essen und horn, und beger­ tend, niemand nut zu tund und zalten, was sie trunkend und außend (asen 0. B.) und hermanten alle Puren, ina zu Recht helfen“. 4500 Mitkämpfer sollen mitgezogen sem, Gewalttaten begingen sie nicht. 3. Bericht des Vogtes Benedikt Wachter vom 7.12.1524 Dieser große Zug der Bauern ließ die Obrigkeit tätig werden. Der Vogt zu Triberg, Benedikt Wachter, ließ die Lage ausspio­ nieren, um dann einen Bericht nach Freiburg zu verfassen. Die machtvolle Demonstra­ tion hinterließ bei ihm einen solchen Eindruck, daß er daran dachte, ,,seinen Leib mit Entlaufen“ retten zu müssen. Seinem Bericht vom 7.12.1524 entnehmen wir, daß er die „Schulthais, Burgermaister und anderer der Herrschaft“ zusammengerufen hat, wobei die Furtwanger mitsamt Güten­ bach besonders hartnäckig ihre Forderung vertraten: ,,sie begehren nichts als das gött­ liche Recht“. Man habe ihnen Unrecht getan, ja sogar erstochen wurden sie. Und im Schlußsatz vermutet der Vogt, daß sogar ,,ettlich Pfaffen“ die Sache der Aufstän­ dischen untersützen würden: ,, … und sorg ettlich Pfaffen sterken sie vast daruff, die gut uff der Buren Siten ihnen vil Glympf geben.“ Man muß sich jedoch vor dem Bild hüten, die aufständischen Bauern wären alle­ samt verbissene Revolutionäre gewesen. Ihre Forderungen waren gemäßigt, sie forderten in erster Linie die Herstellung der alten Rechte, die ihnen genommen wurden. Der Hinweis auf die im oberen Bregtal erhobene Forderung nach dem „göttlichen Recht“ weist uns aber darauf hin, daß hier eine radi­ kale Idee Boden gefaßt hat. Mit dieser Losung wurden nicht einzelne Mißstände, sondern die feudale A usbeutergesellschaft überhaupt angegriffen. Sie entsprach nicht dem göttlichen Willen der Gerechtigkeit 92 und Freiheit und stimmte daher auch nicht mit dem Evangelium überein. 4. Der Aufstand im Brigachtal Mitte November 1524 versammelten sich auch die Untertanen der österreichischen Stadt Villingen und die Brigachtäler Bauern und bildeten den sog. ,,neuen Haufen“. Anfang Dezember zählte dieser 200 Mann. Der Wirt Oswald Meder „von Rietha“ (Rietheim) und Hans Hecht (,,der Höcht“), ein Oürrheimer Bauer, nahmen mit Hans Müller Kontakt auf Ihr Ziel war es, den ,,neuen Haufen“ zu vergrößern, ein Pro­ gramm hatten sie bereits in der Mühle zu Klengen verfaßt: die 16 Artikel. Sie wurden am 18. November 1524 dem Villinger Rat übergeben. Die Artikel sind gemäßigt und betreffen ausschließlich konkrete Forde­ rungen, wie zum Beispiel das Recht zum Jagen oder ohne Erlaubnis der Herren zu heiraten. Aus der Villinger Chronik des Ratschreibers Hug wissen wir jedoch, daß auch bei dieser Bewegung die Forderung des ,,göttlichen Rechts“ erhoben wurde. Es herrschte also am Ende des Jahres 1524 eine rege Tätigkeit in unserem heutigen nördlichen Teil des Kreisgebietes. Hüfingen sollte eingenommen werden, und dann höchstwahrscheinlich Villingen. Der Rat der Stadt war aber fest entschlossen sich den Aufständischen zu widersetzen, mit aller Härte. Hans von Sehellenberg gab gar die Parole aus, daß man den Bauern „druff hauend mit totschlag, raub und brand“ entgegnen sollte. Und so kam es zum ersten blutigen Zusammenstoß in der Geschichte des deutschen Bauernkrieges am 13. Dezem­ ber 1524, bei dem etliche Bauern in der Nähe Donaueschingens erstochen wurden. Nun war vorderhand an eine Versöhnung nicht mehr zu denken, der eigentliche Bauernkrieg begann, provoziert durch das harte Vor­ gehen der Herrenpartei. Die Solidarität und Kampfentschlossenheit der Aufständischen wuchs. Daran änderte auch nichts der vom Grafen Wilhelm von Fürstenberg und dem Truchseß von Waldburg(Bauernjörg) betrie-

bene „Anlaß“ vom 3. Februar 1525. Ein Großteil der Untertanen lehnte ein solches Abkommen ab, wie zum Beispiel die Für­ stenberger, die dabei ausdrücklich auf das ,,göttliche Recht“ verwiesen. 5.Die „Christliche Vereinigung“ und ihr Vöhrenbacher Artikelbrief vom 8. Mai 1525 Im Frühjahr 1525 begann der große Sturm, die „hohe Zeit“ des Bauernkrieges im Schwarzwald und anderswo. In den ersten Apriltagen sammelten sich die Schwarz­ wälder Bauern erneut, kaum ein Dorf schloß sich aus, unzählige Bauern nahmen daran teil. Unter der Führung von Hans Müller von B ulgenbach bildete sich die „Christliche Vereinigung“, die gut und gerne 4000 Mit­ streiter zählte. Am 7. Mai zog ein großer Haufen über Wolterdingen nach Vöhren­ bach. Unterwegs ließ der Müllerhans die „Schlösser“ Zindelstein und Neufürstenberg einnehmen und verbrennen. Der Obervogt zu Neufürstenberg wurde durch die Spieße gejagt, die Zeit des ruhigen Hinnehmens hatte ein Ende. Vor dem Zug der Bauern fuhr der mit Laubgewinde geschmückt� Zierwagen mit dem Zierold, der der Land­ bevölkerung den „Artikelbrief“ der Schwarz­ wälder verlas. Er war das Aktionsprogramm der Wälder und ist uns in der Fassung vom 8.Mai überliefert; an diesem Montag wurde er von Vöhrenbach aus an den Bürger­ meister und Rat der Stadt Villingen von einem Boten überbracht. In ihm erkennt man den Wunsch der Aufständischen nach einer Gesellschaft ohne Obrigkeit bzw. obrigkeitlichen Zwangsapparat. Schlösser, Klöster und Stifte sollen in den weltlichen Bann getan, d. h. gesellschaftlich geächtet werden. Jedoch verließen diese radikalen Verfechter des „göttlichen Rechtes“ nicht den Bereich der christlichen Ideologie, da ja die Ungerechtigkeiten der Herren auch wider Gott sich richten. Es sollte eine Ge­ meinschaft geschaffen werden, die nach dem Wert und der Gerechtigkeit Gottes leben und handeln sollte. Dieser Vöhrenbacher 94 Artikelbrief ist wohl das weitgehendste über­ lieferte Programm der Bauern und ein wesentliches Zeugnis in unserer gesamten Demokratiegeschichte. 6.Der Zug der Bauern gen Freiburg Der Bote des Artikelbriefes wurde von der Stadt Villingen interniert; das war die Antwort der Villinger, die -nach Revellio – von 7000 Mann umlagert wurden. Für die Bauern war dies ein Zeichen zum Weiter­ machen, Müller wollte sich nicht mit einer Belagerung aufhalten lassen. So zog man durch unser heutiges nördliches Kreisgebiet weiter. Das Triberger Schloß wurde nieder­ gebrannt und vollständig zerstört. Der Vogt dieses Schlosses, Odermann, sollte ebenfalls durch die Spieße, aber das U racher Fähnlein bat für ihn und rettete ihn. Auch das Kloster St. Georgen stand auf dem „Besuchspro­ gramm“, der Listigkeit des Abtes Nikolaus ist dabei folgendes zuzuschreiben. Er ging mit seinen Mönchen dem Haufen entgegen und lud sie zu sich als Gäste ein. Er bewirtete sie mit Wein, Karpfen aus dem Kloster­ weiher und freundlichen Gesprächen, so daß das Kloster unbelästigt blieb. Am 12. Mai zog unsere Vereinigung über Furtwangen nach den Klöstern St. Märgen und St. Peter, um den um Freiburg versammelten Haufen Unterstützung gegen die Stadt zuteil werden zu lassen. Am Morgen des 12. Mai aßen die Bauern in Furtwangen „zuo morgen und nomend den alten Fogt von Triberg, bene­ dikt Wachter, 8 ochsen im Rorbach, … „. 7.Der Versuch der Einnahme Villingens Schätzungsweise 12 000-18 000 Aufstän­ disd1e umlagerten Freiburg und es gelang ihnen, die Stadt am 23. Mai zum Übertritt zu bringen. Nach diesem großen Erfolg, der den eigentlichen Höhepunkt im Schwarz­ wälder Bauernkrieg bedeutete, trennten sich Im Bauernkrieg 1525 wandten beide Seiten die grausamsten Hinrichtungen an. Zu Scharen wurden die Gefangenen durch die Spieße gejagt. (Holzschnitt vonjost Amann)

die Haufen. Der Müllerhans zog mit seiner Schar wieder in den Wald. Am 31. Mai 1525 erhielt er in Neustadt einen Brief der Stadt Freiburg; er solle seine Sache nun beenden. Weitere Schreiben folgten, doch Müller – auf dem Höhepunkt seiner Macht-ließ sich nicht beirren: Villingen hatte der „Christ­ lichen Vereinigung“ oder wie sie sich auch nannte, „Evangelischen Brüderschaft“, noch nicht geschworen. Müller versucht, seine Streitmacht zu vergrößern. Die Bauern des oberen Bregtals und um St. Georgen stehen zu ihm, 1600 Mann. Doch es fehlt an Artil­ lerie, und die Bauern zieht es zur Heuernte heim. Zudem droht Gefahr von Radolfzell her und Müller zieht mit den Getreuesten 95

und Entschlossensten südlich. Villingen ist dadurch gerettet und beginnt mit einem furchtbaren Plündern und Brandschatzen, von denen der Chronist der Villinger Chro­ nik Erschreckliches aufgezeichnet hat: »Es mocht ein steinern Herz erbarmen.“ 8. Das Ende Es kam den Herrschenden darauf an, das Volk einzuschüchtern, und dabei verfuhr man brutal. Hug schreibt in der Villinger Chronik, daß »hundert mal taussend und zwaintzig taussend pauren allenthalben erschlagen“ wurden. Der Fürst Friedrich und der Villinger Rat ihren Sieg, während die Bauern und ihre Familien der Rache preisgegeben waren. Als einer der letzten wurde der Müllerhans, bis zum Ende kämpfend, hingerichtet. Paul Revellio schrieb: „Überaus bemitleidenswert war feierten diese Tragödie des deutschen Bauernstandes, dieser erste Versuch, sein und des Volkes Geschick selbst in die Hand zu nehmen.“ (P. Revellio, Beiträge zur Geschichte der Stadt Villingen 1964, Seite 278.) Wohl folgten auch nach dem Ende der ersten großen deutschen Revolution vereinzelte Auf­ stände, aber erst 250 Jahre später war unser Gebiet wieder Zeuge einer großen demokra­ tischen Bewegung, der Revolution 1848/49. Ihren Vorgängern, und dabei hatten die Er­ eignisse in unserem heutigen Kreisgebiet eine bedeutende Rolle, gebührt das Ver­ dienst, mit ihren Forderungen nach Gerech­ tigkeit, Menschenrecht und sozialer Verant­ wortung Forderungen in die deutsche Ge­ schichte eingebracht zu haben, die heute noch ihre Gewichtigkeit besitzen. Dieter Baeuerle Neufürstenberg im Bregtal Die Ruine über Hammereisenbach mit Landesmitteln gesichert Rund 120 Millionen Mark gibt das Land in den Jahren 1980-1985 für den Denkmal­ schutz im Rahmen eines mittelfristigen Pro­ gramms für besonders wichtige Objekte aus. Darunter befinden sich auch die Mittel, mit denen die Ruine Neufürstenberg im B regtal im Lauf des Jahres 1980 restauriert und in ihrem derzeitigen Bestand gesichert wurde. Eine ähnliche Restaurierung und Sicherung hat die Ruine Zindelstein im vorderen Bregtal bereits vor einigen Jahren durch das Denkmalamt aus Anlaß des Stauferjahres er­ fahren (siehe Almanach, Jahrgang 78, Seite 47 f). Beides sind geschichtsträchtige Orte unserer Heimat, die in engem Zusammen­ hang stehen. Wie seinerzeit berichtet, wird Zindelstein im Jahr 1225 erstmals urkund­ lich genannt. Die Burg dürfte jedoch noch im 12. Jahrhundert erstellt worden sein. Sie war eine Gründung der Zähringer und hatte deren Hausmacht im Schwarzwald und auf 96 der Baar abzuschirmen gegen ein Vor­ dringen der Staufer aus dem benachbarten Schwaben. Zugleich sicherte die Burg im vorderen Bregtal die Verbindung von der Baar in den Breisgau. Spätestens um die Mitte des 14.Jahrhunderts hatte jedoch Zin­ delstein als maßgeblicher Mittelpunkt der Zähringer-Erben im Bregtal seine Vorrang­ stellung abgeben müssen. Inzwischen nämlich hatten die Grafen von Fürstenberg mit der Erschließung des mittleren und oberen Bregtals begonnen. Die Stadt Vöhrenbach, 1244 am Knoten­ punkt von fünfTälem gegründet, übernahm nun – zusammen mit Neufürstenberg – die bisherigen Funktionen von Zindelstein im Bregtal. Die neue Stadt sollte an der Straße Rottweil-Freiburg die Zähringerstadt Villin­ gen ablösen, die bei ihrem raschen Auf­ schwung auf die Dauer ein zu unsicherer Partner für die Fürstenberger und ihre Besit­ zungen im mittleren Schwarzwald war.

,,Neufürstenberg“ – 1381 wird die Burg dieses Namens urkundlich erstmals erwähnt. Damals traf Graf Johann von Fürstenberg mit der Stadt Villingen ein Übereinkom­ men, daß ihre Bürger durch das U rachtal fah­ ren dürfen und daß sie bei der Burg Zoll geben sollen. Dafür wollte der Graf die Straße aufs beste unterhalten und die Kauf­ leute schirmen. „Die Nuwe Fürstenberg“ – so hieß die Burg im Jahre 1406, als Graf Egon zu Für­ stenberg bekennt, das „Schloß“, dazu das Dorf Löffingen, vom Markgraf Bernhard von Baden als „rechts Mannslehen“ empfan­ gen zu haben. Die Burg, bisweilen auch ,,Bregburg“ geheißen, liegt auf beherrschen­ dem Bergrücken an der Gabelung der Breg­ tal-, Eisenbach- und Urachtalstraße. Laut Urkunde aus dem Jahr 1381 hatte sich Johann von Fürstenberg gegenüber Villin­ gen gleichzeitig verpflichtet, von der Brege­ ner Steige bis zur Uracher Steige die Straße auszubauen. Auf Neufürstenberg saß ein Burgvogt, dem die Verantwortung auf der Burg und die Verwaltung der Herrschaft Neufürstenberg anvertraut war. In der zwei­ ten Hälfte des 15. Jahrhunderts war dies Hans von Reckenbach, ein adliger Lehens­ mann der Fürstenberger. Ihm verpfändete 1468 Graf Heinrich von Fürstenberg den Zoll zu Villingen und das Tal zu Langen­ bach, um den Burgvogt für eine geleistete Bürgschaft schadlos zu halten. Vom Amt Neufürstenberg selbst ist in Urkunden spätestens 1523 die Rede. Also zwei Jahre, bevor am 8. Mai 1525jenes Ereig­ nis eintrat, das das Amt Neufürstenberg sei­ nes Mittelpunktes beraubte. Die Burg über Hammereisenbach wurde am genannten Tag ein Opfer des Bauernkrieges. Und nun wird nicht mehr vom Amt Neufürstenberg, son­ dern vom Amt Vöhrenbach in den fürsten­ bergischen Urkunden gesprochen. Zu dem Amt gehörten – außer der Stadt Vöhrenbach – die Orte Urach, Schollach, Schönenbach, Rudenberg, Langenordnach, Schwärzen­ bach, Linach, Langenbach, Eisenbach und Bregenbach. Bereits 1530 hatte der Abt von Zeichnung:}. Asifäller St. Georgen den Grafen Friedrich von Für­ stenberg gemahnt, seine Untertanen im Amte Vöhrenbach an ihre Pflichten gegen­ über dem Kloster zu erinnern. Doch zurück zu ,,Neufürstenberg“. Be­ reits gegen Ende des Mittelalters ging die Bedeutung der Straße durch das Urachtal und damit auch die der Burg als Zollstätte zurück. Nachdem der Hochschwarzwald durch die Fürstenberger und die Klöster St. Georgen und St. Peter erschlossen und besie­ delt war, rückten anstelle des Straßenzolls andere wirtschaftliche Interessen in den Vor­ dergrund. Im Flußdreieck von Bregenbach und dem nachmaligen Hammereisenbach begann man mit der Verhüttung und Ver­ arbeitung der Eisenerze in dem riesigen Waldareal der Fürstenberger zu beiden Sei­ ten der mittleren Breg. Seit 1523 ist das Beste­ hen einer Eisenhütte in Hammereisenbach geschichtlich nachgewiesen; es gibt ein ,,Bergwerk im Y senbach und Vallenbach“. Und aus demJahr1600 liegt ein Verzeichnis der Erzgruben um Hammereisenbach vor, in dem nicht weniger als acht Erzgruben genannt werden, darunter Fallenbach, Wei­ ßenbach, das Rappenloch und die Fischer· höfe. Die Hammeranlagen, für die Schmel· zer aus Schwatz in T irol und aus Kärnten geholt wurden, gaben der Siedlung im unte- 97

rcn Eisenbachtal den Namen, den sie noch heute trägt. Hammereisenbach überrundete bald die ältere Siedlung, das bereits imJahrl203 im Steuerrodel des Klosters St. Peter genannte ,,Pregen“. 1488 ist weiterhin von einer Kapelle „unserer Frouven zuo Bregen“ die Rede, und im Jahre 1506 vom Bann „derer von Bregen“. Es bedeutet, daß es eine selb­ ständige Gemeinde war. In diesen Bann gehörten unter anderen der Bernrheutehof, der Fischerhof, die Fischerhöfe, der Krum· penhof, der Weiskopfenhof und der Winter· halterhof mit Säge und Mühle. Sie bildeten das wirtschaftliche Rückgrat von Bregen· bach, der vorderen Talgemeinde, die erst 1897 als selbständige Gemeinde aufgelöst und mit HammcrL·i,cnbach vereinigt wurde. Noch ehe die aufständischen Bauern 1525 Neufürstenberg erstürmten und nieder­ brannten, hatte Graf Heinrich von Fürsten­ berg die Burg auf dem Granitfelsen als „ein böss, alt, baufellig hus“ bezeichnet, mit dem keine Nutzungen verbunden seien. Er, der Graf, müsse es aus seinen Kosten und zu sei­ nem Schaden erhalten. Die Burg diente in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in der Hauptsache als Gefängnis. Und als nach dem 8. Mai 1525 nur noch die nackten Mauern standen, bezifferte man den Wiederaufbau auf 4000 Gulden. Fürsten­ berg – so gegenüber Markgraf Christoph von Baden – sei bereit, das „Schloß“ wieder als Mannslehen zu nehmen, falls der Mark­ graf, dem Neufürstenberg damals verpfän­ det war, die Mittel für den Wiederaufbau zur Verfügung stelle.Natürlich war der Markgraf an diesem Angebot nicht interessiert. Während die Ruine Zindelstein seit der Restaurierung und Sicherung ein beliebter Treffpunkt für W an der- und Jugendgruppen ist, bleibt Neufürstenberg auch nach der Sicherung und Restaurierung eine Ruine auf schwerzugänglichem Felsvorsprung. Allen­ falls Bergsteiger mögen bis zu der aus Bruch­ steinmaterial aufgeführten Schildmauer von vier Metern Stärke vordringen. Für normale Wanderer endet etwa zehn Meter vor dem Viereckturm der Weg. L. Honold Li t e r a t u r : B a d e r, Karl S.: Beiträge zur älteren Geschichte der Stadt Vöhrenbach. 1965. – H o n o I d, Lorenz: Burg Zindelstein, einst Mittelpunkt im Bregtal. In: Almanach Schwarzwald-Baar-Kreis 1978, Seite 47 f. Hans von Rechberg Ein schwäbischer Landsknechtsführer – freundschaftlich mit Villingen verbunden In der Villinger Franziskanerkirche ruht der im 15. Jahrhundert berühmte und be­ rüchtigte Landsknechtsführer Hans von Rechberg auf Schramberg. In Villingen lebte auch seine Tochter Barbara, die mit dem letz­ ten Schramberger Falkensteiner,Jakob von Falkenstein, verheiratet war und auch die Witwe seines jüngsten Sohnes Ludwig, Adelheid von Mühlheim. Der Stadt Villin­ gen war der Kondottiere und Städtefeind als einziger Stadt zeitlebens freundschaftlich verbunden. Hier ereilte ihn auch der Tod – Grund genug, seiner sich auch in Villingen zu ennnern. Hans von Rechberg – im 15.Jahrhundert ein Kämpfer für das Recht des Ritterstandes, versuchte das Rad der Geschichte, das über das Rittertum und seine traditionellen Auf­ gaben und Privilegien hinwegzurollen drohte, aufzuhalten – eine Entwicklung, an deren Ende Franz von Sickingen und Götz von Berlichingen stehen. Hans von Rechberg ist um 1410 auf der Stammburg Rechberg geboren und genoß seine Erziehung am veiwandten württem­ bergischen Hof in Stuttgart. Entstammte er auch nur dem niederen Adel, so zeigt ein Blick auf seine Ahnentafel doch seine 98

Hans von Rechberg 99

erlauchte Abstammung; denn hier taucht fast der gesamte europäische Hochadel des Mittelalters auf. Sein Vater, Heinrich von Rechberg, hatte als Sohn der Gräfin Sofie von Veringen das Erbe der ausgestorbenen Veringer erhalten, aus dem Hans von Rech­ berg später die Herrschaften Gammertingen und Hettingen im heutigen Hohenzollern erbte. Seine erste Fehde bestand er, zusam­ men mit Vater, Brüdern und Vettern, im Hussitenkrieg1430.1436 sehen wir ihn in der Fehde des Markgrafen Friedrich 1. von Bran­ denburg gegen die Städte Köln und Lüttich und gleich darauf erstmals gegen die Eid­ genossen. Dabei geriet Rechberg in die Ge­ fangenschaft des Markgrafen von Baden­ Hochberg, aus der er beim Waffenstillstand 1440 wieder befreit wurde. Er tritt nun in den österreichischen Dienst und wird Landvogt in Laufenburg. Das Amt gab ihm genügend Zeit, sich in die Fehden des Hegauadels ein­ zumischen, zu dem er durch die Besitzungen seiner ersten Frau Veronika, Gräfin von Son­ nenberg und Truchsessin von Waldburg, gehörte. Gegner war der Konstanzer Bischof, dessen Besitzungen und gebrandschatzt wurden. geplündert Als österreichischer Landvogt von Lau­ fenburg nahm Rechberg 1443 Bürger aus Aarau und Luzern gefangen. Die Stadt Zürich, mit Österreich verbündet, erkannte bald die strategischen Eigenschaften Rech­ bergs. Als das Kommando der Stadt Mark­ graf Wilhelm von Hochberg übernahm, wurde die Verteidigung der vier Züricher Stadttore Hans von Rechberg übertragen. Als die Österreicher später abrückten, ernannte ihn die Stadt zu ihrem „gemeinen und obersten Feldhauptmann“. Als Frankreich 1444 zu Ensisheim den Frieden mit den Eidgenossen schloß, kämpf­ ten die Z üricher weiter, wobei sich Rechberg durch seinen Erfindungsreichtum im Klein­ krieg auszeichnete. Er kehrte nach dem Gefecht bei Ragaz in österreichische Dienste zurück. In diese Zeit fallt die Eroberung der Stadt Rheinfelden. Durch Belagerung war die Stadt nicht zu 100 nehmen, da die Basler jederzeit zum Einsatz heranrücken konnten. Als nun am 23. Okto­ ber 1448 viele Rheinfelder beim Markt in Liestal waren, erschien Rechberg, als Pilger verkleidet, mit fünf Kameraden in einer Rheinfelder Wirtschaft und erzählte, daß bald Pilger aus Einsiedeln auf einem Schiff herangefahren kämen. Die Bürger ließen das Schiff landen und die angeblichen Pilger aus­ steigen. Am Tor aber warfen Rechberg und seine Begleiter die Pilgerröcke ab und stürm­ ten mit 600 Reitern, die im Hinterhalt gele­ gen hatten, und den gelandeten Reisigen in die Stadt. Später zog sich Rechbe�g die Ungnade des Herzogs Albrecht von Oster­ reich zu, der ihn in Freiburg gefangen neh­ men ließ. Nach dem Bamberger Frieden 1450 folgte er dem Ruf der Grafen Georg und Wilhelm von Werdenberg-Sargans, der Brüder seiner zweiten Frau Elisabeth. Nach dem Tode ihres Vaters hatten sich diese ihre Lehen vom Bischof von Chur erneuern lassen. Die Landleute von Schams (am Hinterrhein oberhalb der Via-Mala-Schlucht) wollten aber nicht huldigen und schlossen sich dem „oberen Bund“ an. Rechberg konnte zwar in Schams eindringen und die Bärenburg beset­ zen, mußte dann aber der Übermacht der Graubündner weichen, die einige Burgen der Werdenberger zerstörten. Nach der Rückkehr aus Graubünden begann Rechberg seinen berüchtigten Krieg gegen den schwäbischen Städtebund, der sie­ ben Jahre dauern sollte. Anlaß zur Fehde war rasch gefunden. Die Ulmer hatten einst die Burg seines verstorbenen Freundes von Eisenburg zerstört, und Rechberg hetzte nun dessen Sohn gegen die Ulmer auf. Der nahm den Ulmer Patrizier Georg Ehinger und den Ravensburger Rudolf Muntprat gefangen und übergab sie Rechberg, der sie auf der Burg Ramstein bei Schramberg gefangen setzte. Durch seine Kleinkriegs­ methoden brachte er die Städte zur Weiß­ glut, denn seine Knechte, als ,,Böcke“ weit­ hin gefürchtet, trieben ihr räuberisches Regi­ ment, indem sie die Dörfer plünderten, das

Vieh wegführten und Gefangene auf den Ramstein brachten. Nach Zahlung eines Lösegeldes von 4500 Gulden gab Rechberg Ehinger und Muntprat wieder frei. An der Spitze des Städtebundes zog nun JakobEhinger von Ulm mitllOOMannFuß­ volk und 200 Reitern vor die Burg Ramstein. Nach siebentägiger Belagerung beschossen die Städter am 18. Juli das Schindeldach der Burg mit Feuerpfeilen. Sie brannte ab und wurde gestürmt. Rechberg und seine Leute waren aber spurlos verschwunden.16 Vertei­ diger waren gefallen, die Verwundeten wur­ den niedergemacht, die Burg geschleift und nie mehr aufgebaut. Von der Ruggburg bei Lindau, die seinen Werdenberger Schwägern gehörte und an der er einen Anteil hatte, setzte er seinen Kampf fort, zerstörte und plünderte von dort aus die Dörfer der oberschwäbischen Reichsstädte. Einern Aufruf des Städtebun­ des folgten nur acht Städte unter Führung Ulms, die mit 600 Mann vor die Ruggburg zogen. Die 60 Mann der Besatzung vertei­ digten sich über einen Monat, und erst, als der Kampf aussichtslos erschien, steckte Rechberg die Burg an und flüchtete mit sei­ nen Leuten durch einen unterirdischen Gang. Auf dem Gelände der zerfallenen Turm­ burg auf dem heutigen Schramberger Schloßberg erbaute Rechberg nach dem erfolgreichen Krieg mit dem Städtebund seine neue Feste Schramberg. Von dieser Festung aus, die als Ersatz für Ramstein galt, wollte er sich ein größeres Territorium auf­ bauen. Doch auch auf dem Schramberg hatte Rechberg kein Sitzleder. Die W ürttem­ berger Grafen Ulrich und Eberhard ernann­ ten ihn 1458 zu ihrem Rat und Diener. In den innerdeutschen Kämpfen standen die Württemberger auf der kaisertreuen Seite, sie führten daneben ihren Privatkrieg mit dem Pfälzer Kurfürsten, der das Heiratsgut von Ulrichs dritter Gemahlin nicht heraus­ rücken wollte. An der Spitze der württem­ bergischen Truppen wurde Rechberg vor Weinsberg schwer verwundet und verlor während der Genesungszeit durch Hofintri­ gen sein Führungsamt. In seiner letzten Fehde verbündete sich Rechberg mit seinen Neffen Eberhard und Hans von Klingenberg, den Besitzern von Hohentwiel. Sie vereinbarten, sich gegensei­ tig ihre Burgen Hohentwiel, Schramberg und Schalksburg offenzuhalten. Im Verlauf dieser Fehde unternahm Rechberg am 11.11. 1564 einen Überfall auf Rötenbach vor Alpirsbach. Der württembergische Ober­ vogt von Hornberg, der zu Hilfe gerufen wurde, eilte dem heimkehrenden Rechberg nach, der aber seine Verfolger in die Flucht jagte. Dabei soll ihn, angeblich an der Horn­ berger Steige, der Pfeil eines Bauern getrof­ fen haben, der sich unter einer Brücke oder über einem Hohlweg verborgen hatte. Der Pfeil blieb unbeachtet im Harnisch stecken. Erst als Rechberg beim Absteigen vom Roß eine unbedachte Bewegung machte, stieß er sich den Pfeil selbst in den Leib. Ohne Schmerzenslaut, nur seinen Lieblingsruf ,,Hostha madostha“ ausstoßend (wahr­ scheinlich eine Verballhornung der lateini­ schen Worte „hora mea adest = meine Stund ist gekommen, oder wie auf dem Bild steht „Wenn das stündlein Kümpt“!), befahl Rechberg, ihn sofort nach Villingen zum Arzt zu bringen. Hier wurde er „in des Steck­ lers Haus“ gebracht, wobei es sich um den Villinger Schultheißen und Sattler Conradt Stöckhli handelt. Hier starb Rechberg am 13. November 1464. Auf seinem, mit den Wappen der Rechberg, Waldburg und Wer­ denberg gezierten Grabstein, der leider nicht mehr erhalten ist, standen die Worte: ,,Anno 1464 am Zinstag nach Martini starb Hans von Rechberg, dem Gott gnädig sey.“ “ Alfons Brauchle Gedicht des Jahres 1980 Nur Wolken, nichts als Wolken! Sie hängen tief und schwer. Und dennoch scheint die Sonne, Man sieht sie bloß nicht mehr. Ernst Roskothen 101

Die Glasmachersiedlung Herzogenweiler Ein kleiner Flecken, der eine große Geschichte hat Zur Gruppe der Weiler-Orte gehörend, die ausnahmslos Gründungen aus der späten Zeit der alemannischen Landnahme, also aus dem 6. bis 8. Jahrhundert sind, liegt Her­ zogenweiler wie andere Orte mit dem “ auf einer Hochfläche an Bestandteil “ Weiler der Ostabdachung des Schwarzwaldes. Hier interessiert uns nur die Dreiergruppe der Weiler-Orte, die im Brigachtal und an dessen Waldrändern liegen, Pfaffenweiler, Her­ zogenweiler und Birchtenweiler, aus dem später die Spitalhöfe hervorgegangen sind. Pfaffenweiler und Herzogenweiler bilde­ ten bis zum 11. und 12.Jahrhundert einen ein­ zigen Ort, der „Weiler“ genannt wurde und der Überlieferung nach etwa in der Mitte zwischen beiden heutigen Ortschaften am Rande des damaligen Waldgebietes lag. Her­ zogenweiler, ein gewiß nicht alltäglicher Name! Welche Gemeinde kann schon ein Ortswappen mit einem Herzogshut und einem Pokal aufweisen? Kirchlich gehörte das Gebiet damals zum Kloster St. Gallen, später zu Salmannsweiler (Salem). Zuständig im Brigachtal war die Großkirche Kirchdorf. Aufgrund einer Gebietsteilung zwischen den Herzögen von Zähringen und dem Kloster Salem vollzog sich die Aufspaltung des ehe­ malig einheitlichen Ortes Weiler in zwei Hälften. Das Gebiet mit den Höfen, das tie­ fer im Waldgebiet lag, fiel den Herzögen zu und wurde Herzogenwilar geheißen, wäh­ rend das Kloster Salem den Teil im „Flach­ erhielt, und dieser dadurch zu Pfaffen- land “ Eruugnisse aus dem Glasmacherdorf Herzogenweiler. 102

weil er wurde. Adlige Dienstmannen der Her­ zöge von Zähringen wohnten nachweislich 1221 in Herzogenweiler, es waren G. et A. de Herzoginvilare, sie bewohnten wahrschein­ lich eine Burg auf dem heutigen Gewann ,,Schloßberg“, im Waldgebiet zwischen Her­ zogenweiler und Vöhrenbach. In kirchlicher Hinsicht blieb das Kloster Salern auch in Herzogenweiler bei seinen Rechten. Als selbständige Kirche wird erst­ mals im Jahre 1208 die Kirche von Herzogen­ weiler erwähnt, als Kirchenpatron hatte man, wie zuvor in Kirchdorf, St. Martin übernom­ men. Der Kirche von Herzogenweiler war ein bedeutender Sprengel zugeteilt. Ein welt­ licher Besitzwechsel erfolgte im Jahre 1244, denn das Erbe der Herzöge von Zähringen auf dem Schwarzwald erhielten die Grafen von Freiburg. Erster Inhaber war Graf Hein­ rich von Urach-Freiburg, der sich ab 1250 nach seinem neuen Wohnsitz auf dem Für­ stenberg in der Baar „Graf von Fürstenberg“ nannte. Als westlichsten Ort, um sich gegen­ über anderen Herrschaften abgesichert zu wissen, gründete er im Bregtal an der Verbin­ dungsstraße von Villingen nach Freiburg im Jahre 1244 die Stadt Vöhrenbach. Aus den beiden Gründungsurkunden vorn Januar und März 1244 geht klar hervor, daß das Gebiet kirchlich zur Pfarrei Herzogenweiler zählte. Die Kirche von Vöhrenbach blieb zunächst Tochterkirche von Herzogenwei­ ler. Es gab in Vöhrenbach wohl einen Pfarr­ herrn, der Messen lesen durfte, aber für Tau­ fen und Beisetzungen war der Geistliche von Herzogenweiler zuständig. Auch mußten die Bürger von Vöhrenbach ihre Toten auf dem alten Kirchweg, der vorn Bregtal nach Herzogenweiler führt, auf den dortigen Got­ tesacker bringen. Bald aber nahm die Geschichte einen anderen Verlauf; das neue Stadtwesen im Bregtal blühte, wenn auch bescheiden, auf Der Sicherheit wegen übersiedelten immer wieder einzelne Herzogenweiler nach Vöh­ renbach, und Herzogenweiler wurde lang­ sam aber sicher entvölkert. Auch der Pfarrer von Herzogen weil er, der einer ständigen Ver- ringerung seiner Einkünfte entgegensah, zog schließlich nach Vöhrenbach. So war im Laufe eines halben Jahrhunderts das Verhält­ nis zwischen Herzogenweiler und Vöhren­ bach geradezu umgekehrt worden. Das Klo­ ster Salern konnte seinen Meierhof in Her­ zogenweiler noch eine Zeitlang halten, bis es sich um 1480 entschloß, denselben an Für­ stenberg abzutreten. Wir wissen aus einer Arbeit über die soge­ nannten „abgegangenen Orte“ in der Baar, daß Herzogenweiler zu Beginn der Neuzeit plötzlich aufgelassen wurde, besser gesagt, ausgestorben ist. Laut mündlicher Überliefe­ rung soll es durch den „schwarzen Tod“, also die Pest, entvölkert worden sein. Andere Meldungen behaupten, daß der Ort erst durch den Dreißigjährigen Krieg entvölkert wurde. Nur der herrschaftliche Meierhof, das spätere Fürstenbergische Carneralgut Her­ zogenweiler, hat weiter existiert. So bestand Herzogenweiler zu Beginn des 18. Jahrhun­ derts lediglich aus dem großen Hofgute, einem Haupthaus mit den damals erforder­ lichen Nebe��ebäuden, die nebst den dazu­ gehörenden Ackern, Wiesen und dem Wald Fürstenbergischer Besitz waren. Das Came­ ralgut war stets verpachtet. Man schrieb das Jahr 1721. Es war der 31. Oktober, an dem für Herzogenweiler ein ganz entscheidender Vertrag abgeschlossen wurde. Vertragspartner waren auf der einen Seite Joseph Wilhelm Ernst Fürst zu Fürsten­ berg, auf der anderen Seite die bis zu diesem Zeitpunkt in Rotwasser bei Lenzkirch seß­ haften Glasmacher Philipp Mahler, Hanß Jerg Mahler, Hanß Michel Eckmann, Baltha­ sar Krieger, Peter Sigwart und Christian Steinhardt. Sie haben die Rotwasserglashütte am Drehkopf betrieben und wegen Holz­ mangel nach einem neuen Gebiet Umschau gehalten, das über genügend Wald verfügt. Auf dem im Fürstlich Fürstenbergischen Archiv in Donaueschingen aufbewahrten handschriftlichen Dokument tragen von den sechs Siegeln der Glasmacher bereits vier als Siegelbild ein Kelchglas oder einen Pokal, ein typisches Produkt der Glasmacher. Aus 103

dem 26 Punkte umfassenden Dokument geht hervor, ,,daß dieser Bestands Contract Fünfzig Ein Jahrlang für dauern, und den Anfang mit St Georgy 1722 nemmen, mit­ folglich sich mit Georgy 1773 endigen solle“ mit dem weiteren Anhang, daß nicht nur die Glaser sondern auch ihre Erben und Nach­ kommen den Hof „nutzen und geniessen ‚ mögen“. Ferner wird erwähnt, daß die Glas­ macher für das zur Abholzung freigegebene Waldgebiet 100 Gulden Jahrespacht zu­ bezahlen haben. Mit dem Jahre 1722, genauer seit Frühjahr 1723 – denn in Rotwasser mußte noch abge­ baut werden – nahm das DorfHerzogenwei­ ler, ausgehend vom alten Meierhof, dem heutigen Glaserhof, seinen neuen Anfang. Westlich des Dorfes wuchsen die Glashütte und die Wohnhäuschen der Glasmacher aus dem Boden. Sie standen hufeisenförmig um die Glashütte, hielten aber der Feuersgefahr wegen respektvollen Abstand. Der erst einige Jahre zuvor nach einem Brandfall im Jahre 1719 neu erbaute Hof war für die Glasmacher ideal, denn sie mußten praktisch als Selbst­ versorger für sich und ihre Familien die Nah­ rungsmittel durch die „Nebenbei-Landwirt­ schaft“ selbst erwirtschaften. Als 1723 die Glasmacher in Herzogenweiler aufzogen, dürften sie nur wenig waldfreies Gelände angetroffen haben, anderthalb Jahrhunderte später umfaßte die landwirtschaftlich nutz­ bare Fläche gegen 140 Hektar. Der Wald aber war für die Glaser das Wichtigste. Es wurde errechnet, daß zur Her­ stellung von 100 Kilo Glas, solange diese nur aus Holz bestritten wurde, anfangs etwa 200 Kubikmeter Holz, später nach der Verbesse­ rung des Systems immer noch etwa 100 Kubikmeter Holz benötigt wurden. Für die Herstellung eines Kilo Glases mußten zwei Kubikmeter Holz geschlagen und verbrannt werden. Davon verbrauchte der eigentliche Arbeitsprozeß, das Schmelzen, höchstens 3 Prozent. Die anderen 97 Prozent verschlan­ gen die Gewinnung und Herstellung der Pottasche, die neben dem Q}iarzsand den wichtigsten Rohstoff bildete. Das Holz 104 wurde also lediglich um seiner Asche willen verbrannt, und diese dann zur Glashütte transportiert. Neben dem Qiarzsand als Rohmaterial seien hier gleich die anderen Rohstoffe angeführt. Für helles Fensterglas, im Gegensatz zum grünen Glas, aus dem Fla­ schen, Gläser, Schüsseln und dergleichen angefertigt wurden, benötigte man zum Bei­ spiel: 60 Teile Qiarz- oder Kieselsand, 25 Teile Pottasche, 10 Teile Kochsalz und etwas Arsenik und Brandstein. Wie bei Glashütten in anderen Gegenden, so waren auch in Herzogenweiler die Glas­ bläser den Bauern der Umgebung ein Dorn im Auge. Sie wurden zwar wegen ihrer Pro­ dukte, die in den Haushaltungen benötigt wurden, gebraucht, eine Freundschaft aber wurde nicht daraus. Das hatte zur Folge, daß sich die Glasbläser untereinander immer enger zusammenschlossen, oft sogar sich nur Mitglieder der Herzogenweiler und anderer Glashütten heirateten. Schon 1765, sieben Jahre vor Ablauf der regulären Pachtdauer, suchten die Glasma­ cher um Verlängerung des Pachtabkommens um weitere zwölf Jahre nach. Zur Glashütte gehörten inzwischen 20 Haushaltungen. Hinter den Verhandlungen, die seit 1772 betrieben wurden, stand das Schicksal einer Bevölkerung von 138 Köpfen. Die Bespre­ chungen verliefen reibungslos. Das Pachtver­ hältnis wandelte sich allerdings in ein Lehensverhältnis. Alljährlich verbrauchten die Glasmacher von Herzogenweiler mindestens 1200 Klaf­ ter Holz. Legt man eine Umrechnungszahl von 3,53 Ster pro Klafter zugrunde, dann ergibt das rund 4235 Ster Holz. Was die Holzart anbelangt, so hatte man auch Wünsche: ,,Das tännene Holz, das auf Sand­ boden wachse, gebe schöner Glas als welches auf dem Laimboden und Moss wachse. Die fohrene Holzasche sei nicht gut, die von Buchen und obigem Tannenholz seie ihnen gleich“. In diesem Zusammenhang wird auch das Verhältnis der diversen vorkommenden Holzarten genannt. Es waren: Fichte 60%, Forle 35%, Weißtanne 5%, es kommen ver-

Gläser und Schnapsbuddel aus Herzogenweikr. einzelt noch vor: Birken, Lärchen, Vogel­ beere, Sahlen und sonstige Weichhölzer. Um Holz einsparen zu können, erhielten die Glasmacher die Erlaubnis zum Aschesam­ meln in den Haushaltungen und Werkstät­ ten in der Baar und in den Ämtern Neustadt, Lenzkirch und Stühlingen. Um 1820 reifte für die Glashütte Her­ zogenweiler die dritte Phase: Aus der bisher losen Arbeitsgemeinschaft bildete man eine Genossenschaft nach dem Vorbild der Bubenbacher Glasmeister. Dort wurde eine Handlungscompanie schon zwei Jahre zuvor gegründet. Zwischenzeitlich aber waren in den Jahren 1846 bis etwa 1850 die Lehensver­ hältnisse im ganzen Fürstentum umgewan­ delt worden, d. h., der letzte Lehensbeständer auf den jeweiligen Höfen und Gütern konnte, wenn er wollte, nach Bezahlung von 10 Pachtgeldern, ob in einer Summe oder nach Ablauf von 10 Jahren, das Gut sein eigen nennen. Daß von dieser Möglichkeit rege Gebrauch gemacht wurde, versteht sich. Die Leute blieben so auf ihrem Hof. Um 1870 begegnen uns in Herzogenwei­ ler als Glasmacher nur noch Johann Alfery und Ferdinand Mahler. Sie mögen die Fach­ kräfte der letzten Erbin der Companie, der „Glasfabrik Josef Faller und Co.“ gewesen sein, die mit der Glasfabrik Klosterwald bei Sigmaringen liiert war. Mit dem verkleiner­ ten Hüttenbetrieb stehen noch in Verbin­ dung: Bürgermeister Matthä Thoma als ,,Glaseichmeister“ und Tobias Fuchs als Glas­ schleifer. Was aus den übrigen Glasmachern geworden ist, wissen wir nur teilweise: Ferdi­ nand Thoma wird als Schmied genannt, Xaver Mahl er als Krämer und Anton Mahler als Bierwirt. Die Witwe des Fidel Mahler hat den Hirschen betrieben, und die restlichen fünf Familien ernähren sich schon aus­ schließlich von der Landwirtschaft. Die Glas­ machersiedlung war damit im Übergang zur Endphase, der rein bäuerlichen Siedlung, begriffen. Georg Goerlipp 105

175 Jahre Baarverein Zum Jubiläum des „Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar“ Der „Verein für Geschichte und Natur­ geschichte der Baar“, wohl der älteste Ge­ schichtsverein im deutschen Südwesten und einer der ältesten Vereine seiner Art in ganz Deutschland, konnte am 19.Januar 1980 die 175. Wiederkehr seiner Gründung feiern. Es war ein Anlaß, Rückschau zu halten auf die Anfange der Vereinigung und auf ihre frucht­ bare und aus der Geistesgeschichte unseres Raumes nicht wegzudenkende wissenschaft­ liche und kulturelle Tätigkeit. Wie bei einem solchen Alter kaum anders zu erwarten, spiegeln sich in der Vereinsge­ schichte die allgemeinen geschichtlichen Gegebenheiten in vielfaltiger Weise wider. Dies zeigt besonders deutlich der Blick zu­ rück in die Zeit um das Gründungsjahr 1805: Der Gründungsort Donaueschingen war Re­ sidenzstadt und Verwaltungsmittelpunkt des Fürstentums Fürstenberg, das damals noch praktisch souveränes Territorium innerhalb des Heiligen Römischen Reiches war. Die Initiatoren selbst standen in enger Verbin­ dung zum Fürstenhaus. Das Gründungspro­ tokoll weist deutlich auf den damaligen äußeren Rahmen hin, denn man wollte sich – zumindest vorläufig – auf die Erforschung der fürstenbergischen Gebiete beschränken. Auch die Tatsache, daß die neugegründete Gesellschaft ihre Bestätigung durch ein fürstliches Diplom suchte, zeigt das Einge­ bundensein in die allgemeinen Zeitverhält­ msse. In dieser Zeit, die einerseits noch weit­ gehend vom Absolutismus geprägt war, andererseits aber nur wenige Jahre vorher die Sprengkraft der Ideale der Französischen Revolution erlebt hatte, reifte nach längeren Vorüberlegungen die Idee der Gründung einer wissenschaftlich ausgerichteten Gesell­ schaft heran. Ein Kreis gelehrter Männer aus der näheren Umgebung – darunter Freiherr Friedrich Roth von Schreckenstein, später der erste Direktor der Gesellschaft, sowie 106 der fürstliche Leibarzt Josef Rehmann und der als Handschriftensammler und Germanist berühmt gewordene Landesoberforstmeister Baron Joseph von Laßberg – versammelte sich schließlich am 13. Januar 1805, um die Gründung in die Wege zu leiten. In den vollständig erhaltenen und minuziös geführ­ ten Vereinsakten heißt es in dem mit Nr. 1 bezeichneten Protokoll über diese Sitzung: „Heute versammelten sich die obengenann­ ten H. Herren zum erstenmale in dem Q!iartiere des Reichsfreyherrn v. Schrecken­ stein, um die schon früher individuel gegen sich geäußerte Wünsche zur Bildung einer literarischen Gesellschaft in allgemeine Be­ rathung zu bringen, und über die Fragen ,Ob?‘ und ,Wie?‘ die ersten Liniamente und Rudirnentalbedingungen zu entwerfen.“ Am 19.Januar 1805 wurde dann die Con­ stitutions-Akte verabschiedet und damit die „Gesellschaft der Freunde vaterländischer Geschichte und Naturgeschichte an den Q!iellen der Donau“ offiziell aus der Taufe gehoben. Die Vereinigung setzte sich zum Ziel, „denjenigen Strich Landes, dessen Mit­ telpunkt der Residenz-Ort Donaueschingen ist, genau kennen zu lernen, in Hinsicht auf dessen ältere, und neuere Geschichte, dessen Topographie, und Geographie, dessen Natur­ produkte nach den drey Reichen der Natur, und derselben Anwendung durch die Forst-, und Landwürthschaft, und durch die Tech­ nologie“. Wie hieraus deutlich wird, sollte – durch­ aus im geistigen Gefolge der Aufklärung – nicht nur zweckfreie Wissenschaft betrieben werden, sondern auch der praktische Nutzen für die Ernährung und Versorgung der Be­ völkerung in den Fürstenbergischen Landen Mit diesem Diplom bestätigte der vormundschaft­ lich regierende Landgraf Joachim Egon mit Datum vom ].Juli 1805 die Gründung des Baar­ Repro: Georg Goerlipp vereins.

wurde ins Auge gefaßt; die Erzeugung einer genügend großen Menge von Nahrungs­ mitteln für eine wachsende Bevölkerung war damals durchaus ein hautnahes Problem in unserer Gegend. Die Gründer dachten „nach Umfluß einiger Jahre“ -man nahm einen Zeitraum von 9 Jahren an -abgeschlossene Beschreibungen der verschiedenen Wissens­ gebiete zu liefern, die dann als Grundlage für Verbesserungen in Landwirtschaft, Handel und Technik praktischen Nutzen spenden könnten. Zu diesem Zwecke hatte sich jedes Mit­ glied (zum Mitglied wurde man gewählt und bestätigte dann seinen Beitritt mit Unter­ schrift und Siegel) ein bestimmtes Fachgebiet auszuwählen und alljährlich wenigstens einen Fachbeitrag zu liefern. Unübersehbar dominieren in den ersten gedruckten, 30 Namen umfassenden Mitgliederliste von 1806 die naturwissenschaftlichen Fachrich­ tungen, allen voran die Botanik, Schrecken­ steins Wahlfach, aber auch Obstbau, Land­ und Forstwirtschaft, wogegen die Erfor­ schung der Geschichte in dieser ersten Zeit kaum Interesse gefunden zu haben scheint. Bei der durchaus auf den praktischen Nutzen ausgerichteten Zielsetzung ist es nicht verwunderlich, daß der Gesellschaft wenige Monate nach der Gründung vom vormundschaftlich regierenden Landgrafen Joachim Egon ein gesiegeltes Pergament ausgestellt wurde, in dem ihre Existenz wegen ihres „gemeinnützlichen Zweckes“ offiziell genehmigt wurde. Wie das Diplom selbst, so bringt auch die amtliche Mitteilung über die landesherrliche Bestätigung der Ge­ sellschaft im Donaueschinger Wochenblatt vom 10.Juli 1805 die Hoffnung auf „succes­ sive nützliche Resultate ihrer Bemühungen“ zum Ausdruck. In den ersten Jahren ihrer Existenz ent­ faltete die „Gesellschaft der Freunde vater­ ländischer Geschichte und Naturgeschichte an den Q!lellen der Donau“ eine reiche Tätigkeit. Nach dem Tode Schreckensteins jedoch und nach dem durch die Mediati­ sierung bedingten Wegfall der ansehnlichen 108 fürstlichen Zuwendungen erlahmte die Ver­ einstätigkeit und kam 1819 schließlich zum Erliegen. Die eigentliche wissenschaftliche Arbeit wurde jedoch im Stillen fortgesetzt, vor allem von Wilhelm Rehmann. 1842 ge­ lang dann die vorher mehrfach vergeblich ver­ suchte Wiederbelebung der Gesellschaft durch den Gymnasiumsdirektor Fickler, Professor Bernhard Laubis und den Leibarzt Emil Rehmann, die in den folgenden Jahren stärker die Erforschung der Geschichte pfleg­ ten. Durch engen Anschluß an den Alter­ tumsverein des Großherzogtums Baden er­ schloß sich eine Möglichkeit, ohne große finanzielle Belastungen die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschungen in dessen Schriftenreihe zu publizieren. Die 48er Re­ volution und der beruflich bedingte Wegzug des Gymnasiumsdirektors Fickler hatten jedoch bald einen erneuten Stillstand der Vereinstätigkeit zur Folge. Ein dritter Abschnitt in der Vereinsge­ schichte begann dann mit der Wiederbe­ gründung am 19.Januar 1870. Starke Impulse hierzu waren vom Bau des Sarnrnlungsge­ bäudes am Karlsplatz ausgegangen, denn jetzt boten sich der sammelnden und for­ schenden Tätigkeit über Bibliothek und Archiv hinaus neue Möglichkeiten. Spiritus rector war Emil Rehmann. Unter seiner Lei­ tung gelangte der Verein, der sich jetzt „Verein für Geschichte und Naturgeschichte der Baar und der angrenzenden Landestheile“ nannte, rasch zu einer blühenden Tätigkeit. Dies war nicht zuletzt der Verwirklichung eines alten Traumes zu danken: der Heraus­ gabe einer eigenen Schriftenreihe. Ein erster Band mit einem landesgeschichtlichen Bei­ trag über die Landgrafen von Lupfen-Stüh­ lingen und eine Arbeit über die chemische Zusammensetzung verschiedener Donau­ eschinger Quellen und Gewässer konnte bereits im Jahre 1871 erscheinen. Im Abstand von durchschnittlich 3-4 Jahren kamen weitere Bände heraus mit einer Fülle von Arbeiten zur Landes-, Orts-und Kirchen­ geschichte, über die Ergebnisse archäolo­ gischer Grabungen in der Baar, über Orts-

Karl Münch, anläßlich des Jubiläums als 500. Mitglied des Baarvereins geehrt, trägt sich in die Liste der Festgäste ein. Rechts der Vorsitzende der Abteilung Geschichte, Oberstudienrat W Hi/perl, links der Vorsitzende der Abteilung Naturgeschichte, Prof W Paul und Familiennamen, über Flora und Fauna der Baar, zum Klima, zur Geologie und Hydrologie, zu Architektur und Kunstge­ schichte. Bis heute sind 32 Bände erschienen – viele davon gesuchte Raritäten-, ein weiterer Band steht vor der Veröffentlichung. Der Baarverein hat sich seit seiner Neu­ belebung im Jahre 1870 kontinuierlich wei­ terentwickelt, und hat auch die schwierigen Jahre, in denen versucht wurde, den Verein gleichzuschalten und den nationalsoziali­ stischen Zielen dienstbar zu machen, ohne Aufgabe seiner Prinzipien heil überstanden. Heute stellt der Baarverein eine Institution dar, die aus dem wissenschaftlichen und kul­ turellen Leben der Baar und ihrer Nachbar­ schaft nicht mehr wegzudenken ist. Wenn sich auch der Name und die äußeren Ge­ gebenheiten ebenso wie die engere Ziel- setzung gewandelt haben, wenn heute mit der Mitgliedschaft auch nicht mehr die Pflicht zu wissenschaftlicher Tätigkeit verbunden ist, so ist doch die Devise, die auf fast jeder Beitrittserklärung des Gründungsjahres 1805 zu lesen steht: „das Vaterland kennen lernen und ihm nützen“ in weiterentwickelter Form immer noch gültig. Der Verein sieht es auch heute als eine Hauptaufgabe an, Land, Leute und ihre Kultur vertieft kennenzulernen, darüber hinaus aber auch mit kritischer Auf­ merksamkeit die Veränderungen am natür­ lichen und am kulturellen Bestand zu ver­ folgen und gegebenenfalls Fehlentwicklun­ gen entgegenzuwirken. Diese Aufgaben werden wahrgenommen durch Vorträge, Ex­ kursionen und durch Vereinspublikationen. Am Beispiel des Jahresprogrammes 1980 mag die Vielschichtigkeit der Vereinsaktivi- 109

täten deutlich werden: der Verein bietet 6 Vorträge zu naturwissenschaftlichen und archäologisch-geschichtlich-kunstgeschicht­ lichen T hemen an, 1 Filmveranstaltung über die Zimmerische Chronik und ihre Schau­ plätze, 4 Halbtagsexkursionen mit geolo­ gischer, forstkundlicher oder kunstgeschicht­ licher Ausrichtung, die ganztägige Jahres­ exkursion in die Uracher Alb, dazu noch 9 sogenannte Kleine Abende zu vermischten T hemenkreisen. Außerdem findet im Laufe des Jahres eine öffentliche Ausstellung mit Dokumenten aus der Zeit um das Grün­ dungsjahr 1805 statt, in deren Rahmen Teile des Vereinsarchivs zu sehen sind. Auftakt und zugleich Höhepunkt im Jahre 1980 war die Festsitzung am 19.Januar aus Anlaß der 175. W iederkehr des Grün­ dungstages. Nahezu 200 Mitglieder von nah und fern waren der Einladung nach Donau­ eschingen gefolgt. Umrahmt von einem Michael Haydn zugeschriebenen Diverti­ mento, dessen Manuskript vermutlich im Kloster Mariahof in Neidingen abgeschrie­ ben wurde und das heute zu den Beständen der F. F. Hofbibliothek gehört, wurde der Urgründung des Vereins am 19. Januar 1805 gedacht. Im Mittelpunkt des Festaktes stand ein bemerkenswerter Vortrag des langjährigen früheren Vorsitzenden der geschichtlichen Abteilung, Prof. Dr. K. S. Bader, über die Gründungsgeschichte. Unter großem Beifall konnte an diesem Abend auch das 500. Mit­ glied begrüßt werden. Der Verein hat damit eine in seiner Geschichte noch nie dagewese­ ne Mitgliederzahl erreicht, Ausdruck einer immer noch wachsenden Wertschätzung, zu­ gleich aber auch Auftrag und Verpflichtung, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen. Wolfgang Hilpert, Vorsitzender der geschichtlichen Abteilung. Hexen – ein trauriges Kapitel auch auf der Baar Allein von 1632 bis 1635 wurden in Bräunlingen 13 „Hexen“ verbrannt Hexen gehören zu den typischen Figuren der schwäbisch-alemannischen Fasnacht. In Aussehen und Verhalten entsprechen sie der Märchenhexe, die jeder als Kind kennen­ gelernt hat: Häßlich und gefährlich, unheim­ lich und böse. So wenig Märchen- und Fas­ nachtshexen existieren, so wenig gab es zu irgendeiner Zeit tatsächlich Hexen – doch ist es bekannt, daß Hexenverfolgungen und Hexenprozesse stattfanden – sogar hier auf der Baar! Die Entstehung des Hexenglaubens und seine Entwicklung bis zu ihrem katastropha­ len Höhepunkt läßt sich in drei Stufen glie­ Hexen“ – die längste Zeit nicht mit dern: “ diesem Wort bezeichnet – haben ihren Ur­ sprung in der Tradition der römisch-grie­ chischen Antike. Das frühe Christentum mußte sich noch ständig mit den Relikten heidnischer Religion auseinandersetzen: so gab es einen Kult der römischen Göttin Diana und ihrer griechischen Entsprechung und wilde Feste von Bacchantinnen, wobei Frauen mit diesen Göttinnen angeblich nächtliche Flüge unternahmen und Orgien feierten. Im frühen Mittelalter legte die Canon E piscopi“ fest, daß es nach Kirche im “ der christlichen Lehre solche zauberischen Flüge nicht gäbe – allenfalls in der Phantasie der betreffenden Personen. Solche Phantasien waren jedoch Götzen­ dienst und wurden mit Exkommunikation bestraft. Ernst nahm die Kirche jedoch die angebliche Fähigkeit dieser Menschen, durch besondere Kräfte Böses bewirken zu kön­ nen – Schadenszauber aller Art, sogenannte „Maleficien“. Mit dem Aufstieg der Kirche zur politischen Macht nahm die Entstehung der Sekten und gleichzeitig ihre Bekämpfung durch die Ketzerprozeße zu (Ende des 12. Jahrhunderts). Dadurch, daß der Glaube an schädliche Zauberkunst mit der Ketzerver- 110

folgung ernsthaft bekämpft wurde, wuchsen Furcht und Wahnvorstellungen gerade erst. Die zweite Phase der Entwicklung fand vom 13.Jahrhundert an statt: Alle Dämonen wurden diabolisiert -d. h. alle bösen über­ irdischen Wesen wurden zum Satan und seinen Geschöpfen. Alles unerklärliche Übel wurde als Werk des Teufels erklärt. Die Scho­ lastiker Albertus Magnus, Thomas von Aquin und Bonaventura bestimmten, daß Zweifel an der Dämonologie ein Verstoß gegen die Autorität der Kirche bedeute. Satan und die mit ihm gestürzten Engel könnten Gestalt annehmen und so mit ihren An­ hängern, den Ketzern, verkehren. In eine Verbindung mit teuflischen Wesen könne sowohl tatsächlich als auch als Il1usion ein­ gegangen werden. Die geschlechtliche Ver­ bindung mit dem Teufel ist der ungeheuer­ lichste Vorwurf an die „Ketzer“, die Scho­ lastiker waren jedoch auch überzeugt von der Möglichkeit des nächtlichen Fluges durch die Luft und des Schlechtwetter-Zau- bers. Ketzerprozesse waren Inquisitionspro­ zesse, d. h. auf bloße Verleumdung hin wurden Menschen verhaftet, bis zum Ge­ ständnis gefoltert und dann verbrannt. Aus dieser Entwicklung ergibt sich die Entstehung des Hexenglaubens: Der Frau als dem körperlich schwächeren Geschlecht unterstellte die Kirche andere Fähigkeiten, die diese Schwäche ausgleichen sollten – Zauberkünste! Wie bereits der Sündenfall gezeigt hätte, sei die Frau der Sünde und dem Bösen zu­ gänglicher als der Mann. Sie störe den Mann in seiner von der Kirche geforderten Askese und füge ihm oft durch Zauberei Schaden zu: Zu den häufigsten Malefizien gehörte der Impotenzzauber, der überall da gesehen wurde, wo die Ursachen psychischer Art waren. „Hexen“ waren eine neue Sekte be­ sonders gefährlicher Ketzer. 1481 erließ Papst Innozenz III. seine be­ rühmte Hexenbulle: Hexen, auch diejenigen, die es sich nur einbilden, eine zu sein, sind 9. Der Holzschnin zeigt den Teufel, der zu Wolfsberg (Kärnten) ein Frau durch die Luft davongetragen haben oll (Detail au einem Flu blatt von 1517)�—·- 111

Ketzer. Die Verfolgung begann. 1487 ver­ faßten zwei Dominikaner ein offizielles Handbuch für Inquisitoren, den Hexen­ “ hammer“, Malleus maleficarum“, das das “ Treiben der Hexen genau schilderte und eine Anleitung für die Prozeßführung mit Fragen­ katalog und Folteranweisungen enthielt. Der Vorwurf war, daß Hexen das Christentum parodierten durch Hexensabbate, Teufelsan­ betung und schwarze Messen und – durch Unzucht mit dem Teufel. Zwischen Hexe und Teufel bestünde ein Pakt, sie wäre dem Satan sexuell hörig und müßte in seinem Auftrag und mit seiner Hilfe Christen schä­ digen. Der Vorwurf der Ketzerei ging die Kirche an, doch der Schadenszauber ein weltliches Gericht; die Tendenz ging dahin, daß das letztere den Prozeß schließlich alleine führte, die Kirche durch die Beichtväter“ von Hexen“ jedoch weiterhin einen nicht “ unbedeutenden Einfluß ausüben konnte. “ Wurde eine Frau einmal als Hexe denun­ ziert, so gab es so gut wie keine Möglichkeit mehr für sie, dem Tod zu entrinnen: Nach den Regeln des lnquisitionsprozesses wur­ den „Hexen“ auf bloße Denunziation hin verhaftet. Denunziation war Pflicht; wer nicht an Hexerei glaubte oder eine Hexe verteidigte, machte sich selbst schnell der Hexerei verdächtig. Die Hexe wurde zunächst den sogenann­ Hexenproben“ unterzogen, d. h. man ten “ suchte nach einem Merkmal, daß ihre Ver­ bindung mit dem Teufel beweisen sollte. Die häufigste Methode war die Wasserprobe: Die gefesselte Verdächtige wurde an Seilen ins Wasser gelassen; schwamm sie an der Ober­ fläche, so war sie eine Hexe, da das reine Element Wasser sie abstieß. Ging sie unter, so war sie unschuldig, oder aber eine List des Teufels half ihr, und wenn sie nicht ertrank, war ihr auch so der Feuertod als Hexe gewiß. In Wirklichkeit lag es natürlich an der W ill­ kür des Henkers, die Gefesselte schwimmen oder untergehen zu lassen. Vor der Tortur nahmen die Folterknechte die Nadelprobe vor, indem sie mit einer Nadel alle möglichen Körperstellen danach 112 untersuchten, ob vielleicht durch des Satans Kunst eine schmerzunempfindliche Stelle zu finden sei. Je nachdem, wie tief sie dabei einstachen, fand sich dabei eine solche Stelle früher oder später. Da man annahm, daß der Teufel seinen Pakt mit der Hexe durch ein Zeichen auf ihrem Körper besiegelte, sengten Folterknechte ihr sämtliche Körperhaare ab und suchten auf erniedrigende Weise nach einem Zeichen des Satans, das als Warze, Leberfleck oder ähnliches auch meistens ge­ funden wurde. Zwischen den sadistischsten Folterungen wurde die Hexe nach den Anweisungen des ,,Hexenhammers“ befragt, und jeder Trick, jedes Mittel war erlaubt, um ein Geständnis zu erzwingen. Ohne Geständnis wurde keine Hexe verbrannt – also wurde sie solange gefoltert, bis sie gestand oder auf der Folter starb.Jede Verteidigung einer Hexe war nutz­ los, da alle Indizien, die für ihre Unschuld sprachen, Eingebungen des Teufels sein sollten. Gestand eine der Unglücklichen, was die Richter von ihr hören wollten – daß der Satan ihr Liebhaber gewesen sei, daß sie ihren Mitbürgern allen möglichen absurden Scha­ den zugefügt und schlechtes Wetter gehext habe, so ließ man ihr noch keine Ruhe. Die Tortur ging weiter, bis sie noch andere Personen, die mit ihr bei den Hexenorgien gewesen sein sollten, genannt hatte, oder bis sie die Frage des Richters, ob Personen, die er namentlich nannte, auch Hexen seien, einfach nur bejaht hatte. Es lag nämlich nicht im Interesse der an der Hexenverfolgung beteiligten Richter, es bei der einen über­ führten Hexe bewenden zu lassen, sondern durch viele „Hexen“ ein möglichst gutes Geschäft zu machen: Sie machten erhebliche Einnahmen bei der Konfiszierung des Ver­ mögens der Hingerichteten. So kam es, daß so gut wie nie in einem Ort nur eine Hexe verbrannt wurde, sondern daß ein Hexen­ prozeß sich stets zu einer Epidemie aus­ weitete, die in Europa hunderttausenden Frauen den qualvollsten Tod brachte: Nur als besondere Gnade wurden diejenigen, die die Folter überlebt hatten, vor der Ver:

brennung auf dem Scheiterhaufen erdrosselt oder enthauptet. Im 16. Jahrhundert – der Zeit des Um­ bruchs vom Mittelalter zur Neuzeit, einer Zeit der Kriege und Epidemien, der religiösen und sozialen Unsicherheit, der Verzweif­ lung – war der Hexenwahn auf seinem Höhepunkt. Die Reformation änderte daran nichts, und mehr oder weniger zutreffend formulierte Kritik fruchtete lange Zeit nichts -1775 wurde in Deutschland die letzte Hexe hingerichtet. Über Hexenprozesse in unserer Gegend berichten Urkunden, Protokolle von Hexen­ prozessen und die Abrechnungen der Scharf­ richter: 25 Frauen und zwei Männer aus Löffingen und Röthenbach wurden zwischen 1635 und 1636 in Blumberg gefoltert und verbrannt. Den Prozessen voraus gingen die W irren des Dreißigjährigen Krieges und eine Naturkatastrophe: Ein Hagel hatte auf weiten Gebieten der Baar fast alles vernichtet. Für all dieses Elend mußte ein Sündenbock gefunden werden. Nach grausamsten Folterungen gestanden alle Verdächtigen mehr oder weniger schnell alles, was das Gericht von ihnen verlangte. Da die Befragung nach dem ,,Hexenhammer“ vor sich ging, gleichen sich die Aussagen im Wesentlichen: Alle Hexen feierten mit dem Satan Orgien, flogen auf Besen oder ähn­ lichen Geräten zum Tanzplatz, schändeten Hostien, schädigten Vieh und zauberten Unwetter herbei. Dann denunzierten sie an­ dere, die gesehen zu haben die Richter ihnen nahelegten. Um die beiden Männer zu ver­ führen, hätte der Teufel Frauengestalt ange­ nommen. Der eine der beiden war ein Löffinger Schneider, der andere, Matthias G !unk aus Löffingen, war selbst Hexenrichter gewesen. Er wußte, in was für einer auswegs­ losen Situation er sich befand, und versuchte sogar, aus dem Kerker zu entfliehen. Mit denselben unfairen, absurden Methoden, die er bei zahlreichen „Hexen“ angewandt hatte, wurde er selbst zu Grund gerichtet. Zwischen 1632 und 1635 fanden in Bräun­ lingen Hexenprozesse statt, die durch die Hexentrcihm ,uif dem Bocksberg. Aef einem Flugblatt des 16.jahrhunderts. Aussagen zweier Hüfinger Hexen ausge­ brochen waren: Anna Bennerin (Benner) und Anna Beurin (Bauer) gaben auf der Folter an, die Bräunlingerinnen Magdalena Schwenk und Verena Hornung beim Hexen­ tanz auf Schosen und dem „Eschinger Berg“ (Sehellenberg?) gesehen zu haben. Die Bräunlingerinnen wurden 1632 als Hexen verbrannt, nachdem sie sich gegenseitig als Hexen bezichtigt und Magdalena Schwenk ohne richterlichen Zwang, aus persönlichen, unklaren Rachemotiven ebenfalls als Hexe angegeben hatten. Der Barbara Riedtmüller, einer gebürtigen Löffingerin, Ehefrau eines angesehenen Bräunlinger Rates sollte das gleiche Schicksal wie ihr widerfahren. Barbara Riedtmüller wurde verhaftet, verhört und wieder frei­ gelassen – bis zum Tode ihres Mannes.1635 wurde sie dann erneut in Kerkerhaft ge­ nommen, gefoltert und dadurch zu haar­ sträubenden „Geständnissen“ gezwungen. Sie gab weitere drei Personen als Hexen an: 113

Magdalena Clausen, den Schreiner Lorenz Zirlewagen und Maria Corhummel. Während die Clausen und der Schreiner sich gegen­ seitig belasteten, gab Maria Corh ummel eine zu der Zeit bereits inhaftierte Frau an: Maria Bruggmann sei auch eine Hexe. Auf der Folter gesteht diese dann, Maria Haug bei den Hexentänzen gesehen zu haben. Die Urkunden über die Bräunlinger Hexenprozesse, Gerichtsprotokolle, Gut- achten und die Abrechnungen des Hüfinger Scharfrichters wurden 1826 von dem dama­ ligen Bräunlinger Stadtpfarrer Steigmeyer ausgewertet; ein großer Teil dieser Dokumen­ te ging jedoch verloren. Es waren insgesamt 13 Hexen, darunter ein 15jähriges Mädchen und der Schreiner Zirlewagen, die zwischen 1632 und 1635 in Bräunlingen verbrannt wurden – eine traurige Bilanz. Susanne Huber Die Modernisierung einer Standesherrschaft Hinweis auf ein Buch über Karl Egon III. und das Haus Fürstenberg in den Jahren nach 1848/49 Das 19. Jahrhundert, der Übergang vom Feudalismus zur Industrieepoche, hat für das Haus Fürstenberg, eine der bedeutendsten Standesherrschaften im südwestdeutschen Raum, entscheidende und grundlegende Veränderungen gebracht. Gegen Ende des Jahrhunderts zeigte sie eine den neuen Zeit­ umständen angepaßte Gestalt, die kaum noch an die alte, in feudale Strukturen ein­ gebettete Standesherrschaft des Vormärz er­ innerte. Sie war ein privatwirtschaftliches Unternehmen geworden und wirtschaftlich konsolidiert. Der Besitz war beträchtlich ver­ mehrt und abgerundet. Sie habe das Wagnis der „Modernisierung“, das sie nach der Mitte des Jahrhunderts auf sich nahm, mit Erfolg bestanden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Neuerscheinung mit dem Titel „Die Moder­ nisierung einer Standesherrschaft“ und mit dem Untertitel „Karl Egon III. und das Haus Fürstenberg nach 1848/49“. Der Autor des 1980 im Jan Thorbecke Ver­ lag Sigmaringen erschienenen Buches ist Graf Erwein H. Eltz. 1941 in Wien geboren, promovierte der Verfasser nach dem Stu­ dium der neueren Geschichte, Psychologie und Philosophie an der Universität seiner Geburtsstadt. Seit 1978 ist er als Mitarbeiter der Historischen Kommission bei der Bayri­ schen Akademie der Wissenschaften mit der Herausgabe der Urkunden des Reichstags zu Speyer 1544 betraut. 114 Fürst Karl Egon III. zu Fürstenberg Erwein H. Eltz boten sich bei der Mate­ rialbeschaffung für seine Untersuchung besonders günstige Voraussetzungen im F. F. Archiv zu Donaueschingen. Er hat am Für­ stenberggymnasium das Abitur abgelegt und steht in verwandtschaftlichen Beziehungen zum Donaueschinger Fürstenhaus. In dessen Diensten war sein Vater lange Jahre als Leiter des F. F. Bauamtes und Liegenschaftswesens tätig gewesen. Bei der Wahl des Themas, das auch seiner Doktorarbeit bei Professor Dr.

Heinrich Lutz, Wien, zugrundelag, war der Doktorant beraten von dem Rechtshistori­ ker Professor Dr. Karl Siegfried Bader, Zürich, einem Sohn der Baar und weit über sein Fachgebiet hinaus dem derzeit wohl besten Kenner der Geschichte der ehedem Fürstenbergischen Gebiete im deutschen Südwesten. Anhand der Biographie des Fürsten Karl Egon III. (1820-1892) untersucht Dr. Eltz die Reaktion dieses Standesherrn und seines tüchtigen Domänendirektors Johann Nepo­ muk Prestinari auf die tiefgreifenden Wand­ lungen in Staat und Gesellschaft um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Dabei steht nicht der Fürst selbst im Mittelpunkt der Untersu­ chung. Karl Egon III., dessen „Regierungs­ stil“ es war, Verantwortung auf maßgebliche Mitarbeiter zu delegieren, bleibt in der Stu­ die im Hintergrund zugunsten einer einge­ henden Schilderung der Entwicklung der einzelnen Verwaltungszweige und wirt­ schaftlichen Unternehmungen der Standes­ herrschaft. Ausgehend von der organisatorischen Umwandlung der Verwaltung, schildert Dr. Eltz, wie und mit welchem Ergebnis die wirt­ schaftlichen Aktivitäten des Hauses Fürsten­ berg modernisiert wurden. Es wird darge­ stellt, wie es vor allem seit den 1860er Jahren gelang, die Wirtschaft und das Gewerbe den Bedingungen der modernen Industriegesell­ schaft anzupassen. Breiten Raum nehmen hier die Kapitel über die Neuordnung der Forstverwaltung, die Entwicklung des Wald­ besitzes, die Bedeutung des Holzhandels und die Vermehrung des Fürstenbergischen Waldeigentums ein. War auf wirtschaftlichem und verwal­ tungsorganisatorischem Gebiet Prestinari der Mann, der die Dinge in Bewegung brachte, so in den Bereichen von Kunst und Kultur der Fürst selbst. Hier geht alles auf seine Initiative und großzügige Unterstüt­ zung zurück. Dabei zeichnet er sich als einer der großen Mäzene unter den Standesherren des 19. Jahrhunderts ab. Die Schätze der Fürstlichen Sammlungen machte er im umgebauten Haus am Karlsplatz (1869) einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Die Fürst­ lichen Institute, vor allem Archiv und Biblio­ thek, waren unter seiner Regierung Durch­ gangsstation, aber auch Sprungbrett zu gro­ ßen Karrieren bedeutender Forscher und Gelehrter, wie Riezler, Schreckenstein, Bau­ mann, Barack und Aloys Schulte. Karl Egon III. – so das kulturelle Resümee – hat gelehrte Männer an seinen Hof berufen,,,durch deren Arbeit die kleine Stadt zu einem Zentrum des kulturellen Lebens in Baden wurde“. Ein großer Teil der Bedeutung der Stadt Donau­ eschingen auf kulturellem Gebiet „beruht bis heute auf dem großzügigen Ausbau der Institute für Kunst und Wissenschaft unter dem Fürsten Karl Egon III.“ Die Neuerscheinung, 268 Seiten stark, dürfte in der neueren landesgeschichtlichen Literatur einen wichtigen Platz behaupten. Ein Bildanhang stellt Mitglieder des Hauses Fürstenberg und maßgebliche Mitarbeiter aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor. Lorenz Honold -·�“ espanoleta von den bergen ist mir nichts geblieben als ein bild aus fels und dunklen pinien und am horizont die schattenlinien über denen blasse wolken trieben von den rot und braun gebrannten steppen blieben keine der zwölf weißen sonnen die der schwüle wind schon früh begonnen hatte in den heißen tag zu schleppen von den fischerbooten die in hellen wassern tanzten bis hinaus zum meer tönt ein ferner ruderschlag – nicht mehr mir entgegen mit dem puls der wellen nur die alte weise ist geblieben wie sie klang vom rosengarten her: was sind berge – sonne – meer wenn sich menschen nicht mehr lieben? norbert fleck 115

Boden- und Geschichtsdenkmale „Laubenhausen“ – eine versunkene Stadt Oder nur eine Viehweide? – Reste eigenartiger Steinmauern geben Rätsel auf “ “ Auf den dichtbewaldeten Anhöhen süd­ Breg“, zwischen dem Gasthaus lich der “ ,,Schwarzer Bub“ und dem Krumpenhof‘, trägt ein Distrikt des Hubertshofer Waldes La u b e n h a u s e n „. Der den Namen ahnungslose Wanderer oder ein Pilzesamm­ ler, der sorgfältig den Waldboden absucht, stößt unerwartet an Fundamente langgezo­ gener, zum Teil auch parallel laufender Stein­ mauern, schwerfällig aneinandergereihter und übereinandergesetzter Steinquader, wie sie der geologische Untergrund des Oberen Buntsandsteins dort fast gebrauchsfertig liefert. Hier muß etwas gewesen sein! Men­ schen waren da am Werk, doch es dürfte schon lange her sein! Generationen beschäftigten sich mit die­ sem Phänomen und immer wieder erzählen die Einheimischen, vor allem die älteren Jahrgänge aus den Waldorten Hubertshofen und Mistelbrunn, von einer versunkenen “ Stadt“, deren erste Spuren in einer knappen halben Wegstunde zu erreichen sind. Sagen und Erzählungen weben und wirken um die­ sen geheimnisumwitterten Ort und lassen für konkrete Tatsachen einen sehr weiten Spielraum offen. Und wer einmal einen langen Abend in enger Runde am Feuer bei der „W ilddobelhütte“ kauerte und zu später Stunde dem eingeweihten Erzähler aufmerk­ sam lauschte, wird Gänsehaut verspüren im Glauben, ein Geräusch oder schattenhafte Umrisse vom „Laubenhauser Geist“ zu ver­ nehmen, der in den moosbedeckten Mauer­ resten umherirren soll. Sind diese Mauem, ohne Mörtel zusam­ mengefügt, Ruinen einer ehemaligen Stadt, von der sogar vermutet wird, daß sie lange vor Villingen existiert hat? Oder sind sie Reste einer einstigen Ortschaft? Aus Auf­ zeichnungen, die bereits etwa hundert Jahre alt sind, ist zu entnehmen, daß sich „wohl Moosbedeckte Mauerreste im Krumpendobel im Bregtal 116

Straße nach Bubenbach Fesenmayerhütte Mistelbrunn alte Leute erinnern“, wie vor Zeiten die Donaueschinger – und dieser Waldkomplex rührt aus der frühen Zugehörigkeit eines Teiles von Hubertshofen zur Pfarrei Donau­ eschingen her – im Sommer ihr Vieh zur Weide in diesen Wald getrieben haben. Aus alten Unterlagen des fürstlichen Archivs ist zu entnehmen, daß das Vieh dort vor den einrückenden Franzosen während der Kriegs­ jahre am Ende des vorigen Jahrhunderts verborgen wurde. Doch für eine bloße Viehweide war diese umfangreiche Anlage sicherlich nicht ge­ dacht. Man muß sich fragen, ob es notwen­ dig war, um diesen Zweck zu erreichen, so ungeheure Steinmassen aufzuhäufen. An­ dere Annahmen sprechen von einer Art “ “ , in welche sich die „Flieh- oder Höhenburg Bewohner der angeblich umliegenden Höfe und Ortschaften zu Kriegszeiten zurückge­ zogen haben sollen. Auch von einer „Hand­ delsstadt Laubenhausen wird gesprochen, doch nach Art und Umfang der Siedlung könnte eher angenommen werden, daß es sich um eine Siedlung von Waldbauern ge­ handelt haben kann, die Waldweide betrie­ ben. “ Der jn Hüfingen geborene Heimatschrift­ steller Lucian Reich d.J. (1817-1900) schreibt von einem abge­ in seinem „Hieronymus gangenen „Laubenhauser Hof‘, von Sitten und Gebräuchen der benachbarten Umge­ bung und von Ereignissen in der Zeit der Napoleonischen Kriege. Hauptfigur in der 117

Szene des Zeitgeschehens ist der junge „Hiero­ nymus“, Sohn des Großknechts auf dem „Laubenhauser Hof‘. Ein Hof dieses Namens existiert aber weder in Urkunden noch in der Erinnerung der örtlichen Nachwelt. Im Wissen um das „abgegangene Laubenhausen“ und in Kenntnis der vorhandenen Wall­ und Mauerkonturen ließ sich vermutlich Lucian Reich inspirieren. Auch Viktor von Scheffel, der in den Jahren 1857 bis 1859 als Archivar in Donaueschingen wirkte, schreibt über seinen Besuch an diesem Ort: Er nennt ihn „Laubenhausen-Olirn“ und bringt ihn mit Mistelbrunn in Zusammen­ hang, wo im vergangenen Jahrhundert ein keltisches Broncebeil gefunden wurde. Im Winkel zwischen Bregtal und dem Krumpendobel erhebt sich in unmittelbarer Nachbarschaft von „Laubenhausen“ der so­ genannte „Schloßberg“ mit dem kartogra­ phischen Eintrag einer Ruine „Altfürsten­ berg“. Eine Burg dieses Namens wird weder in Akten noch in alten Urkunden erwähnt. Diese Bezeichnung mag wohl von den Bauern und Forstleuten der nahen Umge­ bung verwendet worden sein, nicht zuletzt, um den Gegensatz zu der eine halbe Stunde westwärts entfernt liegenden Burg „Neufür­ stenberg“ bei Hammereisenbach zu konkre­ tisieren. Im Donaueschinger Archiv findet sich ein Bericht über einen Besuch des damaligen Fürstlich Fürstenbergischen Archivars Döpfer aus dem Jahr 1782. Döpfer fand auf dem damals wie heute dichtbewaldeten Höhenzug über der Breg keine Spur von Mauem, ,,hingegen in einem zirkelförmigen Bezirk von 700 bis 800 Schritten ein Boll­ werk, das aus einer ungeheuren Menge auf­ einander getürmter Steine·besteht“. Er sprach die Vermutung aus, daß dieses Bollwerk in „Kriegsunruhen von Bewohnern des Schwarzwaldes aus den Ruinen des Schlos­ ses Altfürstenberg, teils zur Sicherheit ihrer Habe, teils zur Abwehr des Feindes aufge­ führt ward“. Diese Annahme dürfte aus­ scheiden, da eine Burg „Altfürstenberg“ nie bestanden hat. Eine ähnliche, in ihren Aus- 118 maßen um ein Vielfaches größer angelegte Befestigung befindet sich, nur etwa eine Viertelstunde entfernt, in gleicher Höhe. Riezler und Baumann berichten in der „Schrift des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar, Heft 3, 1880, Seite 285″ über die heute noch sichtbaren Funde: ,,Wir fanden im Nadelhochwald einen Steinwall aus regellos ohne Bindemittel übereinandergehäuften Sandsteinen, wie sie sie auf der Höhe über dem Bregtal brechen, teilweise mit mehr oder minder hoher Hu­ musschicht bedeckt, teilweise bloßliegend. Die kenntlichen Reste ziehen sich anfangs in ziemlich gerader Linie, hie und da mit Vorsprüngen, von Südost nach Nordwest und gehen in der Gegend des Laubenhauser Brunnens in eine nach einwärts gekrümmte Richtung über. Das Ganze ist ungefähr 1200 Meter weit zu verfolgen.Ungefähr die ersten 500 Meter weit ist der Steinwall doppelt, die innere Parallele etwas höher als die äußere und sieben bis acht Meter von dieser ent­ fernt. Die durchschnittliche Höhe des Walles wird sich erst nach einer Ausgrabung, zu welcher heuer die Jahreszeit schon zu weit vorgerückt war, bestimmen lassen.“ Auffallend bleibt bei dieser Deutung vor aJlem der Umstand, daß der sichtbare Stein­ wall nicht unmittelbar über der steil in den Wilddobel und ins Bregtal abfallenden Halde angelegt wurde, wo er gegen einen anstür­ menden Feind den wirkungsvollsten Schutz gewährt hätte, sondern einige hundert Meter weiter südlich, wo die Hochebene nur sehr mäßig ansteigt. Ferner ist merkwürdig, daß die Befestigung auf beiden Seiten an Stel­ len, wo kein natürliches Terrainhindemis als Ersatz eintritt, plötzlich abbricht. Wurden die Bausteine der sich ehedem fortsetzenden Ringmauer zu Bauzwecken verwendet oder läßt sich aus der nur teilweisen Verdoppelung des Walles der Schluß ziehen, daß die Voll­ endung der Anlage infolge unvorhergesehe­ nen Einbruchs des Feindes nicht mehr mög­ lich war? Mehr als eine Frage bleibt offen. Die Reste von großen Steinmauern und Teilstücken

völlig entkräftet sein. Es ist anzunehmen, daß man dem Ursprung der „Laubenhauser “ näher rückt, wenn man rund Siedlung zweieinhalbtausend Jahre zurückgeht, in die Latenezeit, die 500 bis 50 vor Christus ein­ geordnet wird, und durch den Einbruch der Römer, auch in unserm Raum, zu Ende ging. Unsere Urbevölkerung, von der wir konkret wenig wissen, waren die Kelten. Ihre Expansion reichte im sechsten bis dritten Jahrhundert vor Christus vom Schwarzen bis zum Mittelländischen Meer und in den Nordatlantik nach Irland. “ “ Paris, die Hauptstadt Frankreichs, als „Lutuhezi (Wasserwohnung) Mittelpunkt , trug diesen des Keltenstammes der „Paris Namen, als 66 vor Christus Cäsar auf der Seineinsel eine Versammlung gallischer V öl­ kerschaften abhielt, während das Quellge­ biet der Donau von dieser Urbevölkerung längst besiedelt war. eines ehemaligen Ringwalles, dessen Verlauf noch heute verfolgt beziehungsweise rekon­ struiert werden kann, weist aufgrund ver­ gleichbarer Funde mit an Sicherheit grenzen­ der Wahrscheinlichkeit auf Reste einer ehe­ maligen keltischen Fliehburg. Folgen wir dem Flußlauf der Breg und weiter dem der jungen Donau, begegnen wir bei Geisingen einer wohl wesentlich kleineren, aber ähnli­ “ chen Anlage auf der „Ehrenburg . Ähnliche alte Erdwerke finden sich in der Nähe an vier weiteren Stellen: Auf der sogenannten „Hei­ bei Bachzimmern, beim ehemali­ denburg “ gen Kloster „Amtenhausen , zwischen dem „Talhof“ und Ippingen und dem Talhof und Geisingen. Die These des Anthropologenkongresses aus dem Jahre 1879, wo die Ansicht ausge­ sprochen wurde, daß im Schwarzwald alte, vorrömische Befestigungen nicht bekannt seien, dürfte wohl durch die Forschungser­ gebnisse der rückliegenden einhundert Jahre “ Franz Gottwalt Am Ochsenberg ein Ritter vom Heiligen Grab Eine Untersuchung über das „Spanische Kreuz“ auf der Gemarkung Wolterdingen Von Lorenz Honold Nicht Allzuviele aus dem Schwarzwald­ “ Baar-Kreis kennen das „Spanische Kreuz am Ochsenberg. Dabei hat es einem Gewann bei Wolterdingen den Namen gegeben. Und seit der Eingemeindung des Ortes steht es faktisch aufDonaueschinger Gemarkung als ein geschichtsträchtiges, immer noch nicht völlig geklärtes Denkmal der heimatlichen Geschichte. Wie kommt es zu dem Namen„Spanisches “ ? Dazu heißt es in Emil Haugers Kreuz “ , daß das „Ortschronik von Wolterdingen Kreuz im Ochsenberger Wald eines der auf der Baar seltenen Doppelkreuze ist. Weiter erfahren wir dort, daß im Wolterdinger Re­ novationsurbar vom Jahre 1792 die Felder und der Wald in der Umgebung dieses “ Kreuzes erstmals als „beim spanischen Kreuz bezeichnet sind. Der Autor der Wolterdinger Chronik fahrt dann wörtlich fort: „Sicher soll dieses Kreuz an die Wirren des spa­ nischen Erbfolgekrieges erinnern, der von 1701 bis 1714 dauerte:‘ Dieser Krieg habe unserer Heimat schwere Drangsale und Not gebracht. Welche Bewandtnis es jedoch mit dem Kreuz habe, sei nicht mehr festzustellen, meint Emil Hauger. Auch Hermann Lauer erwähnt in seiner “ das Kreuz „Kirchengeschichte der Baar am Ochsenberg, ohne jedoch auf die Tat- · sache des Kreuzes mit den doppelten, paral­ lellaufenden Querbalken näher einzugehen oder gar Schlüsse heraldischer Art daraus zu ziehen. Auf die Zeit der spanischen Erbfolge­ kriege verweist die an dem Kreuz ange­ brachte Inschrift mit folgendem Wortlaut (siehe unser Detailfoto): „Hier soll in den 119

bei der Neugestaltung die ursprüngliche Kreuzesform maßstabgerecht und mit allen Details der Vorlage übernommen wurde. Anstelle der heute hölzernen Inschrifttafel befand sich am alten Kreuz ein Blechtäfel­ chen mit der oben genannten Inschrift. Aus welcher Zeit das Blechtäfelchen und seine Inschrift stammt, ist heute nicht mehr zu ermitteln. Im Einvernehmen mit der F. F. Forstdirektion sowie dem F. F. Forstamt Do­ naueschingen-Wolfach, die für den Wald am Ochsenberg zuständig sind, fand das er­ neuerte, rund drei Meter hohe Kreuz vor sechs Jahren am angestammten Platz seine W iederaufstellung. Daß spätestens seit dem Jahre 1811 auch die F. F. Waldkarten die vordere, gegen Wolterdingen hin gelegene Abteilung des Forstdistrikts „Am Ochsen­ berg“ als Abteilung „beim spanischen Kreuz“ bezeichnen, ist einem Schreiben mit Datum vom 20. 9. 1974 zu entnehmen, das F. F. Oberforstrat Rith aus Anlaß der Erneuerung des Kreuzes an Stefan Müller, V illingen, richtete. Tun wir, ehe wir mit dem heraldischen Charakter des Doppelkreuzes uns befassen, einen Blick in das Frühjahr 1703, in dem der Raum H üfingen-Bräunlingen-Wolterdingen wohl am schwersten im Verlauf des spani­ schen Erbfolgekrieges zu leiden hatte. Aus Dr. Hornungs „Geschichte der Stadt Bräun­ lingen“ wissen wir, daß am 15. Mai 1703 bayrisch-französische Truppen, deren Haupt­ quartier in Hüfingen war, am Fuße des Sehellenbergs und auf der Pulz bei Wald­ hausen lagerten. Als sie nach drei Tagen das Lager am Sehellenberg abbrachen und nach Rietheim zogen, deutete alles auf eine Haupt­ schlacht auf der Baar hin. Auf den Höhen nördlich Donaueschingen hatte die kaiser­ liche Artillerie Stellung bezogen und eröff­ nete das Feuer gegen die bayrischen Vor­ truppen; die jedoch zogen sich nach Norden in Richtung Kinzigtal zurück. Eine Seuche – so ebenfalls in der „Geschichte der Stadt Bräunlingen“ (Seite 404) – fielen damals auch französische Soldaten aus dem Lager bei Waldhausen zum Opfer. Sie fanden ihre Das „Spanische Kreuz“ am Ochsenberg bei Wol­ terdingen. spanischen Erbfolgekriegen 1701-1714 ein spanischer Edelmann den Tod gefunden haben:“ Die Holztafel mit der Inschrift ist allerdings neueren Datums. Das Kreuz ist nämlich im Frühjahr 1974 durch Schreiner­ meister Franz Riegger, Tannheim, erneuert worden. Den Auftrag dazu gab ein gebür­ tiger Tannheimer, Stefan Müller, der heute in Villingen-Schwenningen wohnhaft ist. Ihm, einem eifrigen Spaziergänger am Ochsenberg, der von Jugend auf mit dem „Spanischen Kreuz“ eng verbunden ist, war es ein besonderes Anliegen, daß dieses Denk­ mal der Heimatgeschichte nicht in Verfall gerät und eines Tages ganz verschwindet. Stefan Müller, ein echter Heimatfreund, hat auch die Kosten für die Erneuerung auf­ gebracht. Von ihm wie von Schreinermeister Franz Riegger, der die Erneuerung vornahm, wird dem Autor dieses Beitrags versichert, daß 120

I tlER SOLL IN DEN PANISCHEN ERBFOLGEKRIEGEN 1701-1714 EIN SPANISCHER EDELMANN DEN TOD GEFVNDEN HABEN . Die Inschrifttafel am „Spanischen Kreuz“ auf dem Ochsenberg. letzte Ruhestätte „auf dem Felde in Stetten“, während Jesuitenpater Heinrich Graff, der gleichfalls von der Seuche dahingeraffte Feld­ geistliche, ,, bei St. Remigius beigesetzt“ wurde. Zurück zu der Volksüberlieferung von dem spanischen Edelmann, der am Ochsen­ berg den Tod gefunden haben soll. Seinen Namen mögen wir wohl nie erfahren. Dafür aber sagt uns die Form des Kreuzes – worauf die bisherige Forschung überhaupt nicht ein­ gegangen ist – etwas sehr Wesentliches aus. Das Doppelkreuz, wie es am Ochsenberg sich befindet, wird im Französischen als Croix a double croisillon bezeichnet. Man nimmt an, daß bei diesem Kreuz mit den doppelten, parallel verlaufenden Querbalken der obere, kürzere Querbalken aus dem titulus, also aus der Verlängerung der In­ schrifttafel (INRI) hervorgegangen ist. (Siehe: Joseph Sauer in „Lexikon für Theologie und Kirche“, 6. Band, S. 606). Eines der frühesten Beispiele dieser Kreuzesform ist das Kreuz- reliquiar des Klosters Ste-Croix in Poitiers, das man ins 6. Jahrhundert datiert. Von der abendländischen Christenheit wurde dann im Verlauf der Kreuzzüge unser Doppelkreuz vor allem dort übernommen, wo die Erin­ nerung an Jerusalem oder das „ wahre“ Kreuz Christi besonders betont werden sollte. Es war das heraldische Zeichen des Patriarchen von Jerusalem, ferner das der Hospitaliter vom HI. Lazarus. Auch die Könige von Ungarn machten sich das Doppelkreuz als heraldisches Zeichen zu eigen. Nicht zu ver­ gessen die Herzöge von Lothringen, die es – vielfach auch „lothringisches Kreuz“ ge­ nannt – als Bestandteil in ihr Wappen auf­ nahmen. Schließlich aber – und damit sind wir bei unserem eigentlichen Thema – wurde das Doppelkreuz auch das heraldische Zeichen des Ritterordens vom Heiligen Grab. ,,Ritter vom HI. Grab“, auch „Goldener Ritter“ – so heißen seit dem Beginn der Neuzeit Palä- 121

stinapilger adeligen Standes, die in Jerusalem vom Quardian des HI. Grabes den Ritter­ schlag erhielten. Papst Leo X (1513-1521), ein Sohn des Lorenzo de Medici, autorisierte zunächst mittels einer mündlichen Erklärung den jeweiligen Quardian zum Vollzug des Ritterschlags. Mit der Bulle In supremo“ “ vom 7. Januar 1746 verlieh später Papst Benedikt XN die betreffende Genehmigung schriftlich, wobei er mit dem Vollzug des feierlichen Aktes den Pater Quardian zusam­ men mit vier weiteren »Patres discreti“ be- Enzyklopädie für prote­ auftragte. (Siehe “ stantische Theologie und Kirche“, Band 7, Seite 55). Die Empfänger der Ritterwürde zahlten einen Obulus zur Erhaltung des HI. Grabes. Er wurde durch Papst Benedikt XIV auf 100 venetianische Zechinen festgesetzt. Wie es nun auch immer bestellt sein mag um die Überlieferung vom spanischen Edel­ mann, der am Ochsenberg den Tod gefunden hat – das Doppelkreuz weist den Toten als einen „Ritter des Heiligen Grabes in Jeru­ salem“ aus. Neue Bodenfunde im Schwarzwald-Baar-Kreis In Ü b e r a u c h e n wurden (S. 25 des Berichts) von einer Villa ein größeres Wirt­ schaftsgebäude und Teile eines einzeln ste­ henden Badehauses freigelegt. Man schließt auf einen umfangreichen Wohnbau aus römischer Zeit mit kleinem Badetrakt. Interessante Aufschlüsse sind von Fun­ den aus einem Frauengrab in N e u d i n g e n , dessen genaue Datierung (Merowingerzeit) noch offen ist, zu erwarten. Die Verstorbene “ lag auf einer hölzernen Bettstatt. Daneben stand ein Webstuhl, der zwar nur in seinen unteren Partien erhalten war, mit 4 Fußbret­ tern aber doch interessante Aufschlüsse für die Rekonstruktion sinnreichen Mechanik gibt (4 Schäfte), die es erlaubt, auch schwierige Gewebearten und -muster (Körperbindungen).“ Wie herzustellen schon für die Gräber in Oberflacht festge­ stellt, überwiegt auch bei diesem Neudinger Inventar das Holzgeschirr. Tongefäße sind meist nur als Einzelstücke beigegeben. Die fertigen Speisen hat man offensichtlich in hölzernen Schüsseln serviert und von höl­ zernen Tellern gegessen. L. H . einer In „Archäologische Nachrichten aus Baden“, Heft 24, Juni 1980 (Herausgeber: Förderkreis für die ur- und frühgeschicht­ liche Forschung in Baden e. V., Freiburg) wird auf drei neuere Ausgrabungen im Schwarz­ wald-Baar-Kreis Bezug genommen, und zwar auf Funde und neue Erkenntnisse in Hüfingen, Überauchen und Neudingen. „Nach längerer Unterbrechung“ – so heißt es in dem Bericht S. 23 – ,,wurden 1979 die Untersuchungen in der großen römischen Siedlung von H ü f i n g e n wieder aufgenom­ men. Anlaß dazu gab der Neubau einer Werkhalle an einer Stelle, wo sich nach vor­ liegenden Luftaufnahmen ein größeres Steingebäude mit Innenhof befinden mußte, einer der typischen, zur Straße hin orientier­ ten (römischen) Vicusbauten, wie sie auch in Sulz oder Rottweil nachgewiesen sind. Die Vermutungen bestätigten sich rasch, und es ergaben sich interessante Informationen über die vom Luftbild schon ermittelten Hinweise hinaus. Demnach war dieser Kom­ plex im wesentlichen von Handwerkern benutzt worden, die an verschiedenen Stel­ len Ofenanlagen eingerichtet hatten. Mehrere dieser Öfen konnten genauer unter­ sucht werden und erbrachten verwertbare Anhaltspunkte zur Bauweise, zur Funktion, schließlich zur Bewältigung der beim Schmelzen oder Brennen auftretenden tech­ nischen Probleme.“ 122

Denkmalpflege, Stadtsanierung Peter Schmidt-Thome: Die katholische Pfarrkirche St. Martin in Kirchdorf, Gemeinde Brigachtal Untersuchungen der Wände durch den Re­ staurator brachten zwar Reste einer nach­ mittelalterlichen Ausmalung, die jedoch weitgehend zerstört zu sein schien. Erst eine im Rahmen des unmittelbar bevorstehenden Abbruchs vorgenommene Dokumentation der Ausmalung in größerem Umfang stieß an Stellen, wo man es nicht erwarten konnte, auf umfangreiche romanische Wandmale­ reien. Diese stellen einen einzigartigen Be­ fund zwischen Bodensee und Schwarzwald dar. Daraufhin angestellte Bauuntersuchungen erwiesen dann, daß in der Martinskirche von Kirchdorf ein hochromanischer Kirchenbau von ungewöhnlichen Dimensionen für eine Dorfkirche und von einer außerordentlichen künstlerischen Qualität unter den späteren Zutaten verborgen liegt. Diese Erkenntnis brachte auch die kirchlichen Stellen zu der Feststellung, daß die bereits getroffenen Ent­ scheidungen nochmals revidiert werden müssen. Über dem Ostufer der Brigach erhebt sich am nördlichen Ende des Dorfes in einer Gruppe alter Gebäude die Pfarrkirche St. Martin. Direkt um ihren Chor im Osten windet sich die Ortsdurchfahrt über eine unübersichtliche Kuppe, eingeebnet zwi­ schen Pfarrhaus und dem spätmittelalterli­ chen Gasthaus zum Löwen. Schon vor mehr als zehn Jahren bestanden Pläne für eine Begradigung der Straße unter Preisgabe ent­ weder des Gasthauses oder des barocken Chores der Kirche. Diese Pläne scheiterten nicht zuletzt am Widerstand der Denkmal­ pflege, und mittlerweile ist das Straßen­ problem gelöst worden. Parallel zu diesen Planungen wurden in der Pfarrgemeinde ebenfalls seit über zehn Jahren Überlegungen zu einer Erneuerung, Vergrößerung oder auch zum Neubau der Pfarrkirche angestellt. Aufgrund von Ge­ meindereform, Zusammenlegung von Pfarr­ sprengeln und Entwicklungsprognosen hat die katholische Kirchengemeinde einen Raumbedarf ermittelt, der in der bestehen­ den Pfarrkirche nicht erreichbar zu sein scheint. Ergebnis der langjährigen Überle­ gungen war, ,,die Kirche im Dorf zu lassen“. Die Verwirklichung dieser Konzeption scheint nach den vorliegenden Plänen jedoch nur möglich, wenn das bestehende Kirchen­ schiff durch einen Neubau ersetzt wird. Die im Zusammenhang mit der Neupla­ nung seitens des Denkmalamtes vorgenom­ menen Untersuchungen lieferten keine Be­ funde, die eine Versagung der Zustimmung zur Abbruchgenehmigung in Abwägung der pfarrlichen Interessen ausreichend begründet hätten. Die Neuplanung will die archäolo­ gischen Bereiche unter dem Fußboden un­ berührt erhalten. In der Fläche begrenzte Die Geschichte von Kirchdorf reicht bis ins frühe Mittelalter zurück und ist mit der des benachbarten Dorfes Klengen untrenn­ bar verbunden. 765 schenkt ein Mann namens Amelbert zwei Hörige mit ihren Anwesen in der V illa Klengen an das Kloster Sankt Gallen. Mit diesem ist die weitere Geschichte beider Dörfer seither durch das ganze Mittelalter verknüpft. 793 erfolgt eine weitere und umfangrei­ chere Schenkung des Hiltiger ebenfalls an das Kloster Sankt Gallen auf der Klengener Mark in der Villa Beckhofen gelegen. Letz­ teres ist ein kleiner Weiler südlich von Klengen, jenseits der Brigach. 880 spricht ein Diplom Kaiser Karl III. 123

� 3 BRONZENE RIEMENZUNGE UND SILBERBLAITKREUZ. Funk aus den gestörren frühmittelalterlichen Batatlungen unter dem Westende des Kirchenschiffs von St. Martin in Kirchdorf. Maßstab I: J. r— 1 1 —, 1 1 1 –, (des Dicken) von einem Kapellan Ruodbert, der im Besitz der „ecclesia“ in Klengen ist. 881 gibt ein weiteres Diplom darüber Aus­ kunft, daß es sich bei dieser Kirche um die „capella … in honore sancti Martini con­ structa“, und zwar um eine Fiskalkirche handelt. 888 werden beide Diplome von König Arnulf bestätigt. Um 1200 tritt erstmals der Ortsname Kirchdorf in Sankt Galler Urkunden auf Auf der Grund Jage der Geschichtsquellen, deren Aussagen durch ältere archäologische Funde auf der Gemarkung nachdrücklich unterstrichen werden, ergibt sich für Kirch­ dorf folgendes Geschichtsbild im frühen Mittelalter: Auf königlichem Besitz liegen die Orte Klengen, Beckhofen, Eiginhofen und später Überauchen. Die Kirche dieser Gemarkung, dem Heiligen Martin geweiht, liegt gesondert von den Orten. In ihrem unmittelbaren Um­ kreis haben sicherlich die zugehörigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude gestanden. Klengen erhielt erstmals 1897 eine eigene Kirche, die als Filiale Kirchdorf zugeordnet war. Im hohen Mittelalter, wohl nicht allzu­ bald vor dem Auftreten des Namens Kirch- 124 dorf hat sich um die ältere Kirche mit Pfarr­ und Wirtschaftshof das neue Kirch-Dorf an­ gesiedelt. In ihm ist wohl Eiginhofen auf­ gegangen. So wird auch die Entwicklung Kirchdorfs als ein Muster dieser Siedlungs­ vorgänge im alemannischen Raum angesehen. Diese durch Geschichtsquellen seit länge­ rem bekannten Zusammenhänge haben nunmehr in der Martinskirche von Kirch­ dorf durch die Befunde am bestehenden Kirchenbau und die archäologische Not­ untersuchung in Teilbereichen eine unerwar­ tete Bereicherung erfahren. Die Art und Qualität der Befunde stellt sie darüber hinaus in ein Licht überdurchschnittlicher Bedeu­ tung. Erstmals 1259 wird Kirchdorf als Pfarrei erwähnt. Baunachrichten zur Kirche aus dem Mittelalter fehlen bislang gänzlich. Die Tra­ dition weiß erstmals von Bauarbeiten um 1685/90. Eine Konsekration der Kirche ist für 1783 belegt. Das Westportal trägt in seinem Schlußstein die Jahreszahl 1819. Renovierun­ gen erfolgten in der Mitte und gegen Ende des 19. Jahrhunderts, eine weitere 1938. Die Untersuchungen an den Wänden und im Boden der Kirche erbrachten folgendes Bild für die Baugeschichte:

1.Römische Keramikfragmente in den tiefsten Bodenschichten zeigen an, daß in unmittelbarer Nähe der Kirche römische Siedlungsreste bestanden. Dies entspricht den Erfahrungen, daß königliche Eigenkir­ chen der Christianisierungszeit unseres Rau­ mes häufig im Bereich ehemaliger römischer Siedlungen liegen. 2. Die tiefsten ältesten Fußbodenniveaus überdecken eine große Ansammlung mensch­ licher Knochen, die zwar unbeschädigt, jedoch ungeordnet nachträglich hier zusam­ mengetragen wurden. Ihr guter Erhaltungs­ zustand zeigt, daß sie wohl nicht aus Erd­ gräbern, sondern eher aus „Steinkisten“ stammen, wie sie im frühen Mittelalter bei uns gebräuchlich waren. Dazwischen lagen eine einfache vorkarolingische Riemenzunge aus Bronze und die Hälfte eines Silberblatt­ kreuzes. Letzteres ist typisch für das mero­ wingerzeitliche Bestattungsritual in der Chri­ stianisierungsphase Alemanniens. Damit ist die Existenz eines christlichen Bestattungs­ platzes im Bereich der später hier errichteten Martinskirche unzweifelhaft erwiesen. Sie ist äußerstenfalls im Zeitraum der ersten urkundlichen Nennung Klengens anzu­ setzen. Parallel dazu sind andere merowinger­ zeitliche Funde, insbesondere im Bereich „zwischen den Dörfern“ zu sehen, die aller­ dings keine Hinweise auf das Christentum erbrachten. 3.Die ältesten bisher in der Kirche nach­ weisbaren Mauerwerksbefunde haben zwei bereits vorhandene Fußbodenschichten zer­ stört. Daher lassen sich rückschließend min­ destens zwei Bauperioden aus der Zeit vor etwa 1100 nachweisen. Über die Gestalt dieser älteren Kirchenbauten ist bislang nichts be­ kannt. 4. Von einer dritten Bauperiode sind wesentliche Bauteile in der heutigen Kirche erhalten. Sie entstammen dem Zeitraum zwischen etwa 1100 und 1200. Dies sind die Wand, in die später der barocke Chorbogen eingebrochen wurde, die angrenzende Nord­ und Südwand in voller Höhe und bis auf etwa 4 Meter vor der Westfassade; weitere Bauteile liegen unter dem heutigen Boden­ niveau. Dieser romanische Bau hatte etwa folgende Grundrißgestalt: Ein rechteckiger Saalraum von 9 Meter Breite und etwa 20 Meter Länge wird im Osten vermutlich durch eine flache Wand geschlossen. Aller­ dings ist auch die Ausbildung einer Apsis oder eines kleineren Rechteckchores anstelle des heutigen Barockchores nicht auszuschlie­ ßen. Westlich vor diesem Saalraum schloß in gleicher Breite eine Vorhalle oder Vor­ kirche von etwa 6 Meter Tiefe an. Das Bodenniveau des Krichenraumes lag etwa einen halben Meter unter dem heutigen, das der Vorhalle jedoch mehr als anderthalb Meter. Das heißt, daß man aus der Vorhalle über eine Treppe hinauf in das Kircheninnere stieg. Demzufolge hat sich auch die Außen­ ansicht der inneren Westfassade auf die Höhe von einem Meter im Boden erhalten. Sie ist aus sorgfältig bearbeiteten Sandsteinquadern gefügt. Auch die Türschwelle und der Ansatz der linken Türpfosten sind erhalten. Im In­ neren sind noch deutlich die Kratzspuren des linken Türflügels auf den Bodenplatten zu erkennen. Der Fußboden ist als Kalk­ estrich ausgeführt. Die Vorhalle hat ebenfalls einen Estrich­ belag, der zu einem späteren Zeitpunkt mit Holzdielen belegt wurde. Unmittelbar am Ansatz der Vorhalle an die innere Fassade führen je ein rundbogiger Durchgang nach Norden und Süden ins Freie. Noch ist nicht sicher, ob dies die einzigen Zugänge in die Vorhalle waren oder ob sie auch einen West­ zugang besaß. Hinweise aufTüren fehlen bis jetzt. Die Seitenwände der Vorhalle haben dieselbe Höhe wie die des Kirchenschiffes, doch war sie offenbar durch eine Zwischen­ decke in zwei Geschosse unterteilt, von denen das obere zur Kirche hin geöffnet war. Die Seitenwände dieser Vorhalle tragen große Flächen mittelalterlichen Verputzes, auf denen sich insbesondere auf der Nord­ wand Reste romanischer Wandmalereien er­ halten haben. Auf der Nordwand sind mehrere über einen Meter große Figuren sowohl unterhalb als auch oberhalb der 125

jüngeren Orgelempore erhalten. Auf der Süd­ seite finden sich bruchstückhaft die Darstel­ lungen mehrerer Pferde und anderer Tiere. Dicht unter der Empore läuft ein perspek­ tivisch gemalter Schachbrettfries. Im Inneren der eigentlichen Kirche konn­ ten an der Nord-und Südwand bisher keine Reste romanischer Malereien oder des roma­ nischen Verputzes festgestellt werden. Dort, wo die frühbarocke Malereischicht fehlt, kommt unter modernen Putzflächen gleich das romanische Mauerwerk zutage. Weiteren Hinweis auf die Ausgestaltung des romanischen Kirchenbaues bilden zahl­ reiche ebenfalls farbig gefaßte Fragmente eines Schachbrettfieses aus dem Abbruch­ schutt unter den jüngeren Bodenschichten. Unter dem abgeschlagenen Verputz der Nordwand trat das bis zur Traufe völlig ein­ heitliche romanische Mauerwerk zutage. Offenbar besaß dieser Bau nur sehr hoch liegende Rundbogenfenster. Etwa einen Me­ ter unter der Mauerkrone liegt der Fenster­ scheitel. Die lichte Höhe betrug ebenfalls etwa einen Meter. Da sich durch später an ihrer Stelle eingebrochene Okuli nur jeweils eine Leibung erhalten hat, ist ihre Breite noch nicht sicher anzugeben. Im Bereich der Vor­ halle sind keine Reste romanischer Fenster sichtbar. 5.Der Turm wurde in einer vom roma­ nischen Kirchenbau unabhängigen Phase er­ richtet. Zunächst stand er von diesem auch völlig isoliert. Der Zwischenraum zur Kir­ chen-Südwand von etwa 60 Zentimeter Breite wurde nachträglich mit Mauerwerk ausgefüllt. Die Mauerfugen zeichnen sich bis in die Fundamente ab. Falls bei den letz­ ten Renovierungen die „romanischen“ Klang­ arkaden in Anlehnung an den mittelalter­ lichen Bestand wiederhergestellt wurden, dürfte der Turm wohl in der Wende vom 12. zum 13.Jahrhundert nachträglich neben der romanischen Kirche erstellt worden sein. 6.Eine weitere spätmittelalterliche Bau­ phase läßt sich an den geringen Resten einer farbigen Fenstereinfassung in der Südwand dicht neben dem östlichen Fenster feststellen. 126 7.Der gesamte bestehende und im we­ sentlichen noch romanische Kirchenbau er­ fuhr eine erste eingreifende Umgestaltung in der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert, unmittelbar vor Beginn des 30jährigen Krie­ ges. Die Seitenwände erhielten rundbogige Fenster, die jedoch nicht mit den heutigen identisch sind. Jeweils zwischen zwei dieser Fenster lag in Höhe ihres Scheitels noch ein rundes Fenster. Wie sich zeigte, ersetzen die Rundfenster die Fenster des romanischen Baus. Wohl gleichzeitig wurde die innere Fassade, also die Grenze zwischen Vorhalle und Kirche niedergelegt, der Innenraum also entsprechend vergrößert. Mit dem Abbruch­ schutt wurde der tiefer liegende Vorraum aufgefüllt. Im ganzen wurden das Boden­ niveau angehoben und ein starkes Boden­ gefälle von Osten nach Westen einigermaßen ausgeglichen. Der Fußboden erhielt einen Mörtelestrich, in den quer zur Kirchenachse Holzbalken eingelassen wurden. Diese tru­ gen einen Dielenfußboden. Dieses Niveau hatte sich über die späteren Renovierungen hinweg unter dem Gestühl erhalten, der Holzbelag war allerdings verschwunden. Auf der Oberfläche fanden sich dann auch eine Anzahl von Münzen des 16. bis 20. Jahr­ hunderts. Der Innenraum dieser Kirche war voll­ ständig mit monumentalen figürlichen Wandmalereien in Kalk-Secco-Technik aus­ gestaltet. Sie zeigen zwischen den großen Fenstern in Gruppen zu je zwei die zwölf Apostel. Über ihnen stehen die zwölf Ge­ setze des Credo in deutscher Sprache. Unter­ halb der Fensterbänke sind in rechteckiger Rahmung epithaphienartige Darstellungen. Über den Aposteln zwischen den Rund­ fenstern sind im Westen Szenen aus dem Totentanz zu sehen. Die östlichen Enden der Seitenwände und die heutige Chorbogenwand zeigten möglicherweise ein Jüngstes Gericht. Die Fenster sind reich mit Gehänge aus gemalten Pflanzen und Früchten eingerahmt. An mehreren Stellen sind Partien der zahlreichen Beischriften zu entziffern, die

Namen aus Rietheim und Beckhofen (wohl von Stiftern) nennen. Bei einer an der Nord­ wand ist auch die Jahreszahl 1616 deutlich zu lesen. Dem künstlerischen Stil nach stehen die Malereien unmittelbar neben denen im Trep­ penturm des Alten Rathauses von V illingen. Sie vertreten die nahezu vollkommen ver­ lorengegangene spätmanieristisch-frühba­ rocke Kunstepoche unmittelbar zu Beginn des 30jährigen Krieges. 8. Im späten 17. Jahrhundert oder um 1700 wurde die Kirche um ihren heutigen Chor samt dreistöckiger Sakristei erweitert. Ob dieser einen älteren, kleineren Chor er­ setzte oder an eine flache Ostwand neu an­ gefügt wurde, ist vorerst unklar. Zu diesem Zeitpunkt entstanden die kleine Loge an der Südwand zwischen Turm und Kirche und auch Teile der Ausstattung und die Kasset­ tendecke. Die gesamten Wandmalereien wurden übertüncht. Mit der nur unsicher überlieferten Konsekration von 1783 ist möglicherweise das Ende der umfassenden Neuausstattung bezeichnet. 9. Die Jahreszahl 1819 über dem West­ portal markiert die letzte große Baumaß­ nahme. Nach Auskunft der Archivalien war zunächst eine Kirchenverlängerung um etwa 9 Meter geplant. Tatsächlich wurde das Schiff jedoch nur um knapp 4 Meter nach Westen verlängert. Die bis dahin wohl weitgehend erhaltene romanische Fassade wurde abge­ tragen. Nunmehr entstanden auch die heute sichtbaren Rundbogenfenster, die jetzt auch in Achse angelegt wurden. Daher blieben teilweise die vermauerten frühbarocken Fen­ ster unter dem Verputz erhalten. Ebenfalls entstanden der Südeingang ins Schiff und der in den Chor. Das Bodenniveau im In­ neren wurde annähernd auf das heutige an­ gehoben. Auch die Orgelempore wurde wohl schon zu diesem Zeitpunkt zu ihren heutigen Ausmaßen erweitert. 10. Schließlich erfolgten im 19. und frühen 20.Jahrhundert mehrere Renovierungen, die aber an der Bausubstanz kaum mehr etwas veränderten und daher hier nicht weiter be­ handelt werden. Aus dem Vorangegangenen ergeben sich Winter an der jungen Donau, Ölbild von Helmut Müller-Wiehl. 127

folgende Schlüsse: Die auch heute noch für eine Dorfkirche ungewöhnlich große Mar­ tins-Kirche von Kirchdorf erlebte in roma­ nischer Zeit ihre größte Blüte. Das Bauwerk spiegelte in seiner überdurchschnittlichen Größe, in der Sorgfalt der Bauausführung, in der Auswahl teurer Materialien und in seiner reichen künstlerischen Ausgestaltung noch immer die überragende Bedeutung einer „Urpfarrei“ wider, dies auch besonders in der für eine Landkirche des 12. Jahrhun­ derts ganz ungewöhnlichen Bauform einer Vorhalle mit Obergeschoß. Weiterhin sind Art und Stellung des Turmes völlig außer­ gewöhnlich. Im Raum zwischen Schwarz- wald und Bodensee ist diese Kirche ein nahe­ zu einmaliges Bauwerk. Nur entfernt ver­ gleichbar ist die wesentlich kleinere Kirche von Hondingen. Soweit bis jetzt erkennbar gehen die künstlerischen Beziehungen einerseits über den Schwarzwald hinweg an den Oberrhein (Steinbearbeitung), andererseits an den Bo­ densee (Grundrißgestalt und Aufriß). Die St.-Martins-Kirche beleuchtet erneut, wie auch manche andere Funde der jüngsten Zeit, die bisher viel zu wenig beachtete kul­ turgeschichtliche Bedeutung der Baar in ro­ manischer Zeit. Diese setzt unmittelbar die hohe Rangstellung der Merowingerzeit fort. Dr. Ema Huber: Renovierte Pfarrkirche St. Ulrich in Obereschach, Stadt Villingen-Schwenningen Die Vorgängerin der heutigen Pfarrkirche St. Ulrich ist schon um 1800 als baufällig erwähnt, und ab 1804 plante man einen Neu­ bau. Er wurde aber erst 1821 durch den Bezirksbaumeister Rief fertiggestellt. Die bis zur Mitte des vorigen Jahrhun­ derts in Südbaden ( und auch anderswo) ent­ standenen Kirchen-Neubauten waren von biedermeierlicher Schlichtheit, anspruchslos und oft ohne architektonische Ideen. W enn wir uns rückschauend an die Zeit des Rokoko erinnern, in der manches kleine Kirchlein ein Schmuckstück der Architektur darstellt, so kann man die kahlen Hallen der Biedermeierzeit nur als Abstieg empfinden. Auch St. Ulrich in Obereschach war nur ein einfacher rechteckiger Saalbau mit fla­ cher Decke. Zum Abgrenzen des Chor­ raumes diente ein Rundbogen, der von je einem seitlich angefügten Mauerstreifen aus hochgeführt wurde. Dadurch wurde der Chor-Raum geschaffen, er ist getrennt und wirkt optisch verengt gegenüber dem Kir­ chenschiff. Rechts und links im so entstan­ denen Altarraum waren ursprünglich Chor- Obereschach ist als Ort erstmals 1206 urkundlich erwähnt. Die Standesherrschaft wechselte im Mittelalter mehrmals. Bis 1803 gehörten Ort und Kirche zum Herrschafts­ bereich der Johanniter in V illingen. 1275 bestand bereits eine Pfarrei; sie wurde 1501 von den Johannitern übernommen. 128

Logen geplant, die aber dann nicht aus­ geführt wurden. Am Chorbogen erinnert heute ein großes farbiges Wappen an die Johanniter. Zur ursprünglichen Ausstattung scheint der Hochaltar zu gehören. Sein Aufbau ist in strengen Formen und in Schwarz gehalten, wobei aufgemalte Rosengirlanden mildernd wirken. Das gemahnt schon an die Zeit um 1790. Figürlicher Schmuck und Vergoldung, wie sie der Villinger Schupp-Werkstatt eigen war, blieb den Seitenteilen vorbehalten. Auch die Kreuzigungsgruppe an der lin­ ken Wand weist in diese Richtung. An den beiden barocken Seitenaltären wurden Ver­ änderungen vorgenommen. Laut Inschrift waren sie ursprünglich St. Coelestin und St. Theodor geweiht. Man weiß, daß sie aus der Benediktinerkirche in Villingen nach deren Säkularisierung kamen. Heute sind nur die Säulen-Aufbauten der Altäre und die Altar­ tische ursprünglich. Die geschnitzten Mittel­ teile kamen erst um 1914 hinzu: im Coele­ stin-Altar eine Szene aus dem Leben der hl. Odilia, im Theodor-Altar eine aus dem Leben des hl. Ulrich. -Das Relief im Hochal­ tar, eine Marienkrönung, stammt ebenso aus der Zeit um 1914. An der rechten Seite, nahe dem Chor, befindet sich eine barocke Kanzel. 1881 wurde der Bau restauriert, ohne daß Veränderungen stattfanden. Das geschah erst 1907. Damals gestaltete man die West­ seite der Kirche in der heutigen Form, so daß sie durch den schönen Turm mit der elegan­ ten Barockhaube und durch eine monumen­ tale Portalumrahmung aus rotem Sandstein auffallt. Damals mag man auch schon den Plan gefaßt haben, die Kirche ganz im Rokoko­ Stil auszuschmücken. Noch einige Jahr­ zehnte zuvor hatte man zwar Gotik, Renais­ sance und auch Barock eifrig imitiert, das Rokoko aber als „verzapft“ abgelehnt. In Obereschach haben wir nun eines der Bei­ spiele von nachempfundenem Rokoko vor uns, wie sie die Jahre kurz vor dem Ersten Weltkrieg gelegentlich hervorbrachten (vgl. Schonach). hatte Für die Obereschacher Kirche beauftragte das Erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg 1913 den Bildhauer Wilhelm Füglister mit der Stuckierung des Innenraumes der Ober­ eschacher Kirche. Füglister, 1861 in Wien geboren, am Österreichischen Museum in Wien von 1878-1882 eine gründliche Schulung und Ausbildung unter Prof. Otto König erhalten. Er war seit 1889 in Frankfurt a. M. tätig gewesen und wechselte von dort nach Karlsruhe, wo er das G roßher­ zogliche Palais ausschmückte, ferner den Friedrichsbau des Heidelberger Schlosses. Dem Obereschacher Gotteshaus gingen Stuckarbeiten an anderen Kirchen voraus, wie die evangelische Kirche in Rorschach. Die in Obereschach verwendete Orna­ mentform ist überwiegend die Roccaille (Muschelwerk). Daneben kommen auch zartfarbig gehaltene Blumengirlanden vor. Die Ausführung ist so hervorragend, daß man sie an sich von einer solchen um 1750 nicht unterscheiden kann.Nur die Überfülle von Schmuck in einer Dorfkirche könnte Zweifel an der Ursprünglichkeit des Dekors aufkommen lassen, zumal wenn man weiß, daß Neubauten aus dieser Zeit, wie in Mun­ delfingen oder Hilzingen, nur sparsamen Schmuck verwendeten oder ganz andere Ornamentformen, wie in Hausen vor Wald. Es ist ein Kennzeichen bei nachempfunde­ nen Stilarten, daß man die Vorlagen zu über­ treffen, oft sogar zu korrigieren trachtete. In Obereschach aber harmonieren trotz allem Baukörper, Proportionen und Stuck­ dekor vollkommen. Das handwerkliche Können der Ausführenden ist bewunderns­ wert. Eine schön geschwungene Empore mit barockem Orgelgehäuse ziert die Eingangs­ seite. Eine reiche Stuck-Umrahmung umgibt die Kreuzgruppe an der linken Wand sowie je ein in die Seitenwände eingelassenes ehe­ maliges Altarbild und die Kreuzwegstatio­ nen. Ornamentaler und figürlicher Stuck umgibt auch das erst 1915 geschaffene große Deckenbild und die weiteren 16 kleinen Wandbilder. Der Karlsruher Maler J. M. Kitschker 129

signierte und datierte das große Deckenbild. Es ist in Farbigkeit und Formgebung, wohl unter Verwendung von Vorlagen alter Mei­ ster, vorzüglich in die übrige Ausstattung eingepaßt. Das Thema jedoch, eine Herz­ J esu-Verehrung, war noch nicht in der Bild­ welt des Rokoko enthalten. Daß man heute Kirchen wie St. Ulrich in Obereschach als bevorzugt erhaltenswert betrachtet, wird durch die seit 1979 laufen­ den Renovierungsarbeiten seitens des Denk­ malpflegeamtes bestätigt. Es beauftragte den bewährten Restaurator Panovsky, der auch schon die Fresken in Grüningen wiederher­ gestellt hatte. Dabei wurden die Schäden am Stuck ausgebessert, die Ornamente gereinigt und die ursprüngliche sparsame Farbigkeit und Vergoldung wiederhergestellt.Ein neuer Fußboden ergänzt den Eindruck von har­ monischer Frische. Sämtliche Skulpturen und die Ornament-Umrahmung des Hoch­ altars waren zum Zweck ihrer Auffrischung entfernt worden. Nach ihrer Rückkehr wird die Kirche als eines der Kleinode in unserem Kreis die Gläubigen und die Besucher erfreuen. Sanierungsprojekt „Stadtmitte“ St. Georgen im Schwarzwald Von Bürgermeister Günter Lauffer Städtebau ist eine Jahrhundertaufgabe. Unsere alten Städte beweisen dies: Was dort vor vielen Generationen geschaffen wurde, setzt heute noch Maßstäbe, hat Wert und Gesicht. Wenn wir heute neue Innenstädte gestalten, ohne – wie in St. Georgen – auf einen wertvollen alten Bestand Rücksicht nehmen zu müssen, stehen wir auf dem Prüf­ stand – nicht nur heute, sondern vor allem in der Zukunft. Dieser schwierigen Aufgabe unterzieht sich die Stadt St. Georgen in diesen Jahren. Blättern wir zurück: St. Georgens eigent­ liche Stadtmitte bestand jahrhundertelang aus seinem Kloster. In dessen Bannmeile waren Handwerker und auch andere dem Kloster zugeordnete Dienstleistungen ange­ siedelt. Sie prägten das Gesicht des Markt­ fleckens. Mit der Zerstörung und Auflösung des Klosters herrschte Stagnation. Erst die starke Industrialisierung in der 2. Hälfte des letzten Jahrhunderts veränderte das Bild der Stadt. Es entstanden eine Vielzahl von Be­ trieben in der Stadtmitte, daneben Wohn­ häuser, um dem starken Zuzug gerecht zu werden. Handel und Gewerbe konnte sich gegenüber dem starken Sog der Industrie nicht im erforderlichen Maße behaupten. 130 Die Folge – auch mit verursacht durch den großen Brand im Jahre 1865 – war ein unge­ ordnetes Konglomerat, das vor allem keine Konzentration des Geschäftsbereiches zu­ ließ. Auf diesem Hintergrund dient die in voller Realisierung begriffene Erneuerungs­ maßnahme eigentlich weniger der Sanierung, als der Umstrukturierung des Zentrums und damit der Entwicklung der gesamten Stadt, sowie der Stärkung ihrer Zentralität. Bereits 1964 im Zusammenhang mit dem dringend notwendigen Rathausneubau wur­ de eine konkrete Planung des Innenstadt­ bereiches aufgestellt. Sie hielt sich jedoch im wesentlichen an die alten Straßenzüge und sah wie bisher deren Randbebauung vor. Eine schnelle Realisierung dieser Planung war aber ohne das rechtliche Instrumenta­ rium nicht möglich. Erst das 1971 geschaffene Städtebauförderungsgesetz eröffnete neue Möglichkeiten. Die Stadt und ihre Verant­ wortlichen haben die Chancen dieses Gesetzes erkannt und sich im Interesse einer schnellen und zukunftsorientierten Neugestaltung zu einer Flächensanierung des Gebietes östlich des neuen Rathauses bekannt. Parallel mit den vorbereitenden Maßnah­ men – Bürgergespräche, förmliche Festlegung

St. Georgen: Sanierung „Stadtmitte“ des Sanierungsgebietes, Erstellung eines Sa­ nierungskonzeptes und eines Sozialplanes – wurde 1973 ein Ideenwettbewerb über die Gestaltung der vorgesehenen Fläche ausge­ schrieben. Planungsvorgabe unter anderem war: 1.Schaffung von 200 bis 250 Einstell­ plätzen möglichst in Tiefgaragen un­ mittelbar unter dem Sanierungsgebiet. 2.Unterbringung eines neuen Postdienst­ gebäudes als neben dem Rathaus zusätzlicher kundenintensiver Dienst­ leistungsbetrieb zur Aktivierung der geplanten Geschäfte. 3.Durchlässiger Fußgängerbereich über den Tiefgaragen und dem überdachten Posthof mit atriumartiger Platzgestal­ tung und damit Schaffung von viel­ fältigen Kommunikationsmöglichkei­ ten.Die Entscheidung des Gemeinderates dar­ über, welcher der preisgekrönten Entwürfe realisiert werden soll, war hart umstritten. Nicht übersehbare Zwänge an der unmittel­ baren Peripherie des Planungsgebietes mit moderner Bebauung gaben schließlich den knappen Ausschlag zugunsten einer „mo­ dernen Lösung“ mit Flachdachbauten. Dieses Konzept ist auch heute noch in der Bürger­ schaft umstritten. Nicht zuletzt deshalb, weil die Entscheidung in einer Zeit getroffen werden mußte, in der sich der Geschmack wieder mehr der historischen Bauweise zuzu­ neigen begann. Bereits 1974 wurde dem Antrag der Stadt um Aufnahme des Vorhabens in das Sanie­ rungs- und Entwicklungsförderungspro­ gramm von Bund und Land stattgegeben. Damit konnte eine Drittelung der sogenann­ ten unrentierlichen Kosten zwischen der Bundesrepublik, dem Land Baden-Württem­ berg und der Stadt erreicht werden.Dennoch drohte die Realisierung zu scheitern. Dies deshalb, weil die künftigen Investoren mit zusätzlichen erheblichen Kosten für die teuren Einstellplätze in der Tiefgarage hätten 131

belastet werden müssen. Hier kam der Stadt rechtzeitig das Konjunkturförderungspro­ gramm 1975 zu Hilfe, aus dem ein 80%iger Zuschuß für den Bau der Tiefgarage bewilligt wurde. Damit konnten die Stellplatzablöse­ beträge auf ein tragbares Maß reduziert wer­ den. Dem Bau der Tiefgarage als Initialzündung folgte seit März 1976 ein Hochbauvorhaben nach dem anderen.Neue attraktive Geschäfte entstanden, Geldinstitute, Fachärzte und neue Bewohner siedelten sich an, und auf dem neuen Marktplatz führte schon manches Fest die Bürger zusammen. In Bälde wird das neue Postdienstgebäude mit rund 14 neuen Wohnungen an der Ostseite des Sanierungs­ gebietes fertiggestellt sein. Im Anschluß dar­ an folgt als weiterer Abschnitt die Südbe­ bauung des Fußgängerbereiches. Der Vertrag mit dem Bauträger ist bereits abgeschlossen. Dieser Bauabschnitt wird das Angebot an leistungsfähigen Fachgeschäften komplet­ tieren und die atriumartige Marktplatzge­ staltung abschließen. Daten: 1. Art der Sanierung: 2. Größe des Sanierungsgebietes: 3. Zahl der abzubrechenden Gebäude: 4. Zahl der umzusetzenden Bewohner: 5. Zahl der umzusetzenden Betriebe: 6. Geplante Baufläche: davon a) gewerbliche Fläche: b) Wohnfläche: c) Lagerfläche: 7. Zahl der ausgewiesenen Stellplätze: 8. Kosten der Hochbaumaßnahmen: 9. Sanierungskosten Flächensanierung 1,2 ha 23 78 (30 Haushalte) 11 19.565 qm 7.765 qm 7.600 qm 4.200 qm ca. 200 ca. 30 Mio. DM ca. 13,4 Mio. DM – Grundstückskäufe, Erschließung, Umsetzungen, Tiefgarage – Ein altes „neues“ Rathaus Zum Umbau und Ausbau des Rathauses in Bräunlingen Das Rathaus in Bräunlingen hat eine fast 400jährige Geschichte. Aus alten Urkunden geht hervor, daß es anno 1590 von dem Stab­ halter und Ratsherrn Hans Rietmiller erstellt wurde. Nach umfangreichen Umhauten be­ zog es die Verwaltung der Zähringerstadt Bräunlingen an der Chilbi 1979. Daß dieses Haus in vierhundert Jahren eine große und vielfältige Geschichte und auch Baugeschichte mitgemacht hat, konnte man im Zuge der Umbaumaßnahmen fest­ stellen. Generationen haben an diesem Haus gebaut, es in seiner Nutzung geändert, bis es dann 1669 mit einem Stockwerk der Stadt­ verwaltung zur Verfügung gestellt wurde. Innen wie außen haben im Laufe der Jahr­ hunderte viele Baumeister an diesem, mitten im alten Bräunlingen liegenden Haus Hand angelegt. Bei der Bloßlegung des Bruchstein­ mauerwerkes der 1 m starken Außenwände zeigten sich z. B. Fensterdurchbrüche, die längst zugemauert und in Vergessenheit ge­ raten sind. W ir wissen heute eigentlich nurmehr Teile aus der Geschichte dieses Hauses. Es stellte wohl seinerzeit den Mittelpunkt der Stadt dar. Auf dem Markt davor fand jeden Donnerstag der Markttag statt, den Herzog Rudolf N. von Österreich schon im Jahre 1358 der Stadt verlieh. Nach dem Erbauer 132

ging das Haus an einen Philipp Dangeleisen über und dann an den schweizerischen Ritt­ meister Christian Wieser. Von ihm über­ nahm dann die Stadt 1691 das Gebäude. Durch die mannigfaltige Verwendung des Gebäudes, sei es als Wohnung für den Rats­ schreiber, den Gemeindearzt, als Sitz der Verwaltung, sogar als Stall für die Gemeinde­ farren und zuletzt als Unterkunft für die Feuerwehr, war die Nutzung ständigen Wandlungen unterworfen. In seiner inneren Konzeption entsprach es durch die verschiedenen Umbaumaßnah­ men, die teilweise über 1 112 Geschosse reichten, nicht mehr den Ansprüchen einer modernen Verwaltung. So beschlossen im Herbst 1977 Gemeinderat und Verwaltung, unter Führung von Bürgermeister Schnei­ der, dieses Haus nach räumlichen und funk­ tionalen Gesichtspunkten umzubauen. So konnte die Nutzfläche des Gebäudes unter Ausnutzung eines Teil es des Dachgeschosses und geringerer Anbauten um l/3 vergrößert werden, was den jetzigen und auch in die Zu- kunft reichenden Vorstellungen der Verwal­ tung entsprach. Unter Einsatz moderner Baumaterialien und unter Berücksichtigung modernster technischer Einrichtungen wurde, unter weitgehender Beibehaltung der unter Denkmalschutz stehenden Fassade, innerhalb eines Jahres der Umbau vom alten Rathaus zum neuen Verwaltungsgebäude bewältigt. Viel Unvorhergesehenes kam, durch die jahrhunderte alte Baugeschichte des Hauses bedingt, auf den Architekten und die Hand­ werker zu. So beherbergt dieses Gebäude heute die bürgerfreundliche Verwaltung der Stadt Bräunlingen. Der Ratssaal, der sich im Dachgeschoß inmitten jahrhundertealtem Gebälk befindet, wurde genauso anspre­ chend und innenarchitektonisch besonders gestaltet, wie das sogenannte Trauzimmer und das Amtszimmer des Bürgermeisters. Eine Aufzuganlage kommt den Bürgern ent­ gegen, denen das Treppensteigen schwerfallt. Bürgermeister, Ratsschreiber, Stadtkasse, Rechnungsamt, Stadtbauamt, Grundbuch- 133

amt, Besprechungszimmer, Sozialräume, Zentrale, das Fremdenverkehrsamt, ein gro­ ßes, mit äußerst wertvollen Dokumenten bestücktes Archiv, bekamen im Zuge dieser Umbaumaßnahmen eine neue freundliche Unterkunft. In der Eingangshalle wird durch eine repräsentative Innenarchitektur mit dem Anbringen des alten Stadtsiegels an der Decke die T raditionsverbundenheit der Zäh­ ringerstadt Bräunlingen dokumentiert. Ein Relief des Gemarkungsgebietes der Stadt weist besonders auf die interessante geologi­ sche Struktur dieser Landschaft hin. Unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten erhielt das Rathaus der Stadt ein neues Kleid, wobei die vorhandenen Sandsteinwände, die in alter Manier zum Teil ergänzt und mit schmalen Goldbändern eingefaßt wurden, in guter Harmonie zu dem grünen Grundton der Gesamtfassade auf die Bedeutung des Gebäudes hinweisen. Die Pflasterung vor dem Gebäude nimmt auf die Fassade und den historischen Wert genauso Bezug wie die Stufengiebel. Der Eingang wurde durch ein neues großzügiges Eichenportal, das mit seinen farbigen Wappen die im Zuge der Gemeindereform eingegliederten Stadtteile zeigt, neu ge­ schaffen. Handwerker, Gemeinderat, Verwaltung, Landratsamt, Denkmalamt, Architekt und Innenarchitekt gestalteten hier ein freund­ liches, mit den modernsten Mitteln der Technik ausgestattetes Haus, das richtung­ weisend für die Ortskernsanierung der alten Reichs-und Zähringerstadt Bräunlingen sein kann. Alexander Graf, Freier Architekt und Innenarchitekt 134 Sei wie eine Pflanze die wächst und grünt selbst in einer Fuge zwischen Platten aus Beton wenn du nichts mehr spürst außer Mauern aus Traurigkeit zwischen die dein Herz gesperrt ist ohne eine T ür zu sehen durch die es könnte fliehen oder wenigstens ein Fenster durch das ein wenig des Lichts der Freude fallen würde wenn du siehst wie die anderen ständig sich mühen Fassaden zu bauen, immer bessere und du trauernd merkst daß ihnen dahinter kein Raum ist da ihre Seele Heimat fände und Wohnung wenn du hörst wie sie Hochhäuser errichten aus Worten nur um ihr Schweigen einzuschalen und ihre Antwortlosigkeit wenn du auch – immer wieder in dir selbst Barrikaden mauerst der Lieblosigkeit und Bequemlichkeit dann sei wie die Pflanze die wächst und grünt und blüht selbst in dem schmalen Streifen Erde zwischen Platten aus Beton ,,_ ,, In mir tragen werde ich diese Augenblicke wie Kostbares das zu hüten einem bewegt wieder und wieder werden sie meiner Seele erstehen und mein Herz wird erstrahlen aus ihrem Gehalt Friederike Siek

Kunst und Künstler Echo der Stille: Der Bildhauer Wolfgang Kleiser Das Haus mit den großen Fenstern steht über dem Steilweg, der erfreulicherweise noch nicht asphaltiert ist.Auf dem Grashang gegenüber, hinter dem die Waldberge dun­ keln, pflücken Kinder Blumen und sind so fröhlich in ihrer Entdeckungsfreude, daß sie den Ruf der Mutter nicht hören. Oder nur so tun als ob. Wie alle Kinder, deren Bettzeit näherrückt. Hammereisenbach heißt das Dorf und „Talblick“ der Platz, der seinem Namen Ehre macht. Ein geschnitztes Schild nennt den Künst­ ler, der hier über der Talenge in der Weite sei­ ner kreativen Begabung das Eigene sucht und findet und beim Gefundenen nicht ste­ henbleibt: Der Bildhauer Wolfgang Kleiser. Dieser Name umschließt eine glückliche Familie, und so erscheint es nahezu selbst­ verständlich, daß die Besucher in den mei­ sten Werken, die Haus und Atelier füllen und einen Werdegang eindringlich verdeut­ lichen, das Mitmenschliche, die Spannungen des Zueinander und Miteinander entdecken. In den meisterlichen Kompositionen der Stelen und Gruppen aus Ton, Bronze und erdhaftem Holz dominiert das Familiäre, das seinen tiefen Sinn erhält, wenn Frau Marianne ihrem Mann den einjährigen Georg in den Arm legt, weil sie ihre Hände für anderes frei haben möchte, und dann beide erneut – dabei die Vergeblichkeit lachend einsehend – nach den zwei munte­ ren Blumenmädchen auf dem Wiesenhang rufen. Jeden Abend ist es dasselbe“, meint Wolfgang Kleiser und scheint mitten im Wort doch froh zu sein, daß seine Kinder dort nach Schönem, Gewachsenem suchen und das Beispiel neugierigen Lebens geben, frühe Aufgeschlossenheit für alles Schöpfe­ rische, das Erfahrungswerte vermittelt. Aus der tiefen und festen Wurzelung in der Fami- lie bezieht dieser Künstler seine Entfaltungs­ kräfte, seine Sicherheit und Mitteilungs­ stärke. Die sogleich in diese Geborgenheit einbezogenen Besucher brauchen nur den lichten Arbeitsraum zu betreten, und schon umgibt sie die Welt eines unverkrampften, natürlichen Wachstumsprozesses im Mate­ rial, Menschlichem und Künstlerischem: Verbund ohne leichtfertige Floskeln oder intellektuelle Distanzierung, nur Hinwen­ dung zur frischen, klaren Formulierung in erstrebter Gültigkeit. Das Fundament der Familie, im persön­ lich-privaten sowie weiter gezogenen Sinne, trägt eine umfassende Gläubigkeit, die in Profanes und Sakrales eingebracht wird; das Mitmenschliche erreicht in sakraler Überhö­ hung die größere Familie derG läubigen oder noch Suchenden. So entdeckt man auch in Kleisers profanen Werken stets das in Wand­ lung befindliche Menschliche, Anstoß und Aufbruch für eine Verinnerlichung, Erwar­ tungsbereitschaft und Erlösungshoffnung. Weg ohne Abweichung. Im März 1936 in Urach geboren, wuchs Wolfgang Kleiser gleich in die Welt seines späteren Schaffens hinein. Vater Augustin Kleiser war Bildhauer, der sich nach dem Material Stein seiner Studienzeit dem lebenswarmen Holz zuwandte und seinen Sohn Wolfgang zehn Jahre berufsbildend unterwies. Zwei Jahre hindurch gab es immer wieder fördernde Arbeits- und Stu­ dienbesuche beim akademischen Bildhauer Franz Spiegelhalter in Freiburg, dem der junge Künstler viel verdankt.1961 machte er sich selbständig, obwohl er nach wie vor neben seinem Vater und Lehrmeister in ein­ und derselben Werkstatt beengt arbeiten mußte. Im Jahre 1971 baute er sich in Ham­ mereisenbach sein Haus, dem er später ein 135

geräumiges Atelier anschloß, heiratete seine aus dem Rier‘!ngebirge stammende Frau Marianne und gründete seine jetzt fünfköp­ fige Familie. Seit 1971 ist er, nach der gefor­ derten Überprüfung seiner Arbeiten, als frei­ schaffender Bildhauer offiziell anerkannt. Die ersten großen Aufträge waren ein ,,Kreuzweg der Passion“ für Bremerhaven sowie die Maria- und Joseph-Statuen der St. Fidelis-Kirche in Villingen (1963/64). Er arbeitet in Ton, Holz und Bronze. Mehrere Kirchen, wie unter anderen in Häu­ sern und Bad Dürrheim (1979), Sasbachwal­ den und Spaichingen (1980), beauftragten ihn, der sich auch erfolgreich in entspre­ chende Wettbewerbe einschaltete, mit der Gestaltung von beeindruckenden Kreuz­ wegen, deren Eindringlichkeit mit einer stär­ keren Abstrahierung der formalen Elemente zunimmt. 1978 schuf er für die Gemeinde Grato­ soglio von Mailand seine große „Schutz­ mantel-Madonna“ aus Eichenholz, die über­ zeugende Komposition eines Meisters. ,,Als am Samstag abend die Statue, auf einem fest­ lich geschmückten Lastwagen befestigt, in feierlicher Prozession von der Mutterkirche San Barnaba zur neuen ,Santa Maria Madre della Chiesa‘ überführt wurde“, so schrieb ein Augenzeuge, ,,waren zweitausend Italie­ ner betend und singend dabei. So etwas hat die Südstadt von Mailand noch nie gese­ hen!“ Die von Kleiser geschaffene Madonna behütet unter ihrem mütterlichen Mantel auch die Hochhäuser, die diesen Mailänder Stadtteil zeitgenössisch zweckkalt struktu­ rieren. Die Intensität seiner Arbeitsweise und die Ernsthaftigkeit in den Bemühun­ gen, die größtmögliche Abrundung der ein­ gebrachten Idee zu erreichen, sprachen sich herum und mobilisierten Kenner und Freunde seiner reifenden Kunst in der Sicht­ barmachung des Geistigen und damit Durchgeistigen. Bundesminister a. D. Dr. Heinrich Krone kam schon mehrere Male nach Hammereisenbach und war einer der vielen Käufer der im Stillen entstandenen Werke. 136 Formale Fülle der Nachdenllichkeit. Im ganzen Haus sind seine Plastiken und Tonmodelle verteilt: Weihnachtskrippen, die er für die Heiligkreuzkirche von Villin­ gen und die Gotteshäuser von Mannheim­ Vogelstang und Haueneberstein schuf; die Ton-Entwürfe für seine künstlerisch deut­ lich in expressiver Wandlung befindlichen Auffassungen der Kreuzweg-Thematik. ,,Mir geht’s um das Weglassen, um die For­ mulierung des Wesentlichen“, bringt Wolf­ gang Kleiser sein kreatives Engagement, dem nichts Symbiotisches anhaftet, auf einen kla­ ren Zielnenner. ,,Für mich ist die Form wich­ tig, so reduziert sie auch sein mag.“ Die Deformierung bis zum nur literarisch erklär­ baren Rätsel lehnt er ebenso ab wie infor­ melle Zufälligkeit oder zeitgenössische Kunst- sowie Antikunst-Gags mit ihren rasch verbrauchten Pointen. Wer ihn besucht, der findet zu eigenem Nutzen eine ganze Ausstellung sakraler und thematisch freier Werke, von denen einige (außer den hier abgebildeten) aus der Vielzahl hervorgehoben werden sollen: Die „N achdenklichen“ sowie die raum plasti­ schen Holz-Stelen; die Gruppierungen „Ver­ söhnung“ ·und ,,Das Gespräch“; das nahezu archaisch formulierte „Liebespaar“ in seiner innigsten Verbundenheit; die familiäre ,,Betrachtung“; die ausdrucksstarken Bron­ ze-Reliefs für den Wohnbereich, ,, Verkündi­ gung“, ,,Geburt“ und „Kreuzigung“; die klei­ nen und dabei so großartigen Bronze-Trios „Die Staunenden“ und ,,Die Freude“ oder die in seinen Bronze-Porträts sichtbar gemachten Lebens- und Schicksalsland­ schaften. Bei unserem Besuch arbeitete er an der 2,30 Meter großen Statue des hl. Laurentius für die katholische Pfarrkirche von Heim­ stadt, die das Altargegenstück zur Marien­ figur bilden soll. Der Zufall wollte es, daß Lehrer und meisterlich gereifter Schüler dort wieder zusammentrafen, denn die Statue der Maria stammt von dem Freiburger Franz Spiegelhalter. Das bewegt Wolfgang Kleiser wie der Beweis einer waltenden Vorsehung.

Jesus fällt zum dritten Mal unter das Kreuz. Eine freie Arbeit in Bronze von Wo!fgang Kleiser. 137

das bei der Arbeit getragen wird. Mit beson­ derer Liebe ist hier, wie auch in den Blumen­ stilleben, der Maler dem Detail nachgegangen und bringt es in leuchtkräftigen Farbkon­ trasten zur Geltung. Bei den Landschaften hat sich gegen Ende der fünfziger Jahre der impressionisti­ sche Stil voll durchgesetzt: zunächst in der Form eines gespachtelten Farbauftrags mit großflächiger Manier, dann aber fortschrei­ tend in einer lockeren, fließenden Farbigkeit, die besonders wirksam die Stimmungen der wechselnden Jahres- und Tageszeiten, die Atmosphäre von Fluß-, Ried- und Waldland­ schaften zu erfassen vermag. Karl Merz liebte das Geschehen in der freien Natur: Ziehende Wolken, Gewitter- Karl Merz bei der Arbeit in seinem Atelier. stimmungen, die Morgensonne, Hänge und T äler im Licht des frühen Tages, Baum­ gruppen und Weidenbüsche, die sich im Wasser von Donau, Breg und Brigach oder in den stillen Riedseen spiegeln. Er malte die Bauern auf dem Felde oder bei dem Gang zur Arbeit. Auch Motive im nahen Schwarz­ wald, am Bodensee und im Hegau, der es ihm besonders im Herbst angetan hatte, waren diesem Baaremer vertraut. Die lieb­ liche, anmutige Landschaft mit ihren Hügeln und Bergkegeln“ – so Karl Merz in seiner „Lebensbeschreibung“ – zog mich immer wieder an und beflügelte meine Schaffens­ freude“. “ “ 139

Noch die Arbeiten der späten sechziger Jahre offenbaren einen Künstler von abge­ klärter, ungebrochener Schaffenskraft. Immer wieder lenkte der Maler sein Fahrrad mit der Staffelei auf dem Gepäckträger in romanti­ sche Kleinstadtwinkel, in stille Dorfgassen oder in die Riedlandschaft rund um Donau­ eschingen.Nur einige Titel aus dieser späten Epoche seien stellvertretend für viele andere genannt: Vorfrühlingstag; Brigachmotiv mit Bäumen; Vorfrühling an der Breg; Stilles Wasser mit Bäumen; Herbstsonne im Bri­ gachtal. Oft sind es stille Waldwinkel, eng begrenzte Flußkrümmungen. Dann wieder großräumige, lichte Donaulandschaften mit dem Wartenberg, überspannt von dem hohen Himmel der Baar, mit weiten Horizonten, mit den herben Braun- und differenzierten Violettönen, wie sie an Herbsttagen, wenn das Jahr zur Neige geht, den Zauber dieses Hochlandes ausmachen. Manche der Bilder von Karl Merz mögen den oberflächlichen Betrachter an Thoma, Trübner, Leib! oder Schönleber erinnern, die der Maler der Baar besonders schätzte. Doch „wenn auch viele meiner Schöpfungen an diesen oder jenen Meister erinnern, so kommt dies lediglich von derselben Auf­ fassung oder denselben Zielen her, die ich wie jene Meister anstrebe. Aber beim Malen selbst arbeite ich selbständig, aus meiner persönlichen Auffassung und aus dem Ge­ fühl heraus“. So der Baaremer Landsehafter in seinem handschriftlich hinterlassenen ,,Lebenslauf‘. Zum Unterschied von den Meistern, die er verehrte und schätzte, fanden nur wenige Arbeiten von Karl Merz den Weg in Museen und öffentliche Sammlungen – sieht man ab von den Merz-Bildern in der Universität Heidelberg, in Karlsruhe und in den Fürst­ lich Fürstenbergischen Sammlungen in Donaueschingen. Umso zahlreicher trifft man die Werke dieses Malers in den Rat­ häusern und den Gaststuben auf der Baar: so in Donaueschingen, Pfohren, Aasen, Unterbaldingen, Neudingen, Biesingen, Für­ stenberg. Ein Bild mit dem Blick auf Ried- 140 böhringen nahm – als Geschenk des früheren Landkreises Donaueschingen – in den sech­ ziger Jahren den Weg nach Rom in die Studierstube von Kurienkardinal Augustin Bea, dem Riedböhringer Ehrenbürger. Ne­ ben den Landschaften war es der werktätige Mensch, das Bauernvolk auf der Baar, dem sich Karl Merz bis an sein Lebensende ver­ pflichtet fühlte. Begreiflich, daß dieser Bauern­ maler mit seinem Werk in ungezählten Bür­ gerhäusern und Bauernstuben der Baar eine bevorzugte Heimstätte gefunden hat und weiterlebt. Lorenz Honold Ein Baumstumpf Stolz war der Baum einst – Und heute ein Stumpf nur? Moos gibt ihm ein Kleid, weich und zart, Er gibt dem Moos die Kraft zum Leben, – Und Pilzen auch. Willst du sie zählen? Sie glänzen braun, wie aufgereiht zum Er dankt’s mit seinem Leben. [Schmuck. Olga Roth Bilder aus den Bergen Scharfkantige Bergriesen, leuchtend grelle Felswände, Weiße Wolken auf blauem Grund. Wer wollte nicht staunen über Gottes Größe und Herrlichkeit? Blumige Matten, Weidende Kühe – Tönende Schellen – Wer wollt‘ sich nicht freu’n an seiner Vielfältigkeit? Häuschen ruh’n unter steinbeschwerten Wasser fließt in hölzerne Tröge, [Dächern, Frauen schleppen schwere Kannen zu Tal. Fühlt ihr die Ruhe dieser Welt? Trinkt sie in euch hinein! Oh, nehmt sie mit! Sie ist des großen Gottes Kraft und auch [die eure! Olga Roth

Der Geist ist‘ s, der lebendig macht! Seit 25 Jahren Kunstschmiede Klaus Walz, Vill i n g e n -Schwenningen Im November 1979 beging die Kunst­ schmiede Klaus Walz, Stadtbezirk Villingen, ihr 25jähriges Betriebsjubiläum. Bei dieser Feier gab Klaus Walz – auf dem Amboß stehend – heiter und geistreich einen Bericht über den Aufbau und die Entwicklung seiner Werkstatt. Im Herbst 1954 zog der junge Meister, der für eine kurze Weile Gastrecht in der Schlosserei Schleicher erhalten hatte, mit einem Handwagen voller Werkzeug, Gerät und Material vom Kaiserring zur Vocken­ hauser Straße in die neuerbaute Werkstätte. Mit einem Lehrbub führte er anfangs Bau­ schlosserarbeiten aus, doch recht bald ver­ legte er sich auf sein ihm eigenes Metier, das Kunstschmieden und die Metallgestal­ tung. Im Laufe der Jahre bildete er sich Mit­ arbeiter heran, die teils heute noch bei ihm sind, teils einem eigenen Betrieb vorstehen. Die Kunstschmiede Walz, Stadtbezirk Villingen, gehört zu den bedeutenden Werk­ stätten kunsthandwerklicher Metallverarbei­ tung der Bundesrepublik. Eigene Kreativität und die Zusammenarbeit mit namhaften Künstlern, wie Harry Maclean, Professor Hillebrand, Köln, und dem Bildhauer Heyer­ mann ließen in den vergangenen Jahren viele interessante Werke entstehen. Die Beratung der Architekten und Bauherrn in der künst­ lerischen Gestaltung ist Klaus Walz ein be­ sonderes Anliegen. Reich ist die Vielfalt der Arbeiten: Portale, Tore, Gitterwerk, Gelän­ der, Grabmale, Leuchter und sakrale Gegen­ stände wie Kommuniongitter, Tabernakel, Taufbecken u. a. Da sind die Brunnengestal­ tungen, die auf eingehendem Naturstudium basierenden gestrafften T ier-Kleinplastiken, die sehr differenziert angelegten W irtshaus­ Ausleger und die schönen Schriftgestaltun­ gen. Eisen, Messing, Bronce sind die Mate­ rialien für diese Arbeiten in den verschiede­ nen handwerklichen Bearbeitungen. Hierbei wird besonders Wert gelegt auf herkömm- Klaus Walz liehe, bewährte Schmiedetechnik wie Lochen, Stauchen, Strecken, Nieten, Breitziehen, Bunde umlegen, Feuerschweißen. Dadurch entsteht eine solide gestalterische Aussage der Arbeiten. In zahlreichen, auch interna­ tionalen Ausstellungen finden wir Werke aus dieser Villinger Kunstschmiede. Klaus Walz gehört dem Bund Baden­ W ürttembergischer Kunsthandwerker an, ist im Vorstand des Arbeitskreises Kunstschmie­ de und Metallgestaltung Baden-Württem­ berg, Obermeister der Metallinnung des Schwarzwald-Baar-Kreises und war jahr­ zehntelang in der Prüfungskommission für die Ablegung der Meisterprüfung im Me­ tallhandwerk. W ir blenden zurück und sprechen von Kindheit und Jugend. Vor uns liegt ein F oto _ 141

der „Oberen Linde“ in Oberkirch mit dem großen einladenden Ausleger, dem Meister­ stück Klaus Walz‘ aus demJahr1954. Hier in der Ortenau ist Klaus Walz geboren; die Mutter stammte aus dieser renommierten Gaststätte. Da sein Vater 1935 Direktor der Deutschen Bank in V illingen wurde, zog die Familie in die Zähringerstadt. Nach dem Abitur im April 1942 folgte die Einberufung zum Wehrdienst. Mit der Gefangennahme im November des gleichen Jahres bei EI Alarnein in Ägypten endete die Soldaten­ zeit. Nach dem Aufenthalt in den Lagern Ägyptens ging es über Südafrika kreuz und quer durch die USA, und schließlich landete der junge „Prisoner of war“ in England. Oft war er als Dolmetscher eingesetzt, vielmals spielte der Sportler Klaus Walz mit – als Parterre-Akrobat im Lagerzirkus – vielen Mitgefangenen Freude und neuen Mut ge­ bend. An Weihnachten 1946 kehrte er gleichzei­ tig mit seinem Bruder Hannsheinrich, heute Rechtsanwalt in V illingen-Schwenningen, der aus französischer Gefangenschaft kam, heim. Der älteste Bruder war 1944 in Ru­ mänien gefallen. Nach diesen unruhigen Jahren begannen Lehr- und Gesellenzeit in Triberg und Schwenningen. W ährend der Kölner Jahre in der Kunstschmiede Wyland und den anschließenden Semestern auf der Meisterschule des deutschen Kunsthand­ werks in München erweiterte er sein W issen und die beruflichen Kenntnisse. In dieser Zeit lernte er seine Frau, die Diplomvolks­ wirtin Magdalena Grundmann kennen, die ihm heute nicht nur eine tüchtige Lebens­ gefährtin ist, sondern auch im kaufmän­ nischen Bereich dafür sorgt, daß die Kasse stimmt. Drei Söhne wurden ihnen geboren, zwei sind bereits im Studium, der jüngste besucht noch das Gymnasium. Klaus Walz ist als Mensch und Künstler recht vielseitig. Er ist froh, durch seine Ar­ beiten einen Beitrag leisten zu können zur Verschönerung der Stadt und mancher Ge­ meinde. Als ein aufgeschlossener, geselliger Mensch vertauscht er manchmal seinen Am­ boß, besteigt den Pegasus und wird zum heiter-hintergründigen Verseschmied. Sport und Bergsteigen gehören genauso zum Le­ bensinhalt wie das Lesen und die Beschäfti­ gung mit der Kunst. – ,,Der Geist ist’s, der lebendig macht“. Helmut Heinrich Bergziegen/Eisen, von Klaus Walz, aus einem Stück geschmiedet. 142

Gitterwand/Eisen, Münsterzentrum VS-Villingen, Kunstschmiede Klaus Walz. 143

Der Bildhauer EmilJo Homolka etwa bei der UFA in Berlin mit Lil Dagover, mit Heinrich George und vielen anderen. Freunde weiß der Bildhauer in aller Welt. Er pflegt den Kontakt. Es macht ihm Freude, über seine Familie zu erzählen, insbesondere über seine Kinder. Sie sind fast erwachsen und ebenso aktiv wir ihr Vater. EmilJo Ho­ molka hat Freude an lebensbejahenden, schaffensfrohen Mitmenschen. In Stuttgart wurde er 1925 geboren. Dort war er Schüler des Karls-Gymnasiums. Von 1943 bis 1946 war er Soldat und in Gefangen­ schaft. An der Kunstakademie Stuttgart be­ ginnt er 1946 sein Studium. FünfJahre bleibt Emil Homolka dort; er assistiert Professor Hils. Gleich zweimal erhält der Bildhauer den Kunstpreis der Jugend, 1952 und 1954; er reichte eine Bronzearbeit und eine Holz­ plastik ein. Beiden Materialien ist er bis heute Bronzearbeiten und Holzplastiken im Atelier in Königsfeld. ‚�• I ,� ,#( 1,:. ,,, ,. • , 1 ; Sprühend, glasklar und von auffallender Schärfe sind die Augen, die Gesichtszüge geprägt von den Königsfelder Wäldern; die Bewegungen sind dynamisch, entschlossen und stimmen völlig überein mit Emil Jo Homolka. V ielfaltige Fähigkeiten und die Möglichkeit, diese auch frei zu entfalten in einem gut gefügten Rahmen, steuern die Entwicklung dieses Bildhauers. Über Generationen war die Familie wan­ der- und reiselustig und ist es auch heute noch. Der Vater, von Geburt Tscheche, lebte später als Kaufmann in Stuttgart. Die Mutter stammt aus der Schweiz. Der Großvater müt­ terlicherseits besaß ein landwirtschaftliches Anwesen in Süddeutschland. Beim Bauern verbrachte EmilJo Homolka immer wieder die Ferien. Von daher kommen die Kontakte zu den Tieren. Das schauspielerische Talent der Familie, das auch Emil J o Homolka ge­ erbt hat, brachte ihm viele Begegnungen, so 144

treu geblieben. Seine bevorzugten T hemen sind Tiere und Propheten. Beides – Tiere und religiöse T hemen – beschäftigen ihn auch heute noch. 1951 kommt der Bildhauer nach Königs­ feld ans Zinzendorf-Gymnasium; seither führte er zahlreiche Aufträge für Staat, Kir­ che und Industrie aus. In mehr als 100 Kirchen in Deutschland und im angrenzen­ den Ausland übernahm er die künstlerische Innenausgestaltung. In öffentlichen Gebäu­ den und Anlagen befinden sich Werke des vielseitig begabten Bildhauers. Die Ausein­ andersetzung mit dem architektonischen Rahmen und das Erfassen des Wesentlichen gehören für den Bildhauer ebenso mit zur Erfüllung eines Auftrages, wie die handwerk­ lich saubere Arbeit. Zu seinen Objekten im Schwarzwald­ Baar-Kreis gehören die Innenausgestaltung der Markuskirche in V illingen; der Kirche auf Rinelen in Schwenningen und des Buchen­ berger Kirchleins. Ein Relief in Bronze schuf er für die Firma Dual, weitere Reliefbilder für die Firma Fridolin W inkler; ein großes Relief für die Hauptschule in Königsfeld. In Arbeit ist ein Objekt für die neue Turnhalle in Königsfeld. Über die Region hinaus entstehen gegen­ wärtig: ein Stadtbrunnen für Süßen bei Göppingen; die künstlerische Gestaltung eines Verwaltungsgebäudes von einem gros­ sen Industrie-Konzern; die Innenausgestal­ tung für mehrere Kirchen und für das Dia­ konische Werk in Karlsruhe. E velyn Schwenk Sonnenuntergang Die Sonne sank im Westen, Sie ging zur stillen Ruh‘, Da schlossen auch die Blümlein Die müden Augen zu. Leis zog der Dämm’rung Schleier Weit über Feld und Wald Und hoch am Himmel droben Sah man die gold’nen Sternlein bald. Träumend saß ich ganz allein Auf einer alten Bank, Da klang vom Dorf das Glöcklein Dem Herrn zum Lob und Dank. Es zwitscherte ein V öglein Dazu den letzten Gruß, Vom Baume Blätter fielen Mir sanft auf Kopf und Fuß. Ich nickte ein – erwachte, Laut pochte mir das Herz, Ich spürte Gottes Nähe, Sie zog mich himmelwärts. Johannes Hawner ,,_ ,, Heimweh Weit trieb es mich in ferne Lande, Ich wollte and’re Menschen seh’n, Doch nirgends lösten sich die Bande, Ich mußte wieder heimwärts geh’n. Wo ich die Kinderzeit verbrachte, Der Jugendjahre Glück erlebt, Wo jeder Baum mir Freude machte, Der sich dort himmelwärts erhebt. Wo noch die altgewohnte Tränke, Das Brünnlein fließt wie ehedem Und noch die liebvertrauten Bänke Längst schon gebaut aus Stein und Lehm. Wo’s Kirchlein schaut vom Berg hinunter, In’s Tal, zu meinem Elternhaus, Wo alles noch so froh und munter, Wie ich voll Hoffnung zog hinaus. Johannes Hawner 145

Persönlichkeiten der Heimat Prof. Karl S. Bader: Professor Dr. Ernst E. Hirsch Ein Grußwort in die neue Heimat des Rechtsgelehrten in Königsfeld-Burgberg Seit 1967 lebt Prof. Dr. Ernst E. Hirsch, ein weltweit bekannter und international an­ erkannter Rechtsgelehrter, zugleich ein be­ gnadeter Rechtslehrer, in Königsfeld-Burg­ berg. In einem ihm 1977 zum 75. Geburts­ tag dargebrachten „Liber amicorum“ (Buch der Freunde) heißt es: ,,Hirsch zog sich in den Schwarzwald auf die Höhe oberhalb des Dorfes Burgberg zurück .. . Dort oben im Schwarzwald geht er am Waldrand entlang und blickt über die Höhen. Dort sitzt er am Schreibtisch und schreibt, denn Hirsch ist ohne geistige Arbeit, ohne Denken und For­ schen, nicht vorstellbar. Er bleibt der Suche nach der Wahrheit verpflichtet, er bleibt der Freiheit des Geistes verpflichtet.“ Ernst E. Hirsch blickt aber nicht nur über Feld und Wald auf geographische Höhen; er blickt zugleich zurück auf Höhepunkte eines ungewöhnlichen Gelehrtendaseins, auch zurück auf Tiefen einer menschlichen Existenz, die er mit philosophischem Gleich­ mut und mit vorbildlicher Noblesse über­ wunden hat. Als Sohn einer hochgeachteten jüdischen Familie am 20. Januar 1902 zu Friedberg in Hessen geboren, hat er bleiben­ de Eindrücke aus Jugend und Schulzeit empfangen µnd bewahrt. Darüber, was ihm Stadt und Burg Friedberg, einst zwei getrenn­ te Gemeinwesen, zu bieten vermochten, hat er in einer Selbstbiographie berichtet, deren erster Teil, 1976 Familie und Freunden unter einem Motto aus Goethes Feuerkopf gewid­ met, den bezeichnenden Titel trägt: ,,Vergiß nicht, wo Du herkommst!“ Hirsch hat die selbst gewählte Devise zur Lebenswahrheit gemacht: obwohl Heimat und Vaterland ihm schweres Unrecht angetan haben, ist er ihnen zugetan und verbunden geblieben. Nach in der Türkei verbrachten Jahren des Exils 146 Universitätsprofessor i. R. Dr. Hirsch kehrte er schon 1948, zunächst als Gastpro­ fessor in Frankfurt a. M. und Berlin, 1952 dann als ordentlicher Professor an der Freien Universität Berlin, nach Deutschland zurück, dessen Staatsbürgerschaft ihm 194 1 entzogen und gemäß Grundgesetz zurückgegeben worden ist. Verfolgen wir nun aber die wissenschaft­ liche Laufbahn! Mit dem Zeugnis der Reife verließ Hirsch 1920 das Humanistische Gymnasium in Friedberg, um in Frankfurt a. M., München und Gießen Rechts- und W irtschaftswissenschaften zu studieren.1923 bestand er die Erste juristische Staatsprüfung (Referendarexamen) in Gießen, schon im folgenden Jahr folgte die Doktorpromotion daselbst. Nach zweijähriger praktischer Tä- Fortsetzung Seite 148

Unter Denkmalschutz gestellt wurde durch das Regi.erungspräsidium Freiburg die Gemeinde K ö n i gsfel d . Ihre Gesamtanlage ist das Ergeb­ nis einer einheitlichen Planung des frühen 19. Jahrhunderts. Vor allem das Zentrum mit dem baumbestandenen Zinzendorf (unsere Zeich­ nung von dem Blumberger Maler Werner Mündel), dann das rechtwinklig-rasterförmige Straßensystem mit den biedermeierlich anmuten­ den Garten- und Parklandschaften gelten als eine Besonderheit unter den geschützten Ortsbildern. 1806 genehmigte König Friedrich 1. die Siedlungs­ gründung der Brüdergemeine aus Herrnhut und gab dem Ort den Namen Königifeld. 147

tigkeit als Bankjustitiar leistete er den juristi­ schen Vorbereitungsdienst ab, den er mit dem Assessorexamen 1929 in Berlin – wie alle Examina mit Auszeichnung – abschloß. Der Praxis ist Hirsch dauernd verbunden geblieben, obwohl das wissenschaftliche In­ teresse nun immer stärker an Intensität ge­ wann. Auf die Habilitation an der Rechts­ wissenschaftlichen Fakultät in Frankfurt a. M. (1930) folgten alsbald Lehrstuhlvertretungen in Göttingen und Frankfurt, zugleich jedoch (1931) die Ernennung zum Land- und Amts­ gerichtsrat. 1933 verlor er Richteramt und Universitätsstellung aufgrund des berüchtig­ ten „Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, mit dem „Nicht­ arier“ und sonstige dem Regime Mißliebige unter verbrämter Flagge entlassen und ver­ folgt wurden. Früh weiteres Unheil ahnend verließ Hirsch noch 1933 Deutschland und übernahm ein Ordinariat für Handels-, See­ und Versicherungsrecht an der Universität Istanbul; von 1943 bis 1952 war er ordent­ licher Professor für die gleichen und weitere Fächer an der Universität Ankara. Nach der Rückkehr und Übernahme der Professur an der Freien Universität Berlin, für deren Auf­ und Ausbau er seine ganze Kraft einsetzte, bekleidete er 1953 bis 1955 das verantwor­ tungsvolle, nun aber mit wachsenden Schwie­ rigkeiten verbundene Amt des Rektors. Er mußte erleben, wie sein Ansatz für eine freie akademische Körperschaft immer mehr von extremen Studentengruppen mißbraucht wurde, denen es zeitweise, bei schwacher Gegenwehr des Berliner Senats, gelang, die ,,freie“ in eine marxistisch-nihilistische Uni­ versität „umzufunktionieren“. So sah er sich bitter enttäuscht, aber voller Würde veran­ laßt, seine Professur, das in Berlin aufgebaute Institut für Rechtssoziologie und sonstige akademische Aufgaben durch vorzeitige Emeritierung 1967 zu verlassen. Von Burg­ berg aus blieb er weitere Jahre hindurch für die Universität Freiburg im Breisgau in den vertrauten F�chern tätig, bis ihn Herz- und Augenleiden mit zunehmendem Alter zu un­ verdrossener Arbeit am Schreibtisch zwangen. 148 Bei aller Dramatik des äußeren Ablaufs ist damit über die ungewöhnliche Ausstrah­ lung, die von Hirsch überall ausging, noch nicht das Entscheidende gesagt. Sie betraf in erster Linie die zahllosen Schüler, denen er ein unermüdlicher Berater war und die ihm, in der Türkei, in der Bundesrepublik, in den USA und anderswo ihre Anhänglichkeit be­ wahrten. Sie betraf aber nicht minder das wissenschaftliche Werk eines Mannes, dessen Ziel es war, Wissenschaft und Praxis, Recht und Wirklichkeit miteinander zu verbinden. Es ist hier nicht der richtige Ort, dieses Werk einem breiteren Leserkreis näherzu­ bringen; der Verfasser dieser Würdigung ist, selbst anderen rechts- und geschichtswissen­ schaftlichen Fächern verpflichtet, auch nicht der richtige Mann, die ganze Breite und Tiefe dieses Werkes zu erfassen. Soviel sei ihm, der als alter Schwarzwälder und Baaremer den Neu- und Spätschwarzwälder Hirsch zu seinen Landsleuten zählen darf und ihn als solchen begrüßen will, jedoch zu sagen ge­ stattet: Aus dem von früh auf gehegten Wunsch des in Recht und Wirtschaft gleich tief Verankerten, die Lebenswirklichkeit im Recht und durch das Recht hindurch auf­ scheinen zu lassen, ist der Begründer einer echten und wirklichen R e c h t s s o z i o l o g i e geworden, die erst durch ihn die Gestalt eines selbständigen Teiles der Rechtswissen­ schaft, zumal im deutschsprachigen Gebiet, gewonnen hat – einer Rechtssoziologie, die es verstanden hat, den Jargon moderner Soziologie zu vermeiden und die Soziolo­ gen von heute (vielleicht bereits von gestern) in gebührende Schranken zu weisen. Hier darf der für Handels- und Wirtschaftsrecht nicht kompetente Verfasser- also ich selbst­ auch ein wenig aus eigener Erfahrung dessen schöpfen, dem es aus langer Lehrtätigkeit und Praxis heraus ein Daueranliegen war, in Gestalt der Kriminalsoziologie einiges dafür zu tun, daß unser Strafrecht den Menschen und die menschliche Gemeinschaft nicht verfehle. In einem ungleich weiteren Rah­ men und mit nachhaltigerem Erfolg gelang ihm dies für die Rechtswissenschaft.

Professor Dr. Karl Siegfried Bader Der Rechtshistoriker in Zürich, ein Sohn der Baar, vollendete das 75. Lebensjahr Wie seine drei Geschwister, die nachmals als prakticher Arzt, als Zahnärztin und als Apo­ thekerin auf der Baar und im Bregtal tätig waren, besuchte er das Fürstenberggymna­ sium in Donaueschingen. Nach dem Abitur, das er 1924 ablegte, hörte er in Wien und Tübingen Vorlesungen in Germanistik und Geschichte, um dann in Heidelberg und Frei­ burg sich dem Studium der Rechtswissen­ schaften zu widmen. ,,Das Schiedsverfahren in Schwaben vom 12. bis zum ausgehenden 16. Jahrhundert“ war der Titel der Arbeit, mit der er 1929 in Freiburg den Doktortitel erwarb. Ein Jahr danach begann er als Gerichtsassessor im badischen Justizdienst in Freiburg und eröffnete ebenda 1933, unter dem Gewicht der damaligen politischen Ver­ hältnisse, eine freiberufliche Anwaltspraxis. Entscheidend für die weitere Laufbahn wurde der 1. November 1938, als Prinz Max zu Fürstenberg Karl Siegfried Bader zum F. F. Archivrat ernannte und mit der Leitung des nach dem Tode von Dr. Karl Barth ver­ waisten F. F. Archivs betraute. Bereits Soldat, habilitiert sich 1942 der künftige Rechts­ historiker an der Universität in Freiburg für die Fächer Rechtsgeschichte und Kirchen­ recht. Den Heimkehrer aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft beruft Ende 1945 die französische Militärregierung zum Ober­ staatsanwalt und auf 1. April 1946 zum Gene­ ralstaatsanwalt beim Oberlandesgericht in Freiburg. Schon stand der Aufstieg zum Generalbundesanwalt in Aussicht – da ent­ schied sich Dr. Bader, inzwischen außer­ ordentlicher und außerplanmäßiger Profes­ sor an der Universität in Freiburg, endgültig für die akademische Lehrtätigkeit, folgte 19 51 dem Ruf als Ordinarius für deutsche Rechts­ geschichte und Kirchenrecht nach Mainz und das Jahr darauf der Berufung als ordent­ licher Professor für schweizerische und deutsche Rechtsgeschichte an der Universi­ tät in Zürich. 149 Ein Forscher und akademischer Lehrer, „der die wissenschaftliche Aufgabe stets über seine Person stellte“. So die Charakterisie­ rung in der Festschrift Karl Siegfried Bader, mit der seine Fachkollegen, Freunde und Schüler dem international bekannten Rechtshistoriker vor 15 Jahren ihre Wert­ schätzung und Dankbarkeit bezeugten. Dieses Zeugnis gilt auch heute noch für den inzwischen emeritierten Professor für schweizerische und deutsche Rechtsge­ schichte in Zürich, Dr. Karl Siegfried Bader, der am 27. August 1980 sein 75. Lebensjahr vollendete. Und doch – im Heimatjahrbuch Schwarzwald-Baar-Kreis muß gerade auch vom Menschen, von Herkunft und Werde­ gang die Rede sein, wenn man dem Jubilar, einem Sohn der Baar, voll gerecht werden will. Am 27. August 1905 in Waldau im Hoch­ schwarzwald geboren, hat er von 1907 an in Gutmadingen, wo sein Vater als Hauptlehrer wirkte, die Kindheit und Jugend v_erbracht.

Hier verbringt er seit der Emeritierung im Frühjahr 1975 seinen Lebensabend. In einer Stadt, die ihm die Züricher Forschungsstelle für Rechtssprache, Rechtsarchäologie und Rechtliche Volkskunde verdankt und der er durch die von ihm ebenfalls ins Leben geru­ fenen Züricher Ausspracheabende für Rechtsgeschichte besonders eng verbunden ist. Vom heimatlichen Raum der Baar aus­ gehend, hat der Rechtshistoriker Karl Sieg­ fried Bader – so in der eingangs erwähnten Festschrift – „eine Synthese besonderer Art zwischen Landesgeschichte und Rechtsge­ schichte geschaffen“. Beide Disziplinen, Rechtsgeschichte wie Landesgeschichte, dan­ ken ihm umfassende Studien vor allem zur Rechtsgeschichte des mittelalterlichen Dor­ fes. Aber auch über bis dahin vernachlässigte Randgebiete der Rechtsgeschichte, so über Rechtsarchäologie, Rechtliche Volkskunde und Rechtssprache, hat er wegweisende Arbeiten veröffentlicht. Nicht zu vergessen die Abhandlungen und aktuellen Stellung­ nahmen aus den 50er und 60er Jahren zu Fragen der Kriminalistik und der Kriminolo­ gie, wobei dem Wissenschaftler zugute kam, daß er an die 25 Jahre im Anwaltsberuf und im badischen Justizdienst praktisch tätig war. Der Jubilar, 1941 zum F. F. Oberarchivrat ernannt, betreut nebenberuflich auch heute noch das Archiv in Donaueschingen in den wissenschaftlichen Angelegenheiten. Aus dieser über 40jährigen Verbundenheit sind ungezählte Veröffentlichungen zur Rechts-, Verwaltµngs-, Wirtschafts- und Kirchenge­ schichte der Baar, zur Besiedlungsgeschichte des Schwarzwaldes bis hin zur badischen und südwestdeutschen Landesgeschichte hervorgegangen. Erwähnt sei hier vor allem ,,Der deutsche Südwesten in seiner territo­ rialstaatlichen Entwicklung“ (1950) – ein Werk, das 1978 im Thorbecke Verlag Sig­ maringen in 2. Auflage, erweitert durch ein Nachwort des Verfassers, erschienen ist. Der Verein für Geschichte und Naturge­ schichte der Baar, in dessen „Schriften“ viele heimatgeschichtliche Beiträge aus der Feder 150 von Karl Siegfried Bader veröffentlicht sind, hatte in schwerer Zeit -1938-1943 – in dem Freiburger Anwalt einen wagemutigen Vor­ sitzenden der geschichtlichen Abteilung. Daß der Verein 1947 bereits den Wiederbe­ ginn wagen konnte, ist dem damaligen Frei­ burger Universitätsprofessor Dr. K. S. Bader mit zu danken. Der Suche nach der Wahrheit, der Freiheit des Geistes verpflichtet-dieses Zeugnis stellt Professor Karl S. Bader im vorliegenden Almanach seinem Fachkollegen, dem inter­ national anerkannten Rechtsgelehrten Dr. Ernst Hirsch in einem Grußwort nach Königsfeld-Burgberg aus. Es war unbestrit­ ten auch die Devise in der akademischen Lehr- und Forschertätigkeit des Jubilars. Möge Karl Siegfried Bader als Rechtshistori­ ker im Ruhestand noch manche Jahre in die­ sem Geiste wirken können. Lorenz Honold Sehnsucht nach dem Schwarzwald Durch die Welt bin ich gewandert, Hab‘ der Länder viel geseh’n, Nirgends aber war es schöner Als im Schwarzwald auf den Höh’n. Viele Tage, manche Stunden Hab‘ ich hier verbracht Und im Wachen wie im Traume Immer nur an Dich gedacht. Deine Berge, Deine Täler, Stolze Wälder, weit und groß, Bunte Wiesen, reife Felder, Glücklich in der Erde Schoß. Und Dein Rauschen in der Feme Klingt mir heute noch im Ohr, Nimmer kann ich Dich vergessen, Weil ich weiß, was ich verlor. Johannes Hawner �:-

Um Stadt und Kreis sich verdient gemacht Severin K e r n – der Ehrenbürger von Villingen-Schwenningen wurde 80 Jahre Unter denjenigen, die im Jahre 1900 die Bühne des Lebens betreten haben und nun ihren achtzigsten Geburtstag feiern konnten, ragt ein Mann heraus, der nicht nur für die Stadt Villingen, sondern auch für den da­ maligen Landkreis von besonderer Bedeu­ tung war: Es ist der Ehrenbürger der Stadt Villingen-Schwenningen und langjährige Oberbürgermeister der Stadt Villingen, Se­ verin Kern. Ein guter Grund, daß auch in diesem Jahrbuch seiner gedacht und daran erinnert wird, was die Stadt und letztlich auch der Landkreis ihm zu verdanken haben. Fast ein Viertel-Jahrhundert hat der Jubilar die Ge­ schicke der Stadt Villingen gelenkt: von 1950 bis 1972. Während sein Vorgänger, Oberbürger­ meister Edwin Nägele (übrigens auch ein rüstiger Achtziger), von 1946 bis 1950 die Aufgabe hatte, die Stadt aus den Elends­ jahren der unmittelbaren Nachkriegszeit herauszuführen und die ersten Aufbaumög­ lichkeiten zu nutzen, war der neue Ober­ bürgermeister Kern – mit dem Erstarken unserer Wirtschaft – die große Verantwor­ tung aufgebürdet, auf dem Gebiete der Stadtentwicklung alles das nachzuholen, was während des Krieges hatte unterbleiben müssen. Bei seinem Amtsantritt zählte die Stadt rund 20.000 Einwohner. In den 22 Jahren seiner Amtszeit hat sich die Einwohnerzahl verdoppelt. Dazu brauchte es Weitsicht, auch Oberbürgermeister Dr. Gebauer überbringt dem Jubilar (rechts im Bild mit Gattin) die Glückwünsche der Stadt. 151

August Rehmanns in Hausen vor Wald und Hüfingen hat Carl Borromäus Ficlcler, der 1831-1848 als Professor und Direktor am Fürstenberggymnasium in Donaueschingen wirkte, in den Jahren 1846 und 1848 in den „Schriften des Altertumsvereins für das Großherzogtum Baden“ veröffentlicht. Lorenz Honold Der Schwarzwald-Baar-Kreis in Farben aussiebten wir sind entfernungen aber auch immer der weg an welcher kreuzung werden wir begegnung sein? der ahornbaum die den ahornbaum an einer windgeschützten stelle gepflanzt haben sie selbst ließen seine starke rinde nicht wachsen die seinen ausgetroclcneten stamm fällten sie selbst konnten ihn nicht entwurzeln die das feuer aus seinen ästen schüren werden sie selbst behalten nur eine handvoll asche zurüclc 160 norbert fleclc Auf den acht nachfolgenden (nicht nume­ rierten) Seiten des Almanach 81 bringen wir acht Farbreproduktionen. Es handelt sich um eine Auswahl der Farbaufnahmen, die für den Fotowettbewerb 1978 des Schwarzwald­ Baar-Kreises eingereicht und mit Preisen aus­ gezeichnet wurden. Die hier veröffentlichten Motive (der Bildautor jeweils in runder Klammer) lauten: 1. Baggersee bei Hüfingen (Rolf Lange, Hüfingen) 2. Urach bei Vöhrenbach (Karl Schneider, Furtwangen) 3. Unterhölzer Weiher (Rolf Lange, Hüfingen) 4. Sommerabend bei Neudingen (German Hasenfratz, Hüfingen) 5. Nebelmeer am Fürstenberg (Rudolf B umiller, Hüfingen) 6. Laible (G uenther N oelke,Villingen-Schwenningen) 7. Mühle im Hexenloch (Otto Kritzer, Bräunlingen) 8. Schonacher Tracht norbert fleclc (Heinrich Sehmieder, Schonach)

Literatur, Dichtung, Mundart Walter Karcher: Max Rieple als Übersetzer Der Donaueschinger Schriftsteller Max Rieple ist seinem großen Leserkreis im all­ gemeinen nur als Verfasser heiter-besinn­ licher Erzählungen, reizvoller Landschafts­ darstellungen, interessanter Reiseberichte und eigenwilliger Gedichte bekannt. Wer kennt ihn aber als Übersetzer? Tat­ sächlich gibt es jedoch ein beachtliches Über­ setzungswerk des Schriftstellers. Max Rieple hat in mehreren Schaffensperioden fran­ zösische Lyrik ins Deutsche übersetzt. Schon die Übersetzungseditionen haben ihre eigene Geschichte: Bereits 1947 erschien im Südverlag Konstanz ein erstes Kompen­ dium unter dem Titel „Das französische Gedicht von Andre Chenier bis zur Gegen­ wart“. „Lilie und Lorbeer“ hieß die nächste Übertragung aus dem Französischen, die Rieple vier Jahre später herausbrachte. Im Jahre 1962 weitete sich im Goldmann-Verlag das Übersetzungswerk unter dem Titel „Das französische Gedicht vom 15. bis 18. Jahr­ hundert“, dem 1963 ein weiterer Band folgte. Diese im Goldmann-Verlag erschienene Anthologie französischer Lyrik ist heute nach fast 20 Jahren von unverwechselbarer Qualität. Die künstlerische Produktion und die Edition selbst sind Anlaß genug für eine W ürdigung. Die Auswahl der übersetzten Gedichte ist ein Schatzkästlein für den Lieb­ haber französischer Lyrik und eine Fund­ grube für den Fachkenner. Obwohl der Band I Gedichte des 15. bis 18. Jahrhunderts enthält, legt er sein literarisches Gewicht auf die Jahre zwischen 1456 und etwa 1650, eine absolute Glanzperiode fran­ zösischer Literatur. Diese 200 Jahre markie­ ren den französischen Geist schlechthin. Sie setzen ein mit der urgewaltigen Dichtung eines Fran�ois V illon und reichen bis zu Pierre Comeilles Schaffensbeginn als Klas- MaxRieple. siker der französischen Literatur. Es gibt wenige Epochen der Literatur, die so ange­ füllt sind mit der Aufarbeitung alter Kunst­ formen und -inhalte sowie der Anreicherung durch neue Formen und neues Denken. Es ist eine Nahtstelle zwischen Antike und Neu­ zeit. Auch in der Sprachentwicklung des Französischen ist der Umbruch deutlich spürbar. Mittelfranzösische Sprachformen werden abgelöst von neufranzösischen. In diese Doppelschichtigkeit tritt Max Rieple ein. Er muß ähnlich wie Rainer Maria 161

Rilke vor ihm die Herausforderung der lite­ rarischen Übersetzung aus dieser Zeit gespürt haben. Es entsteht zwar bei keinem von beiden ein „Übersetzungsereignis“, von dem der große Freiburger Romanist Hugo Friedrich immer wieder spricht, wohl aber eine „Übersetzungskunst“. Max Rieple erfahrt bei seinem Vorgehen als Übersetzer die literarische und sprach­ wissenschaftliche Assistenz von Elisabeth Gräfin von Mandelsloh, die zu der Zeit, als die Übertragungen entstehen, Lektorin der französischen Literatur und Sprache an der Universität Freiburg ist. Gräfin Mandelsloh ist die feinsinnige Kennerin und Interpretin dieser außergewöhnlichen Literaturepoche. Sie steuert auch zusammen mit Arthur Seherle den biographischen Anhang zur An­ thologie bei. Max Rieple will bei seinen Übersetzungen nicht Literarhistoriker sein. Trotzdem darf man bei ihm auch eine detaillierte Kenntnis der französischen „Rhetoriqueurs“, der Vers­ virtuosen am Hof von Burgund, ferner des Neuplatonismus und der „Plejade“ voraus­ setzen. Ohne die Kunstform jener Epoche zu kennen, kann man nicht übersetzen. Das gilt insbesondere für die „Plejade“, der Ver­ einigung von sieben französischen Dichtern, die die eigentlichen Träger französischer Dichtkunst der zweiten Hälfte des 16. Jahr­ hunderts ausmachen. Sie offenbaren in ihren Werken die starke gräzistische Färbung in besonderer Weise. Rieples Neigung zum Griechentum ist bekannt. Sie geht zurück bis in seine Donaueschinger Schulzeit am Fürstenberg-Gymnasium und findet eine Fortsetzung in der Übersetzung dieser Lyrik. Trotzdem: Er übersetzt zunächst in seiner Eigenschaft als Dichter. Er läßt sich immer wieder vom deutschen Wort leiten, das eine Faszination auf ihn ausübt. Ein Beispiel da­ für ist Ronsards Gedicht „De I‘ election de son sepulcre“, in dem die für die Übersetzung eigens ausgesuchten Vokabeln „Bachgerinn“, „Laubgewind“, „gekost vom Gras“ und „Tauglanz“ enthalten sind. Beinahe sind es Wortneuschöpfungen, ohne die eine gute 162 Übersetzung nicht auskommt. Max Rieple geht hier ganz nah an das Noch-Machbare heran. Dennoch wirkt die Übersetzung an solchen Stellen nicht unecht. Manchmal allerdings ist sie auf diese Weise eigentümlich romantisierend, eine Eigenschaft, die zum Beispiel auch in Rilkes Übersetzung der Labe-Gedichte zu finden ist. Eine Stilüber­ höhung wird bewußt in Kauf genommen, um den literarischen „Reibungsverlust“, der bei jeder Übersetzungsarbeit auftritt, aus­ zugleichen. Schwierigkeiten müssen einem modernen Übersetzer unweigerlich die Vermittlung der ständig auftauchenden, zeitspezifischen lite­ rarischen Formen, Figuren, Symbole und Inhalte bereiten. Wer versteht als Mensch des ausgehenden 20. Jahrhunderts noch die Wortbilder über Gott Amor und den von ihm gepeinigten Liebenden? In den Sonetten von Louise Labe kommen sie immer von neuem vor. Max Rieple scheut sich nicht, in diesem Punkt nah am Originaltext zu blei­ ben, gelegentlich auch zu interpretieren. Es kommt bei ihm „Gott Amor“ genauso vor wie „Liebe“ oder einfach „der Gott.“ Auch bei dem Begriff „ciel“ (= Himmel) verfahrt er gleichermaßen. Jedenfalls ist nicht der christliche Himmel damit gemeint. Rieple übersetzt aber sowohl mit „Himmel“ als auch mit „Femen“. Der Neuplatonismus der Louise Labe profitiert von dieser unbe­ schwerten Art der Übersetzung. Und überhaupt der Inhalt der Gedichte! Er ist in keinem Fall, auch nicht für den geschulten Romanisten, leicht zu verstehen. Der sprachliche und inhaltliche Abstand des heutigen Lesers zu einer Zeit anderer Denkart wirkt sich aus. Max Rieple übersetzt aber immer so, daß man ihn und damit die lite­ rarische Vorlage versteht. Manchmal jedoch muß er „Umwege“ in Kauf nehmen, wie zum Beispiel das Gedicht „Weinlese“ zeigt. Wenn Rieple beim Übersetzen leicht inter­ pretiert, kommt das dem Inhalt zugute. Der Transfer ist gelungen, würde man heute sagen. Das traditionelle Gedicht lebt vom Klang,

Reim und Versmaß. Hier tun sich für einen Übersetzer aus einer romanischen Sprache in eine germanische erhebliche Schwierig­ keiten auf. Der Klang im Französischen ist anders; die Klangbilder gerade jener litera­ rischen Epoche, aus der Rieple übersetzt, sind zahlreich und bewußt vom Dichter ins Original gebracht. Klanglich macht Rieple sehr viel. Im Sonett IV von Louise Labe wird vieles davon deutlich: die typische germa­ nische Alliteration (gleicher Anlaut) kommt ebenso vor wie eine binnenreimähnliche Lautung. Das Gedicht wird trotzdem nicht künstlich im Stil überhöht, sondern lediglich dem Deutschen gemäßer gemacht. Man könnte sagen, daß der Endreim für Max Rieple eine unantastbare Größe ist. Er kommt beinahe grundsätzlich in der Über­ setzung dort vor, wo ihn das Original kennt. Nie aber wirkt er erzwungen oder gewaltsam dem Versende beigegeben. Sogar im Reim­ schema hält sich der Übersetzer an die Vor­ lage. Sie wird nicht gesprengt, damit die Atmosphäre des Gedichts erhalten bleibt. Die Bildhaftigkeit (Metaphorik) der fran­ zösischen Gedichte jener Zeit ist ein großes Problem für jeden zeitgenössischen Be­ arbeiter. Max Rieple geht auch hier einen geraden, aber einleuchtenden Weg: Vorrang hat die Erhaltung des literarischen Bildes, selbst auf die Gefahr hin, daß es heutzutage nicht mehr klar verstanden wird. Die Me­ tapher des „Feuers“ tritt in mehreren Varian­ ten auf, aber immer so, daß das literarische Grundmuster durchschimmert. Auch das Gesamtbild des Einzelgedichts bleibt in der Übersetzung bestehen. Rieple erhält die im 16. Jahrhundert in Frankreich gepflegte Sonettform bis in kleinste Ver­ ästelungen. Nicht anders verfahrt er bei an­ deren Gedichtformen. Die Schwierigkeit des Sonetts, ein Thema in einem 14-Zeiler unter­ zubringen, vergrößert sich in der Über­ setzung. Max Rieple bleibt in diesem Punkt ganz „realistisch“. Nur das Allemotwendigste wird zur Verdeutlichung eines Themas vom Übersetzer hinzugebracht. Es gilt hier wie für die ganze Anthologie der Satz, den der bereits erwähnte Hugo Friedrich seinerzeit in seinem Seminar mit dem Titel „Geschichte und Theorie des Übersetzens“ einmal geprägt hat: ,,Beim Übersetzen muß der Übersetzer immer eine Stellung vom Zeitpunkt des Originals auf seine eigene Zeit beziehen.“ Kein Tag ohne eine Zeile Aphorismen aus dem Tagebuch von Max Rieple ,,Ein Leben ohne Liebe ist wie eine Kerze, die nicht brennt.“ ,,Es gibt keine Sternstunden mehr für mich, nur noch Sternminuten.“ Ein paar Tage später: „V iele Sternminuten ergeben auch eme Sternstunde.“ „Ein Sonnenstrahl läßt hundert Regentage vergessen.“ „Keiner kann über seinen eigenen Schatten springen, wenn die Sonne nicht scheint.“ „Die Liebe ist ein Regenbogen, allumfassend und unantastbar.“ „Für einen Sprachlosen verstummt auch das Echo.“ ,,Ein Gespräch war für mich ein gutes Tennis­ spiel, ich mußte den Tennisschläger zur Seite legen.“ ,,Die Welt wird kleiner und bedeutungsloser, je höher wir steigen.“ „Altwerden ist eine Vergünstigung, die wir teuer bezahlen müssen.“ ,,Die Lampe der Hoffnung brennt weiter, wir müssen ihr nur immer neues Öl nach­ füllen.“ „Man muß gut zuhören können. V ielleicht 163

lernt man dies erst, wenn man selbst nicht mehr sprechen kann.“ „Es ist mit viel Bitterkeit verbunden, in schlechten Zeiten sich an Schönes zu er­ innern.“ ,,Ein Kunstwerk wäre nichts ohne den Men­ schen, zu dem es spricht.“ ,,Wo Worte schweigen, redet die Kunst“ – Ein stummer Kritiker. Nachschrift von Anna Rieple: ,,Am seidenen Faden der Erinnerungen“ ging Max Rieple in seinem Tagebuch zurück in die Vergangenheit, fand aber auch wie Ariadne aus dem „Labyrinth der Erinnerung“ stets wieder in die Gegenwart, die er in einem seiner Bücher als den Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft bezeichnet. Sie währt also nur einen Augenblick. Diese Auf­ zeichnungen an einem für sein Leben bedeu­ tendem Datum, nämlich seinem Hochzeits- tag, am 7. 7.1978 begonnen – lesen sich wie ein Roman. Abrupt reißt der Faden am 13. September 1978 ab. Am Tag X, wie er ihn nennt, be­ raubt ihn eine Blutung im Gehirn der Fähig­ keit zu sprechen. Alle anderen Lähmungs­ erscheinungen dieses Schlaganfalls gehen in monatelangem Krankenlager zurück. Aber die Sprachlosigkeit wurde ihm – dessen Handwerkszeug die Stimme war – zum Schicksal. Geist und Gemüt blieben heil. Seine Gedanken zu Papier bringen, ist ihm jedoch durch die Störung der Feinmotorik der Hände auch weitgehend versagt. Den­ noch entstanden einige kleine Essays, in welchen er eine Bilanz der ihm noch ver­ bliebenen Sinne zieht, und seit einigen Wo­ chen gibt er seine Gedanken in einer Kurz­ form wieder, die er täglich gewissermaßen als Tagesration niederschreibt, sich an den Rat des römischen Philosophen haltend: ,,Nulla dies sine linea“. (Plinus) Zu unserer Muttersprache Alemannisches Wörterbuch der Raumschaft Triberg mit Redensarten Eine große Anzahl Wörter in Triberger Mundart, die ich gesammelt hatte, wollte ich zur Ergänzung eines schon bestehenden Wörterbuchs beisteuern. In diesem Bemühen stieß ich auf Dr. Gerhard W. Baur, Aka­ demischer Oberrat und Leiter der Abteilung Badisches Wörterbuch an der Universität Freiburg. Schon bei der ersten Begegnung regte Dr. Baur an, dieses Wörterbuch zu schaffen. Dr. Baur setzt an der Universität Freiburg die Entwicklung eines universellen Badischen Wörterbuchs fort, das wissenschaftlich genau den Gebrauch eines Wortes mit Abwand­ lungen und Abarten in den verschiedenen Landesteilen unter einem Stichwort behan­ delt. Für den Laien ist es nicht so leicht, sich einzuarbeiten. Dieses hier vorgelegte Wörterbuch hält lediglich die Mundart unserer Raumschaft fest. Es ist in phonetischer Schreibweise ge­ halten, die es auch dem, der nicht Alemanne ist, nach beigefügter Anleitung ermöglicht, die Original-Aussprache nachzuahmen. Ich hatte das Glück, außer in Triberg auch Mitarbeiter zu finden, die für Schonach und Gremmelsbach wertvolle Beiträge leisteten. In eineinhalb Jahren haben wir in etwa 1500 Arbeitsstunden das Konzept fertiggestellt, das jetzt an die 7000 Stichwörter enthält und in Druck gehen wird. Ohne die fachkundige Führung von Dr. Baur hätten wir das Buch nicht in der jetzigen Form zustande gebracht. Unser heimisches Alemannisch ist eine Ortssprache, die von Mund zu Mund seit Generationen fortlebt. Es gibt keine Recht­ schreibung, keine Sprachlehre, keine Schule und keinen Lehrer für sie. Sie ist eine eigene Sprache und ist in der Wahl der Worte, der Satzbildung, der Redeweise und der Beto- 164

nung vom Schriftdeutschen oft sehr ver­ schieden. Es ist für ein Kind, das in der alemannischen Sprache aufgewachsen ist, sehr schwer, sich davon frei zu machen. Es denkt auch ale­ mannisch und muß erst ins Hochdeutsche übersetzen, was wörtlich nie möglich ist und nur frei übertragen werden kann. Ein Bei­ spiel hierfür gab unser Sohn, den ich zu Schulanfang mit wenigen hochdeutschen Sätzen auf das Kommende vorbereiten wollte. Er sagte: „O‘ Baba! Heer au uf mid dem Dräg un schwäz wider didsch!“ Freuen wir uns, daß eine deutsche Ein­ heitssprache geschaffen wurde, in der Luther die Bibel übersetzte, Goethe und Schiller lebten und ihre geistigen Werte schufen. Das Triberger Wörterbuch könnte als Vor- Ää’fiirede Ald’joorowed alerhand’firige ame’noordnum hänai’awrau! braschdele Bää’redräg zwäg’bäbele bädsch’nas Badsch’hendli gäi Kafebambele Zobfbendl B flasch‘ drkaschde driwmuus’bfledere Bfrii’mehege Bi’biliskäs Bii’rewege Bind’libubr e Bflädsche n�,J‘ mache es blangered mi Bloodere Bog’schindr Bo’lehued braachde brä’gledi Gnebfli Här’debfl, Gries’bflude s gid käi gruu’sigr Diier as säl wi nirni noo gid där isch em Däifl von dr Schuufle ghobed Jage dienen und sollte dazu anregen, in anderen alemannischen Gebieten, mit in sich möglichst übereinstimmender Mundart, Übersetzer zu finden, so daß diese regionalen Wörterbücher aneinandergereiht wieder ein Badisches Wörterbuch -nur nach anderem Aufbau -ergeben würden. In der nächsten Umgebung denke ich an Villingen, St. Ge­ orgen und Furtwangen, je mit sprachlichen Einzugsgebieten. Hier gebräuchliche Aus­ drücke würden wegfallen, dort ortsübliche neue hinzukommen. Wenn die phonetische Schreibweise übernommen würde, könnte ein großes, zusammenhängendes Werk der alemannischen Sprache in Baden-Württem­ berg entstehen. Und nun einige Kostproben -„Vrsuecher­ li“ ächdr alemannischer Wärdr. Holz zum Feuer machen Silvesterabend mancherlei irgendwohin über kaum zu glauben! brennen Lakritze aufpäppeln tropfnaß Händchen geben Kaffeetante Haarband Sanitäter über den Gefäßrand plantschen G insterstaude �ark Früchtebrot Hauskobold den Mund verziehen ungeduldig auf etwas warten Blase Purzelbaum Gutacher Trachtenhut großtun, angeben gebratene Spätzle Kartoffeln, Griesschnitten Unnachgiebigkeit ist oft grausam der ist noch einmal dem Tod entronnen 165

wen de soo widerschd machsch, wirsch no emool Schdad’daagleenr! No an dr Schärwe kään mr seene, wa des emool fir e schee Schi’sili gsii isch elterliche Prophezcihung bei schlechter Leistung ein Rest der Jugendschönheit ziert auch den alten Menschen di vordr: i kom‘ faschd nid dr Schwarz’wald nuf (langsam, abgehackt im Rhythmus des Abdampfens wiederholt gesprochen.) Ja’kob hilf mr Koo’le schuufle ( desgl. wie oben) di erschd von de Hindere: i hilf dr jo (schnell wiederholt gesprochen) di Zwaid: bin nas am Fidle (wiederholt noch schneller gesprochen) Ein solches Wörterbuch kann nie ganz abgeschlossen sein. Deshalb soll es zur Ver­ vollständigung offen bleiben. Für jeden Bei­ trag wäre ich sehr dankbar. Oskar Fleig, Triberg ,!,. ,, tauben richtest du falken ab mit goldbraunen schwingen nehmen sie die stolzen tiere in ihr sicheres gehege so sende tauben aus mit graumattem flügelschlag wer weiß vielleicht fallen ihnen ein paar körner zu 166 norbert fleck Schilderung des rhythmischen Stampfens einer Zug- und zweier Schiebe-Dampf­ lokomotiven auf der Schwarzwaldbahn ich schaffe es kaum Jakob hilf mir Kohlen schippen ich helfe dir ja bin ganz naßgeschwitzt Am Ufer des großen Sees Blau schimmert der See Und weiße Wolken wandern. Gräser wanken im Wind Und gütig wärmt die Sonne den Wanderer. Dichte Wälder wechseln mit hellen, [samtigen Wiesen, durchzogen von schmalen, lockenden [Pfaden in duftiger Höh. Fernab vom Getriebe geht sich’s leicht und [genießerisch im weichen Sande, Bis zu der Bank, die Ruhe verspricht die Weite des Sees, die sanften Hänge der Die ragenden Gipfel vor Augen. [Berge [den Müden, Segler gleiten vorn Winde getrieben mit steiler Rahe vorbei. Und ruhig gleiten unsere Augen über See und Berge Bis weit zu den Dörfern und Städten Und weit zurück in ferne Zeit. Olga Roth

Volkskunde, Brauchtum Die Vielgestaltigkeit der Festtagsbäckerei, die heute noch in jedem Bundesland anders, oft sogar in Stadt und Umland verschieden ist, birgt eine Fülle alten Formguts, in dem sich frühes Brauchtum widerspiegelt. Honig­ kuchen und Früchtebrot -in Süddeutsch­ land auch Hutzelbrot genannt -gehören zum frühen Backwerk in unserem Raum. Durch den regen mediterranen Seehandel kamen die Schiffe, beladen mit wertvollen Waren des Orients, u. a den in der damaligen Zeit kostbaren Gewürzen, nach Venedig und Genua über die Handelswege auch auf den deutschen Markt. Die Verbindungen der Klöster unter sich über die Landesgrenzen hinaus brachten auch einen Austausch von Erfahrungen und Rezepten zur Herstellung von allerlei Back­ werk, besonders für die Fastenzeit und die kirchlichen Hochfeste. Nicht nur die Frauen­ klöster, sondern auch die Konvente der Patres und Fratres stellten in ihren Küchen zu besonderen Gelegenheiten allerlei Gebäck her. Es entstand das „Bildbrot“, eine Art Allerlei Model und Bildbrot Schwester M. Gabriele Loes, der Hüterin klösterlichen Kulturgutes St. Ursula Villingen, zum Gedenken. Lebkuchen, auf dem vor dem Backen ein­ fache christliche Zeichen, später kunstvolle „Model“ aufgedruckt wurden. Wir kennen frühe Formen bereits in der Antike. In manchen Gegenden Deutschlands wurden diese „Negativformen“ in Schiefer geschnitten, in anderen aus feinem Ton her­ ausgearbeitet, gebrannt und glasiert. Es ent­ standen ferner subtil geschnitzte Holzmodel im ausgehenden Mittelalter in den Werk­ stätten kunstfertiger Hafner, Stempelschnei­ der, Bildschnitzer und Lebküchner. Hier sind vor allem die großen Wappentafeln und die Rundscheiben mit Darstellungen der Geburt und Passion Christi zu nennen. Weltliche, religiöse und mythologische Motive bewirk­ ten auch eine Vielfalt der Formen. Die frühen gotischen Holz-und Tonmodel sind meist rund, viereckig oder rautenformig, die des Barock sehr variabel in Thematik und Form. Zur Herstellung von Holzmodeln benö- Ostermodel, einfaches Kreuzholzmodel 167

tigte man Weichholz, um das Negativ-Relief fein ausarbeiten zu können. Doch da diese Model häufig gebraucht wurden, griffen die Handwerker meist zu Apfel- und Birnbaum­ holz. Doch auch Erle, Ahorn, Kirsche, Nuß­ baum, Eiche und Buchsbaum fanden Ver­ wendung. Meist zogen die „Formenschnei­ der“ von Ort zu Ort, von Jahrmarkt zu Jahr­ markt, um zusammen mit den Lebküchnern ihre Waren feilzuhalten. Das Kloster St. Ursula zu Villingen besitzt aus dem Werke der Klarissen, deren Kloster durch kaiserliches Dekret 1782 aufgehoben wurde, noch zahlreiche Model (siehe unsere Fotos) in Holz und Ton. Sie stammen aus der Zeit um 1480 bis zum Ende des 18. Jahr­ hunderts. Namhafte Künstler unserer Hei­ mat, wie der Hafnermeister Hans Kraut (1532-1596) und Hans Amann (1575-1626) schufen bedeutende Scheibenmodel. W ir staunen über die Feinheit und die Komposi­ tion im großen Habsburger Reichs- und Stadtwappen des vorderösterreichischen V illingen, umgeben von einem Wappenkranz der habsburgischen Lande, ebenso über den Wappen der Appolonia Moserin, Äbtissin des Klosters St. Clara von 1592-1612 mit Wappen­ baum, Umschrift und Blattornament. Sie sind, wenn auch leicht beschädigt, von be­ sonderem Wert. Ostermodel um 1500. Aus der Zeit um 1500 stammen die Oster­ model mit dem Symbol des Lammes und ihren grob gestalteten Schriftzeichen. Auch das Stadtwappen mit der Pfauenfederhelrn­ zier von 1531 in Ton ist eine meisterliche Arbeit. Hinzu kommen noch mehrere Wap­ pennegative in Holz. Die schönen Darstellungen der Verkündi­ gung, der Geburt Christi, des Ölbergs, der Auferstehung, aber auch aus dem profanen Bereich, z. B. der Kindermann (1600), – er wurde bei Hochzeiten geschenkt – der Reiter und all die vielen Blumen-, Tier-und Früchte- Villinger Stadtwappen, 1531. 168

Kindermann-Model. Reiter-Model. formen geben ein lebendiges Bild des reli­ giös-kulturellen Lebens des Klosters der Klarissen und der ihnen folgenden Ursulinen in enger Verbindung mit den Menschen die­ ser Stadt und ihrer Umgebung. Die „ W ickelkinder“ teils als Flachmodel, teils als Vollplastik durch die doppelte Form wurden, wie auch andere Model im Barock und Biedermeier, in Wachs ausgegossen und dem Zeitgeschmack entsprechend in Samt, Seide, Spitze gekleidet und reich mit bunten Glasperlen verziert. Diese „Christkindle“ haben die Klosterfrauen in der Adventszeit verkauft. So viel zur Vielfalt der Gebäckformen. Aber wozu so viel künstlerischer Aufwand und handwerklicher Fleiß? Im Mittelalter wurden vor allem an Neu­ jahr, nicht an Weihnachten, Geschenke ausge­ tauscht. So erhielten vom hiesigen Klarissen­ Kloster die Franziskaner, die Prälaten der Benediktiner, die Kapuziner, der Komtur der Johanniter, die Schultheißen und alle, die mit dem Kloster zu tun hatten, von den in seiner Küche gebackenen Bildbroten. Die Siechen draußen im Feld, einst die Allerärmsten, die Aussätzigen und die Chorsänger des Mün- sters wurden nicht vergessen. Dem Gewicht nach erhielten die Einzelnen Kuchen von vier, drei und zwei Pfund, wie die Annalen berichten, denn „ wem zum neuen Jahr nicht eine Schenkung wird getan, dem fangt das Jahr unglücklich an.“ (Sebastian Brand, 1475-1521). In den sorgfältigen Aufzeichnungen des Klosters St. Clara finden wir aus den Jahren 1666-1668 auch Notizen über das Backen von Lebkuchen. Nach den Ausführungen über die Honigtöpfe heißt es: ,,wil ains feil lebkuochen haben so muoß er vil hunig und gewirtz nemen … „. Beim Backen am 16. November 1666 zum Neujahrsfest benötig­ ten die arbeitsamen Klosterfrauen neben Mehl „26 Maß Honig, Ingwer, Koriander und Pfeffer“. Dies ergab 148 Pfund, bzw. 72 teils runde, teils rechteckige Bildbrote. In den Rechnungsbüchern sind häufig Lebkuchen, aber .iuch die „Kräpfle“, wohl eine Art Springerle, genannt. Ein Teil dieser Backwaren wurde verkauft. So erhielt unter anderem der Pfarrer von Wolterdingen jähr­ lich zu Neujahr drei Pfund Lebkuchen zum Preis von einem Gulden. Das „Springerle“, noch heute ein beliebtes 169

Modelgebäck zum Weihnachtsfest in unserer Gegend, entstand, als der Zucker den bisher verwendeten Honig ablöste. Dadurch ging“ “ der Teig schneller, beim Backen bekam das Gebäck »Füßle“, und da man damit läuft, springt, ward es Springerle genannt. Auch bei den Klarissen und dem Nach­ folgekloster, den Ursulinen, wurden sie, wie wir aus den zahlreichen Kleinmodel in Holz und Ton sehen, gebacken. Immer wieder brachte die Bildaussage auf dem Festgebäck viel Freude, ja christliche Hoffnung. Immer wieder war das Teilen des Brotes mit den Heilzeichen ein besonderes Ereignis in den Konventen der Klöster, wie in den häuslichen Gemeinschaften. Heute wird in St. Ursula zu Villingen noch immer Weihnachtsgebäck hergestellt. Die Formen sind einfacher geworden, doch die alten Rezepte sind geblieben und in zahl­ reichen Villinger Häusern werden danach zu Weihnachten »Klosterguetele“ gebacken. Helmut Heinrich Beten Ich möchte beten! Beten! Nicht so, als rief ich wie ein furchtsam‘ Kind Des Vaters Namen, wenn Gefahr sich find‘. Nicht so, als streckte meine Not sich nach Ich möchte beten [ den Gaben. Wie einer, der im armen Erdenkleid Ahnt sehnend Deine Heilandsherrlichkeit Und Dich, nur Dich will haben! Olga Roth Verteilung des Lebkuchens – Holzschnitt, 1514. Deutsches Brotmuseum, Ulm. 170

Kilbig und Schätzelemärt Seit über 620 Jahren herbstliches Brauchtum in Bräunlingen Nach der hochnärrischen Fasnacht bildet die Bräunlinger Kilbig und der Schätzele­ Märt den zweiten Höhepunkt im Gemeinde­ leben innerhalb eines Jahres in Bräunlingen. Durch ihre einzigartige Volksfeststimmung hat sich die Bräunlinger Kilbig in über 620 Jahren einen festen Platz innerhalb des Ver­ anstaltungskalenders gesichert. Die „Brülin­ ger Kilbig“, die als echtes Volksfest jedes Jahr gefeiert wird, ist für die Baar und den süd­ lichen Schwarzwald ein viel besuchter Hei­ mattag, der nach getaner Erntearbeit Freude und Entspannung für jung und alt bringen soll. Traditionsgemäß gehört zur Bräunlinger Kilbig, zu der viele Besucher aus nah und fern kommen, auch ein Plauderstündchen mit den Verwandten, den Freunden und Be­ kannten in den Gastlokalen, wobei die Bewirtung durch Speise und Trank in Bräun­ lingen bestens gewährleistet ist. Wer in den Tagen um die Kilbig einen Blick auf die Bräunlinger Markstraße wirft, der sieht eine ungewöhnliche Betriebsam­ keit, die jedoch den, der Baaremer ist, nicht verwundert. Geht es doch um die Kilbig, für die die Zugmaschinen anrollen, die Stände und Schaubuden aufgebaut werden, damit sich über die Zeit der Kilbig das bunte Treiben des Schätzele-Märt in bestem Glanz zeigen kann. Mit dem Kirchweihfest sind Bräuche ver­ bunden, die auf der Baar und besonders in Bräunlingen hochgehalten werden. Nach den meist sonnigen Herbsttagen, in denen das Rattern der Zugmaschinen und Traktoren die Landschaft erfüllte – denn die Kartoffel­ ernte war einzubringen – kann die Landbe­ völkerung nun den Erntedank feiern. Da bringen die Baaremer ihre Erntegaben ins Gotteshaus. Es wird geschlachtet, gebacken und gemostet, damit an den Tagen der Kilbig auch für das leibliche Wohl gesorgt ist. Die Bräunlinger Kilbig, die ein Anzie­ hungspunkt für die ganze Baar und darüber hinaus ist, wird am Freitagabend des Kilbig­ wochenendes mit dem Anstich des Kilbig­ faßes eröffnet. Durch diesen traditionellen Auftakt wird die schon sprichwörtliche Stim­ mung entfacht, die dann weitere drei Tage anhalten wird. Am Samstag sind die Einwohner und alle Freunde des heimischen Brauchtums zur Erntedank- und Kilbigfeier in die Stadthalle eingeladen. Zum Erntedank gesellen sich Auftritte der verschiedensten Folkloregrup­ pen, die mit ihren schwungvollen Tänzen Musik und Brauchtum darbieten. Der Erntekronezug gibt dem Kilbigsonntag das Gepräge. Der Stadtpfarrer begleitet den Zug mit seinen Ministranten zur Kirche, wo die Erntegaben im Rahmen eines Festgottes­ dienstes geweiht werden. Dieser Gottesdienst wird durch den Festchoral der Stadtkapelle und eine gesungene Messe musikalisch be­ reichert. In der Stadthalle findet danach der Frühschoppen statt. Am Nachmittag ist frohes Kilbigtreiben in der Marktstraße, wo zahlreiche Vergnügungsstände für vielseitige Unterhaltung sorgen. Am Abend trifft sich die tanzlustige Jugend zum Kilbigtanz in der Stadthalle. Am „Kilbig-Mentig“, der den Abschluß und gleichzeitigen Höhepunkt der Kilbig­ tage darstellt, findet der berühmte und weit­ hin bekannte Schätzele-Märt statt. Die für den Verkehr gesperrte Marktstraße erwartet die Besucher aus nah und fern mit frohem Markttreiben. Als schöner Brauch hat sich auch die Plauderei bei einem guten Glas Wein in den Bräunlinger Gaststätten mit den Ver­ wandten und Bekannten erhalten. Die „Kil­ bigstraßen“ sind bis auf den letzten Platz mit Verkaufsständen gefüllt. Zur Unterhaltung und Belustigung trägt ein bunter Vergnü­ gungspark zusätzlich bei. In einem bunten Ernteaufzug ziehen am Nachmittag die Stadtkapelle, der Heimat­ und Trachtenbund und die Schulkinder mit 171

Schüler der Grundschule tragen Erntewerkzeuge, wie zum Beispiel Sicheln und Heugabeln, im Ki/higumzug mit. Die Erntekrone während des Kilbigumzuges, getragen von M itgliedem des Heimat- und Trach­ tenbundes. eine Leistungsschau des Bräunlinger Ge­ werbes dem Kilbigtreiben angeschlossen. Neben dem Bräunlinger Handwerk, das vor allem durch Schreiner und Installateure ver­ treten war, zeigten die Leute der Genuß­ mittelbranche, was alles in Bräunlingen für das leibliche Wohl hergestellt wird. Große und kleine Nutzfahrzeuge präsentierten sich dem Besucher. Im Jahre 1981 kann die Bräun­ linger Kilbig auf ein 623jähriges Bestehen zurückblicken. Dagobert Maier ihren Erntewerkzeugen wie Sicheln, Dresch­ flegeln und Heugabeln, die durch Herbst­ blumen geschmückt sind, durch die Straßen der Innenstadt.Danach werden von den Teil­ nehmern des Kilbigumzuges auf der Fest­ bühne beim Rathaus in einem bunten Reigen Kilbigbrauchtum, Tänze, Lieder und Folk­ lore geboten. Das Kilbigtreiben in den Straßen findet am Spätnachmittag mit dem Kilbig­ tanz in der Stadthalle einen beschwingten Abschluß. In den letzten Jahren hat sich das äußere Gesicht der Bräunlinger Kilbig teilweise ver­ ändert, ohne jedoch seinen volkstümlichen Charakter zu verlieren. Hierzu gehört eine von den Landwirten organisierte Zuchtvieh­ schau, bei der die besten Tiere prämiert werden. Um der Kilbig noch mehr Attrak­ tivität zu verleihen, wurde 1979 erstmals auch 172

Die Trachtengruppe Schonach Pflege und Erhaltung unseres heimatlichen Brauchtums geschaffen. Schonacher Trachtenträgerin und der Leiter der Trachtengruppe als Uhrenträger. Wegbereiter zur Gründung derTrachten­ gruppe Schonach war die Volksbühne Schonach, die sich im Jahre 1948 aus dem Harmonika-Spielring etablierte. Diese Thea­ tergruppe trat mit bemerkenswerten Auf­ führungen wie ,,Der Vogt auf Mühlstein“, ,,Im weißen Rößl“ oder ,,Die Pfingstorgel“, um nur einige zu nennen, in Schonach und andernorts an die Öffentlichkeit. Da stets mit hohem Kostenaufwand gespielt wurde, blieb für die Vereinskasse nicht mehr viel übrig. Dafür aber gewannen die Laienspieler die uneingeschränkte Gunst der Bevölke­ rung. Im Jahre 1954 entschloß man sich, mit den vorhandenen bescheidenen Mitteln und viel Idealismus der überlieferten Schonacher Tracht durch die Gründung einer Trachten­ gruppe zu neuem Leben zu verhelfen. Da­ mit war eine wesentliche Grundlage zur zählt Heute die Trachtengruppe Schonach 40 aktive Mitglieder. Ihre Darbie­ tungen umfassen Volkstänze, Volkslieder, Glocken- und Zitherspiel. Der ,,Heuberger“, ein überlieferter Bauerntanz, der bei uns früher auf allen Hochzeiten getanzt wurde, ist aus dem Aufführungsprogramm ebenso­ wenig wegzudenken wie die „Spinnstube“, ein Bühnenbild, das Erinnerungen an längst vergangene Zeiten weckt, als man noch abends auf den Bauernhöfen im kargen Licht einer Erdöllampe gemütlich zusam­ mensaß, dabei ein Strohgeflecht in Arbeit hatte oder unermüdlich das sich emsig dre­ hende Spinnrädchen betätigte. Die Mitglieder der T rachtengruppe tragen die „Schonacher Tracht“, die in ähnlicher Form auch in den Nachbargemeinden zu finden ist. Die Frauentracht besteht aus einem schwarzen Rock, einem samtenen, mit bunten Borten besetzten Mieder, weißer Bluse, Seidenschürze und einem mit Perlen bestickten schwarzen Samtgürtel. Ins Auge fallen vor allem auch die Bändelhaube und der zylinderförmige Strohhut, der an Sonn­ und Feiertagen über der Bändelhaube getra­ gen wird. Ferner gehören zur Tracht eine schwarze Jacke, auch „Peter“ genannt, weiße Kniestrümpfe, meist aus Angorawolle von den Trachtenträgerinnen selbst gestrickt, schwarze Trachtenschuhe und eine gefloch­ tene Strohtasche. Die Männertracht besteht aus einer schwarzen Kniebundhose, einer dunkel­ blauen Jacke mit rotem Futter, seidenem Gilet, weißem Hemd, handgestrickten weis­ sen Kniestrümpfen aus Schafwolle, einem schwarzen Filzhut und schwarzen Trachten­ schuhen. In ihrer mehr als 25jährigen Geschichte hat die Trachtengruppe Schonach einen im Gründungsjahr ungeahnten Aufschwung genommen. Barbara Tritschler 173

Stätten der Entspannung Ein Sporthotel, nicht nur für Golfer Eine Lichterfülle auf der Anhöhe emp­ fangt den Gast, wenn er abends das vier Kilometer außerhalb von Donaueschingen liegende Hotel „Öschberghof‘ ansteuert. Der Eindruck der Großzügigkeit und Weit­ läufigkeit setzt sich im Innern des 1976 neu­ erbauten Hotels fort- nichts wirkt beengend, nichts stört die Harmonie, und die Ausstat­ tung des komfortablen Hotels zeugt von der Liebe zum Detail. Ruhe und Aktivität lautet das Hotel-Konzept, zu dem auch das unauf­ dringliche Umsorgen des Hotelgastes gehört. Hotel „Öschberghof‘ ist für Golfspieler ein Begriff. Seine Anlage zählt zu den vor­ bildlichsten in Deutschland. 100 Hektar ist das leicht gewellte Gelände groß. Wer es um­ wandern will, muß 4,5 km zurücklegen. Ein kleiner See inmitten des Terrains wurde als Hindernis in den 18-Loch-Platz einbezogen. Alles was zum Golfsport notwendig ist und was ihn zum Vergnügen macht, ist vorhan­ den: Driving Range mit Pitching-und Putting­ Green als Übungswiese, eine architektonisch interessante Caddywagenhalle und ein Shop nicht nur für Golfer und vieles mehr. Wer vom Golfplatz kommt, kann sich in den Um- 174 Hotel Öschberghefbei Donaueschingen. kleideräumen außerhalb der Zimmer um­ ziehen, kann duschen oder im 25 x 12,5 m großen, mit ca. 29° warmen Hallenbad seine Bahnen ziehen. Einzelsolarien für textilfreies Sonnenbräunen und eine Sauna sowie zwei Turniertischtennisplatten runden diesen Ho­ teltrakt ab. Den Gegenpol zur Aktivität bilden die Hotelzimmer. Hier herrscht absolute Ruhe. Dazu tragen die Dreifachverglasung bei, die Schallschluckdecken und die dicken T üren, an denen sich sogar Klingeln befinden. Zu den Annehmlichkeiten der Räume (36 Zwei­ bettzimmer, 17 Einzelzimmer, alle mit Bad und WC, Radio, Weckeruhr, Wandsafe) zählen außer der Größe die erlesene Aus­ stattung sowie technische Raffinessen. Aus­ gesuchte Lithographien an den W änden und die Sitzecke vervollkommnen die wohnliche Note der Zimmer. Im Nebengebäude gegen­ über dem Hoteleingang befinden sich noch 2 Appartements, die mit Wohnraum und kleiner Küche sowie Eßplatz eingerichtet sind und ideal für Familien mit Kindern ge-

eignet sind.Auch hier ist die wohnliche Note in den Vordergrund gestellt. Die Sorge um das Wohl der Gäste liegt in den Händen von Frauke und Bernhard Gerken. Sie zeigt sich auch im Restaurant oder auf der Sonnen­ terrasse, beim Essen a Ja carte und beim be­ sonders großen Frühstücksbuffet. Für die besonders leckeren Gerichte, sei es rustikal oder modern oder gar nouvelle cuisine bürgt Küchenmeister Wolfgang Beneke für Q!ialität. Er trägt Auszeichnun­ gen, die ein Küchenchef nur einmal erhalten kann, wie die Goldene Kochmütze oder die Goldene Schnecke. Er und seine Köche Tagungsraum im Hotel Öschberghef. zaubern in der Küche internationale und badische Spezialitäten. Nicht nur Sportfreunde, sondern auch Konferenzteilnehmer schätzen den „Ösch­ berghof‘. Ein spezielles Belüftungssystem sorgt ständig für gute Luft. Sitzmöbelkom­ fort macht auch anstrengende Stunden er­ träglich. Persönliche Gastlichkeit, aber keinen über­ triebenen Service -dafür Entspannung_ und Erholung findet der Besucher des „Osch­ berghofes“, dessen Stille in der heutigen Zeit besonders auffällt. Bernhard Gerken 175

Der Mauthepark in Schwenningen Hervorgegangen aus einem Areal, das mehr als tausend Jahre in herrschaftlichem Besitz war Seit die häßlichen Bretterzäune entfernt und die Gartentore zum ehemaligen Fabri­ kantengarten ausgehängt worden sind, ge­ nießen die Schwenninger Bürger den Blick auf die Rasenflächen, die neu gerichteten Blumenbeete, auf Buschgruppen und alte Bäume. Natürlich kann sich der „Mauthe­ park“ nicht mit dem fürstlich fürsten­ bergischen Schloßpark in Donaueschingen vergleichen, aber der Stadtbezirk Schwen­ ningen, der im inneren Kern weit mehr Fabrikanlagen als Grünflächen kennt, ist zunächst einmal zufrieden mit diesem be­ scheidenen Park in der Ortsmitte. Kinder und Erwachsene haben ihn längst als ver­ trauten Eigenbesitz angenommen. Doch kaum einer von den Rentnern, welche die Bänke besetzen oder eine von den Hausfrauen, welche die willkommene Abkürzung ihres Einkaufsweges über die Parkwege benützen, werden sich Gedanken darüber machen, wie es möglich war, daß zwischen Kirche und Fabrikgelände ein Frei­ raum offen blieb. Der Grund dafür liegt nicht nur in der Laune einer kapitalkräftigen Fabrikantenfamilie, welche nicht, wie sonst ihresgleichen, sich eine J ugendstilvilla an den Ortsrand stellen ließ, sondern ein altes, aber gut erhaltenes Bauerngehöft bezog und sich einen größeren Garten drum herum frei­ machte. Die Geschichte dieses Hauses und des umliegenden Geländes reicht weit zurück. Ob es wohl die heute lebenden Fürsten­ berger wissen, daß einer der ihren, Graf Gott­ fried von Urach-Fürstenberg, Herr zu Zin­ delstein und Domher zu Konstanz, anno 1271 mit darüber entschied, daß der alte Züricher Fronhof, der im Parkgelände lag, in den Besitz des Bischofs von Konstanz über­ ging? Wir können jedoch nochmals 400 Jahre zurückgehen, wenn wir die Geschichte des 176 Mautheparks darstellen wollen. Im 9. Jahr­ hundert gehörte die benachbarte Vinzenz­ kirche, die heutige evangelische Stadtkirche, der Herzogin Swanila und ihrem Gemahl, dem Herzog Burchard von Chur-Rätien, welcher sich zeitweilig auch Herzog von Ala­ mannien nannte. Ihrem Namen nach könnte Swanila eine späte N achfahrin der SchwenningerGründerfamilie gewesen sein. Ihr Gemahl versuchte damals, den alamanni­ schen Adel unter seiner Führung gegen die Idee einer neuen Reichseinheit zu sammeln. 889 trafen sich deswegen viele Adelige aus unserer Gegend mit ihm zu Dürrheim. Viel­ leicht faßte er damals schon den Plan, die Vinzenzkirche samt ihren zugehörigen rei­ chen Gütern wegzugeben, um die Pläne des deutschen Königs zu durchkreuzen. Denn 894 schenkte König Arnulf die andere Schwenninger Kirche, die Michaelskirche (1567 abgebrochen), welche bis dahin einem Adeligen namens Chunirnunt gehört hatte, seinem Reichskanzler Ernust. Auch zu die­ ser Kirche gehörte umfangreicher Grund­ besitz mit Leibeigenen und mancherlei Rechten. Vermutlich hatte Herzogin Swa­ nila diesen Schritt des Königs vorausgesehen. und deshalb den Herzog bewogen, ihre eigene Kirche in den sicheren Gewahrsam des Züricher Chorherrenstiftes zu geben, da­ mit der König seine Hand nicht auch auf ihren Familienbesitz legen konnte. Der Ver­ walter dieses Besitzes wurde fortan der „Züri­ cher Stiftskeller“ genannt. Wie sich aus späteren Urkunden ergibt, lag sein »Keln­ oder Fronhof“ der Vinzenzkirche gegen­ über, im unmittelbaren Bereich des heutigen Mautheparks. In einer Urkunde von 1150 steht verzeichnet, daß der Hof jährlich rund 360 Zentner Frucht, 50 Hühner und 67 Schilling nach Zürich zu liefern hatte. Seine Güter müssen demnach einen beträchtli­ chen Teil der Schwenninger Markung um-

faßt haben. Einmal, 1264, gab es einen Rechtsstreit mit dem Stiftskeller; daher ken­ nen wir seinen Namen: Er hieß Konrad, und auch sein Vater war hier schon Stiftskeller gewesen, weshalb er auch schon eigenen Besitz hier inne hatte. In Lagerbüchern von 1570 und 1662 wird der Hof noch besonders aufgeführt; aber noch in Güterbeschrieben des 18. Jahrhun­ derts taucht der name „Kehlhof“ auf. Wie bereits erwähnt, ging die Vinzenzkirche samt allem Besitz vom Chorherrenstift Zürich an den Bischof von Konstanz über. Der aber gab sie anscheinend nach 12 Jahren an die Grafen von Fürstenberg weiter, als diese 1283 mit der LandgrafschaftBaar belehnt wurden. Sie belehnten bereits 1303 die Ritter von Kimeck und Conrad Bletz zum „Helfanten“ in Rottweil mit U nterschwenningen – und dazu gehörte neben der Vinzenzkirche auch der „untere Kelnhof“. Und 1349, als die Kimecker verarmt waren, bekamen die Her- ren von Falkenstein „das dorf Swenningen .. . mit dem hofe, genant der nider Kelnhof mit aller zuogehoerde zu ainem rechten mannlehen“. 1410 lesen wir: ,,DerTychler ze Rotwil hett vom kelnhof vor us ze geben 7 malter vesen und 6 malter habem, min herr ( der Graf von Fürstenberg) hett ims aber nit geliehen.“ Der wirkliche Lehensträger war nämlich Her­ mann Gyrer, auch aus Rottweil, von dem es 1413 heißt: ,,H.G. hett von min herren ze lechen emphangen den maygerhof . . . ze Swenningen, den man nempt des Kellers hof.“ – ,,Fronhof, Kelnhof, Mayerhof, Kel­ lershof‘ – alle vier Namen bedeuten das­ selbe: den Gutshof der Herren von Unter­ schwenningen. Die wechselten, als die Fal­ kensteiner 1444/49 ihren Schwenninger Be­ sitz und 1458 die Fürstenberger ihre Lehens­ hoheit an die Grafen von Wirtemberg ver­ kauften. Die Gyrer aber blieben die Lehens­ träger. Erst 1486 mußte Hermann Girer den 177

„Girerhof ze Swenningen“ dem Grafen Heinrich von Fürstenberg gegen eine ent­ sprechende Entschädigung überlassen, weil der Graf seine unehelichen Söhne Cristoffel und Hanns versorgen wollte. Damals zinste das Gut jährlich 15 Malter beider Korn (Dinkel und Haber), 120 Eier und 4 Hühner. Daraus können wir ablesen, daß der Hof nur noch ein Bruchteil des ehemaligen Züricher Fronhofs umfaßte. Wir dürfen nun nicht annehmen, daß die Grafensöhne etwa hier im Dorf bei der Kirche wohnten. Auch die Gyrer und die Falkensteiner, die Kirn­ ecker und die Fürstenberger hatten ihren Be­ sitz jeweils durch Lehensbauern bewirtschaf­ ten lassen. Deren Namen sind uns leider nicht überliefert. Der Unterhalt für die bei­ den Grafensöhne scheint bald anders ge­ regelt worden zu sein, denn im Urbar von 1488 erscheint der Kelnhof wieder als „Her­ man Girer guot und gülten“. Aber bald dar­ auf fiel das Lehen zurück an die Fürsten- berger. Ein Kaufbrief von 1506 besagt: „Wolfgang Graf z. F. verkauft dem Jacob Fryburger zu Villingen … seinen Gyrerhof zu Schwenningen als Eigentum.“ Im Bauernkrieg verbrannte mit dem Dorf auch dieser Hof Die Eigentümer verkauften die leere Hofstatt samt 160 Morgen Feld an das Kloster St. Blasien. Der Abt belehnte die Brüder Mattheiß und MartinJouch 1535 mit dem neugeschaffenen Klostergut und ver­ sprach „in den nehsten vier Jahren ein new erbuwen uff der hofstatt, da zuvor der Gyrer­ hof gestanden“. Das Haus wurde dann an­ scheinend als Doppelhaus ein Stück weit den Hang herab gegen die Dorfstraße (heute: Kronenstraße) hin gebaut. Ein anderer Teil des ehemaligen Kelnhofs war ziemlich sicher in württembergischen Besitz gekommen. Im Lagerbuch von 1570 erscheint der Untervogt und Gemeinde­ pfleger Jacob Louffer als Besitzer des ,,Keln­ hofs“. Der Beschreibung nach handelte es 178

‚) �CAM,(, Ö(,,r- qtw-re� ../ 4 2.. ‚L glieder verteilt. Als die Villinger 1633 das Dorf zum zweiten Mal niederbrannten, flüchteten die Besitzer, Hannß und Geörg Jauch; irgendwo in der Fremde kamem sie ums Leben. Nach dem Krieg wurde der Fronhof zwangsversteigert, weil er, wie fast alle Bauernhöfe, hoffnungslos verschuldet war. Im Gantbrief hieß er jetzt der „Groß­ oder U nruhhof“. Tatsächlich war er nächst dem „Münchhof‘ der zweitgrößte im Flek­ ken; Unruhe hatte er genug gestiftet, weil die brüderlichen Besitzer seit 1600 im erbitterten Streit gelegen hatten. Nun kaufte der Küfer Michael Jauch, der eine Tochter des umgekommenen Hannß Jauch zur Frau genommen hatte, die eine Hälfte des Besitzes mit zusammengeborg­ tem Geld. Sein Schwager tat sich mit zwei kreditwürdigen Partnern zusammen und erwarb die andere Hälfte. Der eine der bei­ den, Ludwig Schuler, war der Sohn des Vog­ tes von Dürrwangen, eines gebürtigen 179 sich um den heutigen Parkteil hinter dem Cafe Häring. Ein Zweig der einflußreichen Louffer-Sippe trug damals noch den Bei­ namen „die Mayer“, war also einmal Verwal­ ter von Herrschaftsgut gewesen, besaß auch noch herrschaftliche Lehen. Und vermutlich gehörte das nördlich ihres Hofes angren­ zende Gelände noch der Herrschaft Wirtem­ berg, denn nach dem 30jährigen Krieg wurde dort die neue Zehntscheuer erbaut. Wenn nun heute der Mauthepark bis an die Bürkstraße reicht (weil die Stadt dort ein Haus abreißen und einbeziehen ließ), so liegt auch dieser nördliche Teil ziemlich sicher auf Kelnhofsgrund. Und Ähnliches mag für die Ausdehnung nach Westen gelten, wo ein Grundstück an der Engelstraße dazu erwor­ ben wurde. Die Geschichte des Bläsischen Fronhofs im unteren Teil läßt sich genauer verfolgen. Er blieb Erblehen der Familie Jauch, und stets war das Gut unter zwei oder drei Mit-

Schwenningers. Der andere, Hannß Schorpp, war ein Nachkomme jenes sagen­ haft reichen Schwenninger Vogts, welcher nach dem Bauernkrieg ein volles Viertel aller Privatvermögen im Dorf an sich gebracht hatte. Damit war das ehemalige Herrenland des Fronhofs wieder in den Händen der Rei­ chen, obwohl auch sie außer ihren ererbten Feldern kaum über Barvermögen verfügten. Doch fanden sie Geldgeber bei Villinger Bürgern und bei Kirchenverwaltungen der näheren Umgebung. Schorpp und Schuler bauten auf der Brandstätte, die ihnen zugefallen war, wieder ein Doppelhaus, während Michael Jauch sein Haus auf die gegenüberliegende Stra­ ßenseite stellte und seinen Anteil zunächst als Grasgarten nutzte, später an neu zugezo­ gene Nachbarn als Gemüsegärten verpach­ tete. Unter diesen Grundstücksnachbarn war dann auch jener Christian Bürk aus Trossin­ gen, welcher später Dorfsvogt wurde. 180 Während der Zeit, da die vier Rückkehrer ihre Häuser aufbauten und ihre Wirtschaft erweiterten – Gerster wählte für sich selbst einen Platz an der M uslen -, wurde das Dorf der Reihe nach von den Vögten Hans Lauf­ fer, Wehrn Lauffer und Jacob Haller geführt. Als der letztere 1691 altershalber von seinem Amt zurücktrat, war Ludwig Schuler bereits gestorben. Aber sein Sohn gleichen Namens war schon zu einem wohlhabenden Mann geworden. Er hatte eine Miterbin des Münchhofes geheiratet, hatte sich ein Lehen der Rottweiler ,,Präsenz“ erworben und bekam nun auch ein Viertel der Bläsigüter zum Erbe. Die Richter wählten ihn zu ihrem Vogt.Nun konnte er daran gehen, das Dop­ pelhaus der Familie Schorpp zu überlassen und sich ein eigenes Haus zu bauen. Dazu wählte er sich die Stelle, auf welcher heute das „Vogthaus“ steht. Damit wurde der Platz gegenüber der Kirche wieder zur Verwaltungsmitte des

Dorfes, wie er es im Mittelalter gewesen war, als der Keller dort hauste.Zusammen mit der Kirche,· mit dem darunterliegenden Schul­ haus samt der Ratsstube, mit dem Pfarrhof und dem Viehhof, welchen Ludwig Schulers Bruder Hannß sich erheiratet hatte, bildete des Vogts neues Haus unter der Roßwette die Ortsmitte. In unmittelbarem Umkreis darum herum lagen die Höfe der reiclien Bauernfamilien, wie es seit unvordenklichen Zeiten gewesen war. 1721, als alle Grundstücke der Gemarkung neu vermessen und die alten Maße der ,Jau­ chert und Mannsmahd“ auf „Morgen, Vier­ tel und Ruthen“ umgestellt wurden, ergab es sich, daß die beiden Höfe mit ihren Gärten und die Gärten der Jauch-Erben zusammen ungefähr drei Morgen(= 1 ha) umfaßten. So groß ist auch heute noch der Mauthepark, obwohl sein Umriß im einzelnen nicht der Form des alten Lehensbesitzes entspricht. Schulers nächste zwei Nachfolger im Vogtsamt hatten keine unmittelbaren Bezie­ hungen zum Klosterlehen, wohl aber der oben erwähnte Christian Bürk, der dritte Vogt nach ihm. Der kaufte sich ein Stück Garten aus dem Nachlaß des Michael Jauch. Vermutlich baute er dort später ein Haus; es blieb jedenfalls als ,,Bürkechriste“-Haus im Besitz seiner Nachkommen, bis der Fabri­ kant Fritz Mauthe es erwarb. Es ist aber unwahrscheinlich, daß Bürk je selbst dort wohnte, denn er war Müller und konnte sei­ nen Betrieb nicht allein lassen. Trotzdem kam er bald in nahe Verbin­ dung mit dem Bläsischen Lehen. Seine Tochter heiratete nämlich den Enkel des Vogts Ludwig Schuler. Der hieß Christian, wie sein Vater, der Heiligenpfleger Schuler. Und wie es oft der Brauch war, wurde er bald Gehilfe seines Schwiegervaters; die beiden waren ja nicht blutsverwandt und durf­ ten deswegen im Dorf selbst Gericht sitzen. Vermutlich hatte er anfangs noch im alten Doppelhaus gewohnt und zog erst nach des Heiligenpflegers Tod in das Haus an der Straßenbiegung, das sein Großvater gebaut hatte. 1760 wurde Christian Schuler zum Dorts­ vogt gewählt, nachdem B ürk gestorben war. So wurde sein Haus abermals zum Vogts­ haus, und zusammen mit dem alten Doppel­ haus und seinen Gärten besaß er immer noch den größeren Teil des früheren Bläsi­ schen Fronhofs. Er erkaufte sich sogar den Titel eines ,,Amtsmanns“, und er herrschte über das Dorf selbstherrlicher, als je ein Vogt vor ihm das gewagt hätte. Während seiner Amtszeit kam es zu einem regelrechten Volksaufstand, der nur mit militärischer Gewalt unterdrückt werden konnte. – Seit 1770 wurde er im Amt tatkräftig unterstützt von seinem Schwiegersohn, dem Untervogt Johannes Roller. Auch der scheint zuerst im alten Doppelhaus gewohnt zu haben, nach­ dem er es wohl gründlich erneuert hatte. Das Vogtshaus selber wird in einer Urkunde von 1778 als Besitz Schulers so beschrieben: ,,eine Behausung unterhalb der Roßschwemme, zwischen der Allrnand-Fahrstraße und dem Weeg liegend, den Jacob Müllers Erben mit Fahren und Gehen, die ganze Commun aber zum Fußgehen gebrauchen.“ Diese genaue Lagebeschreibung läßt keinen Zweifel zu, daß es sich um das Haus handelt, das vor kurzem wieder den Namen „Vogtshaus“ bekam. Der „Weeg“ läuft noch heute schräg durch den Park. Ein drittes und stattliches Bauernhaus war in der Zwischenzeit in dem Garten erbaut worden, welchen Michael Jauch nach dem Krieg aus der Gantrnasse erstanden hatte. Unmittelbar nördlich der Roßwette hatte bald nach 1721 der Bauer Balthas Müller ein Anwesen erstellt. Seine Familie trägt noch bis zum heutigen Tag den Beinamen „W ette­ buura“. Seine Söhne Balthes und Caspar übernahmen hintereinander das Haus. Letz­ terer verkaufte es 1815 an Christian Roller, einen Sohn des Untervogts. Der ließ es 1844 abreißen und an derselben Stelle eine Villa erbauen, welche heute noch im Mauthepark steht und als ,,Rollers Schlößle“ bekannt geblieben ist. Das alte Doppelhaus stand sogar, wenn auch als „Ökonom Langs Haus“ sehr ver- 181

ändert, noch vor 60 Jahren. Es gehörte bis 1864 demselben Sohn des Untervogts, Chri­ stian Roller, und ging nach seinem Tod an entfernte Verwandte über. Das Vogtshaus selber scheint 1791 erneuert oder umgebaut worden zu sein. Auf dieses Datum weist jedenfalls eine Tafel neben der Eingangstüre hin. Amtmann Schuler wohnte lange vorher schon und dann noch bis zu seinem Tode 1797 darin. Dann übernahm es sein Schwie­ gersohn Johannes Roller, und da er Unter­ vogt blieb, blieb auch das Haus immer noch ein „Vogtshaus“, bis auch er 1805 ver­ starb. Von da an hausten dessen Sohn Johannes und Tochter Rosine im Vogtshof. Wie aber war es der Familie Roller mög­ lich, solch umfangreichen Besitz in der Orts­ mitte zu erwerben.Nun, als Johannes Roller, der Sohn des Balinger Posthalters, hierher kam, mußte er schon ein vermöglicher Mann gewesen sein, sonst hätte ihm der reiche Amtmann Schuler seine einzige Toch­ ter nicht zur Ehefrau gegeben. Und mit die­ ser Ehe gelangte Johannes Roller in eine schwerreiche Familie hinein. Schon der Schwiegervater seines Schwiegervaters, der Vogt und Müller Christian Bürk, war in einem kirchenamtlichen Bericht als „einer der reichsten Männer auf der Baar“ bezeich­ net worden. Dessen Schwiegervater, Erhard Schlenker, war selber schon Untervogt und Müller hier, sein Vater Vogt und Wirt in Trossingen gewesen. Und wenn man deren Vorfahren weiter zurück verfolgt, dann stößt man wieder aufMüller und Wirte, auf Vögte und auch auf Pfarrer. Als Christian Schuler sein Testament machte, hatten der Amtsschreiber und sein Adjunk vier volle Wochen zu tun. Sie errechneten ein Vermögen von mehr als 100 000 Gulden. Das war eine unerhörte Summe in unserem Ort, denn damals betrug das durchschnittliche Jahresverdienst eines Handwerkers 200 Gulden. Es nimmt einem nicht wunder, daß die Brüder Roller nicht nur ihre Häuser im Bereich des heutigen Mautheparks nach Belieben verändern konnten, sondern auch noch als Privatban- 182 kiers auftreten und jedermann Geld leihen konnten. Sie waren ja die Haupterben des riesigen Vermögens, da Christian Schuler außer seiner Tochter, der früh verstorbenen Ehefrau des Untervogts Johannes Roller, keine Nachkommen gehabt hatte. Christian Roller bezeichnete sich fortan als „Privatier“, sein Bruder Johannes besorgte sich als Fuhr­ unternehmer ein zusätzliches Einkommen, da er nach der Eröffnung der Saline einen Teil der Salztransporte in die Schweiz über­ nahm. Die Brüder erlebten noch die völlige Lösung ihres Grundbesitzes vom Kloster St. Blasien, als in Württemberg während der 48er Revolution alle Lebenslasten abgelöst wurden. Aber sie erlebten es auch, daß ihr ganzer Besitz in fremde Hände überging, denn Johannes und seine beiden Schwestern Anna und Rosina blieben ledig und Chri­ stians Ehe blieb kinderlos. Sein „Schlößle“ und das ehemalige Doppelhaus erbten drei entfernte Großnichten; Johannes ver­ schenkte das „Vogtshaus“ an den Arzt Dr. Hähnle; Dr. Hähnle wurde 1880 Schwennin­ gens erster Ehrenbürger, nachdem er jahr­ zehntelang alle ärmeren Patienten umsonst behandelt hatte. Die beiden Schwesternstar­ ben früh.Die eine der Großnichten heiratete den Arzt Dr. Mögling und bezog das Schlößle; auch er machte sich im Ort ver­ dient. Die zweite heiratete einen Sohn des hiesigen Pfarrers Lang; die beiden trieben die Landwirtschaft im mittleren Haus um, denn der Pfarrerssohn war ein „Ökonom“. Schließlich kaufte der Uhrenfabrikant Jakob Mauthe alle drei Häuser samt dem zugehöri­ gen Areal. Die drei Häuser lagen der Mautheschen Uhrenfabrik genau gegenüber. Merkwürdi­ gerweise ließ der neue Besitzer alle drei Häu­ ser unverändert stehen, während er und sein Bruder Christian kein Bedenken trugen, ein volles Dutzend Bauernhäuser abreißen zu lassen, um allmählich Platz zu schaffen für ihre schnell wachsende Fabrikanlage.Jakob Mauthe bewohnte das Schlößle bis zur Jahr­ hundertwende; dann zog er noch für drei

Jahre hinüber ins alte Vogtshaus, welches von da an“ Villa Mauthe“ hieß.1904 überließ er es seinem Sohn, Dr. Fritz Mauthe, dem späteren Landtagsabgeordneten. Der baute einen Reitstall an und ließ nach dem Ersten Weltkrieg das Lang’sche Ökonomiegebäude abreißen. Erst von da ab gab es an dessen Stelle einen richtigen großen Mauthegarten, nun aber den öffentlichen Blicken durch Mauer und Bretterzaun verschlossen. Das Schlößle und das Vogtshaus stehen noch heute in kaum veränderter Form; nur der Reitstall wurde wieder entfernt. Das erstere ist nun bald 150 Jahre alt, das andere rund 200 Jahre. Nun hat die Stadt den Garten samt dem Vogtshaus und zwei angrenzenden Wohn­ häusern gekauft, und die Stadtgärtnerei ist dabei, aus dem Fabrikantengarten einen Bür­ gerpark zu machen. Aus dem alten Vogts- haus aber soll ein Industriemuseum samt Gaststätte werden. Was also durch mehr als tausend Jahre hindurch stets herrschaftlicher Bezirk war, wird nun zum Bürgertreff, gleichzeitig aber auch Erinnerungsstätte bäuerlicher und industrieller Vergangenheit. Zu wünschen wäre, daß dabei der dörfliche Kontrapunkt zur alten Villinger Stadtkultur, bisher leider nur sichtbar im Fachwerk des erneuerten Pfarrhauses und des Heimatmu­ seums, deutlicher und eindrucksvoller her­ ausgestellt wird. Es ist ja anzunehmen, daß unter dem Verputz des Vogtshauses ein Fachwerk sich birgt, das an Schönheit dem der beiden anderen Gebäude nicht nach­ steht. Pfarrhaus, Lehrerhaus und Vogtshaus – das wäre ein dreifach schöner Nach weis alter Dorfkultur und schicksalsträchtiger Vergangenheit. Otto Benzing Vogelpark Schloßberg in Unterkirnach Tier- und besonders Vogelfreunde führt der Sonntagsausflug immer wieder in ein besonderes Kleinod unseres Schwarzwald­ Baar-Kreises, den Vogelpark Schloßberg, am südlichen Ostausgang von Unterkirnach. Seit über 10 Jahren unterhält eine Zucht­ gemeinschaft mit viel Idealismus und Tier­ liebe auf dem ca. 3,7 ha großen Hügel mit interessantem Baumbestand (Mischwald) ein Vogelparadies. Das Interesse gilt sowohl dem heimischen Vogelschutz als auch der Haltung und Zucht vieler, auch exotischer V o&elarten. Uber 40 Nistkästen sind aufgehängt, die Belegung wird genau überwacht. Die Nist­ kästen sind jährlich belegt von Kleibern und Baumläufern. Stark vertreten ist die Meisen­ familie mit Kohl-, Blau-, Tannen- und Sumpfmeisen. Sogar die seltene Hauben­ meise hat seit Jahren ihre Brutstätte in einem hohlen Baum. Auch Bach- und Gebirgs­ stelzen brüten regelmäßig um die Enten­ teiche. Damit die Boden- und Heckenbrüter sich ansiedeln, werden geeignete Gebüsche und Grasflächen mit Maschenzaun ge­ schützt. Dadurch bringen beispielsweise Möncharten und Zaungrasmücken ihre Nachzucht durch. Ständige Brutvögel sind: Ammern, Buchfinken, Zeisige, Stieglitze und Gartenrotschwänze. Als Wintergäste kann man Tannenhäher, Kreuzschnäbel und Goldhähnchen beobachten. Zu bestaunen ist eine breite Palette von Gänsen und Enten. Sie fühlen sich im Vogel­ park besonders wohl. Gezüchtet werden Kanada-Gänse, indische Streifengänse, Nil-, Rost- und Höckergänse. Anzutreffen sind ferner südamerikanische Ffeifgänse, Kaiser-, Grau-, Nonnen- und Brautgänse. Auch eine stolze Entengruppe bevölkert die Teiche. Kolben-, Tafel-, Reiher-, Sichel-, Spieß-, Lauf-, Braut-, Mandarinen- und Stockenten beleben den Vogelpark und machen mit Geschnatter auf sich aufmerksam. Eine besondere Freude vermitteln die vielen Sittiche immer wieder dem Besucher. 183

Vogelpark in Unterkirnach: Serruskro und Jungfernkraniche sowie Kanada- und Graugans Zu sehen sind Alexander-, Mohrenkopf-, Burg-, Ziehen- und Nymphensittiche sowie eine bunte Schar Wellensittiche. Auch die kleinsten Vogelarten, darunter viele Arten der Prachtfinken, Witwen- und Webervögel, sind aus nächster Nähe zu bestaunen. Die besondere Aufmerksamkeit der Besucher erfahren die Großvögel. In natür­ licher Umgebung wird eine Kranichkolonie gehalten. Vertreten sind: Sarus-, Lilfort-, Jungfern- und Kronenkraniche. Ibise, Flam­ mingos und Pfauen vervollständigen die bunte Vogelwelt am Schloßberg. Viel Interessantes über die Vogelkunde erfahrt der Besucher durch Beschriftungen und Erläuterungen. Darüber hinaus lädt der Vogelpark mit seinem interessanten Wald­ lehrpfad zum Verweilen ein. In den Sommermonaten werden am Donnerstagabend und Sonntagnachmittag in der Freilichtbühne Konzerte und folklori­ stische Darbietungen geboten. Wer Land­ schaft, Natur, die Vogelwelt und heimisches 184 jeweils Brauchtum genießen will, wird einen Besuch im Vogelpark Schloßberg nicht bereuen. Dabei hoffen Idealisten auf Anerkennung. Eintritt wird nicht verlangt. Wem’s gefallen . hat, darf am Eingang und Ausgang sich durch Spenden erkenntlich zeigen. Siegfried Baumann, Bürgermeister ,,_ ,, Der Frühling, er kam wieder Draußen erwacht die Natur es sprießen Knospen es grünt die Flur es duftet nach Jasmin und Flieder die Luft ist so lau der Frühling, er kam wieder und wenn ich zu den Wolken schau‘ seh‘ ich Schäfchen im Sonnenlicht der Vögelein Gezwitscher hör‘ ich, bis der Mond sich bricht drunten im Silbersee. Petra Presley

Stromerzeugung oder Trinkwasserspeicher? So oder so -die Linach-Talsperre bleibt erhalten Der Strom, der bis 1970 aus vielen Steck­ dosen geflossen ist, mit dem nicht nur Leuch­ ten und Haushaltsgeräte funktionsfähig gemacht wurden, sondern der auch dazu diente, in den schweren Nachkriegsjahren die Maschinen anzutreiben, um den Vöhren­ bacher Beitrag zum Wirtschaftswunder zu leisten, kam praktisch von nebenan: In der Linachtalsperre staute sich das Wasser, es schoß durch die Hangrohrleitungen hinun­ ter ins Kraftwerk, wo es Turbinen antrieb, die in der Lage waren, im Jahr bis zu 1,7 Millio­ nen Kilowattstunden Strom zu erzeugen. Aus Rentabilitätsgründen und wegen anste­ hender umfangreicher Arbeiten, die beson­ ders an der 146 Meter breiten und 25 Meter hohen Staumauer nötig gewesen wären, beschloß der Gemeinderat 1970 mit knapper Mehrheit, das Kraftwerk stillzulegen. Nachdem die Vöhrenbacher bereits in den Jahren 1904/05 damit begonnen hatten, Strom zu erzeugen, wurde am 6. November 1921 bei einer Bürgerversammlung beschlos­ sen, ein Speicherkraftwerk zu bauen. Um das für die kleine Stadt doch riesige Projekt finanzieren zu können, mußte auf den Wald­ reichtum zurückgegriffen werden. Insgesamt 110.000 Festmeter Holz, der Einschlag eines gesamten Jahrzehntes, waren für die Finan­ zierung der Linach-Talsperre und des dazu­ gehörigen Kraftwerkes erforderlich. Was dann 1922 in Vöhrenbach in Angriff genom­ men wurde, war die erste Talsperre dieser Art in Deutschland. Sie stellt aufgrund ihrer besonderen Konstruktion auch heute noch ein einzigartiges Baudenkmal dar. Erstmals in Deutschland wählte man bei der Vöhren­ bacher Talsperre die aufgelöste Bauweise, Die Linach-Talsperre bei Vöhrenbach – erbaut in den .frühen zwanziger Jahren. 185

was bedeutet, daß ein System von Pfeilern und hohen, tonnenähnlichen Betongewöl­ ben geschaffen wurde. Der Bau der Talsperre fiel in eine schwere Zeit. 1922, als mit den Arbeiten begonnen worden war, lag hinter Deutschland der ver­ lorene Erste Weltkrieg, unter dessen Auswir­ kungen die Kaufkraft des Papiergeldes rasch sank. In der Hochinflation kamen die Löhne der Arbeiter, wie Franz-Josef Furtwängler in seiner Chronik zu berichten weiß, oft nur noch Bettelpfennigen gleich (ein Liter Voll­ milch kostete zu jener Zeit 12 Millionen Papiermark). Nachdem auch mit einer Ver­ minderung der Belegschaft von 500 auf 150 Arbeiter die Probleme nicht in den Griff zu bekommen waren, beschloß die Stadt, selbst Geld zu drucken. Der Gegenwert war ja in Form des Waldreichtumes vorhanden. Als jedoch auch mit dieser Maßnahme keine Verbesserung erreicht werden konnte, entschloß man sich dazu, wertbeständige Holzanleihen herauszugeben. Dadurch gelang es den Vöhrenbachern immerhin, 150 Arbeiter am Bau weiterbeschäftigen zu kön­ nen. In dieser Zeit lag der Wochenaufwand für den Bau bei 450 Milliarden Mark. Von Januar 1924 an waren die Arbeiten trotz aller Hindernisse soweit vorangeschrit­ ten, daß der für die Baustelle benötigte Strom selbst erzeugt werden konnte. An Weihnach­ ten feierten die Vöhrenbacher dann die Ein­ weihung der Talsperre. Bis 1926 hatte sich der Strombedarf in Vöhrenbach mehr als ver­ doppelt. Das eigene Werk lieferte 374.000 und das Kraftwerk Laufenburg 144.000 Kilo­ wattstunden Strom im Jahr. 1944, als sich auch der Bedarf der Kriegsindustrie bemerk­ bar machte, steuerte das Kraftwerk 1.154.000 Kilowattstunden zum Gesamtbedarf in Höhe von 2,1 Millionen Kilowattstunden bei. 1946 brauchte man nur 890.000, 1947 aber bereits wieder 1,6 Millionen Kilowatt­ stunden Strom, der größtenteils im eigenen Kraftwerk erzeugt wurde. Nun, nachdem der Zweite Weltkrieg vorüber war, sich der Konsum und die Zahl der Betriebseröffnungen erhöhten, stieg 186 auch der Stromverbrauch schnell an. 1957 war der Stromverbrauch bereits auf 2,7 Mil­ lionen Kilowattstunden angewachsen. Das eigene Kraftwerk brachte 1956 mit der Erzeu­ gung von 1,7 Millionen Kilowattstunden Strom seine Höchstleistung. Zu jener Zeit war das Wasser bis auf eine Länge von 1000 Metern gestaut worden. Wegen verschiedener Ursachen geriet das Kraftwerk in den 60er-Jahren immer tiefer in die roten Zahlen. Außerdem standen um­ fangreiche Reparaturarbeiten an, auch an der Staumauer. Die Stadt gab Rentabilitätsbe­ rechnungen in Auftrag, die negativ ausgefal­ len sind. Diese Berechnungen, über deren Aussagegehalt noch heute immer wieder hef. tig diskutiert wird, waren dann letztendlich die Ursachen für die Stillegung des Kraftwer· kes. Rund zehn Jahre nach diesem Beschluß plant Bürgermeister Karl-Heinz Schneider nun, die Linach-Talsperre wieder einer sinn­ vollen Nutzung zuzuführen. Es wird erwo­ gen, erneut die Stromerzeugung aufzuneh­ men und/oder das Staubecken als Trinkwas­ serspeicher zu verwenden. Doch ist auch bei der Realisierung dieser Projekte die Stau­ mauer das zentrale Problem. Das Wasser mußte bis auf ein Drittel abgelassen werden, da das Wasserwirtschaftsamt im Hinblick auf die Mauer kein Risiko eingehen wollte. Da die Kosten, bei einer Sprengung der Stau­ mauer, also deren Beseitigung, genauso hoch sein dürften, wie bei einer Renovierung, und sie zugleich ein technisches Baudenkmal dar­ stellt, bleibt die Talsperre vorerst erhalten. Vielleicht wird das inzwischen beliebte Naherholungsziel schon in wenigen Jahr-· zehnten das letzte Relikt aus einer Zeit sein, in der Vöhrenbach noch zu den drei finanz­ kräftigsten Gemeinden der Gegend zählte und der Waldreichtum den Bürgern Annehmlichkeiten ermöglichte, die den Ein­ wohnern anderer Städte nicht geboten wer­ den konnten. Wilfried Dold

Naturschutz, naturkundliche Hobbys Das Schwenninger Moos Die Zeiten, in denen die Schwenninger Bürger ihr Brennmaterial aus derTorfsteche­ rei im Schwenninger Moos holten, sind längst vorüber. Geblieben ist eine anmutige Landschaft an der Grenze der ehemaligen Länder Baden und Württemberg, an der Wasserscheide zwischen Rhein und Donau. Auch als Bürger der gemeinsamen Stadt Vil­ lingen-Schwenningen lassen die Schwennin­ ger nichts auf „ihr Moos“ kommen, das sie bei allen Jahreszeiten durchwandern, an des­ sen Farbenpracht sie sich im Herbst genauso begeistern können wie an der verschneiten Landschaft rund um den ,,N eckarursprung“ oder an den zarten Farbtönen der Frühlings­ natur. Tier- und Naturfreunde haben ihre helle Freude am Schwenninger Moos, kom­ men hier doch 79 Flechtenarten, 118 Moos­ arten und 407 höhere Pflanzenarten in einer Das Schwenninger Moos mit Neckarursprung. Fülle von Pflanzengesellschaften vor ( wie es im Band 5 der Natur- und Landschafts­ schutzgebiete Baden-Württembergs nachzu­ lesen ist). 117 Vogelarten und 126 Arten von Großschmetterlingen wurden beobachtet und 80 Moluskenarten mit insgesamt 111 000 Schnecken und Muscheln gefunden. Die Geschichte des Schwenninger Moos ist aber auch die Geschichte eines viele Jahr­ zehnte währenden Kampfes um seine E rhal­ tung und Bewahrung – und es scheint, daß der Kampf noch immer nicht ausgestanden ist: die Verkehrsplaner liebäugeln immer wieder, die herbe Schönheit des Moos durch den Bau von unmittelbar an seinen Grenzen vorüberführenden Straßen zu beeinträchti­ gen. Eingriffe durch den Bau von Sportanla- 187

gen an die engeren Grenzen des Moos konn­ ten rechtzeitig zum Abschluß gebracht wer­ den. Daß der Neckar quasi nur noch sym­ bolisch im Schwenninger Moos entspringt und längst einige andere Quellen im Ein­ zugsbereich des Moos nötig sind, um ein dünnes Rinnsal gen Rottweil zu schicken, haben die Schwenninger verschmerzt. Für sie ist das Schwenninger Moos ein beliebtes Erholungsgebiet, dessen zwei Weiher (von denen einer auf das Konto derTorfstecherei aus jüngster Vergangenheit geht) auch ein Wahrzeichen der Baar sind. Vor Jahrhunderten sagte man auch noch nicht „Schwenninger Moos“. Man sprach vom „Torfmoor bei Schwenningen“, das vor allem wegen des damals wertvollen Brenn­ materials von großer Bedeutung war. Die landschaftliche Schönheit und auch die denkmalpflegerische Bedeutung spielte bei den W issenschaftlern erst mit Beginn dieses Jahrhunderts eine Rolle. Einer dieser Erfor­ scher war der Schwenninger Dr. Georg Schlenker. Er erforschte als erster das Moos biologisch und geologisch. Doch schon vor seinem Tode im Jahre 1932 war es still um die Forschung rund um das „Schwenninger Moos“ geworden, es gab ernsthafte Bestre­ bungen, es in einen Kartoffelacker oder in einen Vergnügungspark umzuwandeln oder es als Müllkippe zu verwenden. Erst 1939 gelang es schließlich, das Moos unter Natur­ schutz zu stellen und den Landschaftsschutz um das Kugelmoos und den Raum bis zur Möglingshöhe, einer Parkanlage am Rande des heutigen Stadtbezirks Schwenningen, zu erweitern. Gerd Steinbach Naturdenkmäler im Schwarzwald-Baar-Kreis Wie in den Almanach-Heimatjahrbüchern der Vorjahre werden auch hier besonders herausragenden N aturdenkmälem und einem reizvollen Landschaftsschutzgebiet im Schwarzwald-Baar-Kreis einige Zeilen gewid­ met. Die Reise durch das Kreisgebiet beginnt in Öfingen, das im Jahr 1302 erstmals als Evingen urkundlich genannt ist. Die Kreis­ reform vor einigen Jahren bewirkte die Ein­ gemeindung von Öfingen nach Bad Dürr­ heim. Dennoch hat dieser Teil der Kur- und Bäderstadt den ländlichen Charakter bis heute nicht verloren. Einen markanten Punkt in Öfingen nimmt die evangelische Pfarrkirche ein, an deren südlichem Seiten­ portal die Jahreszahlen 1613 und 1614 zu lesen sind. Auf dem an die Nordseite dieser Kirche angrenzenden Friedhof steht eine um das Jahr 1720 gepflanzte L i n d e , die wegen ihrer Schönheit und attraktiven Ausmaße und sicher auch wegen ihres beachtlichen Alters schon seit dem Jahr 1959 als Natur­ denkmal ausgewiesen ist. Mit einer bis zu 20 Meter Höhe dicht belaubten runden 188 Baumkrone überschattet diese Linde einen großen Teil des idyllisch gelegenen Friedhofs, über dessen Mauer der Blick zum 942 Meter hohen Himmelberg im Osten, dem Haus­ berg von Öfingen, hinüberreicht.Neben der Kirche mit vielen architektonischen Kost­ barkeiten, mit einem spätgotischen West­ portal, einem Turm mit Satteldach und Staf­ felgiebel sowie gotischen Fenstern stellt die fünftälteste der 30 Naturdenkmal-Linden im Schwarzwald-Baar-Kreis eine einzigartige Zierde dar, die zu betrachten sich lohnt. Von Öfingen über Oberbaldingen, eben­ falls einem Stadtteil von Bad Dürrheim, ist der Donaueschinger Stadtteil P f o h r e n , der im Jahr 817 erstmals urkundlich als For­ run genannt ist, in wenigen Autominuten erreicht. Man passiert den Ort zunächst nach Osten, dann nach Westen und läßt die Donaubrücke hinter sich. Der Landesstraße 182 b folgend in Richtung N eud�gen, nahe an der vom Grafen Heinrich dem Alteren zu Fürstenberg im Jahr 1471 als Wasserschloß erbauten Entenburg vorbei, stößt der Auto-

fahrer einige hundert Meter nach Überque­ rung der Bahnlinie auf die von Hüfingen kommende Landesstraße 182 a. Nur etwa 200 Meter östlich von der Straßengabelung entfernt steht an der Böschung eine P a p p e 1, die durch ihren Stammumfang von fast 4 Metern und ihr majestätisch in eine Höhe von 30 Metern ragendes Astwerk auf sich aufmerksam macht. Mitten in der offenen weiten Baarlandschaft, durch die sich die junge Donau in vielen W indungen hinzieht, zeigt sich diese im Jahr 1873 gepflanzte und seit dem Jahr 1959 als Naturdenkmal gelten­ de Pappel stolz dem Betrachter. Sie grüßt hinüber zum Wartenberg im Osten, zum Fürstenberg im Süden, zum Wasserturm auf Gemarkung Hüfingen im Westen und nach Pfohren im Norden. Oben: Friedhofslinde in Öfingen Unten rechts: Pappel bei [johren Zeichnungen: Helmut Heinrich 189

Der Ausflug führt von hier weiter über Hüfingen, Bräunlingen, den Donaueschin­ ger Stadtteil Wolterdingen nach Ta n n ­ h e i m , das ebenfalls i m Jahr 817 erstmals urkundlich als Tanheim erwähnt ist und heute als Stadtteil von Villingen-Schwen­ ningen geführt wird. Tannheim darf sich rühmen, die Seniorin aller Naturdenkmal­ Bäume im Schwarzwald-Baar-Kreis zu be­ sitzen. Es ist eine korpulente im Jahr 1959 zum Naturdenkmal erklärte E i c h e , die mit ihren bizarren Ästen und Zweigen eine Höhe von rund 20 Metern erreicht. Der Umfang ihres Stammes mißt mittlerweile 9 Meter. Im Jahr 1150 erhielt diese Eiche ihren Stammplatz in Tannheim, zu einer Zeit, als der zweite Kreuzzug gerade beendet war, als die Menschheit noch eine andere Oben: Sigwarts-Eiche in Tannheim Unten links: Klosterlinde in St. Georgen Zeichnungen: Helmut Heinrich 190

Vorstellung vom Weltall hatte, das erst von Nikolaus Kopernikus neu begründet wurde, und lange vor den Entdeckungsreisen des Christoph Columbus. Diese Eiche hat die Geschichte von rund 830 Jahren überdauert und protzt auch zur Sommerszeit im 20. Jahrhundert noch bei der Ortsausfahrt in Richtung Villingen-Schwenningen gegen­ über der Abzweigung zum Schwimmbad mit einem üppigen frisch grünen Blätter­ kleid. Von Tannheim über die L 181 bis Villingen­ Schwenningen und von dort über die B 33 gelangt der motorisierte Ausflügler in etwa 25 Autominuten nach St. Georgen im Schwarzwald (siehe Almanach 1979 Seiten 32-36), wo die älteste seit dem Jahre 1950 als Naturdenkmal bezeichnete Linde im Schwarzwald-Baar-Kreis ihre Heimat hat. Es ist die Rede von der Klosterlinde, die im Jahr 1600 gepflanzt wurde und ehe­ mals im Hof des Klosters Sankt Georgen stand. Heute beherrscht dieser mächtige zweistämmige fast 30 Meter hohe Baum mit einem Stammumfang von rund 9 Metern den Schulhof der Robert-Gerwig-Schule. Eine Inschrift im Schulhof erinnert noch an die Zeiten des Klosters Sankt Georgen, das vom 22. 4. 1084 bis 13. 10. 1633 dort seinen Standort hatte, und dem die Klosterlinde ihren Namen zu verdanken hat. Nur wenige Kilometer südwestlich von St. Georgen im Schwarzwald liegt das Land­ schaftsschutzgebiet „Hi rzw a ld-L äger­ fe lsen ‚: Die Landstraße 173 b führt zum Hirzwald hoch, der auf vielen Wegen erwan­ dert werden kann. Die Sorge um die Erhal­ tung der Schönheit, des Reizes und des Erholungswertes der Landschaft im Bereich der Brigachquelle, des Hirzwaldes und der Lägerfelsen auf den Gemarkungen Brigach (Stadtteil von St. Georgen i. Schwarzwald) und Nußbach (Stadtteil von Triberg im Schwarz­ wald), die auch von einem Teil der Bevöl­ kerung mitgetragen wurde, veranlaßte die untere Naturschutzbehörde, am 21. Mai 19 5 7 diese Landschaftsteile zum Landschafts­ schutzgebiet zu erklären. Damit wurde, Zeichnung von Dr. Astfäller: ,,Lägeifelsen“ bei Triberg-Nußbach. nachdem in früheren Zeiten an manchen Stellen in dieser Landschaft Gestein abge­ baut worden war, einer weiteren Beeinträch­ tigung einer der schönsten und weitgehend unberührten Landschaften im Schwarzwald­ Baar-Kreis ein Riegel vorgeschoben. Die Lägerfelsen auf einer Meereshöhe von rund 900 bis 950 Metern liegen an der Hirzwald­ flanke im östlichen Randbereich des Schutz­ gebietes in der Kesselbergverwerfung und bieten an einigen Plätzchen herrliche Aus­ blicke auf benachbarte Berge und Täler. Nur wenige hundert Meter nordwestlich von diesen Felsen entfernt ragt der Heiden – stein mit seinen steilen Wänden aus dem Fichtenwald heraus, so, als habe er die Auf­ gabe, den Eingang des kleinen Kesseltales zu überwachen. Auf seinem Gipfel, einem famosen Aussichtsplatz, weist ein Schild auf 191

Oben links: Heidenstein/Nußbach Unten: Rappenftlsen bei Gremmelsbach Zeichnungen:]. Asifäller 870 Meter Meereshöhe hin. Beide aus Por­ phyr bestehenden Steinsäulen vulkanischen Ursprungs bildeten wohl in der früheren Erd­ geschichte eine geschlossene Einheit. Alljähr­ lich wandern zahlreiche Feriengäste und Naturfreunde aus nah und fern zu diesen Felsen, die von einmaliger Schönheit sind. Von Nußbach aus ist der Heidenstein über das Schelrnenloch in einer Stunde zu er­ reichen. Durch das Hintertal dauert die Wan­ derzeit 45 Minuten. Über die Herkunft der Namen der Lägerfelsen ( vielleicht von Lager­ felsen) und des Heidensteins (im Volksmund: irdene oder härtene Stein) lassen sich nur Vermutungen anstellen. Dies sollte aber nicht daran hindern, die Naturschönheiten im Landschaftsschutzgebiet „Hirzwald­ Lägerfelsen“ einmal zu besuchen. Auf der letzten Etappe der Reise quer durch den Schwarzwald-Baar-Kreis von Ost nach West, Nordwest und Nord wird der 192

T riberger Stadtteil G re mm e I s b a eh, genauer gesagt der Parkplatz am Waldesrand oberhalb des Dieterlehofs, über den Zinken Leutschen­ bach angesteuert. Von diesem Parkplatz aus beginnt die Wanderung auf einem bequemen Höhenweg zu zwei Felsengruppen nahe an der Grenze zwischen dem Schwarzwald­ Baar-Kreis und dem Ortenaukreis. Nach un­ gefahr 20 Minuten Wanderzeit kommt zu­ nächst der R a p p e n f e l s e n in Sicht. Ein bezauberndes Panorama auf Berge, ins Gu­ tachtal und in zahlreiche Seitentäler im Norden, Westen und Süden nimmt den Wanderer gefangen, fernab vom Lärm des Alltags. Von hier lassen sich in der Kette der Schwarzwaldhöhen sogar der Rohrhards­ berg im Südwesten und der Brandenkopf im Norden ausmachen, und einige Siedlungen im Gutach- und Kinzigtal sowie einige Häu­ serreihen in der oberen Region Tribergs er­ scheinen im Blickfeld des Wanderers, der auf diesem Felsen in 860 Meter Höhe eine Rast einlegt. Seit dem Jahr 1950 zählt der von Birken umgebene Rappenfelsen, dessen Namensherkunft nicht nachgewiesen ist, zu den Naturdenkmälern des Schwarzwald­ Baar-Kreises, ebenso wie die Felsgruppe “ S c h l o ß f e l s e n „, die nur einige Gehmi­ nuten unterhalb des Rappenfelsens 830 Me­ ter über dem Meeresspiegel und tiefer aus dem Dunkel eines dichten Fichtenwaldes herausschaut. Vom oberen Schloßfelsen ist deutlich die Bundesstraße 33 zu sehen, die Offenburg mit V illingen-Schwenningen ver­ bindet. Von Zeit zu Zeit hallt das Echo der Signale der Schwarzwaldbahn, die sich spie­ lerisch durch die Tunnels auf der Schleife um den Eisenberg beim Hornberger Stadt­ teil Niederwasser schlängelt, an den steilen Felswänden wider. Hier zeigt sich mit den zum Greifen nahen Höhenzügen um Schonach im Schwarzwald und Triberg im Schwarzwald ein besonders reizvolles Land­ schaftsbild. Weder auf dem Rappenfelsen noch auf dem oberen Schloßfelsen sind bau­ liche Spuren aus früheren Zeiten zu ent­ decken. Erst der untere Schloßfelsen und seine Umgebung bis hin zum vierten Felsen Schloßftlsen bei Gremmelsbach. Zeichnung:]. AsifäUer in dieser Granitgruppe bezeugen mit Mauer­ resten und -ruinen, querliegenden Quader­ steinen, Steinstaffeln, meißelbehauenen Ver­ tiefungen und Einkerbungen im Fels den Standort der Burg „Althornberg“, die im Jahr 1641 von Schweden und Franzosen zer­ stört worden war. Nach einem im Jahr 1978 von Realschuloberlehrer Karl Volk, Grem­ melsbach, veröffentlichten Aufsatz ist der 1 Meter im Quadrat und 1,70 Meter tiefe Schacht mit einer Abflußrinne an der Ober­ fläche des unteren Schloßfelsens wohl als Zisterne der ehemaligen Burg zu deuten, nachdem vorher immer davon ausgegangen worden war, daß das im Fels vorhandene Loch als Burgverlies oder als Standpunkt für die Verankerung der Holzkonstruktion der Burg gedient haben könnte. Lob und Anerkennung gebührt der von Franz Göttler geleiteten Wegeabteilung des Schwarzwaldvereins Ortsgruppe Triberg, die in mühevoller Arbeit den Weg im Felsen­ bereich auf einer Strecke von ungefähr einem Kilometer neu angelegt und damit den Wanderfreunden einen guten Dienst erwie­ Werner Heidinger sen hat. 193

Mineralienbörse Villingen-Schwenningen Am 20. und 21. September 1980 wurde vom Verein für Mineralogie und Paäonto­ logie Schwarzwald-Baar-Kreis e.V. in der Messehalle B im Stadtbezirk Schwenningen die 5. Internationale Mineralien- und Fossi­ lienbörse durchgeführt. Die Mineralien- und Fossilienbörsen sind damit zu einer festen Einrichtung im Schwarzwald-Baar-Kreis ge­ worden. Die Durchführung der 5. Börse im Jahre 1980 mag Anlaß sein, diesen Veranstal­ tungen einige Worte zu widmen. Schon in den 50er und 60er Jahren gab es Mineralien- und Fossiliensammler im Schwarzwald-Baar-Kreis, doch ging jeder Sammler eigene Wege. Verbindungen zwi­ schen den einzelnen Sammlern bestanden kaum. Dies änderte sich im Jahre 1971. Auf Initiative des Pfarrers G. Bührlen aus Bad Dürrheim hat sich damals eine lose Gruppe von 25 aktiven Schwenninger Sammlern zu­ sammengefunden. Sie jeden zweiten Monat, im Jahr 1971 insgesamt sechsmal, in öffentlichen Lokalen zum Erfahrungsaustausch. Diese von Pfarrer Bührlen organisierten Zusammenkünfte fanden recht guten Anklang. sich traf Aufgrund der guten Erfahrungen mit der Schwenninger Gruppe bemühte sich Pfarrer Bührlen auch um Anschriften von Villinger Mineralien- und Fossiliensammlern und lud diese im Januar 1972 zu einer ersten gemein­ samen Veranstaltung in das Hotel „Kreuz“ in Bad Dürrheim ein. Sie verlief erfolgreich. Die nun größer gewordene Gruppe führte nachfolgend erstmals Veranstaltungen mit Fachvorträgen durch. Es wurden auch erst­ mals gemeinsame Exkursionen in die nähere Umgebung unternommen. Etwa 30 bis 40 Interessenten nahmen jeweils an diesen Ver­ anstaltungen teil. Die Gruppe nannte sich ,,Kreis der Mineralienfreunde Villingen­ Schwenningen“. Sie führte ab 1972 jährlich 8 bis 10 Treffs und Exkursionen durch. Im Herbst 1975 veranstaltete die Gruppe in der Tonhalle Villingen an einem Vereinsabend 194 eine erste kleine Mineralienbörse, die jedoch nur von Mitgliedern der Gruppe bestritten worden ist und die nur von ihnen und ihren Angehörigen und Freunden besucht wurde. Ende 1975 kamen Angehörige des Kreises der Mineralienfreunde Villingen-Schwen­ ningen zum Ergebnis, daß die lose Gruppe den Status eines eingetragenen Vereins erhalten sollte, um dem gemeinsamen Hobby eine tragfähigere und zuverlässigere Basis zu geben. Aufgrund dieser Überlegun­ gen wurde am 12. 12. 1975 der Verein für Mineralogie und Paäontologie Schwarz­ wald-Baar-Kreis gegründet. Anläßlich der Gründungsversammlung traten ihm sofort 36 Mitglieder bei. Inzwischen hat der Verein etwa 100 Mitglieder aufzuweisen. Sie rekru­ tieren sich aus dem ganzen Schwarzwald­ Baar-Kreis und sogar darüber hinaus. Der Verein erhielt den Status eines eingetragenen Vereins; er wurde am 30. 1. 1976 auch als gemeinnützig anerkannt. Der noch sehr junge Verein beschloß, im Jahre 1976 erstmals eine Mineralien- und Fossilienbörse größeren Umfangs in der Messehalle B in Schwenningen durchzufüh­ ren. Dieser Beschluß war nicht ohne Risiko. Würde es gelingen, genügend Aussteller zu finden, um 300 Meter Ausstellungsfläche in der Messehalle B zu belegen? Würden sich genügend Besucher einstellen, um die mit der Ausstellung verbundenen sehr hohen Kosten aufzufangen? Nun, das große Wagnis gelang. Bereits die erste Fossilien­ und Mineralienbörse im Jahre 1976 fand großen Anklang. Rund 80 Aussteller stellten Mineralien und Fossilien aus der ganzen Welt aus. Auch geschliffene und zu Schmuck verarbeitete Halbedelsteine und Edelsteine waren zu sehen, desgleichen Fachliteratur, Petrographie, Mineralogie und Paäontologie, wie auch „Handwerkszeug“ für Sammler: Geologenhämmer, Meißel, Binokulare, Fachbücher und vieles andere mehr.

Nach dem Beispiel der sehr erfolgreich verlaufenen ersten Mineralien- und Fossi­ lienbörse wurden bis zum Jahre 1980 ins­ gesamt fünf Mineralien- und Fossilienbör­ sen veranstaltet. Mehr als 15 000 Besucher aus der näheren und weiteren Umgebung haben diese Börse besucht, auch Interessen­ ten aus der Schweiz, aus Österreich, Frank­ reich, Belgien und Holland. Als besonderer Anziehungspunkt erwies sich jeweils eine Sonderschau von Mineralien und Fossilien aus dem Schwarzwald und aus der Schwäbi­ schen Alb. Diese Sonderschauen wurden ausschließlich mit Exponaten von Vereins­ mitgliedern beschickt. Sie waren teilweise von einer Qualität, die selbst Museen nicht immer vorzuweisen haben. Die Sonder­ schauen fanden deshalb jeweils großen An­ klang. Der Verein für Mineralogie und Paäonto­ logie Schwarzwald-Baar-Kreis richtete bei jeder Börse auch einen Verkaufsstand für Mineralien und Fossilien ein, die von Vereinsmitgliedern zur Verfügung gestellt wurden in der Absicht, den Erlös jeweils sozialen Zwecken zugute kommen zu las­ sen. Die Verkaufserlöse der Börsen 1976 bis 1978 in Höhe von mehr als 3000 DM wur­ den der ,,Aktion Sorgenkind“ zur Verfügung gestellt. Nachfolgend kam man in der Vor­ standschaft zur Uberlegung, einer örtlichen sozialen Einrichtung den Vorzug zu geben. Deshalb wurde in den Jahren 1979 und 1980 der Förderverein für das körperbehinderte Kind Villingen-Schwenningen e.V. bedacht. Offenbar dank des lokalen Bezugs waren die Erlöse der Aktionen dieser beiden Jahre noch günstiger als zuvor. Ohne fremde Hilfe wäre der Verein für Mineralogie und Paäontologie Schwarz­ wald-Baar-Kreis e.V. schwerlich in der Lage gewesen, die Börsen durchzuführen. Der be­ sondere Dank des Vereins gilt Oberbürger­ meister Dr. Gebauer und der Stadtverwal­ tung Villingen-Schwenningen für die Bereit­ stellung von jeweils 300 Meter Tischen sowie von Ausstellungsvitrinen. Den ört­ lichen Verkaufsgeschäften von Sammler­ bedarf ist für Spenden zu danken, die den erwähnten sozialen Zwecken zugute kamen. 195

Die Villinger-Schwenninger Mineralien­ und Fossilienbörsen genießen inzwischen in der Fachwelt einen sehr guten Ruf Organi­ sation und Abwicklung wurden von vielen Händlern und Besuchern gelobt. Die Messe­ halle B im Stadtbezirk Schwenningen, direkt an der B 27 mit rd. 1000 Parkplätzen, erwies sich im Vergleich zu Ausstellungslokalen anderer Börsen als geradezu ideal. So bleibt zu hoffen, daß es gelingen wird, die nun schon fast zur Tradition gewordenen Fos­ silien- und Mineralienbörsen in Villingen­ Schwenningen als feste Einrichtung auch in den kommenden Jahren durchführen zu können. Sie tragen zweifellos zur Bereiche­ rung des kulturellen Lebens der Stadt Vil­ lingen-Schwenningen und darüber hinaus des ganzen Schwarzwald-Baar-Kreises bei. Der Verein für Mineralogie und Paäonto­ logie Schwarzwald-Baar-Kreis e.V. hat in den vergangenen Jahren darüber hinaus in Eigenarbeit eine frühere Militärbaracke am Wieselsberg zu einem wohlgelungenen Ver­ einsheim ausgebaut. Er führt seine Veranstal­ tungen in diesem Heim durch. Alljährlich werden dabei auch Vorträge namhafter Wis­ senschaftler angeboten. So ist es beispiels­ weise gelungen, Dozenten der Universität Bern und der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich als Vortragende zu ge­ winnen. Auch der Leiter des Bergamtes Baden-Württemberg und der Mineraloge des Geologischen Landesamts waren bereits zu Gast. Den Vereinsmitgliedern stehen eine Steinsäge, eine Schleif- und Poliermaschine, eine Steinquetsche, ein Geigerzähler und sonstige Geräte zur Verfügung, die für ihr Hobby notwendig sind. Die Arbeit des Ver­ eins in der Abgeschiedenheit des Vereins­ heims am Wieselsberg im Stadtbezirk Villin­ gen trägt sicherlich ebenfalls zur Bereiche­ rung des kulturellen Lebens von Stadt und Land bei. Der Bereich des Landkreise Schwarz­ wald-Baar zählt in mineralogischer Hinsicht nicht zu den Gebieten mit besonders vielen und guten Fundmöglichkeiten. Dennoch verzeichnet auch der Schwarzwald-Baar- 196 Kreis eine Reihe beachtlicher Fundstellen: So liegen in Eisenbach gute Fundstellen von Eisenerzen, Manganerzen und Baryt, am Kesselberg finden sich Qparz und Hämatit, in Gremmelsbach liegt eine einzigartige Fundstelle von Pyrolusit und anderen Man­ ganmineralien, um nur einige zu nennen. An der Grenze zum oberen Buntsandstein auf den Gemarkungen Villingen, Königsfeld, Peterzell kann man mit einigem Glück schleifbare Karneole finden. Auch beim Autobahnbau in der Nähe von Biesingen fanden sich Fundmöglichkeiten: Pyritkri­ stalle von hervorragender Qualität. Hin­ sichtlich der Fossilien ist der Schwarzwald­ Baar-Kreis jedoch ein wahres Dorado von guten Fundstellen. Erwähnt sei lediglich die Wutachschlucht. Nicht ohne Grund werden seit einigen Jahren in Donaueschingen, Blumberg und Bräunlingen unter wissen­ schaftlicher Leitung Lehrgänge in Form von Aktiv- und Hobby-Urlaubern mit wissen­ schaftlichen Vorträgen über Geologie und Paäontologie und geologische Exkursionen durchgeführt. An sich wäre es naheliegend, im Interesse des kulturellen Angebots des Schwarzwald­ Baar-Kreises auf eine Zusammenarbeit des Vereins für Mineralogie und Paäontologie Schwarzwald-Baar-Kreis e.V. mit den Donaueschinger Veranstaltungen hinzu­ wirken.Die Abstimmung der mehr auf prak­ tische Ergebnisse zielenden Arbeit des Ver­ eins mit den Zielen dieser Veranstaltungen könnte sich sicherlich recht positiv und be­ Rudolf Merkle lebend auswirken. Das WORT kann erfreuen, trösten, verletzen und mißbraucht werden … Bernhard Brommer

Sternenkunde im Schwarzwald Eine Woche Astronomie im Heim ,,Maria Wald“ ,,Maria Wald“ Eine für den Bräunlinger Stadtteil Mistel­ brunn sicherlich nicht ganz alltägliche V er­ anstaltung fand in der Osterwoche 1980 im dortigen Heim statt. 25 Jugendliche, von Schleswig-Holstein bis aus dem Schweizer Kanton Bern, trafen sich dort über die Ostertage, um vor der Kulisse des Schwarzwaldes gemeinsam ihr Hobby, die Astronomie, zu betreiben und sich zu diesem Zweck sowohl Vorträge anzuhören, als auch praktische Messungen durchzu­ führen. Als übergreifendes Thema der Seminar­ vorträge diente die Entfernungsbestimmung aller Arten beobachteter Objekte. Diese Problematik war schon in der antiken Astro­ nomie eine der entscheidenden Fragestel­ lungen zur Beantwortung der zu lösenden Rätsel, die die Sterne auch heute noch in viel­ fältiger Form sowohl den Hobby-, als auch den Berufsastronomen aufgeben. Gleich­ zeitig ging das Bemühen dahin, möglichst praxisnah, also mit eigenen Messungen, soweit dies einfache Geräte erlauben, Auswertungsergebnisse zu erzielen. So wurde denn auch mit Hilfe eines speziellen Winkelmeßgerätes, eines soge­ nannten „Theodoliten“, die Entfernung des von Mistelbrunn aus gut sichtbaren Fernseh­ turms auf dem Fürstenberg vermessen und berechnet. Die erreichte Genauigkeit lag immerhin bei 10 Prozent Fehler gegenüber den Angaben einer Landkarte. Ein weiteres Projekt beschäftigte sich mit der Bestim­ mung unseres Abstandes zum offenen Sternhaufen der Hyaden, eines Gestirns, das in einer klaren Winternacht nahe dem Stern­ bild des „Orion“ leicht von jedermann gefunden werden kann. Weitere Vorträge behandelten unter anderem die Entfernungsbestimmung zu anderen Milchstraßensystemen. Um den Teilnehmern auch noch einen Einblick in modernste Probleme der astronomischen Einer der Teilnehmer führt Messungen mit dem Theodolit durch. Forschung zu geben, wurden schließlich Originalbeobachtungen des Max-Planck­ Institutes für Radioastronomie, Bonn, von dessen 100-Meter-Radiospiegelteleskop in der Eifel verwendet, um die Rotations­ periode eines Pulsars zu bestimmen, und wiederum dessen Entfernung abzuschätzen. Diese Objekte werden im allgemeinen als sogenannte Neutronensterne erklärt, das heißt, sie sind so schwer und dicht, daß Teilchen, die aus ihrem Schwerefeld entkommen, hierfür immerhin ein Zehntel der Lichtgeschwindigkeit benötigen, wie die Seminarteilnehmer ausrechnen konnten. selbst Bei allen Auswertungen wurde Wert darauf gelegt, daß die Jugendlichen – im 197

MuschelTäuschung Keine Muschel schenkt uns Meeresrauschen – Aber da wir selber nur Gefäße für die Echos von Erinnerungen sind, nach denen wir zuweilen lauschen, hören wir in Muscheln gern das Rauschen meergelebten abenteuerlichen Lebens, das vom Schimmer seltner Perlen in den grünen SeePalästen lockend zu berichten weiß – Jürgen Henckell Baggersee Kofenweiher bei Hüfingen Gegensatz zum oftmals üblichen Schul­ betrie? -_bei ihren Berechnungen möglichst selbstand1g vorgingen, wozu sie von den Referenten angeleitet wurden. So sollten auch Anregungen für ein „Weiterforschen“ zu Hause gegeben werden. Um den zum Teil von weit her ange­ reisten Teilnehmern auch noch etwas ,;“!“ ouristisches“. zu bieten, fuhr man an emem Nachmittag durch die unverhofft verschneite Landschaft zu einer Wanderung zur Bregquelle auf den Brend. . Organisiert wurde die Veranstaltung von emer Gruppe von Studenten, Physikern und Mathematikern, die bereits seit über zehn Jahren internationale astronomische Jugend­ a�_fei:ithalte . auf ehrenamtlich-gemein­ nutz1ger BaSIS durchführt; für das Seminar war der Zuschuß des Schwarzwald-Baar­ �reises_ eine er�ebliche Erleichterung der Fmanz1erung. Die Organisatoren wollen die in Mistelbrunn neu begonnene Reihe astro­ n�mi�cher Osterseminare im nächsten Jahr mit emem Aufenthalt auf einer Hallig fort­ setzen. Martin Weigele 198

Jugend und Sport Um einen sportlichen Glanzpunkt reicher Die neue Langenwald-Schanze in Schonach – eine Sportanlage für die Besten der Welt Als anläßlich der Testwettbewerbe für die nordischen Skiweltmeisterschaften 1978 im finnischen Lahti 1977 auch offiziell bestätigt wurde, was aufgrund von Absprachen und Zusagen vorher so gut wie sicher war, daß nämlich die Junioren-Weltmeisterschaften 1981 an den Luftkur- und Wintersportort Schonach im Schwarzwald vergeben werden, da konnte man an eine Arbeit herangehen, mit der man sich schon seit längerer Zeit gedanklich hatte befassen müssen: Den Neu­ bau der Langenwaldschanze. Daß der inter­ nationale Skiverband (FIS) der Vergabe an Schonach zugestimmt hatte, war letztlich ausschließlich der Tatsache zuzuschreiben, daß Ski-Club und Gemeinde Schonach bis dahin elfmal den Wettbewerb um den „Schwarzwald-Pokal“ in der Nordischen Kombination mit so großem Erfolg durch­ geführt hatten, daß keinerlei Bedenken gegen die Fähigkeiten der Schonacher, auch die Weltmeisterschaften der Junioren zu organi­ sieren, aufkommen konnten. Für Schonach und seinen Schwarzwald­ Pokal wiederum war es von größter Bedeu­ tung, die Weltmeisterschaften zu erhalten, weil andernfalls der Bau einer neuen Schanze und damit eine weitere Abhaltung der be­ deutendsten Nordischen Kombination der Welt in Frage gestellt worden wäre. Das FIS-Zertifikat für die alte Schanze im Langen­ wald war nämlich abgelaufen und wäre nicht erneuert worden, weil die Schanze in ihren Normen und Maßen nicht mehr den Erfor­ dernissen des heutigen Skispringens ent­ sprach. Finanziell aber wäre ein Schanzen­ Neubau von der Gemeinde und dem Ski­ Club auch mit den normalen Zuschüssen wohl kaum zu verkraften gewesen. Da es sich aber jetzt um eine Weltmeisterschaft handel­ te, schossen Bund und Land je 40 Prozent zu. So erschien der Kostenaufwand von 2,2 Mil­ lionen DM in einem ganz anderen Licht. Vom ersten Moment der Planung an stellte sich dem Ingenieur-Büro Greiner (Donau­ eschingen), das für Entwurf, Statik und Bauleitung insgesamt verantwortlich zeich­ nete (Statik und Tragwerksplanung Diplom­ Ingenieur Hanse!, Bauleitung Bau-Ingenieur Fritschi) die Frage, wie man in einem Wald­ gebiet anstelle der bisherigen Holzkonstruk­ tion ein Beton-Bauwerk errichten konnte, das sich in das Landschaftsbild einpaßt. Von einigen Seiten waren vor und während der Bauarbeiten in dieser Hinsicht Bedenken angemeldet, wenn nicht sogar Front gegen das Vorhaben gemacht worden. Als das Werk aber kurz vor Beginn der Wintersaison 1979/ 80 vollendet war und sich „zwischen den Jahren“ erstmals im Schneekleid präsentierte, so daß die ersten Probesprünge absolviert werden konnten, da konnte wohl niemand mehr an den Bedenken festhalten. Hier war mit viel Umsicht geplant und gearbeitet wor­ den, und es waren nicht nur finanzielle Überlegungen, die unter acht Voruntersu­ chungsmöglichkeiten zur heutigen Kon­ struktion führten. Man hatte erkannt, daß diese Lösung die wenigsten Erdbewegungen mit sich brachte, daß die Höhe des Anlauf­ turmes sich in der gewählten Form am besten in das Waldgebiet einpaßt und daß schließ­ lich die Verwendung von Leirnholzbindern beim Bau der Anlaufbahn den Charakter eines reinen Stahlbetonbaues abschwächt und optisch die Verbindung zum Wald rund um die Schanze herstellt. Nun ist es freilich nicht nur das Winter­ bild, in dem die Schanze erscheint. Daß die Schanzen-Anlage auch im Sommer sich in das Landschaftsbild integriert, ist neben den erwähnten Fakten auch der Begrünung im 199

Aufsprung- und Auslaufbereich zu verdan­ ken. So mancher Sommergast stand staunend und bewundernd unten im Auslauf oder oben auf dem Schanzentisch und nahm das Bild der neuen Langenwald-Schanze in sich auf. Schonach ist nicht nur um einen sport­ lichen Glanzpunkt reicher geworden, son­ dern auch um ein Symbol. Kenner der Skiszene denken an Oslo und seinen Hol­ menkollen. Auch dort steht die große Schan­ ze symbolhaft über der Stadt. Sportlich hat die neue Schanze ihre Feuer­ taufe hinter sich: Beim 14. Wettbewerb um den Schwarzwald-Pokal waren die besten Kombinierer aus aller Welt begeistert von der Anlage, für die der ehemalige Skispringer und heutige Schanzenreferent des Deutschen Skiverbandes, Wolfgang Happle aus Neu­ stadt (er lebt seit einigen Jahren im west­ deutschen Meinerzhagen) die Normen für Anlauf und Aufsprung nach den inter- nationalen Richtlinien aufgestellt hatte. Hier ist tatsächlich eine Schanze für die Besten der Welt entstanden. Am 5. Januar 1980 stellte Hubert Schwarz aus Oberaudorf im Rahmen des Kombinationsspringens für den Schwarzwald-Pokal den ersten Schanzen­ rekord auf der neuen Langenwald-Schanze auf. Ob er die Junioren-Weltmeisterschaften 1981 überlebt? Fachleute verneinen. Bei guten äußeren Verhältnissen sind die 90 Meter für die besten Junioren der Welt unter den Spezialspringern sicher kein Problem. Für die besten Kombinierer der Welt aber wird Schonach durch seine neue Schanze noch attraktiver. Die Vormachtstellung Schonachs unter den Ausrichtern Nordischer Kombina­ tionen in der ganzen Welt ist auch für die Zukunft gesichert. Und das ist als Werbe­ faktor für Schonach und den Schwarzwald unbezahlbar. Werner Kirchhofer Portrait von Martin Sehartei Vizeweltmeister der Junioren (Nordische Kombination) Ein Jahr später, am 26. und 27. Januar Als der Gütenbacher Martin Scharte! am 1980, reichte es dem Gütenbacher wieder zu 17. Februar 1979, gerade 19 Jahre alt, bei bitte- einer V izemeisterschaft in der Nordischen rer Kälte in Mount St. Anne bei Q!iebec in Kanada den Kombinationslanglauf über Kombination, und zwar zur Deutschen hin- ter dem Schonacher Urban Hettich. Damit zehn Kilometer in der ausgezeichneten Zeit hatte Martin Scharte!, inzwischen bei den von 34:16,17 Minuten beendet hatte, konnte Senioren am Start, einmal mehr die gleich- er seinen bisher größten Erfolg verbuchen: altrige Konkurrenz des DSV hinter sich Er war V ize-Weltmeister der Junioren in der gelassen, umso größer war seine Enttäu- Nordischen Kombination. Das nach Georg schung, als er nicht für die Winter-Olym- Thoma und Urban Hettich größte Talent piade 1980 in Lake Placid nominiert wurde. dieser Disziplin aus dem Schwarzwald hatte aber einen noch größeren Triumph um Ein zweites Mal Pech hatte Martin Scharte! in dieser Saison, als er Anfang März bei wenige Sekunden verpaßt, denn sein Team- einem Wettkampf in Lahti (Finnland) beim kamerad und Junioren-Weltmeister Her- mann Weinbuch aus Berchtesgaden war in Springen so unglücklich stürzte, daß er das Schlüsselbein mehrmals brach. Nach der der Kombinationswertung gerade 17 Hun- dertstel Punkte besser; vielleicht eine Operation im Furtwanger Krankenhaus am Sekunde schneller im Langlauf oder einen 15. März 1980 folgte eine zweimonatige halben Meter weiter im Sprunglauf, und Pause, aber im Mai konnte der Gütenbacher Martin Scharte! wäre in jenem Jahr der beste dann wieder das Training voll aufnehmen. Junior derWelt in derNordischenKombina- Daß Martin Scharte! zur Nordischen tion gewesen. Kombination fand, hat er nur einem jener 201

Schwarzwaldwinter zu verdanken, die manchmal mit Schnee recht knausrig umge­ hen. Ursprünglich hatte er sich, wie Vater Erhard und Onkel Anton Sehartei, die nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihren Familien aus dem Riesengebirge in den Schwarzwald gekommen waren, dem alpinen Skisport ver­ schrieben. Aber im schneearmen Winter 1970/71 stieg der Schüler Martin auf die Langlauflatten um, startete bei verschiede­ nen Rennen und belegte auf Anhieb bei den Deutschen Schülermeisterschaften im Lang­ lauf einen zehnten Rang. Auf der alten Gütenbacher Schanze wurden gleichzeitig auch die ersten Versuche im Skispringen unternommen, und die Liebe des talentier­ ten Buben für die Nordische Kombination war geweckt. Sofort wurde der Gütenbacher auch in die Fördergruppen des Schwarzwäl­ der und Deutschen Skiverbandes aufgenom­ men, und von damals an war Martin Sehartei in den Schüler- und Jugendklassen auf vor­ dere Plätze abonniert. Der Vize-Weltmeister der Junioren des Jahres 1979 und der Deutsche Vizemeister des Jahres 1980, der sich nach dem Abitur 1978 für vier Jahre bei der Bundeswehr ver­ pflichtet und im Skizug Fahl/Feldberg ideale Trainingsmöglichkeiten angetroffen hat, absolvierte für die neue Saison 1980/81 wieder ein volles Trainingsprogramm. Die Folgen seiner Verletzung sind überwunden, nachdem er sich im Herbst noch einer Ope­ ration unterzogen hat. Bei zwei Lehrgängen aufMattenschanzen hat Martin Sehartei vor allem seine Sprungtechnik weiter verbessert, nachdem ihm in der vergangenen Saison sichtbare Fortschritte im Sprunglauf gelan­ gen und seine Leistungen in beiden Diszipli­ nen jetzt ausgeglichen sind. Martin Sehartei gehört weiterhin neben Urban Hettich und zwei Bayern dem A-Kader des DSV an. Der Gütenbacher fühlt sich stark genug, auch in der neuen Saison seine Spitzenposition in der Nordischen Kombination hinter Urban Hettich zu ver­ teidigen. Erich Schlenker 202

Deutsche Meisterin beim Pferdsprung Sonja Geisler nach zehnjähriger Trainingsarbeit auf dem Höhepunkt ihrer Karriere Heute ist Sonja Geisler eine junge Dame von 19 Jahren. Als sie sich dem Leistungs­ sport Kunstturnen verschrieb, war sie gerade neun Jahre alt. Dazwischen liegen 10 Jahre harter Arbeit, Verzicht auf Freizeit, ehrgeizi­ ges, gezieltes Training, um an die Spitze zu kommen, aber auch gute Kameradschaft mit ihren Turnfreundinnen der Leistungsriege des TV 1848 Villingen und viel Freude an ihrer gewählten Sportart. Damals, vor 10 Jahren, holten Rudi und Brigitte Weiß sie in die neugegründete Kunstturnriege des TV Villingen. Von da ab hieß ihre Freizeit ,,Kunstturnen“. In den ersten Jahren war Sonja wöchentlich „nur“ 2-3mal in der Turnhalle zu finden, da in die­ ser Zeit die Hallenmisere noch groß war.Aus diesem Grund wurde das Balkentraining zusätzlich in den Keller der Familie Geisler verlegt. Später wurde das Training auf 4- 5mal ausgedehnt, und seit zwei Jahren ist die ganze Woche mit Turnen ausgefüllt, ent­ weder in Villingen unter der Leitung des Cheftrainers Dieter Nagel und seiner Mit­ arbeiter, oder an den Wochenenden in den Sportschulen Ruit oder Frankfurt. Ihren ersten großen Erfolg verbuchte Sonja 1974 als Schülerin in der Leistungs­ klasse 3; sie qualifizierte sich auf Landes­ ebene für die Südausscheidung, belegte dort den 15. Rang, der sie zur Teilnahme an ihrer ersten Deutschen Meisterschaft berechtigte. In den folgenden Jahren bis zu ihren ganz großen Erfolgen, erturnte sie sich auf Gau-, Landes- und nationaler Ebene zahlreiche Meisterschaften. So wurde sie im Gau in der Einzelmeisterschaft und mit der Mannschaft des TV Villingen 8mal erste Siegerin, und llmal belegte sie Rang zwei. Bei den Würt­ tembergischen Landesmeisterschaften holte sie sich 8mal den Titel einer Württembergi­ schen Meisterin, 9mal wurde sie Vizemeiste­ rin. Bei Süddeutschen Meisterschaften wurde sie im Einzelwettkampf einmal sou- veräne Siegerin, einmal wurde sie zweite, mit der Mannschaft kam sie einmal auf den zweiten und einmal auf den dritten Rang. Im Jahre 1977, erstmals in der Olympia­ klasse bei einer Deutschen Meisterschaft startend, wurde sie 25. Auf den 16. Rang ver­ besserte sie sich bereits ein Jahr später, nach­ dem sie kurz vorher souverän die Süd­ deutsche Meisterschaft gewonnen hatte. Den bisherigen Höhepunkt ihrer bisheri­ gen Karriere erreichte Sonja jedoch im Jahr 1979. Nachdem sie bei den Württembergi­ schen Meisterschaften alle zu vergebenden Titel errungen hatte, schaffte sie mit einem Mit einem Gläschen Sekt empfangen nach ihrer errungenen Deutschen Meisterschaft im Sommer 1979: Sonja Geister. – Im Vordergrund· ihre Trainerin Brigitte Weiß 203

2. Rang bei den Süddeutschen die Teil­ nahme zur Deutschen Meisterschaft. Für den Deutschen Turnerbund bis dahin noch relativ unbekannt, wurde sie Deutsche Mei­ sterin beim Pferdsprung und verwies die Turnerinnen des Nationalkaders auf die nächsten Plätze. Im Olympischen Acht­ kampf kam sie auf einen hervorragenden 9. Platz. Damit war für Sonja der Weg frei in den A-Kader des Deutschen Turnerbundes. Für Sonja bedeutete dieser Erfolg noch mehr Training und noch weniger Freizeit. Zuhause im TV Villingen von allen Trainern unterstützt, bereitete sie sich auf die Qualifi­ kation für die Weltmeisterschaft in Fort Worth in Texas vor. Ihr großer Traum, an diesen Weltmeisterschaften teilnehmen zu können, rückte in greifbare Nähe. Zäh und beharrlich trainierte sie um die Fahrkarte in die Staaten, um sich einige Wochen später mit einem überzeugenden 4. Platz bei dieser Ausscheidung diesen Traum zu erfüllen. Mit ihrem Heimtrainer trat sie die Reise über den großen Teich an. Sie wollte zeigen, daß sie zu Recht in der Nationalmannschaft turnte. Die deutschen Mädchen wollten unbedingt unter die ersten zwölf Mann­ schaften kommen, um an den Olympischen Spielen in Moskau ebenfalls starten zu kön­ nen. Daß es dann nur für den 13. Platz reichte, lag wohl nicht nur an den jungen Turnerinnen, sondern auch mit an den Que­ relen innerhalb des DTB, die sich auf die Mädchen eher negativ auswirkten. Hinzu kam, daß die damalige Bundestrainerin Petra Berchthold wegen plötzlicher Erkrankung ihre Mannschaft nicht nach Fort W orth be­ gleiten konnte, was wiederum ein Handicap für die Turnerinnen war. Der Traum von Moskau war mit dieser Plazierung aus­ geträumt. Es hätten höchstens 2-3 Einzel­ turnerinnen in Moskau dabei sein können, doch durch den Olympiaboykott ist auch dies hinfallig geworden. In diesem Jahr wollte Sonja ihren Erfolg vom letzten Jahr wiederholen. Eine seit der Weltmeisterschaft an der Achillessehne schmerzhafte Entzündung warf sie in ihren 204 Vorbereitungen etwas zurück. Trotzdem ging sie nach mehrfachen Behandlungen durch den bekannten Sportarzt Professor Klümper zu den diesjährigen Deutschen Meisterschaften. Nach dem ersten Kür-Vierkampf an neunter Stelle liegend, zog sie sich im zwei­ ten Durchgang beim Pferdsprung mit einem Überschlag-Salto eine Meniskusverletzung am rechten Knie zu. Das bedeutete für Sonja das „Aus“ bei diesen Wettkämpfen und gleichzeitig ein Verzid1t auf die nächsten Länderkämpfe mit der Nationalriege. Daß sie die Nominierung hierfür schaffen würde, daran zweifelte wohl niemand. An Sprung und Balken hatte sie sich ohnehin schon für das Finale qualifiziert. Jetzt muß Sonja erst einmal eine Zwangs­ pause einlegen, um ihre Verletzung auszu­ kurieren. Wer die 19jährige Gymnasiastin kennt, weiß, daß sie eisern weitertrainieren wird und ihren Platz in der Nationalmann­ schaft so schnell nicht abgeben wird. Gefragt nach ihrer bisher so erfolgreichen Laufbahn, nennt sie nicht nur die Meisterschaften und die Nationalmannschaft, sondern hebt auch die schönen Reisen zu Freundschafts­ wettkämpfen mit ihren Turnfreundinnen vom TV Villingen heraus, bei denen die Kameradschaft innerhalb der Mannschaft ebenso gepflegt wurde wie die neuen Freundschaften, die sie mit den Turnerinnen anderer Vereine im In- und Ausland knüpfte. Ilse Vogel Nur ein Wort sprich der Seele nicht fähig Empfängnis der Reinheit zu tragen und doch Gesundung du sprichst ein Wort du tust und süß auf der Zunge der kräftigende Geschmack der Vergebung Friederike Siek

Volleyball im Schwarzwald Unsere technisierte und automatisierte Arbeitswelt steht dem Bedürfnis nach aus­ reichender Bewegung und ungezwungener Kommunikation oft entgegen. Umso wich­ tiger ist für unser Leben der Sport geworden. Einen hohen Stellenwert hat in den letzten Jahren das Volleyballspiel gewonnen; insbe­ sondere bei den Kindern und Jugendlichen. Sportpädagogen an den unterschiedlichsten Schulen haben die Voraussetzungen geschaf­ fen, daß die Vereine eine solide Jugendarbeit betreiben können. Volleyball, was soviel heißt wie Flugball, ist ein faszinierendes Mannschaftsspiel. Wie alle Ballspiele ist Volleyball seinem Charakter nach ein leistungsbezogenes Kampfspiel, das von zwei Mannschaften ausgetragen wird. Aber nicht im Bereich des Wettkampfes, sondern auch für die ganze Familie bietet das Volleyballspiel Erholung, denn es ermöglicht wie kaum eine andere Sportart, die Mann­ schaft unabhängig von Alter und Geschlecht zusammenzustellen. Seit einigen Jahren wird die Jugend­ Schwarzwald-Meisterschaft in den unter­ schiedlichsten Altersklassen der Mädchen und Buben ausgespielt. Insgesamt 12 Vereine beteiligen sich daran mit mehr als 30 Jugend­ Mannschaften. Initiatoren dieser Einrich­ tung kommen von der BSG Winkler und der BSG Kienzle. Da kein noch so zielgerechtes Training den Wettkampf ersetzen kann, sol­ len die Spiele eine zusätzliche Motivation für Jugendliche, aber auch ihrer Übungsleiter sem. S. Reith 10 Jahre Kreisjugendsportring Vor 10 Jahren wurde in St. Georgen der Kreisjugendsportring im ehemaligen Land­ kreis Villingen gegründet. Zwei Jahre später wurde in Bräunlingen im ehemaligen Kreis Donaueschingen ebenfalls ein Kreisjugend­ sportring gegründet; diese beiden Kreis­ jugendsportringe schlossen sich am 26. l. 1973 in dem neuen Schwarzwald-Baar-Kreis zu dem heute noch gleichbenannten „Kreis­ jugendsportring Schwarzwald-Baar-Kreis“ zusammen. Man beschloß damals den Jugendsport im Schwarzwald-Baar-Kreis zu fördern und beschritt hierzu einen neuen Weg, indem man Schulsport und Vereins­ sport gleichermaßen fördern wollte, mit Mit­ teln, die der Landkreis zur Verfügung stellte. Weiterhin erhoffte man sich über die Kreis­ jugendsporttage eine Leistungssteigerung im Sport und eine Überführung der neu ent­ deckten Sporttalente in die Sportvereine. Als freiwillige Leistung hat der Schwarz­ wald-Baar-Kreis bis heute über l/4 Million DM für die Jugendsportförderung ausgege- ben, und es ist dem Engagement der Kreis­ verwaltung und dem Kreisparlament zu ver­ danken, daß unserer Organisation immer ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt wurden. Waren es 1970 noch 1.070 Jugend­ liche, die über den Schulsport gefördert wer­ den konnten, so sind es heute 3.350 Jugend­ liche, die an den Kreisschulsporttagen teil­ nehmen, in der Leichtathletik, im Schwim­ men, im Turnen, im Fußball, beim Handball, beim Basket- und Volleyball, im Tischtennis, sowie beim Skisport alpin und nordisch. Auch die Sportvereine wissen, daß der Schwarzwald-Baar-Kreis sie unterstützt. Der Kreisjugendsportring auf Antrag im Rahmen der Talentförderung die Sportvereine. bezuschußt Hierzu zählen: 1. Badische bzw. Württem­ bergische Meisterschaften, 2. Baden-Würt­ tembergische bzw. Süddeutsche Meister­ schaften, 3. Deutsche Meisterschaften, 4. Europameisterschaften, 5. Olympiaden und Weltmeisterschaften. 205

Jugendwettkämpfe im Furtwanger Bregstadion: ,,3000 m Hindernis“ Außerdem führt der Kreisjugendsport­ ring Jugendleiterlehrgänge durch, welche sich zusehends einer größeren Beliebtheit erfreuen. Man verspricht sich hierdurch eine Förderung der Sportvereine, indem man durch diese Ausbildungsmaßnahme ihnen qualifizierte Kräfte an die Hand gibt. Weiter­ hin werden Nachbildungslehrgänge angebo­ ten, mit denen sich die ausgebildeten Jugend­ leiter immer auf dem neuesten Stand halten können. Großer Beliebtheit erfreuten sich immer wieder die Sommer- und Winter­ Sportfreizeiten des Kreisjugendsportringes, welche im Sommer am Bodensee, und im Winter in den Alpenländern Frankreich, Ita­ lien, Österreich und der Schweiz durchge­ führt wurden. In den letzten 10 Jahren sind es mittlerweile 1335 junge Menschen gewesen, die der Kreisjugendsportring betreute. Klaus Berg, 1. Vorsitzender des KJSR. 206 Suifen auf dem Riedsee bei Donaueschingen

Der erste Skilift stand bei Triberg Eine Erfindung des „Schneckenhof“-Gastwirts in Schollach Skilifte – der Wintersport ist heute ohne sie nicht mehr zu denken. Seit wann gibt es dieses bequeme Transportmittel, das den Ski­ lauf als Massensport überhaupt erst ermög­ lichte? Forscht man in der einschlägigen Ski­ literatur, dann erfahrt man, daß es in Bad Gastein im Jahre 1804 einen Bergknappenlift gab. Mit Hilfe von Wasserkraft beförderte er die Bergknappen zur Höhe. Aber auch Badegäste konnten mit einem Billet sich bergwärts tragen lassen. Auf der Höhe ange­ kommen, glitten sie dann aufBrettern, deren Vorderseite homartig aufgebogen war, also einem Vorläufer unseres Rodelschlittens, wieder zu Tal In Cresden-Pillnitz war es um das Jahr 1900 ein Gastwirt, der für Skiläufer einen Seilaufzug für den Transport auf die Höhe konstruierte. Mit Hilfe eines Pferdes wurde der Aufzug in Bewegung gesetzt. Wasser als Antriebskraft ist im Schwarzwaldwinter eine fragwürdige Angelegenheit, und auch die natürliche Pferdekraft konnte nur eine Über­ gangslösung auf dem Wege zum modernen Schlepplift sein, wie er für den Skilauf als Volkssport benötigt wird. Es war also nur eine Frage der Zeit, daß an die Stelle des Wasserrades oder der natür­ lichen Pferdekraft der Elektromotor trat. Cieser erste motorgetriebene Skilift der Welt stand auf Triberger Gemarkung und wurde im Jahre 1909/10 im Gewann Hoflehn in Betrieb genommen. Über die Neuerung schreibt der damalige Triberger Bürgermei­ ster Pellegrini in der „Ski-Chronik 1909/10, dem Jahrbuch des einstigen mitteleuropä­ ischen Ski-Verbandes, wie folgt: “ „Skiläufer packen einfach den hölzernen Handgriff, stehen stramm auf den Skiern, nehmen an den steilsten Stellen zweckmä­ ßigerweise Hockestellung ein und lassen sich hochziehen. Cie Rodler sitzen auf dem Rodel, der mittels einer patentierten, hebel­ förmigen Vorrichtung mit dem Halter des Crahtseils verbunden ist. Mehr als elf Per­ sonen hängen zu gleicher Zeit nicht am Seil. Bei der Normalgeschwindigkeit von 1,80- Meter-Sekunden dauert die ganze vergnüg­ liche Höhenfahrt nur fünf Minuten. Gefahr ist nicht zu befürchten. Stürzende lösen sich durch Loslassen der Hände oder des Hebels mit sofortiger Wirkung vom Crahtseil ab. Mit Leichtigkeit können sie seitlich in den Schnee ausweichen. Cer Lauf des Crahtseils kann zudem vom Monteur augenblicklich zum Stillstand gebracht werden. Glocken­ signale verkünden den Antrieb und die Aus­ schaltung des Motors. Telephon verbindet “ Soweit die Be­ die beiden Stationshäuschen. schreibung aus dem Jahre 1909. Eine klassi­ sche, auch heute noch gültige Anweisung für Liftbenützer. Cie Idee zu dieser Anlage war allerdings schon an die vier Jahre alt, als sie in Triberg aus Anlaß der Internationalen Wintersport­ ausstellung mit einem Kostenaufwand von 7 000 Goldmark Gestalt annahm. Cer eigent­ liche Erfinder war ein Schwarzwälder T üftler mit Namen Winterhalter aus der damaligen Gemeinde Schollach, unweit Neustadt, seines Zeichens Land- und Gastwirt auf dem „Schneckenhof‘. Lange genug hatten seine Gäste in den Wintermonaten ihm in den Ohren gelegen mit der Klage, daß Winter­ sport zwar schön sei, wenn nur die Berge nicht wären, die man hinaufkraxeln müsse. Also konstruierte der „Schneckehof-Bur“ im Jahr 1905 einen „Aufzug für Schneeschuhläufer “ . 1908 wurde die Erfindung pa­ und Rodler tentiert. Noch diente im Original eine Schwarzwälder Wassermühle als Antriebs­ kraft. Nach Robert Winterhalters Plänen erbaute dann die Stadt Triberg den ersten motorgetriebenen Skilift der Welt. Nachstehend die wichtigsten technischen Caten: Cie Liftspur hatte eine Länge von 550 Metern und überwand einen Höhen­ unterschied von 85 Metern. 12 Millimeter 207

Der „Schneckenhef“ in Schollach: Hier bastelte der land- und Gastwirt Robert Winterhalter im Jahre 1905 den ersten Aufzug.für Schneeschuhläufer und Rodler. ,, ,,- betrug die Stärke des Stahlseils, 1,80-Meter­ Sekunden die Geschwindigkeit, und der Elektromotor hatte 15 PS.Zwischen Tal- und Bergstation waren zwölf Eisenträger mit LaufrolJen für 24 Skiläufer und Rodlerhalter in die Erde betoniert. So vortrefflich die Konstruktion war- auf die Dauer konnte dieser erste motorisierte Skilift sich nicht rentieren. Einmal war das Hoflehn der Gemarkung Triberg nicht schneesicher genug, zum anderen hatte sich der Skisport vor rund 70 Jahren noch nicht zum Volkssport entwickelt, wie wir ihn heute kennen. Im Kriegsjahr 1914 stellte der Hof­ lehn-Lift den Betrieb ein. Drahtseil und Eisenträger wurden drei Jahre später demon­ tiert, um für die Rüstungsindustrie des ersten Weltkrieges Verwendung zu finden. Lorenz Honold 208 Waldeszauber Vom Nachtwind umwoben, verdämmert, verträumt so liegen die Wälder, wenn Mondenlicht scheint. Verzaubert die Lüfte, versilbert die Nacht ein leises Rauschen im Winde eine andere Welt erwacht. Fremde Laute, fremde Stimmen, ein leises Singen liegt in der Luft wie riesig, wie nah ist der Himmel über dem Waldesduft. Die Blüten des Waldes sie duften so süß und es ist mir, als wär‘ ich an der Pforte zum Paradies. – Petra Presley

Memoiren und Erinnerungen Altlandrat Dr. Robert Lienhart: ,,Erinnerungen“ Die Bürgermeister des Kreises Donaueschingen 1955 in Rom Der alte Kreis Donaueschingen war für die Lehrfahrten seiner Bürgermeister bekannt. Sie führten, um nur einiges zu nennen, zur Weltausstellung nach Brüssel, zu den Land­ gewinnungsmaßnahmen und zu landwirt­ schaftlichen und gärtnerischen Betrieben· nach Holland, zu Hochöfen, Stahl- und Walzwerken ins Rheinland, zur BASF Lud­ wigshafen und deren Versuchsgut, zu den Fordwerken in Köln und zu Fiat in Turin, zum Reisanbau in der Poebene und zu land­ wirtschaftlichen Betrieben in Berglagen Mittelitaliens. Unsere Bürgermeister, überwiegend Land­ wirte, waren beeindruckt von den oft harten Arbeitsbedingungen sowohl ihrer landwirt­ schaftlichen Kollegen wie der Fabrikarbeiter in oft überhitzten, lauten, zugigen Werks­ hallen und kehrten vielleicht zufriedener zu ihrer eigenen Arbeit zurück. Und die Fahrten führten auch zu histori­ schen, Kunst-und Kultur-und zu religiösen wie politisch bedeutsamen Stätten wie Paris, Mailand, Florenz, Assisi, Siena, Rom, Vene­ dig-zu deren Klassik, Kirchen, Kunstsamm­ lungen, auf Schlachtfelder und Soldaten- Sonderaudienz bei Pius XII für die Bürgermeister des Kreises Donaueschingen anläßlich der Rom­ fahrt 1955. 209

friedhöfe wie Verdun, Monte Cassino, Pome­ zia, zur Berliner Mauer oder zu Dr. Magnago in Südtirol, nach dem wiederaufgebauten Rotterdam. Manch einer der Teilnehmer kam so zum ersten Mal aus der engeren Heimat heraus und erlebte lehrreiches, zur Besinnung An­ regendes und, in der nie getrübten freund­ schaftlichen Reisekameradschaft mit Kol­ legen und Mitarbeitern des Landratsamts, oft anstrengende, aber auch frohe Tage. Das weitet den Blick. Da der Autor der Erfinder und Macher dieser Reisen, aus der Jugendbewegung des ersten Jahrhundertdrittels kommend, selbst begeisterter Zeltler war, lag es nahe, die ersten Bürgermeisterfahrten (wie auch die Kame­ radschaftsfahrten des Landratsamts) mit Zelt und Kochtopf zu versuchen -und es wurden prachtvolle Erlebnisse daraus! Da waren wir doch 1955 über Genua, Pisa, Florenz nach Rom gekommen, und in einer halben Stunde waren auf dem idyllisch auf einem Berg im Großen Park der Villa Glori gelegenen Camping die Zelte aufgebaut-ein riesiges 25-Mann-Ungetüm und eine Reihe kleinerer Zelte; einige wenige Luftmatratzen waren aufgeblasen, Wolldecken verteilt; für Proviant und den nötigen Chianti und Mos­ cato Spumante war gesorgt; für Humor, Lachen, vergnügte Stimmung brauchte die Reiseleitung nicht Vorsorge zu treffen. Die Küche mit großen Kochtöpfen oblag den wenigen weiblichen Begleitern unter dem Generalsuppenlöffel unserer Fräulein Pawe­ lek – aber alle halfen mit. Unser sonniger Med.-Rat Dr. Nübell schimpfte derweil scherzhaft „Ruhe da oben“ in die Pinien hin­ auf, weil das wilde Gegeige der Grillen ihn mopste. In der Nacht schlich sich Kreisgeschäfts­ führer Kirschvink in die Zelte und klaute alle abknüpfbaren Hosenträger, um die Herren Bürgermeister daran zu hindern, ohne Jacke mit diesen vorsintflutlichen unästhetischen Halterungen in bessere Restaurants zu gehen, was in einem vornehmen Genueser Lokal ebenso Aufsehen erregt hatte wie der laute 210 Protest unseres Revisionschefs Gießer, weil die Bierkrüge nach Art des Hofbräuhauses gefüllt waren. Übrigens versuchte Kreisgeschäftsführer Kirschvink einige Tage später, in Florenz an einer belebten Straße auf dem Bürgersteig sitzend, einige übriggebliebene Hosenträger zu verhökern, meines Erinnerns erfolglos, aber ein historisches Fotodokument zeugt davon. Mit ein Hauptwunsch der Reisegesell­ schaft war eine Sonderaudienz bei Papst Pius XII. Aber der Papst war kränklich, und er hatte gerade alle Audienzen abgesagt, so­ gar den Empfang eines Kongresses ameri­ kanischer Ärzte. Doch wir setzten unsere Hoffnung auf ein Zaubermittel, das wir in der Tasche hatten: auf unseren Pater Bea aus Riedböhringen, Beichtvater des Papstes und Direktor des Päpstl. Bibelinstituts, „unseren“ späteren Kardinal, der so große Verdienste um die W iedervereinigung der Kirchen hat. Aber die erste Vorsprache bei ihm ließ unsere Hoffnungen zusammenfallen. Wer Bea in seiner geradezu schüchternen und bescheidenen Art kannte, mußte schweren Herzens seine Ablehnung, uns die Audienz zu vermitteln, verstehen: „Für die ganze Welt gibt es keine Audienzen. Da soll ich nur des­ halb, weil ich aus euerm Kreis stamme, ent­ gegen den Forderungen der Ärzte eine Aus­ nahme verschulden? Das wäre Anmaßung von mir“. Wir mußten’s einsehen, aber schließlich hatten unsere Bürgermeister nicht für die Katz einen dunklen Festanzug im Ge­ päck und sie konnten nicht ohne kräftigen Segen für sich und ihr Dorf heimkommen. Schließlich, auf inständigstes Bitten und wegen der zu erwartenden bitteren Ent­ täuschung für die Bürgermeister, sagte Bea beim Abschied, wenn wider jedes Erwarten doch noch etwas zu machen sei, werde er im Zeltplatzbüro anrufen. Nicht zu glauben – am anderen Morgen Anruf: wir sollen um 9 Uhr zur Sonder­ audienz kommen! Des guten J esuitenpaters Herz hatte über die Pflicht gesiegt.

Denkwürdiger Empfang – keiner, der da­ bei sein durfte, wird ihn vergessen. P. Bea hatte uns durch Gänge, Treppenhäuser, Säle bis zum Audienzsaal geleitet. Pius XII. in weißer Soutane tritt herein, sucht P. Bea. Er war fort. Statt seiner stellte ich unsere Gesell­ schaft vor und dankte für den Empfang. Der Papst, anfänglich scheinbar verwirrt ob des Verschwindens Beas, spricht einige Worte, leise, fast schüchtern, ohne Pathos, über die Verantwortung der öffentlichen Verwaltung und im besonderen der Gemeinden und ihrer Bürgermeister. Dann begrüßt er im Rundgang jeden und jede mit Handschlag einzeln, stellt, in Deutsch das alles, gelegent­ lich Fragen, unterhält sich länger mit den Bürgermeistern Weber des Heimatdorfs von P. Bea und Blenkle von Bräunlingen – er er­ innert sich, daß er als Nuntius in Deutsch­ land einmal dort war. Päpstlicher Segen für die Bürgermeister und ihre Mitbürger in der Heimat, und wir werden entlassen, aufs tiefste beeindruckt. Der Tag klingt aus bei feuchtfröhlichem Zusammensein in Frascati. Bei was wohl? Bei „Frascati“ eben, ausgeschenkt aus 6-Liter­ Korbflaschen, den für diesen Ort typischen Fiaschi. Nachts Rückfahrt nach Rom zum Zelt­ platz. Unterwegs verläßt uns unser sympa­ thischer Romführer Dr.Hladek, und mit ihm steigt versehentlich ein Schuhes aus; gegen Morgen bei unserem Frühstückskaffee trifft er, Schuhe in der Hand und Sockensohlen durchgelaufen, bei uns ein, nachdem er auf den Rat eines nächtlichen Polizisten zuerst vergeblich den anderen Campingplatz „EUR“ nach uns durchwühlt hatte. Unserem Stettener Bürgermeister Hogg zuliebe fand unser Romaufenthalt seinen Abschluß mit einem Besuch des Soldaten­ friedhofs Pomezia, wo sein Sohn ruht; er­ schüttert sangen wir angesichts der Tausende von Gräbern „Ich hatt‘ einen Kameraden“. Begegnungen mit Max Rieple Im Gästebuch des Donaueschinger Schriftstellers geblättert Fußspuren im Schnee, Tritte im Sand, sie bleiben für ein paar Stunden haften, bis der W ind sie verweht oder die Flut sie überspült. Diese Eindrücke sind flüchtig, die Begeg­ nungen mit Menschen aber hinterlassen oft dauerhafte Spuren. Sie sind ein Teil unseres Lebens. Blättere ich in meinem Gästebuch, so ge­ winnen die Menschen, die sich einst eintru­ gen, wieder Gestalt, und ich fühle mich zurückversetzt an den Ort und die Zeit der Begegnung. Wie ein hintergründiges Spiel des Zufalls mutet es an, daß die Reihe der Eintragungen 1920 mit dem Pianisten Walter Rehberg beginnt, steht doch die Entwicklung Donaueschingens zur Pflegestätte moderner Musik mit dem Namen Rehberg in engem Zusammenhang. Durch ihn kam auch sein Vater, Prof. W illy Rehberg, Direktor der Musikhoch- schule in Mannheim, an die Donauquelle. Am 22. August 1920 trägt er sich mit seiner schwungvollen und klaren Schrift in das Gästebuch ein: „In dankbarer Erinnerung schöner Tage in Donaueschingen und – über­ haupt … “ – Hinter den Gedankenstrichen und dem Wort „überhaupt“ verbirgt sich die interessante Tatsache, daß Prof. Rehberg über Musikdirektor Burkard an den damaligen Fürsten Max Egon die Anregung herantragen ließ, der modernen Musik in Donaueschin­ gen eine Heimstätte zu geben, ein kühner Plan, der durch den Mäzen gerne aufgegrif­ fen und alsbald in die Tat umgesetzt wurde. Mit steiler Schrift hat sich sodann der Komponist Ernst Lothar von Knorr einge­ tragen, der seit jenen Tagen Donaueschingen treu verbunden blieb. Er hat später hier einige Male das Trossinger Kammerorchester dirigiert. Anläßlich des Musikfestes 1946 211

wurden überdies ein nach französischen Tex­ ten gestalteter Liederzyklus und 1947 seine Serenade für Streichorchester mit großem Erfolg uraufgeführt. Artur Willner, der dem Musikfest 1921 Teile seines 24gliedrigen Fugenzyklus bei­ steuerte, schreibt in das Gästebuch: ,,Es fallt mir schwer, mich von Donaueschingen zu trennen: Musikfest, Gastlichkeit – Süd­ deutschland“. Zur selben Zeit trägt sich auch der damals immer zu Scherzen aufgelegte Paul Hinde­ mith auf zwei Seiten des Gästebuches ein: Auf der linken Seite steht: ,,Entwurf eines Leichensteins und Fragment eines Trauer­ marsches“ . Auf der rechten Seite lesen wir in der Hindemith’schen Fantasiesprache: ,,Bocce Kalaigo esterante! N apolJa binze (NB Lom = cantonna) Paul“ – und darunter eine einzige tiefe Baßnote mit einem Dacapozeichen.Ja, das war Hindemith, wie wir ihn als jungen Heißsporn kannten, der Revolutionär, der kompromißlose Neuerer. Er, dem es mit seiner Kunst todernst war, versteckte sich zu gerne hinter der Maske des Spaßmachers. Zweimal im Gästebuch vertreten ist der durch seine Vierteltonkompositionen be­ kanntgewordene Alois Haba. Er schreibt: ,,Nachtrag für 1922. Jahre sind vergangen, lebendige Erinnerungen und herzliche Freund­ schaft bleiben.“ Auch Professor Joseph Haas, der als Mit­ glied des Arbeitsausschußes maßgeblichen Einfluß auf die Kammermusikfeste von 1921 bis 1927 hatte, konnte erst im Jahre 1957 den Eintrag in das Gästebuch nachholen. Ein Jahr vor seinem Tod zeichnete er als 80jähri­ ger aus freier Hand noch kerzengerade die Notenlinien auf das Papier, zwischen denen die bedeutungsvollen Worte aus seinem ,Jahr im Lied“ stehen: ,,Nie laß die Hoffnung, durch die ich gewonnen, halte die Treue, durch die ich gesiegt.“ 1937 folgt eine lange Pause. Die Zeiten haben sich gewandelt. Der Zweite Weltkrieg ist ausgebrochen. General Meindl, ein Sohn Donaueschingens, der Eroberer von Narvik und Kreta, trägt sich während eines kurzen 212 Pref.josephHaas,gezeichnetvonErwinHeinrich. Urlaubs in das Gästebuch ein. Gleichzeitig auch einer der Großen auf dem Gebiete der Kunst, der Cellist Ludwig Hoelscher, der im Jahre 1943 in der Baarstadt konzertierte. Mit der Erneuerung der Donaueschinger Idee im Musikfest 1950 beginnt ein neues Kapitel des Gästebuchs. ,,Nach 24 Jahren wieder in Donaueschingen, wie früher, wie wenn man überhaupt nicht weggewesen ist. Nun geht es wieder jedes Jahr nach Donau­ eschingen.Hurra!“ So schreibt der aus Ameri­ ka zurückgekehrte, frühere Cellist des Amar Quartetts, Maurice Frank, am 8. 9. 1950 in etwas mangelhaftem Deutsch ins Gästebuch. Ähnlich lautet der Eintrag des großen Schweizer Mäzens, Werner Reinhart, Winter­ thur, der über viele Jahre hinweg Donau­ eschingen die Treue bewahrt hat. Neben seinem Namen taucht zum ersten Mal auch der von Prof. Dr. Heinrich Strobel auf, in dessen Händen von nun an die künstlerische Leitung der Donaueschinger Musiktage liegt. Begeistert schreibt er ins Gästebuch: ,,Es gibt nur e i n Donaueschingen!“

Auch Alexander Tscherepnin, der 1925 zum letzten Male hier weilte und seither in Amerika lebte, ist erfreut über das Wieder­ sehn. Die Namen Wolfgang Fortner, Carl Seemann und Paul Groß stehen nebenein­ ander. Dann folgt in etwas unbeholfener Schrift ein für die Donaueschinger Idee besonders aufschlußreicher Eintrag: ,,Meinen großen Dank, mit meinem ersten größeren Orche­ sterwerk in Donaueschingen herauszukom­ men“ ,,,die Zwitschermaschine‘: Giselher Klebe.“ Wie 1921 für Paul Hindemith war 1950 für den jungen Klebe Donaueschingen zum Sprungbrett geworden. Zum ersten Male erscheint auch der Name Carl Ama­ deus Hartmann, der künftig bei keinem Musikfest mehr fehlt. Aus dem Gewirr so vieler Namen lacht uns plötzlich das Selbstbildnis von Grock entgegen, das der weltberühmte Clown am 4. 5. 1950 mit der Feder in einem Zug auf eine Seite des Gästebuches zeichnete. Die mit flotten Strichen hingeworfene Karikatur ist eine wertvolle Erinnerung. Der Dramati­ ker Friedrich Roth schreibt 1951 unter das Bild: ,,Clowns und Dichter sind allemal Richter. Aus dem Leiden ihres Blutes kommt die Kraft ihres Mutes.“ Das Musikfest 1951 kündigt sich mit den Namen Marcel Mihalowici und seiner Gat­ tin Monique Haas an (sie spielte 1946 zum ersten Male hier). Der aus Amerika zurück­ gekehrte Ernst Krenek freut sich über das W iedersehn mit Donaueschingen, und Olivier Messiaen, der oft im Hause Rieple probt, läßt die „Merle noir“ singen. Der Berliner Kunstkritiker Hanz Heinz Stucken­ schmidt, Geza Anda, RolfLiebermann, Hans Werner Henze waren an diesem Musikfest zugegen. Unter dem 25. März 1952 findet sich fol­ gender Eintrag: ,,Ein Donauquellen-Reve­ nant mit größter Freude, den alten Max wiedergesehen zu haben ( einiges ist passiert inzwischen) Paul Hindemith – um 30 Jahre verjüngt.“ Hindemith ist wieder nach Donaueschin- gen und damit an die Stelle zurückgekehrt, von der aus 1921 sein kometenhafter Aufstieg begann: Der Kreis hat sich geschlossen. Der Chronist nimmt dies zum Anlaß, das Gästebuch zu schließen. Mag sein, daß viele der hier genannten Namen der heutigen Generation nicht mehr gegenwärtig sind. Sie werden überstrahlt von den hier später bei den Donaueschinger Musiktagen für Zeitgenössische Tonkunst gefeierten Komponisten und ihren Interpre­ ten, die ihren Namenszug dem Gästebuch seit 1952 einfügten. Genannt seien nur aus dem Bereich der Musik: !gor Strawinsky, !sang Yun, Pierre Boulez, Luciano Berio, Wolfgang Fortner, Luigi Nono, Krzystof Penderezki, Mauricio Kagel, Karlheinz Stock­ hausen, Gloria Davy und der Jazzpapst Emst-:J oachirn Berendt. Iied des irren häuserwerts wuchsen unter uns ruinen auf schreiend wie die kleinen kinder zur beruhigung sangen wir ihnen wiegenlieder vom frieden vom frieden dideldei dideldum indessen sollen die ruinen groß geworden sein und singen uns das lied vom krieg vom krieg es brennt es brennt norbert fleck 213

Unsere Dichter und Schriftsteller Ernst Roskothen erzählt: Ein Kurpfälzer Kaufmann Es war wenige Jahre nach dem zweiten Weltkrieg, der fast alles ruiniert hatte. Auch in Heidelberg hatte man mit dem Wieder­ aufbau seine Sorgen, obwohl die Stadt als eine der wenigen in Deutschland unzerstört geblieben war. Bares Geld und Kredite waren nach der Stabilisierung der Währung rar und teuer. Das gleiche galt für Rohstoffe und Versorgungsgüter. Durch die amerikanische Besatzungsmacht, die in der Stadt ihr euro­ päisches Hauptquartier aufgeschlagen hatte, war, obwohl sich die Truppe zum großen Teil selbst versorgte, die Nachfrage nach vielen Dingen noch verstärkt, ohne gleich gedeckt werden zu können. Arbeitsplätze waren begehrt. Unter diesen Umständen war Küfermei­ ster Gronnemann froh, seinen heranwach­ senden Sohn Ulrich nach dessen Schulent­ lassung beim Kaufmann Diefenbach als Lehrling unterzubringen. Es handelte sich um ein Geschäft größeren Umfangs für Stoffe und modische Kleidung. Anstelle eines bisher in einem benachbarten Dorf betrie­ benen Ladens hatte der Kaufmann das neue Geschäft unter Aufnahme von Krediten in einem stattlichen Gebäude in der Nähe der westlichen Neckarbrücke errichtet, wo der Stadtteil Neuenheim beginnt. Ulrichs Eltern hatten am Ende seines er­ sten Arbeitstages bei der Firma Diefenbach mit Spannung der Rückkehr ihres Sohnes entgegengesehen, um zu erfahren, wie es ihm auf dem neuen Arbeitsplatz gefallen habe. Da war der Junge auch schon. Es schien alles gut gegangen zu sein. Ulrich bestätigte das auch ausdrücklich, fügte aber gleich hinzu, nach dem Abendessen müsse er „etwas ganz Tolles“ erzählen, was sie, er und die übrigen Lehrlinge, heute im Geschäft erlebt hätten. Gronnemann und seine Frau fügten sich 214 wohl oder übel darin, auf den Bericht warten zu müssen. Hoffentlich, dachten sie, ist es nichts, was zu Befürchtungen oder Ähn­ lichem Anlaß geben könne. So überreizt waren damals die Nerven bei den Trägem einer Generation, die die Hoffnung auf eine neue Ära, dann die bittere Enttäuschung, den Krieg und die Besetzung mit allen ihren Schrecken kennengelernt hatten. Die Span­ nungder Eltern stieg,als Ulrich endlich begann: »Eine Stunde nach Arbeitsbeginn, als noch nicht viele Kunden im Geschäft waren, ließ uns der Chef in sein Arbeitszimmer kommen, von wo er alles leitet und beob­ achtet. Wir sollten, hatte er uns sagen lassen, Papier und Bleistift mitbringen. 0 je, dachte ich, das fangt ja gut an.Jetzt will uns der Chef sicher noch einmal prüfen, ob wir auch rich­ tig schreiben und rechnen können.“ „Wieviel Lehrlinge seid ihr denn?“, unter­ brach Vater Gronemann. „Außer mir“, war die Antwort, „sind es noch zwei Jungen und außerdem ein Mäd­ chen. Sie sieht nett aus … “ Dann fuhr Ulrich fort: „Es kam gar nicht, wie auch die anderen befürchtet hatten, zu solch‘ einer Art Klas­ senarbeit. Der Chef empfing uns freundlich und bot jedem von uns einen Stuhl an. Dann begrüßte er uns in wenigen Worten als ,neuen Betriebsangehörigen‘, von seine denen er loyale Zusammenarbeit erwarte, vor allem aber, wie das Wort ,Lehrling‘ besage, den ehrlichen Willen, zu lernen, d. h. sich belehren, sich etwas sagen zu lassen. Trotz unserer Eingangsposition seien auch wir dazu berufen, das neue Geschäft hochzu­ bringen.“ „Ich finde das sehr schön“, meinte Mutter Gronnemann, „wie Herr Diefenbach Euch behandelt hat“.

„Langsam, Mutter!“, fuhr Ulrich tempera­ mentvoll fort, „Du meinst wohl, das sei das große Erlebnis von heute. Nein, das beginnt erst jetzt. -Statt uns nun irgendwelche Auf­ gaben oder Sonstiges zu diktieren, nahm der Chef aus seinem Schreibtisch eine kleine Zigarrenkiste, öffnete sie und zeigte uns allen den Inhalt. Statt Zigarren enthielt sie eine Menge Kleingeld, lauter Münzen zu 1, 2, 5 und 10 Pfennig. Es waren auch einige Stücke zu 0,50 DM und sogar zu 1 DM darunter. Dann ging der Chef, ohne ein Wort zu sagen, mit uns ans Fenster und öffnete es. Wir schauten unmittelbar auf die Straße herunter, die zur N eckarbrücke führt. Es herrschte schon viel Betrieb … “ „Das ist“, unterbrach Mutter Gronne­ mann, „wirklich spannend. Es soll mich wun­ dern, was jetzt kommt … “ „Das haben wir Lehrlinge uns am Fenster auch gesagt. Der Chef gab nun die Zigarren­ kiste mir in die Hand und forderte mich auf, alle die Münzen auf die Straße zu werfen. Erst dachte ich, ich hätte nicht richtig gehört. Als der Chef, ohne eine Miene zu verziehen, seine Aufforderung wiederholte, schossen mir nacheinander zwei Gedanken blitz­ schnell durch den Kopf: entweder will er mich prüfen, ob ich jeden noch so blödsin­ nigen Befehl blind ausführe -oder aber – ehrlich gesagt -er ist von Sinnen … “ Ulrich legte hier eine Pause ein, wie wenn er das Erlebnis noch einmal an sich vorüber­ ziehen lassen wolle, vielleicht auch um die Spannung der Eltern auszukosten, wie es nun weitergehen werde. Gronnemann drängte denn auch auf Abschluß des Berichts. „Wohl oder übel“, fuhr Ulrich fort, „warf ich die Münzen durch das Fenster auf die Straße. Verdutzt blickten einige Fußgänger zu uns herauf. Der eine oder andere hob eine Münze auf und steckte sie zu sich.Jetzt kam mir der Gedanke, der Chef wolle uns viel­ leicht prüfen, ob wir ohne weitere Weisung flugs hinuntersprängen, um die Münzen ein­ zusammeln. In der Tat wandten sich einige von uns schon zur Tür. Doch der Chef wehrte mit den Worten ab: Das ist unwieder- bringlich verloren. Er schloß das Fenster, ließ uns Lehrlinge wieder Platz nehmen und bat uns, von dem, was er uns jetzt sagen werde, Notizen zu machen, um alles behalten zu können. Unsere Spannung, das könnt Ihr Euch denken, war auf den Siedepunkt gestiegen, als der Chef, offenbar völlig bei Sinnen und kein bißchen verrückt, an Hand einer Auf­ zeichnung seine Ausführungen begann. Ich gebe sie nach der Reihenfolge meiner N oti­ zen unmittelbar wie folgt wieder, wie wenn ich der Chef wäre. :Wer den Pfennig nicht ehrt‘ -so begann er -,ist des Talers nicht wert‘. Dieses alte Sprichwort aus einer wirtschaftlich bedräng­ ten Zeit des vorigen Jahrhunderts ist zwar noch bekannt, aber man handelt heutzutage vielfach nicht mehr danach. Drum gebe ich Euch für Euer Verhalten hier in der Firma beispielhafte Anleitungen. Ihr könnt sie zu Eurem Nutzen auch zu Hause verwenden. Da kommt z.B. ein Kunde und verlangt von einem Stoff, sagen wir, 2,85 m. Der Verkäufer glaubt sich seines Augenmaßes sicher zu sein und schneidet das verlangte Stück ohne Zollstock vom Ballen. Dann erst merkt er, daß das Stück zu groß ausge­ fallen ist. Den überschießenden Teil, den er abschneiden muß, kann er, da er meist zu nichts mehr nütze ist, nur noch wegwerfen. Oder aber-viel schlimmer -das vom Ballen herausgeschnittene Stück ist zu klein geraten. Anstückeln kann er nicht, also muß er das verlangte Stück neu schneiden. Das alte Stück wird er regelmäßig nicht mehr ver­ kaufen können; er muß es ebenfalls weg­ werfen. Das, liebe Freunde, ist genau so, wie wenn man im ersten Fall des Beispiels einige oder viele Zehner, im zweiten Fall aber mehrere Markstücke, wie man treffend sagt, ,zum Fenster hinauswirft‘. Es ist also wichtig, mit Material vorsichtig und umsichtig umzu­ gehen. Geschieht das Gegenteil, wie in den genannten Fällen, nur einmal, so ist der Nach teil begrenzt. Passiert das aber häufig oder gar im Regelfall, so ist der Schaden nicht 215

abzusehen. Er geht in die Hunderte, wenn nicht -im Laufe der Zeit -in die Tausende. Schon nach diesem Beispiel begannen wir Lehrlinge zu begreifen, was uns der Chef in anschaulicher, drastischer Form symbolisch hatte beibringen wollen.Nun erst legte er mit weiteren Fällen des Sündenregisters erst rich­ tig los. Ich habe alles notiert. In der Versandabteilung, sagte er, habt Ihr Pakete an Kunden zu packen. Ziemlich wahllos schneidet Ihr das Packpapier aus dem Ballen heraus. Genau so macht Ihr es mit der Schnur oder dem Bindfaden. Was da zuviel abgeschnitten worden ist, kann in der Regel nicht mehr verwendet werden. Es wandert also in den Papierkorb oder in den Kehricht. Einmal geschehen, ist das kein Unglück. Da wandern nur Pfennige zum Fenster hinaus. Kommt es aber häufiger oder gar gewohn­ heitsmäßig, und zwar täglich, vor, so sum­ miert sich das bei rund 300 Arbeitstagen im Jahr schon zu einem ansehnlichen Betrag. Ein weiteres Beispiel: Briefschaften sind zu versenden. Es macht einen großen Unter­ schied, ob ich wahllos überall das teure Brief­ porto verwende oder bei Drucksachen oder dgl. die Ermäßigung in Anspruch nehme. Bei Werbesendungen, wie sie bei uns Kauf­ leuten notwendig und daher üblich sind, handelt es sich bei der großen Zahl der Brief­ schaften bei regelmäßiger Überfrankierung um Beträge, die in die Hunderte gehen. Ich habe kürzlich einem caritativen Verein ge­ schrieben, keinen Pfennig mehr an Spenden zu zahlen, wenn trotz meines schriftlichen Hinweises Drucksachen mit Spendenbit­ ten, wie ich sie erhalte, weiterhin wie Briefe freigemacht seien. Denn ich müsse den Ein­ druck haben, daß da nicht richtig gewirt­ schaftet werde … “ Ulrich machte eine Pause. Er sah, wie be­ eindruckt seine Eltern waren. „°as war aber noch nicht alles“, schloß er, „was der Chef gesagt hat. Ich will es nach meinen Notizen kurz zusammenfassen: Laßt in den Räumen der Firma, vor allem auch im Lager, nicht unnötig Licht brennen! Schließt den Wasserhahn fest, daß das Wasser 216 nicht tropft! Dies alles dauert sonst unter Umständen ein ganzes Wochenende! Laßt bei Kälte nicht unnötig die Fenster offen stehen! Dies gilt vor allem, wenn Ihr das Geschäft verlaßt. Sonst wandern in alf diesen Fällen die Pfennigstücke in ununterbroche­ ner Folge nutzlos zum Fenster hinaus. Wenn ich schließlich einen von Euch mit dem Lieferwagen zu einem Kunden schicke, rast nicht! Der Wagen schluckt sonst, von allem anderen abgesehen, unnötig viel Sprit!“ „Bravo!“, rief hier spontan MutterGronne­ mann, „das ist ja fast dasselbe, was ich Euch immer hier zu Hause predige. Vor allem mußt Du, Vater, noch darauf achten, die Zimmertür hinter Dir zu schließen. Du ver­ gißt es immer wieder, und die Wärme ist zum Teufel … “ „Und Du, Mutter“, warf Vater Gronne­ mann lachend ein, „sollst nicht zu lange tele­ fonieren, vor allem überlegen, ob das Ge­ spräch nicht genau so gut nach sechs Uhr abends verbilligt vor sich gehen kann.“ „Alles richtig“, erwiderte Frau Gronne­ mann, „jedenfalls kannst Du, Ulrich, Dir zu Deinem Chef gratulieren. Alle Hochachtung für solche Instruktionen vor jungen Men­ schen!“ Ihr Mann schloß sich diesem Lob unein­ geschränkt an. Er und seine Frau waren froh, abschließend von ihrem Sohn noch zu er­ fahren, daß der symbolische Akt des Kauf­ manns bei allen Lehrlingen gleich gut ange­ kommen war und sie beeindruckt hatte. Diese Geschichte erweckt vielleicht den Anschein, als stamme sie aus Gründen der Verfremdung statt aus der Kurpfalz in Wirk­ lichkeit aus Schwaben, wo man ausgespro­ chen sparsam ist und es daher ganz besonders häufig „zu etwas bringt“. Aber ich verbürge mich dafür, daß sich das Geschehen in Hei­ delberg abgespielt hat, so wie ich es wahr­ heitsgemäß geschildert habe. Der Firmenchef ist, was noch nachzutragen wäre, auch nicht etwa ein elender Pfennigfuchser gewesen. Er war ein richtiger Ökonom, der haushalten konnte. Heute, nach über 30 Jahren, besteht das Geschäft als fundiertes blühendes Unter-

nehmen. An seinem Gewinn haben nicht nur die Arbeiter und Angestellten mit teil, sondern auch manch‘ caritatives Werk. Der Kaufmann ist also auch nicht etwa der Typ des geldgierigen Kapitalisten. Seine hier geschilderte Haltung ist umso bemerkenswerter, als der Kampf gegen die pure „Wohlstands- und Wegwerfgesellschaft“, die heute allgemein im Gange ist, ebenso wie “ die Forderung des „Energiesparens , die in diesen Tagen in aller Munde ist, damals noch unbekannte Begriffe waren. Aus diesem Grunde habe ich den Vorgang, der mir im Gedächtnis haften geblieben ist, als heute wieder aktuell aus meiner Erinnerung her­ vorgeholt und erzählt. Schabernack der Künstlergilde ,,Dachstühle“ Heitere Kleinstadtbegebenheit in den zwanziger Jahren, erzählt von Rolf Steiner Die Künstlergilde nDachstüble“ tagt im Gasthof zur Eule. Das heißt aber nicht, daß diese Maler, Poeten und sonstigen Kunst­ beflissenen Streitfragen hartnäckig zu lösen suchen, sich über die Gültigkeit dieser und jener Kunstrichtung erhitzen, Beschlüsse über Statuten fassen, sondern daß sie schlicht-gesellig beisammenhocken, zechen, singen, sich gegenseitig necken, Anekdoten und Witze austauschen, sich darüber halbtot lachen und ihren Hauptspaß darin finden, kühne Possen auszuhecken und manchmal auch auszuführen. „Wie lange steht nun schon seine Schöne Schwarzwälderin unfertig auf der Staffelei?“ fragt der kleine, kugelrunde Bildschnitzer aus Oberbayern, um das Gespräch gehörig anzuheizen. -Es ist vom jungen Maler Bert­ hold Irmler die Rede. nHöchste Zeit, daß dem Leimsieder ein zünftiger Denkzettel verabreicht wird, schon aus Gründen des Berufsethos. Solche Schlampereien dürfen wir in unseren Reihen nicht dulden!“ wettert der würdige Zeichen­ lehrer der Realschule, immer bemüht, alle Gesprächsstoffe, selbst die harmlosesten, in das erhabene Düster sittlicher Kritik abzu­ drängen, was natürlich meist zu kräftigen Hänseleien Anlaß gibt. „überhaupt, warum läßt er sich heute nicht blicken?“ beschließt er als Höhepunkt seine Philippika. ,,Nun, er habe anderweitige Verpflichtun­ gen“, spöttelt der kugelrunde Bildschnitzer gutmütig-verschmitzt und löst ein prasseln­ des Hohngelächter aus; denn daß diese Ver­ pflichtungen mit einem gewissen Luischen aus dem Auenbachtal, Irmlers Modell, im Zusammenhang stehen, ist ohne langes Rät­ seln und Deuteln sonnenklar. Mit Wonne verweilt man nun bei dem köstlichen Thema, und schweift man auch nur ein Weil­ chen von ihm ab, so kehrt man rasch wieder zu ihm zurück, um dessen feine Würze ge­ nüßlich auszukosten. Und so verdichtet sich schließlich dieses prickelnde Vergnügen zu einem allgemein mit lärmendem Gejauchze gebilligten Beschluß. Und dieser Beschluß heißt Verschwörung, und die Verschwörung heißt Schabernack! Als die elfte Stunde vom nahen Kirch­ turm wie ein Aufruf zur Tat hernieder­ dröhnt, bricht man geschlossen auf, spitz­ bübisch-beschwingt, mit gedämpftem Stimmaufwand, angeführt von dem kugel­ runden Bildschnitzer und dem würdigen Herrn Zeichenlehrer, der seine Beteiligung an dem geplanten Schabernack vor seinem aufmuckenden Gewissen als eine Tat sitt­ licher Zurechtweisung hinzustellen weiß. Nachdem die kleine Schar ein paar spär­ lich beleuchtete Gassen durchschritten und überquert hat, nähert sie sich unter belusti­ gendem Geflüster und auf Zehenspitzen dem Ziel, nämlich dem letzten Haus des Turmgäßleins, das dem Druckereibesitzer Lederer gehört und in einem winzigen Gärt- 217

!ein steht, in dessen gespenstiger Vogel­ scheuche der Nachtwind zappelt, klirrt und klappert. Neben der Werkstatt des Druckereibesit­ zers, zu ebener Erde, hat der junge Maler Berthold Irmler seine Kammer – dieser ewig feiernde Schürzenjäger, der seinen Model­ len, den schönen Schwarzwälderinnen, nachsteigt! – Das Fenster ist leichtsinniger­ weise nur angelehnt. Der Heimatdichter Schollinger, der Dürrste von allen, muß zuerst hineinsteigen, um auszukundschaf­ ten, ob die Luft rein ist. Er winkt, auf dem Fenstersims kniend, seinen Mitverschwö­ rern; und schon klettern diese etwas betagten Knaben mit den wackelnden Schmerbäu­ chen, steifen Knochen und Gliedern in das niedere Stübchen. Der würdige Zeichenleh­ rer kann nicht anders, er muß diese an sich verruchte Tat mit einem ethischen Stoßseuf­ zer begründen. Am elegantesten schwingt sich der kugelrunde Bildschnitzer über den Fenstersims. Alles geht wunderbar leise, wie geübt, vonstatten. Die Nacht ist finster und verschwiegen, und der Wind musiziert mit feinem Gewimmer ums Haus herum. Und wachsame Hunde scheint es weit und breit nicht zu geben, auch keine Nachbarn, die vor Sorgen und Rheuma nicht schlafen kön­ nen. Und vom Hausbesitzer braucht man keine Störung zu befürchten; denn der schläft in der hintersten Kammer. Nach dem der letzte hineingestiegen, wird das Fensterchen sachte geschlossen, mit einem Tuch verhängt und Licht gemacht. Und dann drängt sich die ganze Sippschaft vor der Staffelei mit der unvollendeten ,,Schönen Schwarzwälderin“ dicht zusam­ men – und es herrscht geraume Zeit schwei­ gendes, staunendes, genießendes Betrachten! „Nun begreife ich, warum das Bild nie und nimmer fertig werden kann“, wispert der schönheitstrunkene Bildschnitzer, ,,mit so einem Modell würde ich auch lieber durch Feld und Wald schweifen-„. ,,Unerhört!“ unterbricht ihn da der züch­ tige Herr Zeichenlehrer, der sich von seinen Zöglingen ewig belauscht wähnt und fürch- 218 tet, die Lausbuben würden ihm unablässig in die geheimsten Herzkammern hinein horchen. Und schon ist er mit Pinsel und Palette bewehrt und tupft diabolisch grin­ send der „Schönen Schwarzwälderin“ am fei­ nen Näschen herum. Die Besessenheit schöpferischer Zerstörung greift nun auch auf die andern über: im Nu ist es ein Dut­ zend teuflischer Hände und Pinsel, die der holden Maid unbarmherzig zu Leibe rücken und Gesicht und Figur verunstalten, ihr put­ ziges Näschen in eine häßliche Hakennase mit Warze verwandeln, ihren himmelblauen Augen dicke, rote Säcke untermalen, ihrem grübchenzarten Kinn feiste Wülste anhän­ gen, die schneeweiß hervorblitzenden Zähne ihres reizend lächelnden Mundes durch einen abscheulichen Zahnstummel ersetzen und ihrem unterm Busen zierlich gebogenen Arm die bunten gleichsam duf­ tenden Blumen des Sommers entreißen und dafür einen schmutzigen, struppigen Besen aufdrängen. Hei, ist das ein dämonisches Malen, Tup­ fen, Klecksen und Zerstören himmlischer Schönheit! Ein Fest höllischer Schaden­ freude ist’s! Die Gesichter der grauhaarigen und kahlköpfigen Herren werden zu Frat­ zen, wie sie so durcheinanderwirbeln: aus dem Dunkel ins Licht, aus dem Licht ins Dunkel. Der Kanarienvogel in dem Käfig hinter der Staffelei klettert und hüpft immer wieder von der Schaukel zur Stange, von der Stange zur Schaukel und zwitschert immer toller, immer schriller.Und so wird das ganze nächtliche Treiben in dem kleinen Kämmer­ lein zu einem wahren Hexensabbat. Am rüh­ rigsten gebärdet sich der Zeichenlehrer; er ist mittlerweise selbst zur Hexe geworden. Unser Bildschnitzer hingegen, sonst der Mutwilligste, zu allerlei Späßen aufgelegte Schalk, doch auch allezeit Schönheitstrun­ kene, sitzt in der Ecke und gibt sich trüben Gedanken hin, einem schmerzlichen Be­ dauern … Und nun – das Licht gelöscht, das Fenster geöffnet, behutsam und vorsichtig hinausge­ stiegen in die kühle Nacht! Der Wind hat

immer noch sein eintöniges Gewimmer, hef­ tiger als zuvor, und es klirrt und klappert und säuselt um die Vogelscheuche und das Haus herum. Frohgelaunt und unbekümmert um die­ sen mitternächtlichen Spuk, kichernd und feixend, geht’s zurück zum Gasthof zur Eule, wo man dem Wirt, der Wirtin und den letzten Gästen den ergötzlichen Ulk in allen Farbtönen schildert und so lange pokuliert und jubiliert, bis die Sonne durch die But­ zenscheiben funkelt. Alle sind außer Rand und Band, nur unser Bildschnitzer ist aus sei­ ner reumütig-gedrückten Stimmung nicht mehr aufzurütteln. Der Zeichenlehrer steuert von der Eule aus, leicht angeheitert, direkt auf die Real­ schule zu, erschrickt ernüchtert, als ihm aus deren Korridor das Klingelzeichen zum Unterrichtsbeginn entgegenschrillt, und be­ gegnet beim Poseidonbrunnen ausgerechnet dem heimkehrenden Berthold Irmler. Beide grüßen einander mit überlauter Höflichkeit; denn sie beide haben, jeder aus einem andern Grund, ein nicht ganz reines Ge­ wissen … Als der junge Maler sein bescheidenes Stübchen betritt, zwitschert ihm der Kana­ rienvogel seine ganze Entrüstung über die nächtliche Störung und Schandtat entgegen. Aber ehe Berthold Irmler dazukommt, das Tierchen ob seines Lärms, den er für einen besonders herzlichen Morgengruß hält, zu loben, entdeckt er mit einem so mark­ erschütternden Schrei des Entsetzens und der Wut das geschändete Porträt, daß der Druckereibesitzer von seinem Setzkasten weg schnurstracks herübergelaufen kommt und dem Geschädigten wacker schimpfen hilft. Natürlich herrscht bei den beiden über die Frage nach den Übeltätern sofort Gewiß­ heit und Übereinstimmung; ihre Sehimpf­ kanonade gipfelt in der abschließenden Feststellung, daß nichts als Altersneid der Beweggrund zu der grausamen Verstümme­ lung war. Doch der Druckereibesitzer, der zu jenen seltenen Menschen gehört, die jederzeit darauf bedacht sind, Ratlosen hilfreich bei­ zustehen, flüstert beim Auseinandergehen dem verzweifelten Maler ein so tröstliches Versprechen ins Ohr, daß dieser wieder in heiterster Laune schwelgt und seinem Kana­ rienvogel, wie üblich, von seinem Liebes­ glück im Auenbachtal vorzuschwärmen be­ ginnt. Und noch in der gleichen Woche hängt Berthold lrmlers „verhextes“ Porträt als Glanzstück in der Vorhalle des Rathauses und lockt Hunderte von Gaffern an, die sich gegenseitig in Lobeshymnen überbieten, zumal das Wochenblatt das Gemälde über den Sehellenkönig gepriesen hat. Und vier­ zehn Tage später beschließt der Stadtrat, dem der Druckereibesitzer angehört, ein­ stimmig dessen Ankauf, da es ein unüber­ treffliches Sinnbild des seit Jahrhunderten üblichen fasnachtlichen Narrentreibens, also eines gewichtigen Bestandteils des örtlichen Brauchtums darstelle. Die Künstlergilde �achstüble“ atmet auf; denn ihre Gewissensbisse waren ihr all­ mählich zum Alpdruck geworden. Herzlich gern läßt sie es sich gefallen, daß ihr der so Geehrte eine zünftige „lange Nase“ dreht, und nimmt die Mär von dessen gesteigerter Schaffenskraft und zügig begonnener Neu­ gestaltung der „Schönen Schwarzwälderin“ mit wohlwollendem und augenzwinkern­ dem Schmunzeln zur Kenntnis. ,,_ ,, Sommergewitter Wind kommt auf – Die Blätter rauschen. In Grau verwandelt sich des Himmels Blau. Donner grollt Doch angenehm Umspielt uns das Wehen der Lüfte Nach der Hochsommertage drückender Langsam fallen Tropfen, erfrischend die müde Natur. Neue Kraft strömt in die trockene Erde. Der Mensch atmet auf Und genießt dankbaren Herzens das strömende Naß. [Hitze. Olga Roth 219

Lyrische Beiträge: Spur im Neuschnee. Menschlich ist die Sehnsucht, eine Spur zu hinterlassen, neue Welten in den alten zu entdecken, zu erschließen und sie mit sich selbst zu zeichnen – Die Erfüllung schwingt sich deutlich bogenweit beschreibend Fingerzeigen ähnlich durch vordem noch Unbeschriebnes, das beschrieben für sich selbst dann als Besitz der ersten Stunde doppelzeilig von den andern nachgelesen werden kann. In der Sonne stäuben noch Kristalle atemschwerer Schreie, die der Freude galten, ohne Rätsel oder Lügen eine Spur zu hinterlassen – Jürgen Henckell Schneeschmelze. Das weiße Schweigen der Täler und Berge wird vom Föhn gebrochen – So kommen erste Konturen für alte Bilder neu zu Worte, die jedem geläufig. Die weißen Häuser der Dörfer und Städte runzeln ihre Stirnen 220 und zielen mit Speeren aus Kristall auf Menschen. Die weißen Straßen beginnen wie Flüsse wieder schwarz zu fließen – Jürgen Henckell Fund im Wald. Welches Bild! Ameisen zerlegen einen Karabiner, der dem sicher nicht letzten Krieg aus der Hand fiel. Sie zerlegen ihn, ohne ihn danach ordnungsgemäß wieder zusammenzusetzen. Schaft und Kolben Moder schon, können sie verwerten – So kehrt Holz zur Natur zurück. Alles andere überlassen sie dem Rost – Ameisen handeln instinktiv nur für ihre Eier, Larven und Puppen – Denkende Menschen benutzen Nest und Nachkommenschaft nur als Entschuldigungen für das später Fortgeworfene, das die Ameisen finden, die wohl unwissend, aber wirksam manche Erinnerungen und ins Kraut schießenden Heldensagen emsig entwaffnen – Jürgen Henckell

Auflösung im Regen. Der Regen rastert die Landschaft zerlegt sie in Punkte beweglich verändernd in gis-moll –Die Linien zerbröckeln erlösen die Formen und Flächen aus ihren Konturen – Die Farben zerfließen verblassend -Was bleibt ist ein Graudruck der schwer nur zu lesen — So ausgepunktet war alles schon einmal vom Regen der Sintflut. Verletzen wir weiter die Himmel der Menschen dann rastert das Weltbild ein Regen der blutet und nichts mehr bleibt sichtbar wie jetzt. Jürgen Henckell Dörfliches Vineta. Morgenlicht läßt auf dem Grund des tiefen Sees aus Nebelwogen hingeträumte Häuser heimlich sich mit ersten Farben schmücken. Alles schweigt und wartet auf den Sonnengruß der ersten Lerche an verschlafnen Ufern, die dort mit den letzten Träumen flüstern – Doch beginnt der neue Tag auf seinem Herd die Glut zu schüren bis zur Sonnenlohe, fangen viel Geräusche an zu fließen — und der See, soeben noch das tiefe Grab gelöschter Farben, weicht zurück ins Märchen wie vom Schrei des Hahnes fortgezaubert. Sonnenlicht läßt auf dem Grund des Tales dort nach Schattenspielen das erwachte Leben endlich sich mit allen Farben schmücken bis zum neuen Untergang im Nebelsee. Jürgen Henckell 221

WutachFrühe. Gelbe Blumen schließen in der windgeschützten feuchten WaldschluchtTiefe, wo Forellen Regenbogenfarben sammeln sollen, heimlich eine Pforte für den Morgen und das Rauschen eines Flußes auf, der die Steine, die ein FrostKeil windgeschliffen in entrückter Höhe sprengte und hinabwarf, über ungewisse Ziele hinter S eh lingenrätseln im Gefalle ungestüm befragt – Aber nur der Falke trägt die Antwort grau und grün gestaffelt unter seinen Schwingen. Jürgen Henckell Bernhard Brommer: Neue Lyrik Kind Im Kreislauf Dem Wesen nach r e i n … Im Denken noch unverfälscht .. . Seine Seele ohne große Unruhe .. . … und doch Manipulationen ausgesetzt, – ein Op f e r seiner Zukunft! … Bernhard Brommer Arbeiten, Produzieren, Ersetzen, Kaufen, Verdienen, Manipulieren, Spekulieren, Hoffen, Beten … Herbst-Stimmung Fallende Blätter … die V ERGÄNGLICHKEI T … Bedürfnisse schaffen, Freuden … Sich anbieten, Verkaufen, Am Arbeitsmarkt … Trocknende Blätter .. . das ALTERN .. . … um zu exi s t i e r e n … Bernhard Brommer Verbrennende Blätter .. . im Herbst-feuer .. . der TOD … 222 Bernhard Brommer

Verschiedenes Personen und Fakten Dr. Gerhard Gebauer wurde am 11. 11. 1979 auf weitere 8 Jahre als Oberbürger­ meister der Stadt Villingen-Schwenningen wiedergewählt. Bei einer Wahlbeteiligung von 60,33 % der Stimmberechtigten entfielen 22.636 = 71,01 % auf den bisherigen Amts­ inhaber. Die neue Amtszeit hat am 1. Januar 1980 begonnen. Max Müller, der langjährige Erste Bürger­ meister der Stadt Villingen-Schwenningen, ist im Januar 1980 in den Ruhestand ge­ treten. Bürgermeister Müller, der aus Stutt­ gart stammt, kam 1962 als technischer Bei­ geordneter zur Stadt Villingen und wurde nach dem Zusammenschluß mit Schwen­ ningen technischer Beigeordneter der ge­ meinsamen Stadt. Max Müller hat sich um die städtebauliche Entwicklung von Villin­ gen-Schwenningen große Verdienste erwor­ ben, die in einer Feierstunde zu seiner Verabschiedung am 19. 1. 1980 gewürdigt wurden. Max Müller wird im Kreistag des Schwarzwald-Baar-Kreises, dem er seit 1973 angehört, sein Wissen und Können weiterhin zum Wohle des Landkreises einsetzen. Verwaltungsspitze in Villingen-Schwen­ ningen wieder vollständig. Nach dem Aus­ scheiden von Bürgermeister Max Müller wurde der bisherige 2. Beigeordnete, Dr. Volker Lindner, am 12. 12. 1979 zum 1. Bei­ geordneten gewählt. Seinen Dienst hat er in dieser neuen Eigenschaft am 10.Januar 1980 angetreten. Dr. Lindner war schon seit 1. 10. 1975 2. Beigeordneter der Stadt Villingen­ Schwenningen. Zum neuen Technischen Beigeordneten der Stadt Villingen-Schwen­ ningen wurde am 23. 4. 1980 Theo Kühn gewählt, der bisher beim Universitätsbauamt in Karlsruhe beschäftigt war. Er hat seinen Dienst am 1. 9.1980 angetreten. Bürgermeister Günter Siek ist am 10. 2. 1980 erneut auf 8 Jahre zum Bürgermeister der Gemeinde Mönchweiler gewählt worden. Bürgermeister Siek war einziger Kandidat. Bei einer Wahlbeteiligung von 61,9% errang er 99,1 % Stimmen. Siek ist seit 1960 Bürger­ meister der Gemeinde Mönchweiler. Seine neue Wahlperiode wird bis zum Jahr 1988 dauern. Emil Rimmele, seit 1961 Bürgermeister der Gemeinde Schönwald, ist aus gesundheit­ lichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand getreten. Die derzeitige Wahlperiode wäre am 31.August 1981 ausgelaufen. Emil Rimmele hat sich um die Gemeinde Schönwald in seiner Eigenschaft als Bürgermeister und Kurdirektor sehr verdient gemacht. Der ge­ naue Termin der Neuwahl ist bei Redak­ tionsschluß noch nicht bekannt. Wechsel im Staatlichen Forstamt Vil­ lingen-Schwenningen. Der langjährige Leiter des Staatlichen Forstamts Villingen-Schwen­ ningen, Hans Freudenberger, ist Ende Juli 1980 in den Ruhestand getreten. Er wurde am 15.4. 1955 zum Leiter des Staatlichen Forst­ amtes Villingen bestellt und 1971 zum Forst­ direktor ernannt. Hans Freudenberger erfreute sich durch seine Sachkenntnis großen Ansehens. Die Redaktion des Almanach wünscht ihm für den Ruhestand alles Gute. Nachfolger wurde mit Wirkung vom 1. 8. 1980 Oberforstrat Wolf Hockenjos, bisher stellvertretender Leiter des Staatlichen Forst­ amtes in Waldshut. Wilhelm Keßler wurde wenige Monate, nachdem er sein 40jähriges Dienstjubiläum feiern konnte, zum neuen Leiter des Staat­ lichen Vermessungsamtes Heilbronn ernannt. Er war seit 1. 1. 1966 Amtsvorstand beim 223

Staatlichen Vermessungsamt in V illingen­ Schwenningen. Im Rahmen einer Personal­ versammlung wurde Regierungsvermessungs­ direktor Keßler verabschiedet und seine Leistungen in der Vermessungsverwaltung gewürdigt. – Zum neuen Leiter des Staat­ lichen Vermessungsamtes V illingen-Schwen­ ningen wurde Regierungsvermessungsdirek­ tor Karl König ernannt. König ist in Ravens­ burg geboren. Nach dem Studium der Geo­ däsie an der Technischen Hochschule Stutt­ gart war er beim Staatlichen Vermessungs­ amt Backnang und beim Landesvermes­ sungsamt beschäftigt. Zuletzt war er als Referent beim Innenministerium tätig. Walter Haas, leitender Regierungsbau­ direktor, Dienstvorstand des Wasserwirt­ schaftsamtes Rottweil sowie der Dienststelle in Donaueschingen, wurde nach Vollendung des 65. Lebensjahres mit Ablauf des Monats Juli 1979 in den Ruhestand verabschiedet. Der gebürtige Frankfurter kam nach Kriegs­ dienst und Studium 1949 zur Badischen Wasserwirtschaftsverwaltung. Erste Dienst­ orte waren Lörrach und Waldshut. 1963 wurde er zum Dienstvorstand des Wasser­ wirtschaftsamtes Donaueschingen ernannt. Im Zusammenhang mit der Verwaltungs­ reform wurde Walter Haas 1974 die Leitung des für die gesamte Region Schwarzwald­ Baar-Heuberg zuständigen Wasserwirt­ schaftsamtes Rottweil übertragen. Als Nachfolger wurde Herr Regierungs­ baudirektor Dr. Ing. Rolf L o y zum Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Rottweil bestellt. Regierungslandwirtschaftsdirektor Otto Maier ist seit 1977 Leiter des Landwirtschafts­ amtes sowie der Fachschule für Landwirt­ schaft des Schwarzwald-Baar-Kreises in Donaueschingen. Selbst aus einem landwirt­ schaftlichen Betrieb des benachbarten Hegau stammend, studierte er in den Jahren 1953 bis 1956 an der Universität Hohenheim das Fachgebiet der Landwirtschaft. Nach seiner Diplomprüfung im Jahre 1956 war er zuerst Lehrer und Berater an der Fachschule für 224 Landwirtschaft in Meßkirch. Im Jahre 1968 Pflanzliche Pro­ übernahm er das Referat “ duktion“ beim Landwirtschaftsamt – Fach­ schule für Landwirtschaft- in Donaueschin­ gen. Nachdem der damalige Leiter, Regie­ rungslandwirtschaftsdirektor Karlhermann Ruß, zum leitenden Direktor der Abteilung „Landwirtschaft und Veterinärwesen“ beim Regierungspräsidium Karlsruhe ernannt worden ist, trat Otto Maier 1977 dessen Nach folge an. Dr. Hans-Eberhard Meier. Der lang­ jährige Leiter des Staatlichen Veterinäramtes Rottweil, Regierungsveterinärdirektor Dr. Hans-Eberhard Meier, zu dessen Bereich auch der Schwarzwald-Baar-Kreis gehörte, ist mit Ablauf des Monats März 1980 in den Ruhestand getreten. Nach dem Studium der Landwirtschaft und Tiermedizin in Gießen, Hannover und Berlin und einer Tätigkeit im ehemaligen Badischen Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung war Dr. Meier seit 1950 als Regierungsveterinärarzt in Do­ naueschingen. Der Badische landwirtschaft­ liche Hauptverband verlieh Dr. Meier im Jahre 1965 das Grüne Band“, eine seltene Auszeichnung für einen Tierarzt. Mit Wir­ kung vom 1. 4. 1980 wurde Regierungs­ veterinärdirektor Dr. Walter Lutz zum Leiter des Staatlichen Veterinäramtes Rottweil be­ stellt. “ Wechsel des Amtsvorstandes Am 5. Dezember 1979 verabschiedete Finanzminister Robert Gleichauf in einer kleinen Feierstunde im Schwurgerichtssaal des Rottweiler Landgerichts den langjährigen Leiter des Staatlichen Hochbauamtes Rott­ weil, Regierungsbaudirektor Seh a u b , und führte gleichzeitig Jürgen U h I als Nachfolger in sein neues Amt als Regierungsbaudirektor ein. Minister Gleichauf würdigte die beson­ deren Verdienste, die Schaub in seiner rund 20jährigen Amtsführung erworben hat. Daß er seiner Aufgabe trotz seiner Erkrankung voll gerecht wurde, verdiene ganz besonde­ ren Respekt und hohe Anerkennung. An-

schließend stellte der Minister den neuen Amtsleiter vor.Jürgen Uhl, geboren in Singen und aufgewachsen in Radolfzell, war nach seiner Diplomprüfung an der T H München 1968 in den Vorbereitungsdienst für den höheren bautechnischen Verwaltungsdienst beim Staat!. Hochbauamt Radolfzell einge­ treten. Er legte 1970 die Große Staatsprüfung ab. 1971 wurde er zum ständigen Vertreter des Amtsvorstandes beim Staat!. Hochbau­ amt Offenburg berufen. Seit 1974 hatte er bei der Bauabteilung der Oberfinanzdirek­ tion Freiburg das Referat für die zivilen Bundesbaumaßnahmen inne. leitender Baudirektor Manfred Knack wurde mit Wirkung vom 1. April 1980 zum Leiter des Straßenbauamtes Donaueschingen bestellt. Er ist Nachfolger von dem leitenden Baudirektor Ludwig Hö n n i n g e r , der von Januar 1967 bis Februar 1977 das Straßenbau­ amt Donaueschingen geleitet hat. Baudirek­ tor Knack war in Überlingen, beim Regie­ rungspräsidium Freiburg und in Konstanz tätig, bevor er am 1. Januar 1974 zum stell­ vertretenden Leiter des Straßenbauamtes Donaueschingen ernannt wurde. Oberstudiendirektor Wilfried Lock, der fast 10 Jahre das Otto-Hahn-Gymnasium in Furtwangen leitete, ist aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand getre­ ten. In einer eindrucksvollen Feier wurde er am 11. Juli 1980 verabschiedet. In den An­ sprachen kamen die Wertschätzung und das Bedauern über das Ausscheiden des verdien­ ten Pädagogen zum Ausdruck. Die Alma­ nach-Redaktion dankt Oberstudiendirektor Lock für die Mitarbeit im Almanach 1980, in dem das Otto-Hahn-Gymnasium durch seine Feder vorgestellt wurde, und wünscht ihm für die Zukunft alles Gute. Zum Professor ernannt wurde Willi Paul, Vöhrenbach. In einer Feierstunde am 10. 1. 1980 im Staatsministerium Baden­ Württemberg übergab Ministerpräsident Späth die Urkunde mit Verleihung des Titels »Professor“. Diese hohe Auszeichnung er- hielt der Geehrte, der 1907 in Villingen geboren wurde, viele Jahre in leitender Stel­ lung in der heimischen Industrie tätig war und in Vöhrenbach lebt, für seine wissen­ schaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Geo­ logie der Baar und des Schwarzwaldes. Willi Paul hat sich auch Verdienste als Leiter von Fachexkursionen für geologische und natur­ wissenschaftliche Gesellschaften sowie von Geologischen Hochschulinstitutionen er­ worben und ist weit ü her seine engere Heimat hinaus als populärer Redner in seinem Fach­ gebiet, besonders bei Volkshochschulen, bekannt geworden. Max Rieple wurde Träger des Ober­ rheinischen Kulturpreises 1980. Der Ober­ rheinische Kulturpreis wird von der Basler Johann-Wolfgang-von-Goethe-Stiftung im Rahmen der kulturellen Tätigkeit verliehen. Die Preisträger kommen aus der das Elsaß, Baden und die Schweiz umfassenden Region am Hoch- und Oberrhein. Alice Roskothen-Scherzinger, die in Bad Dürrheim ansässige Bildhauerin und Malerin, ist anläßlich ihrer Beteiligung an der Kunstausstellung in St. Lö (Normandie)/ Frankreich von der International Arts Guild in Monte Carlo mit dem Ehren-Diplom der Schönen Künste ausgezeichnet worden. Harald Weh von der Trachtengruppe Hüfingen wurde am 13. 11. 1979 von den Mitgliedsgruppen des Bundes „Heimat und Volksleben“ im Schwarzwald-Baar-Kreis zum Kreisobmann gewählt. Die Trachten­ gruppen im Schwarzwald-Baar-Kreis wid­ men sich der Erhaltung und Pflege des heimatlichen Brauchtums und wollen nun­ mehr zum ersten Mal ein Kreistrachtenfest durchführen. Eine Gruppe von Pädagogen aus Sonder­ schulen des Rheinisch-Bergischen Kreises unter Leitung von Schulamtsdirektor Carl Cüppers besuchte vom 1. bis 4. Oktober 1979 den Schwarzwald-Baar-Kreis, um hier ver- 225

schiedene Einrichtungen für Behinderte zu besichtigen. Der Besuch gab zu gegenseiti­ gem Erfahrungsaustausch Gelegenheit und war gleichzeitig eine gute Werbung für Land und Leute in unserem Landkreis. Änderung der Kreisgrenzen. Eine Än­ derung der Gemeindegrenzen der Städte Bräunlingen (Schwarzwald-Baar-Kreis) und Löffingen (Landkreis Breisgau-Hochschwarz­ wald) im Zuge des Ausbaues der Bundes­ straße 31 bewirkte auch eine Änderung der Kreisgrenzen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1980 wurden umgegliedert: 2 a 66 qm der Gemarkung Unadingen der Stadt Löffingen, Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, in die Stadt Bräunlingen und 5 a 23 qm der Ge­ markung Döggingen der Stadt Bräunlingen, Schwarzwald-Baar-Kreis, in die Stadt Löffin­ gen. Kreisverband Schwarzwald-Baar der Europa-Union Deutschland gegründet. Am 20. 9.1979 wurde im Foyer des„Theaters am Ring“ in Villingen-Schwenningen, Stadt­ bezirk Villingen, der Kreisverband Schwarz­ wald-Baar der Europa-Union Deutschland gegründet. Er sieht seine Aufgabe darin, den Europa-Gedanken in der Bevölkerung zu stärken. Zum Vorsitzenden wurde Professor Lothar Mattheiß, der Leiter der Staat!. Aka­ demie für Lehrerfortbildung in Donau­ eschingen, zum stellvertretenden Vorsitzen­ den Markus Hase aus Unterkirnach gewählt. Erholungsort. Das Regierungspräsidium Freiburg hat mit Erlaß vom 14. Mai 1980 für den Stadtteil Aufen der Stadt Donaueschin­ gen die Berechtigung zum Führen der Art­ bezeichnung „Erholungsort“ anerkannt. Wir beglückwünschen die Stadt Donaueschingen zu dieser Anerkennung. Bevölkerungsentwicklung 7737 Bad Dürrheim 7712 Blumberg 7715 Bräunlingen 7734 Brigachtal 7735 Dauchingen 7710 Donaueschingen 7743 Furtwangen 7741 Gütenbach 7713 Hüfingen 7744 Königsfeld 7733 Mönchweiler 7732 Niedereschach 7742 St. Georgen 7741 Schönwald 7745 Schonach 7740 Triberg 7201 T uningen 7731 Unterkirnach 7730 Villingen-Schwenningen 7741 Vöhrenbach Kreisbevölkerung 226 1. 1. 79 9 863 10119 5495 4583 2504 17 629 10663 1520 6043 5399 3 003 4085 15172 2379 5005 6564 2 272 2430 78396 4313 197437 1. 1. 80 10020 10144 5567 4 733 2 638 17 706 10705 1470 6085 5383 3 028 4263 15261 2466 4947 6467 2 286 2483 78 465 4307 198 424 Veränderungen in Zahlen + 157 + 25 + 72 + 150 + 134 + 77 + 42 so + 42 16 + 25 + 178 + 89 + 87 58 97 + 14 + 53 + 69 6 + 987 in% + 1,6 +0,3 + 1,3 + 3,3 +S,4 +0,4 +0,4 -3,3 +0,7 -0,3 +o,8 +4,4 +0,6 +3,7 -1,2 -1,5 +0,6 +2,2 + 0,1 -0,1 +0,5

Ausländer in Zahlen Stand: Ausländerbetreuungsprogramm 1980 • Jeder 10. Einwohner im Schwarzwald-Baar-Kreis ist ein Ausländer (das sind bei insgesamt 198000 Einwohnern 21000 Ausländer). • Die häufigsten Nationalitäten sind: 6% 4% Spanier 35% Jugoslawen Griechen 23% Italiener 11% Sonstige 21 % Türken • Der Ausländeranteil in den Gemeinden beträgt wie folgt: 11 % Bad Dürrheim 5% Mönchweiler 6% Niedereschach 10% Blumberg 13 % Bräunlingen 12 % St. Georgen 3% 7% Schönwald Brigachtal Dauchingen 5% Schonach 9% Donaueschingen 5% Triberg 9% Tuningen 10% Furtwangen 11 % 3% Unterkirnach 11 % Gütenbach 13% 8% Hüfingen Villingen-Schwenningen Königsfeld 5 % Vöhrenbach 13 % • Jedes 5. Neugeborene ist ein Ausländerkind. • Der Anteil der ausländischen Schüler sieht in etwa wie folgt aus: 1,8% 13,6 % bei Gymnasien bei Grundschulen bei Hauptschulen 13,2% 9,2 % bei Sonderschulen 3,1% 2,4% bei beruflichen Schulen bei Realschulen Stand: Erhebung 1978 • Im Schwarzwald-Baar-Kreis ist etwa jeder 7. Arbeitnehmer ein ausländischer Erwerbs­ tätiger. • Etwa 75 % aller ausländischen Erwerbstätigen arbeiten in Industriebetrieben mit 20 und mehr Beschäftigten. • Die höchste Anzahl an ausländischen Arbeitnehmern finden wir -in der Elektroindustrie in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten -und in den Gemeinden Villingen-Schwenningen und St. Georgen. 227

Orden, Medaillen Nachstehende Personen aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis wurden seit Juli 1979 ausgezeich­ net: a) mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland: (Die Abkürzungen bedeuten: VM = Verdienstmedaille, VK a. B. = Verdienstkreuz am Bande) Diegner, Hans Dr. med. Haas, Franz Xaver Held,Josef Lingemann, Marie Staiger, Ernst Thiele, Ma rtha Weckerle, Karl Weiss, Herbert 26.02. 1980 24. 01. 1980 16.06. 1980 19. 05. 1980 0 4. 09. 1979 VKa. B. VKa. B. VM VM VM 19. 05. 1980 16. 11. 1979 24. 06. 1980 VM VKa. B. VK a. B. Königsfeld i. Schw. Stadtbezirk Villingen Bräunlingen-Döggingen Blumberg Niedereschach- Scha benha usen Blumberg Stadtbezirk Villingen Stadtbezirk Villingen b) mit der Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg: Gilli, Franz 10. 05. 1980 Donaueschingen-Aasen c) mit der Zelter-Plakette: Männergesangverein Liederkranz 1880 d) mit der Pro-Musica-Plakette: Musikverein Mönchweiler 1879 e. V. 16. 03. 1980 Bräunlingen 16. 03. 1980 Mönchweiler 228

Ergebnis der Kreistagswahl vom 28.10.1979 Zahl der zu wählenden Kreisräte (Überhangmandate 4) Wahlberechtigte im Landkreis Wähler Wahlbeteiligung der Stimmberechtigten abgegebene gültige Stimmen ungültige und nicht ausgeschöpfte Stimmen 54 =58 133.325 62.815 47,11% 663.614 26.017 Stimmen insgesamt für die: CDU SPD FDP/DVP FWV KBW 299.756 ( 45,17%) 239.863 (36,15%) 58.057 ( 8,75%) 64.924 ( 9,78%) 1.014 ( 0,15%) (28 Sitze) (19 Sitze) ( 5 Sitze) ( 6 Sitze) ( 0 Sitze) Einzelergebnisse: W ahlkreis I Villingen-Schwenningen: (Villingen-Schwenningen) Wahlberechtigte Wähler Wahlbeteiligung 53.372 23.974 44,92% der Stimmberechtigten abgegebene gültige Stimmen ungültige und nicht ausgeschöpfte Stimmen 482.716 20.738 Benzing, Werner Villingen-Schwenningen Kirchgeßner, Hilmar Villingen-Schwenningen Komhaas, Franz-Josef VS-Marbach Stärk, Otto Villingen-Schwenningen Hezel, Bemd Villingen-Schwenningen Gewählt wurden: SPD Dr. Gebauer, Gerhard Villingen-Schwenningen Berberich, Adam Villingen-Schwenningen Müller, Eugen Villingen-Schwenningen Holtzhauer, Ingeborg Villingen-Schwenningen Dr. Schlenker, Hans Villingen-Schwenningen Pfeiffer, Heinz Villingen-Schwenningen Riepl, Hartmut Villingen-Schwenningen Rieb!, Ingrid Villingen-Schwenningen 9.743 8.747 8.456 7.883 7.855 Stimmen 34.472 10.916 9.144 9.064 8.476 8.300 7.837 6.384 Stimmen 8.094 Stimmen 10.303 4.917 Stimmen für die: CDU SPD FDP/DVP FW V KBW Gewählt wurden: CDU Dr. Walz, Hannsheinrich Villingen-Schwenningen Straub, Paula Villingen-Schwenningen Haberer, Kurt Villingen-Schwenningen Späth, Lotti Villingen-Schwenningen Heinichen, Oskar Villingen-Schwenningen 209.829 (43,47%) 188.265 (39,00%) 35.861 ( 7,43 %) 47.874 ( 9,92%) 887 ( 0,18%) Stimmen 21.303 14.324 Gewählt wurde: FDP/DVP Müller, Max Villingen-Schwenningen Gewählt wurden: FW V Riegger, Paul Villingen-Schwenningen Wunderlich, Amulf Villingen-Schwenningen 12.053 Wahlkreis II Villingen-Schwenningen / 11.092 Land-Süd (Bad Dürrheim, Brigachtal, Tuningen) Wahlberechtigte 9.988 Wähler Wahlbeteiligung 11.275 5.589 49,57% . 229

der Stimmberechtigten abgegebene gültige Stimmen ungültige und nicht ausgeschöpfte Stimmen 26.971 974 Stimmen für die: CDU SPD FDP/DVP FW V 12.521 ( 46,42 %) 6.038 (22,39%) 4.918 (18,23%) 3.494 (12,96%) Gewählt wurden: CDU Weissenberger, Otto Bad Dürrheim Belle, Meinrad Brigachtal-Klengen G lökler, Karl Tuningen Gewählt wurde: SPD Schlenker, Marianne Bad Dürrheim Gewählt wurde: FDP/DVP Strobel, Karl Tuningen Gewählt wurden: F W V Hirt, Max Brigachtal-Klengen Hiestand, Bernhard Bad Dürrheim Stimmen 3.346 3.273 2.365 Stimmen 2.471 Stimmen 1.442 Stimmen 1.422 1.340 Wahlkreis III Villingen-Schwenningen / Land-Nord (Dauchingen, Königsfeld, Mönchweiler, N iedereschach) Wahlberechtigte W ähler Wahlbeteiligung 10.316 5.656 54,83% der Stimmberechtigten abgegebene gültige Stimmen ungültige und nicht ausgeschöpfte Stimmen 22.133 491 Stimmen für die: CDU SPD FDP/DVP FW V 230 7.947 (35,91 %) 5.441 (24,58 %) 770 ( 3,48%) 7.975 (36,03 %) Gewählt wurde: CDU Sieber, Otto N iedereschach Gewählt wurde: SPD Siek, Günter Mönchweiler Gewählt wurden: FW V Österreicher, Elmar Dauchingen Ziegler, Horst Königsfeld Stimmen 3.258 Stimmen 3.450 Stimmen 4.366 2.028 Wahlkreis N St. Georgen im Schwarzw. (St. Georgen i. Schw.) Wahlberechtigte Wähler Wahlbeteiligung 10.189 4.286 42,06% der Stimmberechtigten abgegebene gültige Stimmen ungültige und nicht ausgeschöpfte Stimmen 16.652 492 Stimmen für die: CDU SPD FDP/DVP FW V 7.932 (47,64%) 4.252 (25,53 %) 2.654 (15,94%)1 1.814 (10,89%) Gewählt wurden: CDU Lauffer, Günter St. Georgen Papst, Georg St. Georgen Gewählt wurde: SPD Müller-Vierecke!, Rosemarie St. Georgen Gewählt wurde: FDP/DVP Wentz, Martin St. Georgen-Brigach Stimmen 4.361 1.172 Stimmen 1.688 Stimmen 1.385 Wahlbezirk V Triberg (Schönwald, Schonach, Triberg, Unterkimach) 10.603 Wahlberechtigte W ähler 5.008 Wahlbeteiligung 4 7,23 %

der Stimmberechtigten abgegebene gültige Stimmen 19.427 ungültige und nicht ausgeschöpfte Stimmen 605 Gewählt wurde: SPD Schell, Rüdiger Donaueschingen-A ufen Stimmen für die: CDU SPD FDP/DVP FWV 11.814 (60,81 %) 5.977 (30,77%) 302 ( 1,55%) 1.334 ( 6,87%) Gewählt wurden: CDU Haas, Albert Schonach Haberstroh, Mamert Schonach Maier, Albert Triberg Gewählt wurden: SPD Duffner, Lukas Schönwald Schondelmaier, Hans-Peter Triberg Stimmen 2.971 2.847 2.391 Stimmen 2.765 1.233 ·Wahlkreis VI Donaueschingen (Donaueschingen) Wahlberechtigte Wähler Wahlbeteiligung der Stimmberechtigten 12.413 5.941 47,86% abgegebene gültige Stimmen 28.821 ungültige und nicht ausgeschöpfte Stimmen 884 Stimmen 3.185 Stimmen 1.477 Gewählt wurde: FDP/DVP Kessler, Willi Donaueschingen Wahlkreis VII Furtwangen (Furtwangen, Gütenbach, Vöhrenbach) Wahlberechtigte W ähler Wahlbeteiligung 10.636 5.373 50,52 % der Stimmberechtigten abgegebene gültige Stimmen ungültige und nicht ausgeschöpfte Stimmen 26.119 746 Stimmen für die: CDU SPD FDP/DVP FW V KBW Gewählt wurden: CDU Panther, Klaus Furtwangen Schneider, Karlheinz Vöhrenbach Eble, Hermann Gütenbach Gewählt wurden: SPD Frank, Hans Furtwangen Wehrle, Karl Furtwangen 13.393 (51,28%) 9.035 (34,59%) 1.131 ( 4,33%) 2.433 ( 9,32 %) 127 ( 0,48%) Stimmen 2.877 2.800 2.223 Stimmen 4.753 1.125 16.397 (56,89%) 7.275 (25,24%) 5.149 (17,87%) Stimmen 5.689 Stimmen für die: CDU SPD FDP/DVP Gewählt wurden: CDU Dr. Everke, Bernhard Donaueschingen Dr. Arui, Armand Donaueschingen Greiner, T heodor Donaueschingen Wahlkreis VIII Blumberg (Blumberg, Bräunlingen, Hüfingen) Wahlberechtigte Wähler Wahlbeteiligung 2.951 2.950 der Stimmberechtigten abgegebene gültige Stimmen ungültige und nicht ausgeschöpfte Stimmen 14.521 6.977 48,05% 40.775 1.087 231

Stimmen 5.243 2.286 1.831 Stimmen 1.906 54 0,07% . Gewählt wurden: SPD Gerber, Werner Blumberg Schneider, Karl Bräunlingen Dr. von Lintig, Harm-Dietrich Hüfingen Gewählt wurde: FDP/DVP Mattegit, Harald Blumberg KBW 35 0,05% NPD 935 1,25% Gewählt wurden: Im Wahlkreis 54 Villingen-Schwenningen Erwin Teufel (CDU), Dreifaltigkeitsbergstraße 44, 7205 Spaichingen Hartmut Riepl (SPD), Hochstraße 43, 7730 Villingen-Schwenningen Im Wahlkreis 55 Tuttlingen- Donaueschingen Wilhelm Buggle (CDU), Bertholdstraße 4, 7200 Tuttlingen Herbert Moser (SPD), Wartenbergstraße 24, 7200 Tuttlingen Ernst Pfister (F.D.P.), Achauer Straße 20, 7218 Trossingen Ergebnis der Landtagswahl am 16. 3.1980 19.923 (48,86%) 13.580 (33,30%) 7.272 (17,84%) Stimmen 3.111 2.856 2.713 Stimmen für die: CDU SPD FDP/DVP Gewählt wurden: CDU Dury, Bernhard Bräunlingen Scherer, Stefan Blumberg Fritsch�Jakob Hüfingen 55 54 Wahlkreis Tuttlingen – Villingen- Schwenningen Donau- eschingen 103.918 107.780 Wahl- berechtigte 74.405 75.001 Stimmen 71,60% 69,59% insgesamt 653 484 ungültige 0,88% 0,65% Stimmen 73.752 74.517 gültige 99,12% 99,35% Stimmen 43.365 41.931 CDU 58,80% 56,27% 20.182 21.482 SPD 27,37% 28,83% 6.829 5.497 FDP 9,26% 7,38% 223 126 DKP 0,30% 0,17% 3.099 4.511 GRÜNE 4,20% 6,05% 232

Farbreproduktionen und Foto-Nachweis Die Farbreproduktion auf der Titelseite zeigt das Springen auf der neuen Langenwald-Schanze in Schonach (Bildautor H. Sehmieder, Schonach), siehe auch den Beitrag auf Seite 199. – Die Rück­ seite des Almanach 81 schmücken Erzeugnisse aus der einstigen Glasmachersiedlung Herzogen­ weiler. Den Beitrag auf Seite 102 hierzu lieferte Georg Goerlipp, Donaueschingen, von dem die Farbreproduktion wie auch die Schwarz-Weiß­ Aufnahmen zu dem genannten Thema stammen. Foto-Nachweis für die weiteren Schwarz-Weiß­ Aufnahmen im Almanach 81 (Die Zahlen nach der Autor-Angabe beziehen sich auf die je­ weiligen Seiten im Almanach): Helmut Ulbrich, Bad Dürrheim: 8, 9, 10, 11, 52. – Heinrich Sehmieder, Schonach: 23, 26, 79, 176. – Helmut Heinrich, Villingen-Schwenningen: 167, 169. – Otto Benzing, Villingen-Schwenningen: 177- 180. – Werner Schwarzwälder, Villingen-Schwen­ ningen: 8. – Siegfried Reith, Villingen-Schwen­ ningen: 15, 16. – !HK-Geschäftsführer Kositzke, Villingen-Schwenningen: 29. – Erich Breit­ sprecher, Bad Dürrheim: 42, 43, 45. – Hans Rösch, Villingen-Schwenningen: 46, 47. – Foto Glock, Karlsruhe: 48. – Gerd Steinbach, Villingen-Schwenningen: 60, 187. – Kur- und Bäder GmbH Bad Dürrheim: 68. – Redakteurin Bökenkamp, Triberg: 76. – Hans B. Pfitzer, Villingen-Schwenningen: 85. – Alfred Brauchle, Hardt: 99. – Wolfgang Kleiser, Hammereisen­ bach: 137. – Emil J. Homolka, Königsfeld: 144. – Hans Jürgen Eisenmann, Villingen-Schwen­ ningen: 151. – Joachim Becker, Alfter Str. 18, Bonn-Ückesdorf: 197. – Hansjörg Hall, Furt­ wangen: 202. – Wilfried Dold, Vöhrenbach: 206. – Sigrid Burger, Schonach: 25. – Foto K. H. Haller, Villingen-Schwenningen: 203. – Repro-Service Kötz, Villingen-Schwenningen: 66. – Jürgen Moser, Donaueschingen: 12. – German Hasenfratz, Hüfingen: 13, 19, 198, 206. – Gerhard Kiefer, Bräunlingen: 35, 155. – Foto Grill, Donaueschingen: 56, 64, 139, 174, 175, 195, 200, 58. – Georg Goerlipp, Donaueschingen: 107. – Otto Huber, Donaueschingen: 111, 113. – Franz Gottwalt, Donaueschingen: 116, 117 (Zeichnung). – Lorenz Honold, Donaueschingen: 120, 121, 127, 133, 158, 161, 185, 208. – Dagobert Maier, Bräunlingen: Foto-Atelier Fischer, Donaueschingen: 109. – Foto Kritzer, Bräun­ lingen: 4, 5, 6, 55. – Christa Bundesmann, Villingen-Schwenningen: 5, 85. – Hans-Joachim Lachnit, Villingen-Schwenningen: 71. 172. Lyrik-Beiträge. Außer Jürgen Henckell und Bernhard Brommer kommen im Almanach 81 folgende Autoren aus dem Schwarzwald-Baar­ Kreis mit Gedichten zu Wort: Max Rieple, Ernst Roskothen, Norbert Fleck, Friederike Siek, Olga Roth,Johannes Hawner und Petra Presley. – Die von Petra P r e s l e y im Almanach 81 ver­ öffentlichten Gedichte sind mit freundlicher Genehmigung des J. G. Blaeschke Verlag, St. Michael (Österreich), ihrem dort erschienenen Lyrikband „Mit Gedichten durch das Jahr“ entnommen. 233

Die Autoren unserer Beiträge: Ackermann, H. Dipl.-Volkswirt, in Fa. Kienzle Apparate GmbH, 7730 Vi 11 i n g e n -Schwenningen Astfaller, Dr. Josef, Landrat i. R., am Warenberg 3, 7730 V i 11 i n ge n-Schwenningen Bader, Prof. Dr. Karl S., Rebbergstraße 57, CH-8049 Zürich Baeuerle, Dieter, Dipl.-Pädagoge, Waldhofstraße 11, 6800 Mannheim Baumann, Siegfried, Bürgermeister, Gemeindeverwaltung 7731 Unterkirnach Benzing, Otto, Studiendirektor a. D., Vor dem Hummelholz 2, 7730 Villingen-S c h w e n n i n g e n Berg, Klaus, Sonnhalde 22, 7743 Furtwangen Brauchle, Alfons, Rektor i. R., Sulgener Straße 6, 7231 Hardt Brenner, Pia, Käferstraße 43, 7710 Donaueschingen Brommer, Bernhard, Schriftsteller, Fürstenbergring 9, 7730 V i 11 in g e n-Schwenningen Burger, Sigrid, Dipl. rer. oec., Hornwald 5, 7745 Schonach Dold, Wilfried, Redakteur, Schützenstraße 11, 7741 Vöhrenbach Fleck, Norbert, Hegaustraße 4, 7200 Tuttlingen Fleig, Oskar, Schulstraße 17, 7740 Triberg Ganter, Werner, Prinz-Fritzi-Allee 1, 7710 Donaueschingen Gerken, Bernhard, Golfplatz 1, 7710 Donaueschingen Goerlipp, Georg, Archivar, Hindenburgring 10, 7710 Donaueschingen Gottwald, Franz, Hermann-Fischer- Allee 28, 7710 Donaueschingen Graf, Alexander, Fr. Architekt, Von-Althaus-Weg 8, 7737 Bad Dürrheim Gramlich, Wolfdieter, Bundesstraße 1 a, 7742 St. Georgen Gutknecht, Dr. Rainer, Landrat, Kaiserring 2, 7730 Vi 11 i n g e n-Schwenningen Haas, Albert, Bürgermeister, Fohrenweg 19, 7745 Schonach Hamm, Werner, Albrecht-Dürer-Straße 12, 7745 Schonach Hawner, Johannes, An der Schelmengass 14, 7730 Vi 11 i n g en-Schwenningen Hecht, Dr. Winfried, Stadtarchivar, Lorenzgasse 7, 7210 Rottweil Heidinger, Werner, Geschwister-Scholl-Straße 22 a, 7710 Donaueschingen Heinrich, Helmut, Schulamtsdirektor i. R., Waldhauser Straße 12, 7730 Vi l l i n g e n-Schwenningen Henckell, Jürgen, Schriftsteller, Buchbergstraße 3, 7712 Blumberg Hilpert, Wolfgang, Oberstudienrat, Klenkenreute 29, 7710 Donaueschingen Honold, Dr. Lorenz, Redakteur i. R., Talstraße 41, 7710 Donaueschingen Huber, Dr. Erna, Alte Wolterdinger Straße 31, 7710 Donaueschingen Huber, Susanne, Werder-Straße 9, 7710 Donaueschingen Jakob, Wielfried, Warenburgstraße 27, 7730 Vi 11 in g e n-Schwenningen Jenrich, Franz, Stebenstraße 7, 7737 Bad Dürrheim 6 Karcher, Walter, Oberstudiendirektor, Mellstenintie 9 E 5, SF-02170 Espoo 17, Finnland Kiefer, Christiane, Alemannenstraße 13, 7715 Bräunlingen Kiefer, Gerhard, Redakteur, Alemannenstraße 13, 7715 Bräunlingen Kirchhofer, Werner, Redakteur, Zasiusstraße 120, 7800 Freiburg Kositzke, Kurt, Dipl.-Ökonom, IHK-Geschäftsführer, W öschhalde 27, 7730 V i 11 i n g e n-Schwenningen Kriesche, Dr. Marianne, Bürgerwehrstraße 14, 7730 V i 11 i n g e n-Schwenningen Lauffer, Günter, Bürgermeister, Sommerauer Straße 52, 7742 St. Georgen Lienhart, Dr. Robert, Landrat i. R., Irmastraße 3 a, 7710 Donaueschingen Lüther, Albrecht, Waldstraße 3, 7734 Brigachtal-Kirchdorf Maier, Dagobert, Hauptlehrer, Dekan-Metz-Straße 14, 7715 Bräunlingen Meier, Dr. Hans-Eberhard, Ober-Reg.-Veterinärrat, Ludwig-Kirsner-Straße 7, 7710 Donaueschingen Merkle, Rudolf, Oberamtsrat, Bahnhofstraße 6, 7730 Vi l l i n g e n-Schwenningen Moser,Jürgen, Brunnenweg 10, 7710 Donaueschingen. Müller, Hans, Reinemannstraße 3, 7712 Blumberg 234

Pfitzer, Hans Bernhard, Breiteweg 11, 7732 Niedereschach Presley, Petra, Am Talacker 21, 7730 Villingen-Schwenningen 24 (Marbach) Reith, Siegfried, Neissestraße 3, 7730 Vi l l i n g e n – Schwenningen Rieple, Max, Schriftsteller, Max-Egon-Straße 2, 7710 Donaueschingen Roskothen, Dr. Ernst, Finanzpräsident i. R., Breslauer Straße 7, 7737 Bad Dürrheim Roth, Olga, Bergstraße 46, 7740 Triberg Schafbuch, Roswitha, Oberstudienrätin, Am Wagrain 18, 7713 Hüfingen Schlenker, Erich, Redakteur, Ahornweg 1, 7743 Furtwangen Schmidt, Dr. Karl-Heinrich, Hegistraße 24, 7710 Donaueschingen Schmidt-Thome, Dr. Peter, Konservator, Landesdenkmalamt B.-W., 7800 Freiburg (Außenstelle) Schnibbe, Klaus, Ilbenstraße 50, 7743 Furtwangen Schwenk, Evelyn, Salzstraße 9 a, 7737 Bad Dürrheim Siek, Friederike, Goethestraße 8, 7733 Mönchweiler Steinbach, Gerd, Redakteur, Kantstraße 10, 7730 Villingen-S c h w e n n i n g e n Steiner, Rolf, Schriftsteller, Alemannenstraße 21, 7730 Vi l l i n g e n – Schwenningen Stoffler, Horst, Studiendirektor, Martin-Luther-Straße 17, 7733 Mönchweiler Tarlatt, Günter, Stellv. Kurdirektor, Luisenstraße 4, 7737 Bad Dürrheim Tritschler, Barbara, Untertalstraße 19, 7745 Schonach Vogel, Ilse, Prinz-Eugen-Straße 3, 7730 V i 11 i n g e n – Schwenningen Wälde, Kurt, Oberlandw.-Rat, Vogelbeerweg 2, 7730 Vi l I i n g e n – Schwenningen Weidenbach, Isolde, Lindenstraße 1, 7713 Hüfingen Weigele, Martin, Eichendorffstraße 13, 7710 Donaueschingen Weisser, Helmut, in Fa. J. G. Weisser Söhne, Postfach 33, 7742 St. Georgen Wernick, Gerhard, Tannheimer Straße 22, 7710 Donaueschingen Winkl er, Ekkehard, Redakteur, Hauptstraße 46, 7712 Blumberg Inhaltsverzeichnis Ehrenliste der Freunde und Förderer Heimat und Kultur / Zum Geleit Aus dem Kreisgeschehen Kreispolitik 1980 / Rainer Gutknecht Lothar Späth im Schwarzwald-Baar-Kreis / Rainer Gutknecht Die Kreisräte des ersten Kreistages verabschiedet / Rainer Gutknecht Regierungspräsident Dr. Nothhelfer auf Antrittsbesuch/ Rainer Gutknecht Zu Gast in Köln/ Jürgen Moser Schwarzwaldwoche in Herne/ Jürgen Moser Kreiswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ / Werner Heidinger Umschulung in der Trägerschaft des Kreises/ Siegfried Reith Unsere Städte und Gemeinden stellen sich vor Altes Kulturland: Hüfingen / Isolde Weidenbach Fronleichnam in Hüfingen / Lorenz Honold Das Wappen der Stadt Hüfingen / Klaus Schnibbe Schonach im Schwarzwald / Bürgermeister A. Haas Haus des Gastes und Kurgarten / Sigrid Burger Das Wappen der Gemeinde Schonach / Klaus Schnibbe 2 3 4 4 7 1 0 1 1 1 2 13 14 15 17 17 20 22 23 25 27 235

Industrie, Handel, Gewerbe, Verkehr Erzeugnisse aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis / Kurt Kositzke Von Taxametern zu Computersystemen/ Herbert Ackermann Weisser-Streuer gehen in 20 Staaten / Gerhard Kiefer Mit Lauffenmühle Menge machen / Ekkehard Winkler Vom „Postschmied“ zur Werkzeugmaschinenfabrik / Helmut Weisser Früher pfiff die Dampflok im Kurort I Franz Jenrich Landwirtschaft und Tierhaltung Erhaltung natürlicher Lebensräume I Hans Rösch Pilotprojekt eines Schwarzwaldhofes / Kurt Wälde 10 Jahre Landmaschinenring/ Hans Rösch Tierhaltung im Schwarzwald-Baar-Kreis I Hans-Eberhard Meier Für eine gesunde Umwelt (Tierschutzverein)/ Gerhard Wemick Soziale Einrichtungen, Gesundheitswesen Caritas im Schwarzwald-Baar-Kreis / Pia Brenner Behindertenwerkstatt der „Lebenshilfe“ / Gerd Steinbach Ein Plus im Landkreis (Rotes Kreuz) / Wilfried Jakob Caritas-Altenheim St. Michael / Werner Ganter Dialyse-Institut für Nierenkrankheiten/ Karl Heinrich Schmidt Gesundheitsseminare in Bad Dürrheim/ Günter Tarlatt Schulen, Bildungseinrichtungen Das Gymnasium am Hoptbühl I Marianne Kriesche Computer-Schulen in Donaueschingen / Albrecht Lüther Von der Schwarzwaldschule zum Triberger Gymnasium / Horst Stoffler Dom-Clemente-Schule in Schonach I Werner Hamm 100 Jahre Hauswirtschaftsschule Donaueschingen / Roswitha Scha.fbuch Gesang und Chorwesen Die Villinger Kantorei / Hans B. Pfitzer Sängergruppe Südhaar/ Hans Müller Geschichte, Kulturgeschichte, Archäologie Mühlhausen unter dem Rottweiler Reichsstadtadler I Winfried Hecht Der Bauernkrieg im nördlichen Kreisgebiet/ D. Baeuerle Neufürstenberg im Bregtal / Lorenz Honold Hans von Rechberg/ Alfons Brauchle Die Glasmachersiedlung Herzogenweiler / Georg Goerlipp 175 Jahre Baarverein / Wolfgang Hilpert Hexen -ein trauriges Kapitel auf der Baar / Susanne Huber Die Modernisierung einer Standesherrschaft I Lorenz Honold Boden-und Geschichtsdenkmale „Laubenhausen“ -eine versunkene Stadt / Franz Gottwalt Am Ochsenberg ein Ritter vom HI. Grab / Lorenz Honold Neue Bodenfunde im Schwarzwald-Baar-Kreis / L. H. 236 29 29 31 34 37 40 42 46 46 47 49 so 54 56 56 59 61 64 66 67 70 70 72 75 78 81 84 84 85 87 87 91 96 98 102 106 110 114 116 116 119 122

Denkmalpflege, Stadtsanierung Die Kirche St. Martin in Kirchdorf/ Peter Schmidt-Thome Renovierte Pfarrkirche in Obereschach / Erna Huber Sanierungsprojekt „Stadtmitte“ St. Georgen / Günter Lauffer Altes „neues“ Rathaus in Bräunlingen / Alexander Graf Kunst und Künstler Der Bildhauer Wolfgang Kleiser I Jürgen Henckell Karl Merz – der Maler der Baar / Lorenz Honold 25 Jahre Kunstschmiede Klaus Walz/ Helmut Heinrich Der Bildhauer EmilJo Homolka / Evelyn Schwenk Persönlichkeiten der Heimat Professor Dr. Ernst E. Hirsch / Karl S. Bader Professor Dr. Karl Siegfried Bader/ Lorenz Honold Severin Kern wurde 80 Jahre/ Josef Astfäller Erinnerung an Dr. Erwin Sumser I Christiane Kiefer Professor Bartholomäus Heinemann / Wolfdieter Gramlich Dr.Wilhelm August Rehmann / Lorenz Honold Einlage: 8 Farbreproduktionen: Motive aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis Literatur, Dichtung, Mundart Max Rieple als Übersetzer/ Walter Karcher Aphorismen aus dem Tagebuch von Max Rieple Zu unserer Muttersprache / Oskar Fleig Volkskunde, Brauchtum Allerlei Model und Bildbrot/ Helmut Heinrich Kilbig und Schätzelemärt / Dagobert Maier Die Trachtengruppe Schonach / Barbara Tritschler Stätten der Entspannung Ein Sporthotel, nicht nur für Golfer/ Bernhard Gerken Der Mauthepark in Schwenningen / Otto Benzing Vogelpark Schloßberg in Unterkimach / Siegfried Baumann Stromerzeugung oder … (Linach-Talsperre) / Wilfried Dold Naturschutz, naturkundliche Hobbys Das Schwenninger Moos / Gerd Steinbach Naturdenkmäler im Schwarzwald-Baar-Kreis / Werner Heidinger Mineralienbörse Villingen-Schwenningen / Rudolf Merkle Sternenkunde im Schwarzwald / Martin Weigele Jugend und Sport Die neue Langenwald-Schanze in Schonach / Werner Kirchhofer Portrait von Martin Scharte!/ Erich Schlenker Deutsche Meisterin im Pferdsprung / Ilse Vogel Volleyball im Schwarzwald / S. Reith 10 Jahre Kreisjugendsportring / Klaus Berg Der erste Skilift stand bei Triberg/ Lorenz Honold 123 123 128 130 132 135 135 138 141 144 146 146 149 151 153 156 158 160 161 161 163 164 167 167 171 173 174 174 176 183 185 187 187 188 194 197 199 199 201 203 205 205 207 237

Memoiren und Erinnerungen Altlandrat Dr. Robert Lienhart: „Erinnerungen“ Begegnungen mit Max Rieple / Im Gästebuch geblättert Unsere Dichter und Schriftsteller Ernst Roskothen erzählt Heitere Kleinstadtbegebenheit, erzählt von Rolf Steiner Lyrische Beiträge/ von Jürgen Henckell Bernhard Brommer: Neue Lyrik Verschiedenes Personen und Fakten Bevölkerungsentwicklung Ausländer in Zahlen Orden, Medaillen Ergebnis der Kreistagswahl 1979 Ergebnis der Landtagswahl 1980 Farbreproduktionen und Fotonachweis Die Autoren unserer Beiträge Inhaltsverzeichnis Preisrätsel 209 209 211 214 214 217 220 222 223 223 226 227 228 229 232 233 234 235 239 238

Preisrätsel 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 1 Lieber Almanach-Leser! Dieses Preisrätsel lösen Sie mit Leichtigkeit, wenn Sie zuvor den Almanach 1981 mit Aufmerksamkeit gelesen haben. Tragen Sie in jedes der13 Käst­ chenzeilen die Antwort auf die gestellte Frage ein. Jede Antwort hat immer soviel Buch­ staben, wie Kästchen in einer Zeile vorhan­ den sind. Umlaute wie Ä (= AE) sind zwei Buchstaben; CH sind ebenfalls jeweils zwei Buchstaben. Wird nach dem Namen einer Person gefragt, so ist jeweils nur der Familien­ name gemeint und einzutragen. Sind alle Antworten richtig, dann ergeben die Buch­ staben in den dick umrandeten Kästchen, fortlaufend hintereinander gelesen, den Na­ men eines bedeutenden Kunstwerkes, das sich in den Städtischen Sammlungen der Stadt Villingen-Schwenningen befindet. Schreiben Sie die Lösung -also den Namen des Kunstwerkes -auf beiliegende Postkarte (Bitte den Absender nicht vergessen!), und schicken Sie die freigemachte Postkarte an den Herausgeber des Almanachs: Landratsamt S chwarzwald-B aar-Kreis Kaiserring 2 7730 Villingen-Schwenningen bis spätestens 1. 9.1981. 239

Folgende Preise für das Preisausschreiben im Almanach 1981 sind ausgesetzt: 1. Preis: Rundflug über den Schwarzwald-Baar-Kreis für 2 Personen. 2. Preis: Rundflug über den Schwarzwald-Baar-Kreis für 1 Person. 3. Preis: 1 Abendessen mit Herrn Landrat Dr. Gut­ knecht für 2 Personen. 4. Preis: 1 Schwarzwalduhr. 5.-20. Preis: 1 Kreisbeschreibung. 21.-40. Preis: 1 Bildband (2. Auflage). 41.-70. Preis: 1 Kunstführer. 71.-100. Preis: Gutschein für den Almanach 1982. 1 Wie heißt die Stadt, in der die Kienzle­ Datenschule ihre Kurse abhält? 2 Wie ist der Name des Arztes, der vor über 100 Jahren die Ärztevereinigung in unserem Kreis gründete? 3 Welche Stadt besaß den ersten Skilift der Welt? 4 Wie heißt die Stadt, die vom späten Mittelalter an bis zum Jahr 1802 die Niedere Gerichtsbarkeit in Dauchingen hatte? 5 Welche Gemeinde des Kreises hat einen Vogelpark? 6 Wie ist der Name des Regierungspräsi­ denten, der am 12.12.1979 den Schwarz­ wald-Baar-Kreis besuchte? 7 Welche Stadt des Kreises hat eine Kloster­ linde? 8 Wie heißt der Geburtsort des Künstlers, Maler der in unserem Jahrhundert als der Baar“ sich einen Namen machte? “ 10 9 Nennen Sie den volkstümlichen Namen für die Kilbig in der Stadt Bräunlingen. Für einen Sprachlosen verstummt auch “ das Echo“ – Wie heißt der Schriftsteller, der diesen Aphorismus schrieb? 1 1 „Mit Gedichten durch das Jahr“ – so heißt ein Gedichtband, der 1979 in einem österreichischen Verlag erschien. Wie heißt die Autorin? 12 Wie ist der Name des Ortes in Unter­ italien, aus dem im vorigen Jahrhundert die Hüfinger Blumenteppiche importiert wurden? 13 Wie heißt die Gemeinde im Kreisgebiet, in der am 10. Februar 1980 der bisherige Bürgermeister wiedergewählt wurde? 240